Yoko Ogawa - Das Geheimnis der Eulerschen Formel

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    Das Cover und der Titel im Zusammenhang mit der Kurzbeschreibung bewirkten, dass ich mir dieses Buch kaufte. Nachdem ich es dann gelesen hatte, wollte ich zu gerne wissen, wie das Buch im Original heißt, da der deutsche Titel oft rein gar nichts mit dem ursprünglichen zu tun hat. Zwar hat der deutsche Titel einen eindeutigen Bezug zum Inhalt, trotzdem gefällt mir der richtige besser. Ich kann kein Japanisch, fand jedoch eine Übersetzung, von der ich annehme, dass sie zutrifft.
    Hakase no aishita sushiki = Des Professors geliebte Gleichung



    Aber nun zum Buch selbst. Die Geschichte wird von einer namenlosen Frau erzählt, die für eine Agentur arbeitete, die Haushälterinnen vermittelte. Nun soll sie für einen Professor arbeiten. Bereits neun Haushälterinnen vor ihr waren dort beschäftigt und keine blieb lange. Allerdings hatte ich den Eindruck, das wechselnde Anstellungen keine Seltenheit waren. Die Frau ist alleinerziehende Mutter und hat einen zehnjährigen Sohn, der während ihrer Arbeitszeit von 11 - 19 Uhr entweder in der Schule ist oder auf sich allein gestellt ist. Für Notfälle ist jedoch vorgesorgt.

    Als die Frau ihre Stelle antritt wird sie von der Schwägerin des Professors eingewiesen. Die Schwägerin macht einen recht abweisenden Eindruck und stellt klare Bedingungen. Der Professor selbst wohnt im Gartenhaus der Schwägerin, die die Witwe seines älteren Bruders ist. Am ersten Arbeitstag wird die Frau statt mit einer Begrüßungsformel mit einer Frage empfangen. Welche Schuhgröße haben Sie?
    Ungewöhnlich? Nicht für den Professor. Denn dieser hat vor 17 Jahren bei einem Autounfall sein Kurzzeitgedächtnis verloren. Er kann sich nur an die letzten 80 Minuten erinnern und an die Zeit bis 1975.


    Der Professor ist der Inbegriff des zerstreuten Professors, auf den ersten Blick ein totales Klischee. Bei genauerem Hinsehen, muss man dies in Frage stellen. Denn so zerstreut wie er den Eindruck macht, ist er dann doch nicht. Oder seine Schutzfunktionen lassen diesen Eindruck entstehen. Was macht ein Mensch, der sich nicht an letztes Jahr, letzte Woche, gestern, ja nicht einmal an die Zeit vor 80 Minuten erinnern kann? Er sucht Zuflucht in den Erinnerungen, die konstant bleiben. Menschen, die er kennt - in seinem Fall ist dies nur seine Schwägerin. Oder in Fakten, die sich nicht so schnell ändern. Er ist Mathematikprofessor gewesen, hat Auszeichnungen und Preise erhalten. Und nun ist es die Mathematik, die ihm Halt gibt. Die seine Zeit sinnvoll ausfüllt. Und der Professor hat den Small Talk in Fragen abgewandelt, die mit Zahlen zu tun haben, um eine Gesprächsgrundlage herstellen zu können. Hört sich im ersten Moment witzig an, ist aber seine Möglichkeit so zwanglos wie möglich in Kontakt mit anderen zu treten. Für die wird das auf Dauer jedoch anstrengend. Um seinen Alltag überhaupt regeln zu können, ist sein Anzug mit Zetteln gespickt. Der wichtigste lautet: Meine Erinnerung dauert nur 80 Minuten.


    Als der Professor erfährt, dass die Frau einen Sohn hat, der den Nachmittag über allein ist, besteht er darauf, dass dieser nach der Schule zu ihm kommt. Er tauft den Jungen Root, weil er einen sehr flachen Kopf hat, der ihn an ein Wurzelzeichen erinnert und erklärt dem Jungen, dass er sich deshalb nicht grämen soll, sondern sehr stolz darauf sein kann, denn das Wurzelzeichen gibt allen Schutz.
    Die beiden verbindet ihre Begeisterung für Baseball. Ich war mir gar nicht bewusst, dass Baseball in Japan so eine große Stellung einnimmt.


    Die Mathematik ist in dieses Buch verwoben, aber auf eine Weise, die den Leser nicht überfordert. Ogawa hat es zuwege gebracht mathematische Formeln, Primzahlen und so weiter in ihre Geschichte zu bringen, dass man selbst in die Begeisterung des Professors und seiner Haushälterin miteinstimmen könnte, auch wenn man nicht immer folgen kann. Die Schönheit der Zahlen, so nennt es der Professor. Das teils recht schwierige Thema ist in so einem leichten Stil verpackt, dass die Seiten nur so dahinfliegen.


    Ein anderes Thema ist der Respekt voreinander. Der Umgang mit der Krankheit des Professors. Manches was mir ungewöhnlich vorkam, besonders im Verhalten der Haushälterin, könnte natürlich an der japanischen Erziehung oder Religion liegen, eben eine kulturelle Eigenart.


    Wer jetzt noch wissen möchte, wer Enatsu ist, welche andere Begabung der Professor noch hat oder was das Besondere an der Zahl 28 ist, der sollte auf jeden Fall dieses Buch lesen.



    :tipp:

  • Deine Beschreiung des Buchs klingt total toll. Das muss ich mir unbeidngt merken (für Zeiten, in denen sich weniger Bücher lesebereit auf dem Wohnzimmertisch stapeln :belehrerin: ich hab vom Mann Buchkaufverbot bekommen)

  • Ich finde, das Buch hat ein paar zu viele Fragen offen gelassen, was ich unbefriedigend fand: Wer ist "N", wie ist das Verhältnis zwischen Professor und seiner Schwägerin, wieso hat die Schwägerin die Erzählerin/Haushälterin erst so erbost rausgeworfen und dann einen Monat später wieder eingestellt als ob nichts gewesen wäre? Da hätte ich mir mehr Inhalt gewünscht. Dafür hätte eine bisschen weniger Mathematik auch nicht geschadet, wobei mir auch nicht ganz glaubwürdig erschien, wie intensiv sich die Haushälterin um Zahlentheorie kümmert, und die Begeisterung für die Schönheit der Eulerschen Formel kam nicht gut nachvollziehbar rüber.
    In der Übersetzung sind einige mathematische Dinge nicht richtig (fachsprachengerecht) übertragen worden, sie wurden zu frei übersetzt: Nicht "Die Zahl 24 besitzt die Fakultät 4" (S. 12), sondern 24 ist die Fakultät von 4, die "Zwillings-Primzahlen" (S. 92) sind Primzahl-Zwillinge, Zahlen werden nicht mit anderen Zahlen "erhöht" (S. 179) sondern potenziert; was sollen "Definitionen von Lösungen" (S. 118) sein, eine "Konjektur" ist eine Vermutung, die kinetische Energie wird nicht in Studenkilometern gemessen (S. 134). Ansonsten ist die Übersetzung ganz gut (sprachlich fand ich aber "Hotel Iris" etwas besser) ...


  • Ich finde, das Buch hat ein paar zu viele Fragen offen gelassen, was ich unbefriedigend fand: Wer ist "N", wie ist das Verhältnis zwischen Professor und seiner Schwägerin, wieso hat die Schwägerin die Erzählerin/Haushälterin erst so erbost rausgeworfen und dann einen Monat später wieder eingestellt als ob nichts gewesen wäre?


    Die Geschichte wurde ja eigentlich aus der Sicht der Haushälterin erzählt. Von da her konnte ich gut verstehen, dass hier nicht alles bis ins Kleinste erklärt wurde. Sie hat von "N" nur durch unerlaubte Schnüffelei erfahren. Hat aber doch beschrieben, was sie auf dem Foto sah.


    Wenn ich mich recht erinnere, dann liest du viel japanische Literatur, voyageur. Könnte es am kulturellen Hintergrund liegen, falls ich mit meiner Vermutung richitg liegen sollte?


    Zu deinen Bemerkungen die Zahlen betreffend müsste man das Original kennen, um zu wissen wer nun die Fehler gemacht hat. Bei Umschreibungen wie "Die Zahl 24 besitzt die Fakultät 4" schob ich das auf die Übersetzung. Dass die Primzahlzwillinge umgedreht wurden, ist mir gar nicht mal aufgefallen.


    Was nun die Begeisterung für die Eulersche Formel betraf, sind wir vielleicht durch den deutschen Titel ein wenig zu stark darauf fixiert. Die Begeisterung betraf wohl eher die Zahlen insgesamt und dies kam bei der Haushälterin vielleicht viel durch die Begeisterung des Professors so richtig rüber. Die Zahlen waren sein Lebensinhalt und wenn er über sie sprach, schien er wie aus einen Dornröschenschlaf erwacht zu sein. Dieser belebende Effekt ist wohl auf die Haushälterin übergesprungen.

  • Ich habe das Buch gestern Abend angefangen und heute Morgen beendet.
    So eine schöne Geschichte! Ich wusste gar nicht so genau, was mich erwartet, ich hatte tatsächlich noch mehr Mathematik erwartet, aber das Buch hat dennoch meinen Geschmack getroffen.



    Ich finde, das Buch hat ein paar zu viele Fragen offen gelassen, was ich unbefriedigend fand


    Das kann ich jetzt nicht ganz nachvollziehen. Für mich waren am Ende kaum noch Fragen offen, ich fand den Schluss eigentlich gut. Ich hatte ein abruptes Ende befürchtet, doch die gegebenen Auflösungen und die Ereignisse am Ende waren meiner Meinung nach ein schöner Abschluss der Geschichte.
    Die Vorliebe der Haushälterin für die Eulersche Formel konnte ich allerdings auch nicht nachvollziehen. Da hatte ich irgendwie eine wichtigere Erklärung erwartet, eben weil es auch der deutsche Titel des Buches ist.


    Insgesamt hat mich die Geschichte überzeugt, das Buch ließ sich sehr gut lesen und die drei Hauptcharaktere waren mir sympathisch. Ich mochte die Art der Haushälterin, die Geschichte zu erzählen, wie sie sich immer um den Professor sorgte und zusammen mit ihrem Sohn versuchte, dem Professor mit seinen Erinnerungslücken zu helfen (z.B. auch die Suche nach der Sammelkarte als Geschenk).


  • Wenn ich mich recht erinnere, dann liest du viel japanische Literatur, voyageur.


    Derzeit leider weniger als ich möchte. Habe in der Zwischenzeit nur

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    gelesen, zu mehr bin ich nicht gekommen.



    Könnte es am kulturellen Hintergrund liegen, falls ich mit meiner Vermutung richitg liegen sollte?


    Das ist schwer zu sagen, zumal wir Leser ja noch weniger über die Vergangenheit des Professors und der Schwägerin kennen als die Haushälterin. Gründe für die Distanzierung müssen nicht unbedingt kulturell bedingt sein.



    Zu deinen Bemerkungen die Zahlen betreffend müsste man das Original kennen, um zu wissen wer nun die Fehler gemacht hat.


    Das glaube ich nicht. Es liegt eher daran, dass der Übersetzerin der mathematische Jargon im Deutschen fremd ist und/oder kein Fachlexikon zur Verfügung stand und/oder Erinnerungen an den eigenen Mathe-Unterricht abhanden gekommen sind :)

  • ===Die Einleitung:===
    „Das Geheimnis der Eulerschen Formel“ habe ich im Rahmen einer Wanderbuchrunde gelesen.
    Der Titel des Buches hatte mich neugierig auf das Buch gemacht.
    Es war spannend das Buch zu lesen, da ich zu Beginn garnicht wusste, was mich erwarten würde.


    ===Die Autorin:===
    Yoko Ogawa gilt als eine der wichtigsten japanischen Autorinnen ihrer Generation.
    Für ihr umfangreiches Werk wurde sie mit vielen Literaturpreisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Tanizaki Jun’ichirÅ – Preis.
    Für ihren Roman „Das Geheimnis der Eulerschen Formel“, der in sechzehn Sprachen übersetzt wurde, erhielt sie den begehrten Yomiuri-Preis.
    Bei Liebeskind erschienen u.a. die Romane „Hotel Iris“, „Das Museum der Stille“ und „Das Ende des Bengalischen Tigers“.
    Yoko Ogawa lebt mit ihrer Familie in der Präfektur Hyogo.
    Die Übersetzerin Sabine Mangold lebt in Berlin.
    Aus dem Japanischen übersetzte sie u.a. Werke von Haruki Murakami, Akira Yoshimura und Hitomi Kanehara.


    ===Fakten zum Buch:===
    Der japanische Originaltitel des Buches lautet Hakase no Aishita Sushiki.
    Sabine Mangold hat das Buch ins Deutsche übersetzt.
    Das gebundene Buch erschien im Februar 2012 beim Liebeskind -Verlag.
    Das Buch umfasst 256 Seiten und ist im Buchhandel für 18,90 Euro zu haben.
    Das Buch gibt es noch als Taschenbuch und für den Kindle.


    ===Die Gestaltung des Buches:===
    Das Cover des Buches ist ungewöhnlich.
    Auf hellbraunem Hintergrund sieht man auf der Oberseite des Buches eine Art Kleeblatt, welches in die Luft empor zu steigen scheint.
    Rechts davon steht der Name des Verlages.
    Darunter steht in roten Buchstaben der Name der Autorin.
    Der Titel des Buches wurde in weißen Buchstaben gehalten.
    Auf der rechten Seite des Covers sieht man ein filigranes Blatt eines Baumes, bei dem man sogar die feinen Äderchen und Linien erkennt, die es durchsetzen.
    Der Umschlag wirkt auf mich wie ein altes Blatt Briefpapier, auf dem zwei Blätter gepresst wurden.
    Wie das Buch selbst hat auch das Cover eine eigentümliche Wirkung auf mich.
    Es erinnert mich daran, dass man in der Schönheit der Natur die Gesetze der Mathematik wiederfindet.


    ===Der Verlag über das Buch:===
    „Überraschend, anmutig und tief bewegend.“ Paul Auster
    Eine Frau wird als Haushälterin für einen verschrobenen Professor eingestellt, der jeden Tag aufs Neue vergisst, wer er ist.
    In ihrer zarten, eindringlichen Sprache erzählt Yoko Ogawa eine berührende Geschichte über Freundschaft und Verlust – und über die Schönheit der Mathematik.
    „Hinreißend! Ein Roman, der lange nachklingt.“ Los Angeles Times
    „Ein Buch voller Poesie und Eleganz“ L`Express
    „Dieses Buch verbreitet einen seltsamen Zauber.“
    The Washington Post


    ===Die Geschichte und meine Meinung dazu:===
    „Das Geheimnis der Eulerschen-Formel“ spielt in Japan und erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft.
    Im März 1992 wendet sich eine alleinerziehende Haushälterin auf der Suche nach Arbeit an eine Haushaltsservice-Agentur, bei der sie schon viele Jahre tätig ist.
    Sie wird an einen 64 Jahre alten Mann vermittelt, der im Buch nur „der Professor“ genannt wird.
    Der ehemalige Hochschulprofessor hatte inzwischen schon acht Haushälterinnen und alle waren nach kurzer Zeit gekündigt worden.
    Die Neunte war gespannt darauf, was sie bei der Arbeit erwarten würde.
    Das Vorstellungsgespräch bei der Schwägerin des Professors verlief ziemlich kühl.
    Diese suchte für den Bruder ihres verstorbenen Mannes eine Haushaltshilfe.
    Die Karriere des Professors hatte ein abruptes Ende gefunden, nachdem er nach einem Unfall sein Kurzzeitgedächtnis verlor. Er hatte kein eigenes Einkommen, hatte seinen Lehrstuhl an der Universität verloren und war nie verheiratet.
    Daher war er auf die Unterstützung seiner Schwägerin angewiesen.
    Die Schwägerin legte genau fest, wann die Haushaltshilfe zur Arbeit kommen sollte und was ihre Aufgaben waren, trat aber selbst nie in Erscheinung.
    Die neue Angestellte sollte nur im Gartenhaus agieren, in welchem der alternde Professor wohnte und sich vom Hauptgebäude, in welchem die Witwe lebte fernhalten.
    Die Frau hatte schon schlimmere Arbeitsbedingungen gehabt und arrangierte sich mit den Wünschen ihrer Arbeitgeberin.
    Nun sollte sie also den Professor kennen lernen, der nach einer Kopfverletzung an Gedächtnisverlust litt.
    Sein Kurzzeitgedächtnis dauerte genau achtzig Minuten an.
    Eine Stunde und zwanzig Minuten, nicht mehr und nicht weniger.
    Er vergaß, was er am Abend zuvor gegessen hatte und lernte die Haushälterin jeden Tag aufs Neue kennen.
    Sein Wissen um die faszinierende Welt der Mathematik war ihm aber nicht verloren gegangen.
    Als er die neue Haushälterin statt nach ihrem Namen oder ihrer Vita zu befragen nach ihrer Schuhgröße und ihrer Telefonnummer fragte, war die Frau zunächst erstaunt.
    Doch je mehr Zeit sie mit ihrem neuen Klienten verbrachte, desto mehr bereiteten diese Fragen ihr Freude und sie fühlte sich seltsam wertgeschätzt.
    Tag für Tag bereitete sie dem Professor das Essen zu und kümmerte sich um seine verwahrloste Wohnung.
    Der Professor war sehr wortkarg und brütete meist über irgendeinem mathematischen Problem, bei dem er nicht gestört werden wollte.
    Dies änderte sich, als die Haushälterin beiläufig erwähnte, dass sie einen 10-jährigen Sohn hatte.
    Als der Professor erfuhr, dass ihr Sohn alleine zu Hause sitzt und auf seine Mutter wartet, war er außer sich und befahl, dass der Junge von nun an nach der Schule zum Haus des Professors kommen solle.
    Er nannte ihn Root, weil sein flacher Schädel ihn an das Dach eines mathematischen Wurzelzeichens erinnerte.
    Bald schon hatten die Beiden eine ganz besondere Beziehung zueinander, voller Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung.
    Der Professor führt seine Haushälterin und deren Sohn in die Welt der Mathematik ein.
    Jede Ziffer hatte für ihn eine Bedeutung.
    Der Professor ist der Überzeugung, dass die Entstehung der Welt sich in mathematischen Formeln ausdrücken lässt.
    Er erzählt ihnen von transzendenten Zahlen, Quadratwurzeln, Primzahlen, anmutige Lösungen, vollkommene Zahlen, befreundete Zahlen und der allergrößten Zahl.
    Es bereitet ihm Vergnügen, wenn Mutter und Sohn rätseln.
    Die Haushälterin fängt an zu recherchieren und sich für die Mathematik zu begeistern.
    So langsam beginnt sie die Liebe des Professors zur Mathematik zu teilen und eine ungewöhnliche Freundschaft beginnt zu wachsen, bis die Schwägerin des Professors dem ganzen plötzlich ein Ende setzt.
    Hat die Freundschaft des Professors zu Root und dessen Mutter eine Zukunft?
    Was hat es mit der Eulerschen Formel auf sich, die der Professor während eines Streits notiert und wie ein Statement vor sich auf den Tisch legt?


    ===Mein Fazit:===
    Den besonderen Zauber, der diesem Buch innewohnt, kann man nur schwer in Worte fassen.
    Man muss das Buch lesen und es selbst erfahren, um zu verstehen.
    Oberflächlich betrachtet ist das Buch eine Geschichte, die von einer namenlosen Ich-Erzählerin berichtet wird.
    Die Geschichte könnte sich so oder so ähnlich in Japan abgespielt haben.
    Das Besondere an „Das Geheimnis der Eulerschen Formel“ ist unter Anderem die Atmosphäre, die darin vorherrscht.
    Besonders sind auch die Charaktere des Buches, die seine Magie ausmachen.
    Der namenlose Professor, der sich mit brüchiger Stimme langsam fortbewegt und in seinem verwahrlosten Gartenhaus über mathematischen Gleichungen brütet.
    Er gibt Zahlen menschliche Eigenschaften, beschreibt z.B. eine scheue Zahl so, als wäre sie ein schüchterner Mensch.
    Seine Art und Weise wie er die Mathematik anhand vieler Worte und Gleichungen erklärt ist angenehm.
    Ich kann mir gut vorstellen, dass er als Professor hochgeschätzt wurde.
    Ich selbst habe wenig Zugang zur Welt der Mathematik finden können, denke aber, dass dies anders gewesen wäre, wenn ich einen Lehrer wie den Professor gehabt hätte.
    Der schrullige, etwas ungepflegte alte Mann, dem Zahlen als Schutz und Mittel zur Kommunikation dienen, war mir auf Anhieb sympathisch.
    Er war aufrichtig und bescheiden und gerade seinen unzähligen Macken waren es, die ihn für mich besonders interessant machten.
    Er erinnerte mich ein wenig an Walter aus „Fringe“ und seine Begeisterung für die Mathematik erinnerte mich an „Numbers – Die Logik des Verbrechens“.
    Ich fand es faszinierend, wie er sich mit Hilfe von an seinem Anzug geheftete Notizzettel Dinge merkte, wie z.B. dass er eine neue Haushälterin mit einem 10-jährigen Sohn hatte oder was es mit seinem Kurzzeitgedächtnis auf sich hat.
    Die Art, wie er sich um Root sorgte und sich um ihn kümmerte rührte mich sehr.
    Seine neunte Haushälterin war etwas enttäuscht darüber, dass er sich nicht an die gemeinsam verbrachte Zeit erinnerte.
    Die alleinerziehende Frau hatte eine bittere Lebensgeschichte und verlor trotzdem nie den Lebensmut.
    Sie versuchte unablässig dem Professor Gutes zu tun und ihm eine Freude zu machen.
    Manchmal handelte sie dabei etwas unbedacht, was schließlich zu jenem verhängnisvollen Ereignis führte, welches die Schwägerin des Professors gegen sie aufbrachte.
    Es war faszinierend zu lesen, wie sich der Haushälterin nach und nach die Welt der Mathematik erschloss.
    Ich selbst müsste die Gleichungen im Buch jedoch in Ruhe lesen, um sie zu verstehen.
    Dafür hatte ich leider nicht genug Zeit und die vielen Unterbrechungen während des Lesens taten ihr Übriges dazu.
    Root hatte ich von Anfang an lieb gewonnen.
    Sein Vertrauen dem Professor gegenüber rührte mich.
    Ich fand es schön, wie er ihn in Schutz nahm und sich Strategien ausdachte, um ihn nicht vor den Kopf zu stoßen.
    Ihre gemeinsame Liebe zu Baseball und der Mannschaft der Hanshin Tigers verband die beiden noch stärker miteinander.
    Gemeinsam haben sie sich Brücken gebaut.
    Der Professor eröffnete Root die Welt der Mathematik und Root zeigte ihm seinerseits, dass Baseball nicht nur im Radio existiert.
    Die Witwe war mir am Anfang ein Rätsel, doch nach und nach begann ich zu verstehen.
    Auch wenn ich den mathematischen Gleichungen nicht immer folgen konnte, bin ich froh darüber dieses Buch gelesen zu haben.
    Ihm wohnt ein ganz besonderer Zauber inne.
    Auf magische Art und Weise wurden hier eine ungewöhnliche Freundschaft und die faszinierende Welt der Mathematik zu einem Ganzen verwoben, welches sich zu lesen lohnt.
    Viel Spaß beim Lesen wünscht Aletheia


  • Ich finde, das Buch hat ein paar zu viele Fragen offen gelassen, was ich unbefriedigend fand: Wer ist "N", wie ist das Verhältnis zwischen Professor und seiner Schwägerin, wieso hat die Schwägerin die Erzählerin/Haushälterin erst so erbost rausgeworfen und dann einen Monat später wieder eingestellt als ob nichts gewesen wäre? Da hätte ich mir mehr Inhalt gewünscht. Dafür hätte eine bisschen weniger Mathematik auch nicht geschadet, wobei mir auch nicht ganz glaubwürdig erschien, wie intensiv sich die Haushälterin um Zahlentheorie kümmert, und die Begeisterung für die Schönheit der Eulerschen Formel kam nicht gut nachvollziehbar rüber.
    In der Übersetzung sind einige mathematische Dinge nicht richtig (fachsprachengerecht) übertragen worden, sie wurden zu frei übersetzt: Nicht "Die Zahl 24 besitzt die Fakultät 4" (S. 12), sondern 24 ist die Fakultät von 4, die "Zwillings-Primzahlen" (S. 92) sind Primzahl-Zwillinge, Zahlen werden nicht mit anderen Zahlen "erhöht" (S. 179) sondern potenziert; was sollen "Definitionen von Lösungen" (S. 118) sein, eine "Konjektur" ist eine Vermutung, die kinetische Energie wird nicht in Studenkilometern gemessen (S. 134). Ansonsten ist die Übersetzung ganz gut (sprachlich fand ich aber "Hotel Iris" etwas besser) ...


    Bei dem "nichtfachsprachlichen" Übersetzen bedenkt doch: Es schreibt ja alles die Haushälterin auf, die nicht mal im Entferntesten Mathematik studiert hat und dementsprechend auch keine Fachsprache spricht/ beherrscht.

  • Was für ein schönes leicht melancholisches herzerwärmendes kleines Buch! <3

    Ich gebe Yanni recht - es mussnicht immer alles "ganz explizit" erklärt werden (außer in amerikanischen Spielfilmen.. ;)).


  • In der Übersetzung sind einige mathematische Dinge nicht richtig (fachsprachengerecht) übertragen worden, sie wurden zu frei übersetzt: Nicht "Die Zahl 24 besitzt die Fakultät 4" (S. 12), sondern 24 ist die Fakultät von 4 ...


    Bei dem "nichtfachsprachlichen" Übersetzen bedenkt doch: Es schreibt ja alles die Haushälterin auf, die nicht mal im Entferntesten Mathematik studiert hat und dementsprechend auch keine Fachsprache spricht/ beherrscht.

    Ja, im Prinzip ein guter Einwand.


    Den Satz "Oh, eine würdevolle Zahl! Sie besitzt die Fakultät 4." (S. 24 unten) spricht der Professor auf die Nennung der Zahl "24" durch die Haushälterin. Statt "[24] besitzt die Fakultät 4" wäre richtig übersetzt "[24] ist die Fakultät von 4", oder besser gesagt "Sie ist gleich 4 Fakultät" wie man fachsprachlich "24 = 4!" ausspricht.


    Hans Magnus Enzensberger lässt in seinem "Der Zahlenteufel - Ein Kopfkissenbuch für alle, die Angst vor der Mathematik haben" (ISBN 978-3-446-18900-3) von 1997, das er seiner Tochter Theresia gewidmet hat, die damals 11 Jahre alt war, den Zahlenteufel sagen: "Man schreibt die Zahl [...] und macht ein Ausrufezeichen dahinter: 4! = 24. Ausgesprochen wird das so: Vier wumm!" (S. 156).


    Weder die Haushälterin noch der Professor sprechen zwar derart "kindgerecht". Aber im ganzen Buch gibt es keine Stelle, wo jemand "nicht fachsprachlich" spricht. Und auf Englisch heißt der Satz "There's a sturdy number," he said. "It's the factorial of four." in der Übersetzung von Stephen Snyder. Im Original:「ほお、実に潔い数字だ。4の階乗だ」 (hō, jitsuni isagiyoi sūji da. yon no kaijō da)


    In beiden Sprachen ist der zweite Satz "mathematisch" richtig, nur die deutsche Übersetzung ist schräg. Dafür ist der erste Satz im Deutschen vielleicht besser als im Englischen getroffen ... schwierig: https://www.wadoku.de/search/潔い


    Jedenfalls: hier fehlte der deutschen Übersetzerin die durchweg erforderliche "Fachsprache".


    Anhand nur des einen Satzes ist es vielleicht Spekulation zu vermuten, dass auch Stephen Snyder keine Ahnung davon hatte, was er da übersetzte. Sein "there's a sturdy number" deutet nach meinem Englisch-Verständnis darauf hin, dass er sich auf die folgende "vier Fakultät" bezieht, statt auf die vorangehende Zahl "24". Im Original merkt der Professor jedoch an, "Oh, das ist wirklich eine 'würdevolle' Zahl.", also die 24, die nämlich die Faklutät einer anderen Zahl (4) ist.


    Beide Übersetzer haben "ihre" Schulmathematik vergessen, wobei Snyder nur die Überesetzung von "kaijō" aus dem Jap.-Engl. Mathelexikon abschreiben und Mangold aus diesem erst noch Deutsch machen musste. Dafür ist ihre Übertragung von "isagiyoi" als "würdevoll" sprachlich weniger problematisch als Snyders "sturdy" (zumindest nach meinem Sprachgefühl): "isagiyoi" heißt so etwas wie "rein, sauber, klar, unschuldig, unverdorben, aufrecht, gerecht, integer", aber auch "männlich, sportsmännisch, mutig" - während "sturdy" eher rein materiell "robust, kräftig, stabil" sowie "standhaft, entschlossen" heißt.


    Also nichts gegen Sabine Mangold als Übersetzerin. In der Liebeskind-Redaktion fehlt(e?) es nur an elementarer Mathematik.

    2 Mal editiert, zuletzt von Voyageur ()