Endlich Neues von den Waringhams!
Wir lernen den jüngsten Spross der Familie als jungen Schüler von Sir Thomas More kennen, der sich mit Latein und Griechisch abquält und immer wieder feststellt, dass er wohl nicht zum Gelehrten taugt. Als sein Vater wegen Ketzerei verhaftet wird, bedeutet dies das Ende seiner Ausbildung, doch wirklich böse ist er darüber nicht. Allerdings warten schwierige Aufgaben auf ihn, nachdem sein Vater im Tower gestorben ist - als Erbe seines Vaters ist er der neue Lord Waringham, was bedeutet, dass er ein ziemlich heruntergekommenes Gut zu verwalten und zu erhalten hat, und er muss mit seiner zickigen und eifersüchtigen Stiefmutter zurechtkommen.
Auf König Henry VIII. hegt er einen unstillbaren Groll, weil er ihm die Schuld am Tod seines Vaters gibt, doch als er Prinzessin Mary, die in Ungnade gefallene Tochter aus dessen unglückseliger Ehe mit Katharina von Aragon kennenlernt, sind sich die beiden schnell sympathisch ...
Henry VIII. und seine vielen Frauen sind schon lange eines meiner Lieblingsthemen in historischen Romanen, ebenso wie Rebecca Gablé eine meiner Lieblingsautorinnen des Genres ist. Darum war ich äußerst entzückt, dass Frau Gablé sich doch zu einer Fortsetzung der Waringham-Saga entschlossen hat, und ich wurde nicht enttäuscht.
Nick ist ein sympathischer Protagonist mit Macken und Fehlern, der die Irrungen und Wirrungen am Hof des wohl berüchtigsten englischen Königs aller Zeiten mal aus nächster Nähe miterlebt und mal "nur" von ferne deren Auswirkungen am eigenen Leib verspürt. Seine Familie und Freunde und die höfische Welt sind wunderbar lebensnah gezeichnet (vor allem der pfiffige Francis ist mir sehr ans Herz gewachsen); am Ende der knapp 1000 Seiten glaubt man sie förmlich zu kennen. Lediglich die fiese Stiefmutter und -schwester wirkten manchmal ein bisschen zu eindimensional. Ansonsten konnte ich auch diesmal wieder mitlachen und mitweinen, mitleiden und mich mitfreuen.
Die komplizierten historischen Hintergründe sind leichtfüßig und verständlich in die Handlung eingebettet und dürften, wie ich die Autorin einschätze, auch bestens recherchiert sein. Im Nachwort gibt es dazu auch noch ein paar interessante Anmerkungen.
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Interessant übrigens, dass so viele bemängeln, dass sie mit den Nebenfiguren nicht warm geworden sind. Mir ging es überhaupt nicht so, ich mochte zum Beispiel Laura sehr gerne und natürlich den kleinen Francis mit seinen vielen Fragen.
Den Schlusssatz fand ich übrigens sehr witzig!
"Glaubt ihr, wir könnten ein Gesetz durchdrücken, welches meinem Sohn verbietet, mein armes Enkelkind Lappidot zu nennen?"