F. Scott Fitzgerald - Zärtlich ist die Nacht (Tender is the night)

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    Klappentext
    Dick und Nicole Diver führen das Leben kultivierter Expatriates an der französischen Riviera. In ihrer Villa gehen Künstler und andere Exzentriker ein und aus, darunter auch die hübsche Schauspielerin Rosemary. Jung und ehrgeizig, hat sie sich in den Kopf gesetzt, den Herrn des Hauses zu verführen. Allerdings weiß sie nicht, worauf sie sich dabei einlässt – welche Geheimnisse der Psychiater und seine zarte Frau verbergen.


    Meine Meinung
    Zuallerst sollte ich darauf aufmerksam machen, dass zwei verschiedene Versionen des Buches existieren. Die originale, ursprüngliche Ausgabe arbeitet mit Zeitsprüngen, während eine überarbeitete Version die Ereignisse in chronologischer Reihenfolge schildert. Meine Ausgabe ist die erste deutsche Übersetzung der Originalversion, worüber ich im nachhinein sehr froh war, denn meiner Meinung nach würde die Geschichte durch eine chronologische Schilderung sehr viel von ihrem Zauber verlieren.


    Der erste Teil wird hauptsächlich aus der Sicht der jungen Schauspielerin Rosemary erzählt, die das Ehepaar Dick und Nicole Diver in ihrem Urlaub an der Riviera kennenlernt. In diesem Teil verbreitet sich eine gewisse Stimmung, die der im „Großen Gatsby“ nicht unähnlich ist. Es werden viele Partys gefeiert und Ausflüge gemacht und dennoch merkt man, dass unter der Oberfläche einiges brodelt, vor allem bei Nicole, bis es schließlich zum finalen Ausbruch kommt.


    Der zweite Teil springt nun in der Zeit zurück und erzählt, wie Dick und Nicole sich kennengelernt haben. Hier verarbeitet Fitzgerald sehr vieles aus seiner eigenen Biographie, vor allem die psychische Erkrankung seiner Frau Zelda, derweil der Psychiater Dick Diver sicherlich einige von Fitzgeralds Zügen trägt. Genau dies macht seine Darstellung der beiden Charaktere so glaubwürdig. Gekonnt wechselt er zwischen den Perspektiven, so dass der Leser sowohl Dicks, Nicoles als auch eine Sicht von außen (durch Rosemary) kennenlernt.


    Einiges ist mir allerdings auch etwas negativ aufgefallen. So ergeben sich für meinen Geschmack einige Zusammentreffen der Figuren etwas zu zufällig; zudem werden einige Ereignisse (wie z.B. ein Mord) nicht richtig aufgeklärt. Dies wird durch Fitzgeralds wunderbare Sprache und Erzählkunst jedoch mehr als wettgemacht. Es gibt viele zitatwürdige Sätze, die ich mindestens zweimal gelesen habe, weil so viel Wahrheit in ihnen steckt.


    Im Anschluss an den Roman folgt ein informatives Nachwort von Heinrich Detering, das mich in dem Gefühl zurücklässt, dass ich vielen Kleinigkeiten nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt habe, die sie eigentlich verdienen. Von daher bin ich ziemlich überzeugt, dass sich meine Bewertung bei einer erneuten Lektüre noch weiter nach oben verschieben wird.


    4ratten

  • Hallo Cuddles, :winken:
    Ich lese diesen Roman momentan auch. Meine Deutschlehrerin meinte hierzu das man ihn ganz genau lesen sollte und jedem Detail Beachtung schenken sollte. Bisher gefällt mir der Roman recht gut, gerade die Sprache und der Stil gefallen mir sehr, wobei ich Der große Gatsby bisher besser finde, mal sehen.^^


    Grüße

  • Ach ja, bei deinem letzten Eintrag im Thread "Wo seid ihr geographisch in eurer Lektüre" bin ich doch stutzig geworden, weil es mir so bekannt vorkam. :zwinker:


    Es stimmt schon, gerade als ich das Nachwort gelesen habe, ist mir klar geworden, wie viel Bedeutung in einzelnen Sätzen stecken kann. Und dabei ist das Nachwort noch nicht mal sehr ausführlich (an die 20 Seiten), da gibt es bestimmt noch viel mehr zu entdecken, was ich übersehen habe. Ich glaube, ich sollte mich mal nach weiterer Sekundärliteratur umsehen. ^^


    Insgesamt gesehen hat mir Der Große Gatsby auch ein bisschen besser gefallen, da liegt in der Kürze doch die Würze. :zwinker:


    Liebe Grüße
    Cuddles :winken:

  • Ich habe den Roman nun gelesen, hier meine Meinung:


    Ein Roman in dem am Ende nichts so ist wie es dem Leser Anfangs erschien. Wunderbar erzählt, obwohl im Grunde kaum etwas passiert, möchte man unbedingt weiterlesen. Man wird regelrecht in diese dekadente Welt des Romans hineingezogen und möchte auch unbedingt wissen was hinter den Andeutungen steckt. Erst nach und nach entdeckt man die Abgründe, den trügerischen Schein, erfährt die Wahrheit.
    Immer wieder wird der Leser aufs Glatteis geführt, jedesmal wenn man glaub man weißt jetzt um was es wirklich geht ergibt sicheine Wendung, erst ganz am Ende des Romans geht einem endlich ein Licht auf.


    F.Scott Fitzgerald erzählt von einer Liebe die letztendlich auf einer Abhängigkeit voneinander basiert, die wiederum dazu führt das ein Scheitern dieser Liebe unvermeidlich erscheint. Rosemary ist dabei im ersten Teil die Beobachterin des Ganzen. Dadurch wirkt dieser Teil sehr geheimnisvoll, vieles wird nur angedeutet, Spannung baut sich auf. Ab Teil 2 wechselt die Perspektive und plötzlich erscheint alles in einem völlig neuen Licht.


    Fitzgerald erzählt wunderschön, so das es manchmal fast weh tut. Er beschreibt eine Generation, Menschen die sich amüsieren wollen, sich mit Anderen umgeben die ebenso dekadent und mondän sind wie sie selbst, aber dabei sind sie letztendlich einsam, auch in der größten Menschenmenge. Sie lassen sich treiben und verdrängen alles Andere. Doch sie scheitern im Roman an sich selbst. Andeutungsweise vielleicht auch an ihren Erinnerungen an den 1. Weltkrieg,(der damals noch keiner war) der in Nebensätzen erwähnt wird um gleich von rauschenden Partys und Trinkgelagen überdeckt zu werden.


    Durch das Nachwort das dieser Übersetzung - sie folgt der Originalversion des Romans von 1934, vorher war wohl nur eine spätere Fassung des Romans bekannt- wurde mir im Nachhinein auch einiges klarer und ich konnte bestimmte Szenen besser verstehen.
    Bittersüß ist der Ton zu weilen, man könnte traurig werden.Ich fand Zärtlich ist die Nacht ganz wunderbar, so langsam gehört Fitzgerald wohl zu meinen Lieblingsschriftstellern überhaupt. Sein scharfer Blick auf seine Generation und die bessere Gesellschaft seiner Zeit tun ihr übriges um mich zu überzeugen.


    5ratten

  • Oh, eine schöne Rezi hast du da geschrieben. :herz:


    Meine Suche nach Sekundärliteratur zum Buch war nicht so erfolgreich, zumindest wenn man sich auf Deutschsprachiges beschränkt. Das einzige Buch, was dem ziemlich nahe kam, ist nicht mehr verfügbar:


    Hans G Schitter - Die drei letzten Romane F. Scott Fitzgeralds


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    Dafür gibt es aber einiges zur Biographie des Autors bzw. zur Beziehung zu seiner Ehefrau, die den Roman ja nicht unwesentlich beeinflusst hat.


    Kyra Stromberg - Zelda und F. Scott Fitzgerald. Ein amerikanischer Traum.


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    Pietro Citati - Schön und verdammt: Ein biographischer Essay über Zelda und F. Scott Fitzgerald


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    Mich interessiert vor allem letzteres, aber das kommt leider erst im November raus.


    Die anderen Romane von Fitzgerald werde ich auf jeden Fall auch noch lesen, aber so viele sind das ja leider nicht.

  • Dankeschön! :redface:


    Hm vielleicht werd ich mal in England ein wenig nach Sekundärliteratur stöbern^^ Aber die Biographischen Bücher klingen ja auch sehr spannend. Mir sprang auch das letzte sofort ins Auge, ich glaube das wandert auf meinen Wunschzettel.


    Ja, leider gibt es nicht soo vieles von ihm, aber ich werd die anderen Roman auch lesen.

  • Ich grabe diesen Thread mal wieder aus. Ich bin momentan bei der Hälfte von "Zärtlich ist die Nacht" und tue mich eher schwer mit dem Buch. Den ersten Teil fand ich am Anfang noch ganz gut, Rosemary und ihre Schwärmerei für Dick fand ich ganz unterhaltsam. Das wurde aber auch alles immer komplizierter, als viele Personen nur kurz eingeführt wurden und ich mir die ganzen Namen nicht mehr merken konnte.
    Der zweite Teil ist jetzt wieder etwas besser, wenigstens kommen nicht so viele Personen vor :rollen: Aber ich kann absolut nicht nachvollziehen, warum Dick sich in Nicole verliebt. Wo ist da der Reiz für ihn? Und auch wenn Gefühle nicht immer erklärbar sind, kommen seine bei mir als Leser einfach absolut nicht an.


    Ich finde die Zeit, in der das Buch spielt auch sehr interessant, die Partys und allgemein die Gesellschaft und wie die Personen sich verhalten. Aber das kommt mir hier fast zu kurz. Der große Gatsby hat mir sehr viel besser gefallen, den werde ich sicher auch irgendwann nochmal wieder lesen, bei "Zärtlich ist die Nacht" bin ich momentan froh, wenn ich es endlich hinter mich bringen kann.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Dick und Nicole Diver sind auf den ersten Blick wohl ein ganz normales Paar. Doch wer genauer hinsieht, kann erkennen, dass Nicole psychische Probleme hat und sich Dicks Umgang mit Alkohol langsam zur Abhängigkeit entwickelt. Auch als Leser erfährt man diese Dinge erst nach und nach, da der erste Teil des Buches aus der Sicht der jungen Schauspielerin Rosemary erzählt wird, die das Paar bei ihrem Urlaub kennenlernt und etwas Zeit mit ihnen verbringt. Im zweiten Teil des Buches erfährt man dann viel aus der Vergangenheit, lernt Dick und Nicole besser einzuschätzen und kann Ereignisse auch aus ihren Augen miterleben.


    Das hört sich nicht so wahnsinnig spannend an? War es auch nicht. Angeblich ist einiges am Buch autobiografisch, Fitzgeralds Frau Zelda hatte auch psychische Probleme und er sah sich wohl in der Rolle des Dick Diver. Da ich aber über die Biografie Fitzgeralds nicht so viel weiß, konnte ich eigentlich keine Parallelen ziehen. Ich hatte das Gefühl, ein wahllos ausgesuchtes Ehepaar detailgenau bei ihrem alltäglichen Leben zu begleiten. Jeder Mensch hat wohl seine Probleme, aber bei den wenigsten lohnt es sich, ein ganzes Buch darüber zu schreiben. Zumal auch viele uninteressante Details und Episoden, die später keine Rolle mehr spielen, großen Raum im Buch eingenommenm haben. Die Divers haben viele Freunde, die man auch alle mit Namen kennenlernt und die dann nach 100 Seiten wie aus dem Nichts wieder auftauchen. So viele verschiedene uninteressante Personen konnte ich mir trotz gutem Gedächtnis einfach nicht merken.


    Außerdem muss ich sagen, dass diese ganze 20er Jahre Stimmung, die mir am großen Gatsby so gut gefallen hat, diesmal einfach nicht rübergekommen ist. Bis auf einige wenige Details könnte die Geschichte auch in einer anderen Zeit spielen, was ich sehr schade fand. Denn bei "Der große Gatsby" hat mir auch nicht unbedingt die Geschichte gefallen, die das Buch erzählt, sondern die Stimmung, die Fitzgerald darin erschaffen hat.


    Eine Kleinigkeit, die ich etwas unlogisch fand: Nicole und Dick haben zwei Kinder! Das erfährt man erst recht spät und die Kinder werden am Anfang auch so gut wie nie erwähnt. Das Paar verschwindet oft mal spontan auf Reisen, dass die Kinder dabei wären, hört man eigentlich nie. Entweder hat der Autor zwischendurch vergessen, dass seine Protagonisten Eltern sind, oder diese armen Geschöpfe wachsen bei einem Kindermädchen auf.


    Insgesamt fand ich die Geschichte eher uninteressant und bin froh, dass ich das Buch jetzt hinter mich gebracht habe.
    2ratten

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  • An und für sich liebe ich alles, was Fitzgerald schreibt, ich finde seine Art zu schreiben immer sehr "schön", aber er wird dabei auch nie kitschig oder banal. Ich hatte mich auf die Lektüre von Zärtlich ist die Nacht gefreut, aber ich gestehe, ich habe es nicht durchgehalten. Ich bin überhaupt nicht in die Story reingekommen, geschweige denn in die Protagonisten. Irgendwie war für mich alles schwer greifbar und immer wie in einer Art Nebel. Sehr eigenartig. Weder die Protagonisten (die ich übrigens allesamt sehr unsympathisch und unkonkret fand) noch die Beschreibung der gesellschaftlichen Umstände haben mich in irgendeiner Weise berührt, die mich zum Weiterlesen gebracht hätte.



    Außerdem muss ich sagen, dass diese ganze 20er Jahre Stimmung, die mir am großen Gatsby so gut gefallen hat, diesmal einfach nicht rübergekommen ist. Bis auf einige wenige Details könnte die Geschichte auch in einer anderen Zeit spielen, was ich sehr schade fand. Denn bei "Der große Gatsby" hat mir auch nicht unbedingt die Geschichte gefallen, die das Buch erzählt, sondern die Stimmung, die Fitzgerald darin erschaffen hat.


    Da stimme ich dir voll und ganz zu! Genau diese typische amerikanische 20er-Jahre-Stimmung macht bei Fitzgerald eigentlich den Reiz aus. Das ging hier komplett unter meiner Meinung nach.


    Vielleicht bin ich auch einfach nur nicht in der Stimmung für dieses Buch, und ich gebe ihm vielleicht noch eine zweite Chance, wer weiß.

  • So ähnlich wie Dir mit diesem Buch ging es mir letztens mit dem Hörbuch zu "Die Liebe des letzten Tycoon". Ich habe mich dauernd gefragt, in welchem Jahrzehnt das nun eigentlich spielt, und die Protagonisten waren mir ziemlich gleichgültig.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen