Was mich hier nervt - und ich vermute einen übersetzerischen Fehler - ist der ständige Wechsel zwischen du und Ihr. Oder gar "ihr" in der Anrede. Ich stolpere jedes Mal darüber.
Inzwischen habe ich in meiner aktuellen Lektüre Shanna die Seite 156 (von 736) erreicht.
Nach der Hochzeit wurde der Frischvermählte zurück ins Kittchen verfrachtet und die Frischvermählte bereitet sich auf ihren künftigen Witwenstand vor (Spoiler: im Buch steht, dass es Shanna belastet, aber gezeigt wird es uns nicht).
Es gilt, den Verwalter ihres Vaters zu täuschen. Der sollte eigentlich ein Auge auf sie haben, aber zu Shannas Glück war er eine Woche auf Reisen, und sie konnte ihr Hochzeitsding durchziehen. Sie erzählt ihm die rührende Geschichte einer hastigen Hochzeit und des bedauernswerten Unfalls ihres Gemahls. Der Verwalter ist sehr misstrauisch (dumm isser ja nicht). Shanna will so schnell wie möglich nach Hause, so dass sie sich auf einem der Frachter ihres Vaters einmietet. Dumm nur, dass der Verwalter ebenfalls mit diesem Schiff reisen will, außerdem braucht er dringend neue Arbeiter für die Plantage in der Karibik. Er kauft ein paar Gefangene aus dem Gefängnis, und hier natürlich fällt sein Auge auf den kräftigen jungen Burschen. Ihr dürft raten. Richtig. Ruarks Tod durch den Strang wird vorgetäuscht, er selbst ist bald darauf unter Deck eingesperrt.
Ich gebe zu, als ich im Klappentext was von Plantagen las, war ich alarmiert. Ich will keine Geschichte lesen, die in der Karibik spielt. Als dann Ruark auf demselben Schiff landet wie Shanna, war ich noch unzufriedener. Sah ich mich doch schon eine, die x-te, Geschichte lesen, die auf See spielt. Mag ich nur in gelungenen Einzelfällen (hier nicht der Fall!).
Aber ich hatte Glück.
Die Schiffsreise ist nur ein paar Seiten lang und unser künftiges Turtelpärchen begegnet sich gar nicht. Auch die Karibik ist hier nur ein leeres Wort. Im Frühjahr las ich Die weite Sargassosee von Jean Rhys, und hier kam die Karibik so richtig durch - schwere, schwüle Luft, üppige Vegetation, betörender Blütenduft überall, schweißtreibende Hitze (ich mochte das Buch zu genau 0 Prozent, aber die Atmosphäre konnte ich mit Händen greifen). Mag ich einfach nicht. Woodiwiss hat sich die Mühe der Beschreibungen gar nicht gemacht. Sie berichtet lieber darüber, wie ungeheuer gescheit Ruark ist. Er kann alles. Kennt sich mit Pflanzungen aus, ist ein guter Anführer, ein Pferdekenner, hat ständig gewinnbringende Ideen - mit einem Wort, Shannas Vater frisst ihm schon bald aus der Hand.
Der Vater, hrrrrrr. Das ist ein aufbrausender Kerl, der endlich Enkel sehen will. Tunkt Shanna immerzu mit der Nase in die Tatsache, dass sie während ihrer so kurzen Ehe nicht schwanger geworden ist. Ja, ich weiß, 18. Jahrhundert. Frau gleich Gebärmaschine, Stammhalter muss her. Bäh igitt. Ich sehe es schon kommen, dass der gute alte Trahern sich sagt: da ist doch diese stramme John Ruark der Clevere, er könnte Shanna ja schwängern, muss ja niemand erfahren, dass der Zeitpunkt nicht passt, London ist weit weg.
Apropos, 18. Jahrhundert. Hier ist Woodiwiss den selben Weg wie mit der Karibik gegangen, nämlich gar nicht. Der Roman könnte zu jeder Zeit spielen, außer vielleicht in ferner Zukunft. Aber ich bin mir nicht sicher.