Alice Sebold - The Almost Moon (Das Gesicht des Mondes)

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    Helen Knightly hat zeitlebens unter ihrer gefühlskalten Mutter gelitten, die ihr von Anfang an wenig Liebe zu zeigen verstanden hat und mit der Zeit immer tiefer in ihre psychische Krankheit abglitt. Ohne ihren Vater als ausgleichenden Pol wäre sie damals schon verloren gewesen.


    Nun ist Helen Ende vierzig, geschiedene Mutter von zwei erwachsenen Töchtern und auch schon Großmutter. Und ihre eigene Mutter leidet an Demenz, ist nicht mehr zu einem normalen Leben fähig, was bedeutet, dass Helen wieder einmal in der Pflicht steht bei dieser Frau, von der sie sich ihr Leben lang nicht lösen konnte.


    Die lebenslange Hassliebe gipfelt schließlich im Unfassbaren: Helen erstickt ihre Mutter mit einem Handtuch, sie reinigt die Leiche, versucht sie zu verstecken und kommt erst wieder zur Besinnung, als sie verzweifelt ihren Exmann anruft und ihm die Tat gesteht.


    Während Helen auf dessen Ankunft aus Kalifornien wartet und sich fragt, was sie jetzt tun soll, schweifen ihre Erinnerungen immer wieder zurück in die Vergangenheit, zu ihrem gestörten Familienleben, den Ausbruchsversuchen des Vaters aus der engen Zwangswelt der Mutter, zu ihren eigenen Kindern, ihrer eigenen Beziehung ...


    Bereits in den beiden Büchern über das Thema Vergewaltigung zeichnete Alice Sebold ein schonungsloses Bild der Realität ohne Scheu vor hässlichen Gedanken, Gefühlen und Taten. Nun greift sie ein anderes Tabuthema auf, die Belastung pflegender Angehöriger, die oft zu unterdrücktem Hass auf den Kranken führt.


    Helen ist keine besonders sympathische Hauptfigur. Ihre lakonische Schilderung des Mordes, die das Geschehene manchmal sogar ins Lächerliche zu ziehen scheint, hat mich nicht gerade für sie eingenommen, und ich hatte das ganze Buch über Probleme mit ihr, wobei einiges nachvollziehbar wird, je tiefer man in die Geschichte ihrer Familie eintaucht.


    Insgesamt ist das Buch ein wenig überfrachtet; Helen wirkt als Figur zwar glaubwürdig, aber gleichzeitig konstruiert mit den vielen Problemen, Altlasten und Tabubrüchen, die Sebold ihr aufgepackt hat. Nichtsdestotrotz ist es spannend, die Familiengeschichte zu erfahren und mitzuverfolgen, wie sich die Dinge nach Helens Tat entwickeln.


    3ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen