Edward St Aubyn – Mother's Milk

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    Eine Familiengeschichte wird aus der Perspektive ihrer Mitglieder erzählt und zwar immer im August in vier aufeinanderfolgenden Jahren. Im ersten Jahr wird Robert Melroses kleiner Bruder Thomas geboren. Die Familie, der wir begegnen wirkt sehr liebevoll und scheint gut miteinander auszukommen. Wir werden in das große Familiendrama väterlicherseits eingeführt, das darin besteht, dass die Mutter von Patrick, des Vaters von Robert und Thomas, ihr Anwesen St. Nazaire in Südfrankreich einer Stiftung überlassen will, die dort esoterische Seminare abhält.
    In den folgenden Jahren eskaliert diese Situation. Eleanor, Patricks Mutter, kommt ins Pflegeheim und drängt darauf, dass ihr Besitz noch zu ihren Lebzeiten der Stiftung überschrieben wird. Sobald dies geschieht kümmert sich Seamus, der Leiter der Stiftung und vorgebliche Seelenverwandte Eleanors, nicht mehr um die alte Frau, die immer mehr ihre Fähigkeit zu sprechen verliert.
    Während Eleanor verfällt, beginnt Patrick zu trinken und hat eine Affäre mit einer Ex-Freundin. Seine Frau Mary zieht sich immer mehr auf die Mutterrolle zurück, die sie überbehütend ausfüllt. So driften die Eheleute auseinander, ohne dass die Konsequenz der Scheidung gezogen wird. Im vorletzten Jahr reisen die Melroses dann vorzeitig aus St. Nazaire ab, wo sie eigentlich jeden August ein Aufenthaltsrecht haben. Im letzten Jahr verbringen sie den Jahresurlaub in den USA, wo Patrick Verwandte hat. Der Urlaub verläuft wenig erquicklich und bei der Heimkehr bittet die völlig vereinsamte Eleanor ihren Sohn um Sterbehilfe, die sie im letzten Moment aber dann doch ablehnt. Ihr Sohn betrachtet dies als Befreiung von seiner Mutter, so dass am Ende des Buches eine Art Hoffnung entsteht, dass das Joch, das die Familienverhältnisse für ihn bilden vielleicht doch noch abgeschüttelt werden kann.


    "Mother's Milk" war mit seiner Nominierung für die Shortlist des Booker-Preises 2006 bisher Edward St Aubyns erfolgreichstes Buch. Als Sprössling einer Familie der englischen Upper Class hat er eine Vorlieb für dieses Thema. St Aubyn selbst blickt wohl auf eine Kindheit zurück, die von Gewalt durch den Vater und Wegschauen durch die Mutter geprägt war.
    Das Buch bezieht seine Kraft aus der Art, wie die Familie um etwas wie Normalität kämpft, das am Anfang im Vergleich etwa zu der Familie von Roberts Schulfreund auch ziemlich gut funktioniert. Was noch besser ist, ist der Kniff, dass, obwohl die Figuren sich alle redlich mühen und allesamt sympathisch sind, duldsam, nicht gemein zueinander, es trotzdem mit dem schönen Leben nicht so klappen will, weil sie eben alle ihr Päckchen zu tragen haben, das sie nicht abwerfen können, so sehr sie sich auch bemühen.


    Der ständige Perspektivenwechsel und die allmähliche Eskalation beim Streit um das Haus und alles, was durch diesen Umstand wieder nach oben gespült wird, tun das Ihre, um die Lektüre kurzweilig werden zu lassen. St Aubyn schreibt einen klaren und einfachen, dabei keinen trockenen Stil.


    Alles in allem ein Autor, der sein Thema vielleicht schon gefunden hat. Interessant wäre zu sehen, was er sonst noch kann. Da es das bisher einzige Buch ist, das ich von ihm gelesen habe, kann ich nicht beurteilen, wie variantenreich seine Beschreibung der englischen besseren Familie ist. Jedenfalls gehört er auch mit diesem Text allein schon zu den lesenswerteren Zeitgenossen.



    [size=1]Betreff etwas übersichtlicher gestaltet und amazon-Link an den Anfang gesetzt. LG, Aldawen[/size]

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()