Sony Labou Tansi – Die heillose Verfassung

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    Inhalt: Erzählt wird das Leben des Oberst Martillimi Lopez, der zum Präsidenten seines Landes wird. Anfänglich wird er bejubelt, denn er verhält sich volksnah und hebt sich damit von seinen Vorgängern ab. Der Willkür fallen zunächst „Offizielle“ zum Opfer und auch darüber freut sich das Volk. Mit zunehmenden Jahren an der Macht verändert sich aber die Wahrnehmung und die Menschen fangen an zu beten, daß er doch bei einem seiner Kriege den Tod finden möge oder ähnliche Wünsche zu anderen Gelegenheiten. Seine Beliebtheit steigt auch nicht gerade dadurch, daß die Familien ihre Töchter vor dem Diktator verstecken müssen, um sie vor dessen Trieben zu schützen. Die (auch indirekten) Attacken gegen ihn häufen sich, aber er übersteht sie alle und schafft es immer, seine Macht zu sichern, zumal es genügend Speichellecker gibt, die sich genauso widerlich benehmen und von seiner Deckung profitieren.



    Meine Meinung: Ein ausgesprochen schonungsloses Bild, das Sony Labou Tansi hier zeichnet, und daß er das damalige Zaïre unter Mobutu Sese Seko als „leuchtendes Beispiel“ vor Augen hatte, kann hier wohl mehr als vorausgesetzt werden. Letztlich gab bzw. gibt es aber noch eine Reihe weiterer Diktatoren in Afrika, auf die die Beschreibung auch nicht so viel schlechter paßt(e). Und so hätte es eine wirklich interessante Lektüre sein können, wenn ... ja, wenn nicht der gewählte Stil gewesen wäre.


    Ich habe Verständnis dafür, daß drastische Zustände eine drastische Darstellung erfahren. Es ist auch nicht das erste Buch eines afrikanischen Autors in meinem Leseprogramm, das eine hierzulande eher unübliche Derbheit verströmt. Aber in der geballten Form, wie hier Sex- und Fäkalsprache verwendet wird, das fand ich dann doch entschieden übertrieben, von den Folterszenen ganz zu schweigen. Mag sein, daß der Autor sich einfach mal über die Zustände in seinem Land „auskotzen“ wollte, aber ob das Aufrütteln besser funktioniert, wenn man im Leser Ekel erregt? Ich wage das zu bezweifeln.


    Dazu kommt ein Rhythmus, der der gesprochenen Sprache entspricht, mit allen Eigenheiten an Wiederholungen, Unterbrechnungen, Zwischen„rufen“, Unvollständigkeiten, die sich darin sammeln. Ganz abgesehen davon wußte ich bis zum Ende nicht, und weiß es immer noch nicht, wer denn nun eigentlich der Erzähler ist. Manchmal klang es nach Lopez selbst, manchmal nach einem männlichen, manchmal einem weiblichen Verwandten, manchmal einem abstrakten (wie z. B. „dem Land“). Obwohl ich den inhaltlichen Aspekt der Kritik, den Tansi hier eingearbeitet hat, also in vollem Umfang mittragen kann, so nimmt er mit der Gestaltung meinen guten Willen doch über Gebühr in Anspruch. Ich tue das ja immer nur äußerst ungern, erst recht bei afrikanischen Autoren, die von mir per se einen Sonderbonus bekommen, aber hier muß ich leider in die unterste Bewertungskiste greifen.


    1ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen