Jens Petersen: Die Haushälterin

  • Jens Petersen: Die Haushälterin


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    Mehrere Preise bekam Jens Petersen für seinen Romanerstling „Die Haushälterin“: 2005 Aspekte Literaturpreis,Bayerischer Kunstförderpreis, Kranichsteiner Literatur-Förderpreis und 2007 Evangelischer Buchpreis. 2005 schaffte es der Roman auch noch auf die Longlist des Deutschen Buchpreises. Ich frage mich bloß warum?


    Der sechzehnjährige Philipp hat seine Mutter verloren (Krebs), der Vater ersäuft seinen Kummer im Alkohol, verliert seinen Arbeitsplatz bei den Hamburgischen Elektrizitätswerken und stürzt schließlich die Kellertreppe hinab. Mit gebrochenem Bein landet er im Krankenhaus. Philipp allein zu Haus schafft sich aus Verzweiflung eine dreiundzwanzigjährige Haushälterin an, die die Wohnung in Schuss hält, gutes Essen kocht, natürlich blendend ausschaut. Der Junge mit erotischen Fantasien im Kopf, legt darauf natürlich besonderen Wert, hat er bis jetzt doch nur seine Mutter beinahe täglich nackt gesehen, auch seine Großmutter in der Dusche. Naja, eigentlich zählt das ja nicht. Welcher pubertierende Junge interessiert sich schon für seine nackten Verwandten, tz. Eine Klassenkameradin hat er mal nackt im Umkleideraum beim Sportunterricht gesehen. Das zählt. Philipp fängt Ada, die Haushälterin, mit Blicken ein, so genau, dass er ihren Darmbeinstachel sieht, der oberhalb ihres Gürtels unter ihrer Haut zum Vorschein kam, während sie das Fenster putze.


    Alle Versuche des Autoren, den Text erotisch zu machen, scheitern. Es reicht eben nicht, wenn man schreibt: „Unter dem T-Shirt zeichneten sich ihre Schultern und der BH ab. Er war orange, ich sah es, als ihr einer der Träger über den Oberarm rutschte.“ Es wird nicht weiter angedeutet, was in dem Jungen vorgeht. Und dann geht es so gleich weiter: „In meiner Klasse gab es Mädchen, die schon einiges hatten von dem, was eine Frau haben mußte – gegen Ada hatten sie nichts.“ Aphrodite hilf! Es ist doch in Ordnung, dass der Junge mit der Erotik nicht klar kommt und schüchtern ist, aber in seiner Fantasie müsste es doch sprudeln in Bildern. So schüchtern - „was eine Frau haben mußte“ - fantasiert ein Sechzehnjähriger nicht. Das große Problem ist eben, dass der Leser, jedenfalls ich, die sexuellen Nöte des Philipp nicht nachspüren kann. Es kommt noch schlimmer. Als sein Vater aus dem Krankenhaus entlassen wird und mit Ada anbändelt, wird dieser Umstand nur so flatterhaft angedeutet, dass man dieses Drama auf den ersten Blick leicht übersehen könnte.


    Es gibt genügend großartige Autoren, die mit wenigen Worten vieles erzählen können, sodass es zwischen den Zeilen knistert. Petersens Haushälterin gehört nicht dazu, außerdem sind die Figuren, insbesondere der Vater, zu konturlos.


    Nur eine wunderbare Szene ist mir in Erinnerung geblieben, wie der Vater daran scheitert, mit Hilfe des Klavierspiels, seiner verstorbenen Frau näher zu kommen (Seite 24). Jens Petersen ist Gewinner des Bachmannpreises 2009.


    Liebe Grüße
    mombour