Thomas Hardy - Am grünen Rand der Welt

Es gibt 112 Antworten in diesem Thema, welches 19.128 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von tina.

  • Grundsätzlich schon, aber wie ich gerade bei der Aufführung von Othello feststellte, habe ich Verständnisschwierigkeiten, besonders, wenn Männer sprechen. Aber ich werde es mir mal vormerken und vor allem mal gucken, was die sonst noch im Angebot haben.

  • Ich habe es geschafft, ich bin durch. Und ich kann ganz klar sagen: es lag nicht am Buch, dass ich so lange gebraucht habe. :redface:
    Mir fehlte einfach die Zeit, tagsüber zu lesen und nachts war ich zu müde.
    (Normalerweise lese ich nachts am meisten.)
    Jetzt werde ich mich noch mal durch eure Beiträge lesen, die ich mir bisher erspart habe, da ich nicht zuviel erfahren wollte, und dann
    meinen Senf dazu geben.

    🐌

  • Ich hab auch mal wieder etwas weiterlesen können und das gute als Nachzügler: Ich muss keine Kapitelmarkierungen mehr setzen. :breitgrins:


    Bathsheba ist jetzt mit Troy verheiratet und hat gerade entdeckt, dass er vorher etwas mit Fanny hatte und mehr oder weniger an ihrem Tod schuld ist.


    Es tut mir gerade alles sehr leid für die Charaktere, da niemand in einer wirklich guten Situation ist, selbst Troy nicht. Er scheint doch mehr für Fanny empfunden zu haben? Geld wollte er ihr ja immerhin auch zustecken, obwohl das Bathshebas Zorn zur Folge hatte.


    Und Bathsheba muss gerade feststellen, dass die Ehe ein großer Fehler war. Ich finde Hardy versteht es perfekt, die Gefühle von Frauen einzufangen:


    Zitat

    I am not a fool, you know, although I am a woman, and have my woman's moments.


    Da passt sie einmal kurz nicht auf und verliert ihre Selbstbeherrschung und schon fällt sie auf Troy rein, obwohl sie doch nie zu den Frauen gehören wollte, die den erstbesten nehmen. Aber es war auch verdammt gemein von ihm, ihr vorzutäuschen, dass er schon dabei ist, sich in eine andere zu verlieben, wenn sie nicht schnell in die Ehe einwilligt. Er weiß, wie er Bathsheba am schnellsten herumbekommt, und das ist es über ihren Hochmut zu versuchen.


    Und meine absolute Lieblingsstelle bisher:


    Zitat

    "What do you regret?"
    "That my romance has come to an end."
    "All romances end in marriage."


    Das ist ein ganz schöner Seitenhieb gegen die englische Romantradition zur Zeit Hardys. Ich gehe mal davon aus, dass er damit stark auf die Austen'sche Tradition anspielt, bei der ja wirklich alle Romane mit der Eheschließung enden. Was danach geschieht, erfährt man nicht und will man meistens auch nicht erfahren. Ich zitiere Bridget Jones: :breitgrins:


    Zitat

    That is precisely my feeling about Darcy and Elizabeth. They are my chosen representatives in the field of shagging, or, rather, courtship. I do not, however, wish to see any actual goals. I would hate to see Darcy and Elizabeth in bed, smoking a cigarette afterwards. That would be unnatural and wrong and I would quickly lose interest.


    So bleibt die Ideologie von Liebe bestehen, die Hardy hier versucht zu dekonstruieren. Er scheint zu ahnen, dass diese Ideologie genau das ist, was vielen Frauen zu seiner Zeit - wie etwa Bathsheba - eben das Leben schwer gemacht hat.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)


  • So bleibt die Ideologie von Liebe bestehen, die Hardy hier versucht zu dekonstruieren. Er scheint zu ahnen, dass diese Ideologie genau das ist, was vielen Frauen zu seiner Zeit - wie etwa Bathsheba - eben das Leben schwer gemacht hat.


    Ich habe auch gedacht, dass diese Einstellung eher untypisch für die damalige Zeit war, in welcher wohl die Ehe doch eher auf einem sehr hohen Podest stand. Ob man unglücklich war oder nicht, war dann eher irrelevant. Da musste Mann/Frau dann einfach durch. Schlimme Vorstellung für uns heute.


  • Bei Kapitel 52 fällt zuerst auf, dass die einzelnen Abschnitte durchnummeriert sind. Es könnte daran liegen, dass sich die Handlung nun von mehreren Schauplätzen her gleichzeitig zu einem Höhepunkt hinentwickelt.


    Hab das Buch gerade nicht hier, aber falls es in 3 Abschnitte unterteilt ist, dann liegt das eher am Verlagswesen des 19. Jahrhunderts, wo Romane meistens zunächst kapitelweise in Zeitschriften erschienen sind und dann in sogenannten Tripledeckern, also in 3 Bänden. Das hat damit zu tun, dass es zum einen günstiger für den Konsumenten war und zum anderen die Leihbibliotheken und Lesezirkel davon profitierten, weil sie ein Buch so gleichzeitig an 3 Kunden verleihen konnten. :winken:



    Ich hab jetzt auch wieder ein wenig weitergelesen und bin nun auch informiert über Fannys Schicksal. Im Grunde ging es mir wie euch: Zunächst hatte ich nicht damit gerechnet, aber dann kam auch mir ziemlich schnell die Assoziation mit Tess of d'Urbervilles. Eigentlich typisch Hardy. Jetzt bleibt mir nur zu hoffen, dass es für Bathsheba ein glücklicheres Schicksal gibt und Fanny nur als Kontrastfigur diente, um aufzuzeigen, wie es eben auch hätte enden können.


    Während ich Troy vorher nur als Weiberhelden empfunden hatte, habe ich jetzt ja fast ein wenig Mitleid. Ich glaube, er war sich dem Ausmaß seiner Taten nicht wirklich bewusst... Er scheint Fanny wohl doch wirklich geliebt zu haben, hatte wohl aber dieses Selbstverständnis von sich selbst als romantischer Held und Hedonist, der für eine bessere (im Sinne von reichere) Frau vorgesehen war. Dass er Bathshebas Geld dann verwendet um Fanny ein Grab zu errichten, fand ich heftig. Ich als Bathsheba wäre durchgedreht und hätte nicht die Würde und Fassung gehabt, das zerstörte Grab dann wieder herzurichten, zumal Bathsheba Fanny ja kaum gekannt hatte... Sie konnte sich ja noch nicht einmal an deren Haarfarbe erinnern.


    Zur Hochzeitsszene relativ am Anfang: Ich hatte es übrigens auch so verstanden, dass Troy Fanny mit Absicht zur falschen Kirche dirigiert hat. Lässt ihn zunächst gut dastehen und verschafft ihm mehr Zeit, eine bessere zu finden, ohne Fanny komplett zu verlieren. Gemeiner Trick.


    Der Kindle sagt, ich hab jetzt noch 20 % vor mir. Irgendwie komme ich sehr langsam voran mit dem Buch und hätte mittlerweile mal wieder Lust auf etwas anderes, aber jetzt will ich doch wissen, wie es weitergeht. Morgen habe ich einen freien Tag und werde die ersten Stunden davon wohl endlich mal wieder intensiv lesend verbringen.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Ich als Bathsheba wäre durchgedreht und hätte nicht die Würde und Fassung gehabt, das zerstörte Grab dann wieder herzurichten, zumal Bathsheba Fanny ja kaum gekannt hatte...


    Ich denke, Bathsheba sieht die Sache inzwischen mit anderen Augen. Nicht als die Betrogene, sondern als mitfühlender Mensch. Genau genommen hatten Troy und Fanny nur sich sich selbst, von weiterer Familie wurde nicht gesprochen. Bathsheba ist zu sehr Realistin, um sich noch Hoffnungen auf ernsthafte Gefühle von Troy zu machen. Nachtragend ist sie jedenfalls nicht.

  • Kaum zu glauben, aber: ICH BIN FERTIG! :klatschen:


    Es lag auch ganz sicher nicht am Buch, dass ich gefühlte 5 Jahre für die Lektüre gebraucht habe.


    Das Ende hat mir sehr gut gefallen und war tatsächlich nochmal ein richtiger Showdown. Boldwood verliert aufgrund Troys unerwartetem Auftauchen mehr oder weniger den Verstand und greift einfach beherzt zur Waffe. Ich muss gestehen, dass ich ihm das gar nicht wirklich zugetraut hätte.


    Und natürlich freut es mich sehr für Bathsheba und Gabriel. Endlich dürfen die beiden zusammen sein und Bathsheba kann sich einfach einmal fallen lassen und ihre Ehe richtig genießen. Ich denke, die beiden passen sehr gut zusammen.


    Jetzt bleibt mir nur noch, eure Kommentare zu lesen und zu kommentieren, aber das mache ich dann morgen. Jetzt bin ich dafür viel zu müde. Gute Nacht! :smile:

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Hey, klasse, dass Du's noch geschafft hast :klatschen: Ich freu mich schon auf Deinen weiteren Senf zum Buch.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Das Ende hat mir sehr gut gefallen und war tatsächlich nochmal ein richtiger Showdown. Boldwood verliert aufgrund Troys unerwartetem Auftauchen mehr oder weniger den Verstand und greift einfach beherzt zur Waffe. Ich muss gestehen, dass ich ihm das gar nicht wirklich zugetraut hätte.


    Ja, da war ich auch platt, aber manchmal bewirken außergewöhnliche Ereignisse, außergewöhnliche Reaktionen. Bathsheba war der einzige Grund, das Boldwood anfing zu leben.