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Inhalt: Der Anglistik-Student und angehende Schriftsteller Furât stammt aus einer christlichen Familie in Bagdad. Nach dem Unfalltod der Eltern zog ihn seine Großmutter auf, eine resolute Frau, die täglich Zeit in den Bagdader Kirchen verbringt. Seine Freundin Arîdsch, die er bei einer der angeordneten Massenveranstaltungen kennenlernte, ist gleichfalls eher unkonventionell. Daraus könnte ein halbwegs glückliches Leben werden, aber Furât kann seinen Mund nicht halten – ein Problem in einem totalitären Überwachungsstaat. Erst recht ein Problem, wenn auch noch Krieg herrscht, und deshalb noch weniger Abweichung von der veröffentlichten Meinung als sowieso schon geduldet wird. Das muß auch Furât erfahren, der eines Tages zu einer Befragung („nur eine halbe Stunde“) „eingeladen“ wird und sich in den Folterkellern Bagdads unter Saddam Hussein wiederfindet. Von einem Mithäftling bekommt er Schreibmaterial zugespielt und verfaßt ein Manuskript, das später von der Staatssicherheit in den Beständen gefunden und wegen einiger Schriftbesonderheiten als verdächtig eingestuft wird. Darin zwischen der Gegenwart und seinen Erinnerungen wechselnd, durchlebt Furât noch einmal Episoden seiner Jugend und seiner Studentenzeit, mit seiner Großmutter, mit Arîdsch, mit Kommilitonen und Freunden, aber auch die Demütigungen der Haft und der Folter.
Meine Meinung: Die Wechsel von Erinnerung zu Gegenwart sind gut erkennbar, denn sie werden durch die immer gleiche Formulierung eingeleitet, und auch die übrigen sind deutlich merkbar. Trotzdem ist dies deshalb kein Buch, bei dem ich größere Lesepausen hätte einlegen wollen (was angesichts des überschauberen Umfangs von rund 130 Seiten auch nicht unbedingt erforderlich ist), obwohl der Inhalt – und noch viel mehr das, was nicht explizit gesagt wird – dies durchaus angeraten sein lassen könnte. Denn der Roman ist brutal, wenn auch nicht unbedingt auf eine sehr offensichtliche Weise. Und wie schon bei anderen Romanen, die ich gelesen habe und in denen Mechanismen von Unterdrückungsregimen und Folter eine Rolle spielten, widerte mich dies auch hier wieder an. Aber natürlich ist es wichtig, sich darüber immer wieder klar zu werden, was es in dieser Welt alles gibt, und wo durch Bilder vielleicht schon eine gewisse Abstumpfung erfolgt ist, kann eine fast poetische Darstellung möglicherweise neues Bewußtsein wecken. Der begrenzte Umfang und die Perspektive des Ich-Erzählers läßt leider nicht so viel Innensicht in die anderen Charaktere (und selbst in Furât) zu, wie ich es mir trotz des Themas gewünscht hätte. Allerdings ist die Frage, ob sich damit die gleiche Wirkung hätte erzielen lassen.
Sehr passend finde ich im übrigen auch den – in einer Vorbemerkung von den beiden Übersetzern erläuterten – arabischen Originaltitel I'dschâm, der im Gegensatz zum deutschen Titel einen Hinweis auf das liefert, was und wie der Furât schreibt. Ich vermute, daß diese Spielereien nicht ganz einfach zu übersetzen waren bzw. es nicht ganz leicht war, dafür Entsprechungen zu finden, aber sie machen einen beträchtlichen Reiz dieser Erzählung aus. Wie bei Lenos gewohnt, gibt es auch noch ein Nachwort des Übersetzers, in dem man etwas mehr über den Autor erfährt, sowie Anmerkungen zu Orten, irakischen Personen sowie Namen aus der arabischen Literaturgeschichte, die nicht jedem westlichen Leser ein Begriff sein dürften.
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Schönen Gruß,
Aldawen