Hallo ihr zwei!
Mich lassen die Geschichten immer noch nicht los. Wir überlegen ja alle drei irgendwie unablässig, wie das Scheitern der drei hätte vermieden werden können - weniger Abhängigkeit, mehr Identität "in sich selbst". Das denke ich auch, incl. realistischere Weltwahrnehmung im Falle von Monique.
Aber wie steht es mit den Erfolgsaussichten? Ist nicht jede Form der Verwirklichung (im Beruf -1-, in der mondänen Welt -2-, in der Ehe -3-) in dem Buch geschildert und gescheitert? Auch die Alternativen zu Monique - Colette mit ihren geringeren Erwartungen an den Ehemann, Lucienne mit der Absage an die Liebe überhaupt - sind doch dargestellt und wären für Monique keine Überlebensmöglichkeit. Meine These: De Beauvoir könnte jede unserer Phantasien, wie der Ausweg aussähe, mit einer Schilderung toppen, wie denn dessen Scheitern aussähe und wie wir anschließend gebrochen wären.
Würden wir die von uns allen als verhängnisvoll erlebte Abhängigkeit der Figuren eliminieren, so wäre dies m.E. nur in der spirituellen Entsagung möglich, die man in Klöstern findet. Im diesseitigen Leben sind wir nun einmal abhängig davon, ob unser Selbstbild mit dem Fremdbild übereinstimmt (ein starkes Thema in de Beauvoirs Werk überhaupt, am stärksten ausgearbeitet in "Sie kam und blieb" - ein Buch, das ich übrigens gerne mit euch zusammen nochmals lesen würde). Die völlig weltabgewandte Ruhe in uns selbst finden wir weder, wenn wir uns an Personen hängen (3) noch an Lebensaufgaben (1) noch an den puren Hedonismus (2).
Moniques Scheitern könnte man auf moderne Weise problemlos um-schreiben, indem sie sich statt an Maurice an einen bestimmten Beruf hängt, an eine bestimmte Position im Betrieb, an eine bestimmte politische Forderung, der sie sich verschrieben hat. Alles, wofür wir uns rückhaltlos einsetzen und an das wir rückhaltlos glauben, kann uns das Rückgrat brechen, wenn wir daran scheitern. Aber wäre der Verzicht auf Einsetzen und Glauben wirklich der Weg? Wäre dies nicht der Verzicht auf Leben überhaupt?