Joan Aiken - Der Geist von Lamb House

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 2.964 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Ich habe gestern schon angefangen mit Der Geist von Lamb House und auch direkt bis heute morgen den ersten Abschnitt verschlungen.


    Von Joan Aiken habe ich schon mehrere Bücher gelesen, die mir alle recht gut gefielen, die ich aber nicht überragend fand (Die Fünf-Minuten-Ehe, Mitternacht ist ein Ort, Fanny und Scylla, Wölfe ums Schloß). Ich habe also etwas Gesellschaftskritisches, aber trotzdem Leichtes und vielleicht sogar Lustiges erwartet.


    So ähnlich ist das Buch dann auch, bisher allerdings nicht lustig. Ich habe mir diesmal gespart, den Klappentext zu lesen, dafür gibt es eine Vorbemerkung der Autorin, in dem sie sagt, daß die Schriftsteller Henry James und E. F. Benson eine Rolle in diesem Buch spielen werden. Henry James kenne ich dem Namen nach, gelesen habe ich noch nichts von ihm und E. F. Benson ist mir völlig unbekannt.


    Der Inhalt ist unterteilt in drei Abschnitte:
    1. Toby: Der Fremde im Garten
    2. Henry: Der Schatten auf der Gasse
    3. Fred: Die Gestalt im Sessel


    Offenbar handelt es sich um drei Bewohner von Lamb House, die dem Hausgespenst begegnen.
    Lamb House gibt es übrigens tatsächlich und Henry James hat wirklich dort gewohnt.


    Die Geschichte von Toby habe ich auch gleich verschlungen, sie ist ziemlich fesselnd, aber traurig. Sie beginnt ca. im Jahr 1726. Der Geist tritt gleich ziemlich am Anfang auf. Etwas später erfährt Toby die Geschichte des Geistes und den Fluch, der mit seinem Erscheinen verbunden ist. Anfangs ist Toby 7 Jahre alt, ein intelligenter, lieber, körperlich etwas behinderter Junge und man hat als Leser sofort Sympathien für ihn. Ich habe mich gefreut, als der immer einsame Toby in Hugo einen Freund fand. Man fragt sich, warum ausgerechnet der unschuldige kleine Toby vom Fluch dieses Geistes getroffen wird. Im weiteren Verlauf ist es dann haarsträubend zu lesen, wie nach und nach durch Pech und unglückliche Umstände, aber auch eigenes Verschulden Tobys (und anderer Beteiligter) alles aus dem Ruder läuft.


    So fragt man sich denn als Leser, wofür der Geist steht, der das Leben fast aller Familienmitglieder der Familie Lamb in die Katastrophe oder zumindest in ein nicht sehr glückliches Dasein führt. Einen großen Anteil Schuld haben meiner Meinung nach die Eltern, mit ihrer großen Härte, Vernachlässigung und Unbarmherzigkeit ihren Kindern gegenüber (für die es keinen wirklichen Grund gibt, denn es sind wohlsituierte Leute). Dennoch werden die Kinder härter gestraft als die Eltern.
    Ebenso fragt man sich, warum so winzige Details eine solch große Macht über das Leben und das Glück von Menschen bekommen können.


    Tobys Geschichte nahm schon mehr als die Hälfte des Buches ein. Nun werde ich weiterlesen mit Henrys Kapitel.

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Ich habe von Joan Aiken auch schon einiges gelesen: "Die Fünf-Minuten-Ehe", "Du bist ich" und "Jane Fairfax". Sie alle haben mir gut gefallen und ich habe noch "Anderland", welches ich aber noch nicht gelesen habe. Dein Buch ist ein Genre, dass ich ihr jetzt gar nicht zugeordnet hätte, aber die Verbindung zu Henry James hört sich verlockend an.

  • Ich finde, das Buch klingt ziemlich reizvoll. Bin gespannt auf Deine weiteren Eindrücke.


    Ich habe ja "Fanny und Scylla" geliebt (Tina, ich glaube, das wäre auch was für Dich ;) ) und mochte auch so ziemlich alle ihre anderen Romane, seien es nun ihre Psycho-Spannungs-Bücher oder die historischen Geschichten.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Kapitel 2: Henry: Der Schatten auf der Gasse


    Im zweiten Kapitel des Buches geht es um Henry James. Insbesondere darum, wie es kam, daß er ins Lamb House zog, und um seinen Kampf mit Toby Lambs Manuskript. Ich empfand dieses Kapitel als ziemlich dröge. Die seitenlangen Ausführungen, wann und wie lange Henry James an welchem Mauskript arbeitete, wann er wen zu Besuch empfing und wann er wie lange wohin zu wem reiste, und wer wann an welchen Krankheiten litt, sind wohl nur für Insider und genaue Kenner seiner Bücher interessant.


    Das Beste an diesem Kapitel waren das Gespräch Henrys mit seinem Bruder William über das Manuskript und die Parallelen, die es zwischen den Familen Lamb und James gibt. (Fast alle beteiligten Frauen scheinen Alice zu heißen.)
    Und das Haus selber wird auch zu einer Art handelnder Person... :breitgrins:


    Nun habe ich noch das letzte, kürzeste Kapitel (E. F. Benson) vor mir.

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Kapitel 3: Fred: Die Gestalt im Sessel


    Der Rest war schnell gelesen. E. F. Benson war mir sympathischer als Henry James (jedenfalls in Joan Aikens Darstellung dieser beiden Männer). Aber auch dieses Kapitel war seltsam, obwohl es nicht so viele Aufzählungen von Lebens- und Krankheitsgeschichten enthält wie das vorige. ... Inzwischen scheint sich alles in Wohlgefallen aufzulösen, was Tobys Manuskript betrifft, ohne daß dies nachvollziehbar begründet wird. Auf den letzten Seiten scheint es, als erinnere sich Joan Aiken plötzlich daran, daß das Buch ja eine Geistergeschichte ist und es werden spuktechnisch nochmal alle Register gezogen... :rollen: - was die Sache aber insgesamt ziemlich unglaubwürdig macht.


    Ein befriedigendes Ende ergibt sich für mich daraus nicht. Ich bin ziemlich enttäuscht von dem Buch. Es hatte ja ganz gut angefangen, aber inzwischen frage ich mich, was das alles sollte. :confused:


    edit: ---> zur Rezi

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Joan Aiken: Der Geist von Lamb House


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Inhalt:


    In drei Kapiteln erzählt Joan Aiken die Geschichte von Lamb House in Rye, England, und seiner Bewohner in verschiedenen Jahrhunderten. Im ersten Kapitel, das mengenmäßig den Hauptteil des Buches ausmacht, wird die tragische Geschichte der Kinder des Erbauers von Lamb House (im 18. Jahrhundert) erzählt. Im zweiten und dritten Kapitel beschreibt Joan Aiken die Beziehung zweier späterer Bewohner des Hauses - die Schriftsteller Henry James und E. F. Benson - zum Haus und ihre Heimsuchung durch den hauseigenen Spukgeist, den Geist von Toby Lamb, und durch das Manuskript, in dem Toby seine Lebensgeschichte aufgeschrieben hat.


    Meine Meinung:


    Nach einem starken Beginn (das erste Kapitel ist praktisch das Manuskript von Toby Lamb) läßt das Buch gegen Ende leider stark nach. Die spannend und mitreißend geschilderte Geschichte von Toby Lamb, seinen Geschwistern und seinem Freund Hugo kann man als gesellschaftskritisch auffassen. Die Familie des Erbauers von Lamb House wird im 18. Jahrhundert von einem unglückbringenden Fluch heimgesucht, der den Bewohnern von Rye hundert Jahre zuvor auferlegt wurde. Obwohl die Familie Lamb wohlsituiert und der Vater Bürgermeister ist und eine erfolgreiche Brauerei führt, führen sie kein wirklich glückliches Leben. Sie unterliegen sozialen Zwängen und stehen sich auch selbst im Wege. Toby Lamb kann am Ende seines Lebens keine Ruhe finden...


    In den beiden letzten Kapiteln werden die Schriftsteller Henry James und E. F. Benson vom Geist des Hauses heimgesucht, der möchte, daß das versteckte Manuskript von Toby Lamb gefunden und veröffentlicht wird. Dies gelingt ihnen jedoch nicht und die Geschichte endet praktisch im Nichts. An sich finde ich es eine sehr originelle Idee, daß die Geschichte der ehemaligen Bewohner gewissermaßen ins Haus eingeprägt ist und sich späteren Bewohnern mitteilt. Doch die gesellschaftskritischen Ansätze des ersten Kapitels werden weder fortgeführt noch aufgelöst. Unglück durch einen Fluch zu erklären, greift mir zu kurz. Auch die Spukszenen retten das Ganze nicht, ich konnte sie nicht richtig gruslig finden und sie waren dem Gesamtzusammenhang nicht dienlich. Die beiden letzten Kapitel sind wohl nur für Kenner der beiden Schriftsteller interessant oder von lokalem Interesse für Kenner der Stadt Rye und von Lamb House (das heute ja wohl eine Art Museum ist).


    Da ich von beiden Schriftstellern noch nichts gelesen habe und auch kaum etwas über ihr Leben weiß (ein bißchen über Henry James habe ich ja nun beim Lesen dieses Buches gelernt) hatte das Buch für mich ein sehr unbefriedigendes Ende, es hätte genausogut nach dem ersten Kapitel Schluß sein können.


    3ratten

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Das ist ja schade ... aber vielleicht lese ich es trotzdem, wenn es mir mal in die Hände fällt, weil ich Aikens Art zu erzählen einfach gerne mag.


    Und Rye ist ein wirklich putziges kleines Städtchen :herz: Wenn ich mich recht entsinne, kommt Joan Aiken sogar dorther.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Das ist ja schade ... aber vielleicht lese ich es trotzdem, wenn es mir mal in die Hände fällt...


    Ich kenne Rye zwar nicht, aber ansonsten stimme ich Valentine zu. Das erste Kapitel hat mich neugierig auf das Buch gemacht.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Toby fühlt sich zeitlebens unerwünscht, zumal ihn seine Eltern spüren lassen, dass er mit seinem lahmen Bein ein nutzloser Krüppel ist. Trost findet er nur bei seiner heißgeliebten Schwester Alice, und als sie eines Tages das Elternhaus verlässt, ist er am Boden zerstört. Zuneigung erlebt er jetzt nur noch bei seinem Onkel, einem eingefleischten Junggesellen, und seinem neuen Freund Hugo. Doch selbst dem verschweigt er, dass Lamb House von einer wiederkehrenden Geistererscheinung heimgesucht wird, ein Geheimnis, das er zeitlebens hütet und nur seinem Tagebuch anvertraut.


    Jahrzehnte später zieht der Schriftsteller Henry James in das Haus ein und findet Tobys Aufzeichnungen, die ihn faszinieren. Auch sonst hat er immer wieder das Gefühl, als wolle ihm das alte Gemäuer etwas mitteilen, und erlebt merkwürdige Dinge.


    Und auch bei einem dritten Hausbewohner, dem der letzte Abschnitt des Buches gewidmet ist - E. F. Benson, ein weiterer Schriftsteller - häufen sich seltsame Vorkommnisse rund um das Haus, gerade so, als ginge immer noch der Geist um, den Toby damals gesehen hat.


    Das Spukhaus, in dem über Generationen hinweg ein Geist sein Unwesen treibt, ist eine schöne Idee und wird im ersten Abschnitt, in dem Toby im Mittelpunkt steht, auch gut umgesetzt, doch die anderen beiden Teile fallen dagegen sehr stark ab und wirken konstruiert, vor allem, was Namensgleichheiten und andere Ähnlichkeiten zwischen den Handlungssträngen angeht. Henry James' ewige Auseinandersetzungen mit seinem Bruder über die Qualität seiner Werke werden irgendwann sogar ziemlich langweilig.


    Dass sich das paranormale Element nie richtig aufklärt, hat mich ebenfalls genervt, zumal das Buch trotz ein paar gruseliger Anteile nicht wie ein Schauerroman, sondern eher wie eine Reihe von komplizierten Familiengeschichten liest.


    Von Aiken gibt es weitaus Besseres.


    3ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Meine Meinung

    Ich habe beim Lesen wie kaluma empfunden: für mich hätte nach dem ersten Kapitel Schluss schein können. Tobys Geschichte hat mir gut gefallen, auch wenn sie mir das Ende zu bisschen kurz geschrieben war. Die Geschichte von Henry James dagegen hat mir gar nicht gefallen. E.F. Bensons Teil hat mich wieder ein bisschen mit dem Buch versöhnt, aber insgesamt hinterlässt Der Geist von Lamb House bei mir einen eher durchwachsenen Eindruck.

    3ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.