Nikolaj Gogol - Die Nase

  • Aus der bekannten Petersberger Novelle “Die Nase” von Nikolaj Gogol aus dem Jahre 1836 wird man einfach nicht schlau. Die Handlung grotesk und scheinbar ohne Sinn, das Ende wirkt nichtsaussagend.
    Alles beginnt mit dem Barbier Iwan Jakowlewitsch, der eines schönen Morgens eine Nase in seinem Brot entdeckt. “Brot ist schließlich was Gebackenes, und eine Nase – ist doch was ganz anderes. Das verstehe wer will…!”. Aus Angst von der Polizei des Mordes bezichtigt zu werden versenkt er die Nase in der Newa.


    Etwa im selben Moment wacht der Kollegienassessor Kowaljow, welcher sich voller Zuversicht schon als Major bezeichnet, auf, um festzustellen, dass er seine Nase verloren hat. Um den Diebstahl zu melden macht er sich auf den Weg zur Polizei und begegnet auf dieser Strecke, in Uniform eines Staatrates, seiner eigenen Nase, welche ihn prompt abweist.
    Kowaljow beschließt daraufhin eine Zeitungsanzeige aufzugeben, um den Nasendieb zu finden…seine Anfrage bei der Zeitung wird jedoch abgewiesen, denn für “abhanden gekommene Nasen ist der Arzt zuständig”, und eine solche Anzeige würde wohl sowieso niemand ernst nehmen.
    Kurze Zeit später wird die Nase bei einer Grenzkontrolle festgenommen und dem Kollegienassessor überreicht, jedoch lässt sie sich nicht wieder an seinem Gesicht befestigen.
    Das Grauen nimmt ein plötzliches Ende, als Kowaljow eines Morgens aufwacht und sich seine Nase einfach wieder in seinem Gesicht befindet.


    Nach dem Lesen dieser kurzen aber doch amüsanten Novelle fragt man sich ernsthaft, ob der Autor sich mit dem Leser einen gewaltigen Scherz erlaubt hat. Die Geschichte scheint ohne Sinn konstruiert zu sein und nimmt ein unerwartetes und vor allem ernüchterndes und kurzes Ende.
    Bei genauerer Betrachtung dieser absurden und surrealistischen Novelle des russischsprachigen Autors Nikolaj Gogol fragt man sich natürlich als erstes, wieso das Abhandenkommen der Nase ausgerechnet den Kollegienassessor Kowaljow erwischt hat.
    Das Symbol der Nase kann als das Ebenbild der eigenen Person gedeutet werden, hierbei darf man auch nicht außer Acht lassen, dass hier die Doppelgängermotivik eines E.T.A. Hoffmanns, der erst in der Spätromantik in Russland bekannt wurde, persifliert wird[1]. So trifft der Leser hier nicht nur auf den Kollegienassessor sondern auch gleichzeitig auf sein eigenes Wunschbild, nämlich den höhergestellten Staatsrat, in Form seiner Nase.
    Erst als Kowaljow sein Dasein ohne Nase akzeptiert, taucht diese wieder in seinem Gesicht auf.


    Die Novelle lässt viel Interpretationsraum, dennoch kann man nicht sagen, ob Gogol nicht einfach nur eine sinnfreie und verwirrende Erzählung zu schreiben versucht hat, in welcher der Leser nach einem nicht vorhandenen Sinn sucht.
    Die Novelle ist surreal, unfassbar komisch und zeigt trotzdem das literarische Talent des Autors, welcher leider viel zu früh aufgrund eines streng religiösen Fastens starb.


    4ratten