Elizabeth Gaskell ~ Cranford
Seiten: 298, gebunden
Verlag: Nikol
Erscheinungsjahr:1853
[hr]
Cranford ist ein fiktiver Ort in England, dessen Vorbild Knutsford in Cheshire darstellt. Die Erzählerin Mary Smith erzählt in Episoden aus dem Leben der Bewohner, insbesondere der Bewohnerinnen, des kleinen beschaulichen Örtchens. Es handelt sich also um keinen Roman im klassischen Sinne, sondern um einzelne Kapitel bzw. Anekdoten, die aber alle miteinander verbunden sind.
"Vornehme Sparsamkeit" ist das Lebensmotto der schon in die Jahre gekommenen Jungfern, die bei der Erzählung im Mittelpunkt stehen. Man hat wenig, aber das was man besitzt, muss auch von Qualität sein. Geldausgeben und Protzen ist für sie ordinär und verpönt. Wenn man sich keine Sänfte leisten kann, so wird dies selbstbewusst damit begründet, dass die Abendluft so mild und erfrischend ist. Eine jede Frau hat sich gut allein eingerichtet, Lebensinhalt sind mangels anderer Beschäftigungen die Besuche bei den befreundeten Damen von nebenan, mit Klatsch und Tratsch und Intrigen kann man sich schließlich wunderbar unterhalten. Des Öfteren wird der heitere Frieden des Dorfes durch tragische Unfälle, Einbrüche und das Wiederauftauchen verschollen geglaubter Verwandter gestört. Doch die Cranforderinnen wären keine echten Cranforderinnen, wenn sie sich nicht zu helfen wüssten!
Mit viel Ironie, Humor und Charme zeichnet Elizabeth Gaskell in einem ihrer bekanntesten Werke ein liebevolles Bild eines frühviktorianischen Dorfes, das die Industrialisierung noch kaum berührt hat. Der leichtfüßige Schreibstil trägt dazu bei, dass man sich als Leser wunderbar in die kleine geschlossene Gesellschaft hineinfühlen und mit den Bewohnern und ihren Problemchen mitfühlen kann.
Auffallend ist die Diskrepanz zwischen den anfänglichen Kapiteln und dem Rest des Buches. Der erste Teil ist deutlich humorvoller und beschwingter. Eine kurze Recherche hat ergeben, dass Charles Dickens (er hat übrigens in Cranford eine interessante Rolle) Gaskell dazu gedrängt hat, für seine Zeitschrift Household Words kurze Episoden über Cranford zu schreiben, doch nach 2 Kapiteln hat sie ihre Arbeit unterbrochen; bald darauf begann sie, an ihrem Roman Ruth zu schreiben. So beendete sie die letzten Kapitel erst 2 Jahre später. Das fällt dem aufmerksamen Leser auf, vor allem in der Mitte des Buches. Im letzten Drittel hat mich Gaskell dann aber doch überzeugen können, dass sie wunderbar schreiben kann.
Zu meiner Ausgabe: Der Preis ist sehr gut für ein gebundenes Buch, allerdings hat dies auch seine Nachteile: Abgesehen von einigen Tippfehlern fand ich die zahlreichen Fußnoten sehr lästig und z. T. auch wenig informativ. So werden allgemein bekannte Begriffe wie Blutegel oder Spartaner in der Fußnote eräutert.
Bekannt ist auch die gleichnamige BBC-Serie:
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