Rafael Yglesias - Glückliche Ehe

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  • 427 S. · geb · Klett-Cotta · ISBN-13 9783608937077 · 22,90€



    Unheilbarer Krebs - welch ein Martyrium!

    " Lieferservice" - Kapitel eins des Romans "Glückliche Ehe"
    Die Betitelung passt perfekt zum anschließenden Inhalt. In flapsigem Schreibstil stellt uns der Autor Rafael Yglesias die beiden Freunde Bernhard Weinstein, 25 Jahre, und Enrique Sabas, 21 Jahre, vor. Sie sitzen zusammen in einer Kaffeebar. Bernhard schwärmt von Margaret Cohen, einem hübschen Mädchen mit außergewöhnlichen Qualitäten. Enrique traut Bernhard nicht so recht; er hält die Existenz Margarets für Fiktion. Doch ein Treffen wird arrangiert: "auf seine Bestellung erscheint die Traumfrau, von der er gar nicht gewusst hatte, dass er von ihr träumt". Locker-leicht liest sich der Text.
    "Ahnung" ist - nach dem federleichten ersten Kapitel - ein düsteres und ernsthafteres. Margret und Enrique sind nun 27 Jahre glücklich verheiratet. Sie haben zwei Jungs, Gregory und Max (16 Jahre alt). Die Familie gehört zur oberen Mittelklasse New Yorks und kann ihr Leben sorglos genießen.
    Doch drei Jahre zuvor hat das Schicksal in aller Härte zugeschlagen: Bei Margaret wurde Blasenkrebs diagnostiziert. Seit einem halben Jahr kann sie keine Nahrung mehr aufnehmen. Alle medizinischen Maßnahmen und technischen Möglichkeiten sind erschöpft. Nichts kann mehr helfen.
    Rafael Yglesias beschreibt den Krankheitsverlauf in aller Härte und brutaler Offenheit. Wir sehen Margaret nackt und abgemagert vor uns; ihr Körper ist durchlöchert von den Versorgungsschläuchen. Wir lesen von den vielen Operationen, dem persönlichen Einsatz Enriques, der nahezu rund um die Uhr bei seiner Frau ist. Er hat sie zeitweise gepflegt; nun kann er sie nur noch "in den Armen halten, ermutigen, trösten, aufheitern und lieben". Dabei empfindet er Furcht wie noch nie zuvor.
    Die zeitlebens aktive Margaret nimmt ihre Erkrankung anfangs an. Sie kämpft mit all ihrer Kraft dagegen an. Als alles aussichtslos erscheint, fordert sie Operationen, die die Ärzte kaum noch für sinnvoll erachten. Aber nun am Ende kann sie nicht mehr. Sie bittet ihren Mann: "Ich will sterben. Du musst mir dabei helfen."
    In den "Erinnerungen" setzt sich inhaltlich das vorsichtige Kennenlernen der Beiden bis zur ersten Verabredung fort. So alternieren die weiteren Kapitel: Fokussierung auf den weiteren Leidensweg Margarets im Wechsel mit der weiteren Entwicklung der Beziehung. Diese thematischen Kapitel fand ich zwar teilweise langatmig, aber sie sind wohl als bewusst eingesetztes Stilmittel des Autors zu verstehen: Der Leser kann Luft holen, er kann das Gelesene verarbeiten, Kraft tanken und wieder zu Margaret zurückkehren.
    Das Buch kann man nicht so leicht abschütteln. Es fordert Aufmerksamkeit und Respekt. Da der Tod unausweichlich ist, wird das Lesen für manchen zu einer seelischen Belastungsprobe werden. Ein mutiges Buch.

  • Ehrlich? Das klingt wie der Film "Love Story". Um Himmels Willen. Das ist ein Buch, das hol ich mir aus der Bibliothek. Irgendwie finde ich es seltsam, wie diese "Krebsbücher" aus dem Boden schießen und nur, weil der Bachmannpreis auch an jemanden vergeben wurde, der über das Thema (mit etwas anderem Ausgang) ging. Ich bin nicht sicher, ob mir das gefällt.
    Dir Danke ich für die Rezension!
    Liebe Grüße cori

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    Rafael Yglesias - Glückliche Ehe

    Zum Inhalt:

    Enrique und Margaret sind seit fast dreißig Jahren verheiratet, als das unvermeidliche Ende naht, denn Margaret ist unheilbar an Krebs erkrankt. In Rückblicken erfährt der Leser, wie die beiden sich kennengelernt haben und die vergangenen Jahren erlebt haben. Während dessen wird der Sterbeprozess von Margaret begleitet und wie Enrique sie in den letzten Wochen und vor allem Tage erlebt.


    Meine Meinung:
    Glückliche Ehe beschreibt das Eheleben zweier Menschen, die sowohl Aufs und Abs in ihrer Ehe erfahren haben, durch die Krankheit von Margaret werden die beiden eng aneinandergeschweißt. Yglesias hat in diesem Buch autobiographische Bezüge eingebaut, sodass man sich als Leser ganz nah dem Protagonisten fühlt. Mir hat es besonders gut gefallen, dass zwischen den gegenwartsbezogenen Phasen es immer wieder Rückblenden in die Vergangenheit gab, wie sie sich Kennengelernt haben, wie die ersten Dates verliefen oder auch wie sie eine schwere Ehekrise durchzustehen hatten. All dies führte dazu, dass die Charaktere sehr deutlich gezeichnet wurden und man auch das Benehmen in der Gegenwart besser einordnen kann. Vor allem in der Phase in denen sich die Verwandte und Freunde von Margaret verabschiedet haben, wird nocheinmal klar, wie unterschiedlich die Menschen mit Tod, Schmerz und Verlust umgehen.

    Das Buch hat mich an einigen Stellen sehr mitgenommen, denn es zeigt, wie schonungslos der Krebs mit den Menschen umgeht. Yglesias verschont den Leser nicht und beschreibt, wie der Mensch (hier Margaret) immer mehr abbaut und schließlich ganz pflegebedürftig wird. Yglesias Art zu schreiben ist sehr lebensnah, sodass fast das Gefühl entsteht, man war selbst dabei. Die Charaktere im Buch sind alle sehr vielschichtig, sodass man wenn man denkt, man hätte ihn verstanden, bald doch wieder überrascht wird. All dies hat dazu geführt, dass dies ein Buch war, dass es trotz des traurigen Themas, gut zu lesen war und mich auch an einigen Stellen berührt hat.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Wer Bücher kauft, kauft Wertpapiere! - Erich Kästner<br /><br />SLW 2016 9/30

  • Enrique und Margaret sind seit 29 Jahren ein Paar, doch jetzt heißt es Abschied nehmen. Margaret steht kurz davor, ihrem Krebsleiden zu erliegen und Enrique begleitet sie in ihren letzten Tagen, organisiert Abschiedsbesuche aller Freunde und Verwandten. In Rückblenden erfährt man vom Kennenlernen der beiden, von ihren ersten Verabredungen und auch von einer Ehekrise, in der die Trennung schon unvermeidlich schien.


    Die Kapitel über die sterbende Margaret in der Jetzt-Zeit und die Rückblenden wechseln sich ab. Nur dadurch sind die Schilderungen über die Krankheit, die ohne Tabus oder Aussparungen beschrieben wird, erträglich. Man braucht das fröhliche, jugendliche Kennenlernen zwischendurch, um dann wieder die Trauer Enriques und das Leiden Margarets ertragen zu können. Das ist zugleich mein erster Kritikpunkt. Zu detailliert wird Margarets Krankheit in allen Aspekten geschildert, dass sich einem fast der Magen umdreht. Wer schon eine nahestehende Person durch Krebs verloren hat, oder solch eine Krankheit am eigenen Leib erfahren hat, möchte so etwas sicher nicht lesen, diesen Leuten würde ich auch dringend von diesem Buch abraten!


    Ein zweiter Kritikpunkt sind die Figuren selbst. Ich kann es nicht an einzelnen Beispielen festmachen, aber es fiel mir schwer, einen Zusammenhang zwischen den Figuren in der Gegenwart und Vergangenheit zu sehen. Zu sehr haben sich Enrique und Margaret in diesen Jahren verändert. Viele Verknüpfungen fehlen und wurden einfach ausgelassen, so hat man nur wenige Anhaltspunkte, um Veränderungen nachvollziehen zu können. Es ist nicht klar, wie der unsichere, schamhafte Enrique zu diesem egoistischen, aber zugleich aufopfernd hilfsbereiten Mann werden konnte, auch die fröhliche Margaret in Jugendzeiten und die totkranke, sterbende Frau kann man nur schwer in Einklang bringen. Ich hatte oft das Gefühl, ich lese zwei ganz unterschiedliche Geschichten mit unterschiedlichen Hauptpersonen.


    Den Handlungsstrang in der Jetzt-Zeit fand ich dabei, wie erwähnt, schwer zu ertragen, die Vergangenheit und das Kennenlernen der beiden war wiederum ganz angenehm und unterhaltend zu lesen. Schade fand ich auch, dass die chronologische Erzählweise des Kennenlernens und der Ehe nicht beibehalten wurde. Gegen Ende gibt es mehrere Rückblenden, die aus dem Zusammenhang gerissen dastehen. Es fällt zwar nicht schwer, diese chronologisch einzuordnen, ich hätte es aber schöner gefunden, die Ereignisse der Reihe nach zu erfahren.


    3ratten


    P.S. Ich finde, dass das Buch besser bei "Sonstige Belletristik" aufgehoben wäre, da es kein klassischer Liebesroman ist.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de