Karin Richner - Sind keine Seepferdchen

  • Hallo zusammen!


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    Der "kleine" Debüt-Roman von Karin Richner ist mir eines Tages im Buchladen ins Auge gestochen. Ich habe es mehrmals in die Hände genommen, schlussendlich aber wieder zwischen die anderen Bücher gelegt. Doch ist es mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen, schon die beiden Textausschnitte auf dem Buchrücken und der Rückseite haben mich fasziniert:


    "Als ich einmal mit Anna hier war, sagte sie, sie wünsche sich goldene Flügel wie ein Engel. Dann könnte sie über die nächtliche Stadt fliegen, in einem weissen Kleid, und den Menschen in den Garten und aufs Hausdach kotzen."

    "Als wäre es meine einzige Möglichkeit, die Stadt hinter mir zu lassen, kehre ich immer wieder auf das Dach des Einkaufszentrums zurück. Dort oben sitze ich wie ein vertriebenes Tier, bis der eisige Wind mich wieder in die Wohnung jagt. Manchmal ist die Luft vor Kälte geruchlos und es schneit. Ich lege den Kopf weit in den Nacken und schaue in den Himmel, aus dem tausende von Flocken fallen und auf meinem Gesicht zu kleinen Tropfen schmelzen. Am liebsten würde ich mich hinlegen und mich ganz von diesen kalten Flocken bedecken lassen."


    So habe ich mir das Buch kurze Zeit später doch gekauft.


    Ich habe es an einem freien Nachmittag in einem Zug durchgelesen. Die Geschichte handelt von einer namenlosen jungen Frau, die alleine in einem grossen Haus am Rande einer Stadt wohnt. Ihre Eltern arbeiten in Italien, ihre Schwester Anna ist in Südamerika. Sie selber scheint ziellos. Sie schläft tagsüber und ist in der Nacht wach. Die Gegenwart anderer Menschen kann sie nur in gewissem Masse ertragen. Als sie einer Bekannten in ihrem riesigen Haus Unterschlupf gewährt, hält sie es kurz darauf nicht mehr da aus und flüchtet in eine WG in der Stadt.


    Die Geschichte zieht einen in seinen Bann, lässt einen die Einsamkeit und Verlorenheit der Erzählerin hautnah spüren. Ich habe noch kein Buch gelesen, dass mich mit solch leisen Tönen so tief berührt hat.


    Mit lieben Grüssen,
    Meli

    :leserin: <br />Joyce Carol Oates - Du fehlst

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