Lewis Carroll - Sylvie und Bruno

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 1.545 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Mäusedudler.

  • Lewis Carroll - Sylvie and Bruno 

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Vorweg schon mal eins: "Sylvie und Bruno" ist eigentlich ein zweiteiliges Werk, bestehend aus "Sylvie and Bruno" und "Sylvie and Bruno Concluded", wird in Deutschland aber scheinbar nur als Gesamtband herausgegeben. Ich rezensiere hier zunächst den ersten Band, die Rezension zum zweiten Teil werde ich dann aber später auch in diesem Thread schreiben und keinen neuen dafür aufmachen. Die Handlung ist auch durchgehend für beide Bücher und bricht nach dem ersten Band einfach mittendrin ab, ein Gesamtband macht also durchaus Sinn.


    Das besondere an dem Buch sind die verwobenen Erzählstränge. Ein Teil des Buchs spielt im viktorianischen England, der zweite im Feenreich in "Outland" und "Fairyland". Verbunden werden die beiden Stränge durch den Ich-Erzähler, der zunächst in seinen (Wach)träumen ins Feenreich übertritt und dort Sylvie und Bruno beobachtet und dann kennenlernt. Seinen Namen erfahren wir nicht, er ist aber etwa 60-70 Jahre alt, stammt aus London und ist mit dem jungen Arzt Arthur Forester befreundet, den er häufig in Elvestone besucht. Im Zug lernt er Lady Muriel kennen und schätzen, von der er später erfährt, dass sie Arthurs heimliche Liebe ist.


    Sylvie und Bruno sind zwei Kinder aus dem Outland, zu Beginn des Buches "Sprites", im Laufe des Buches werden sie aber zu echten "Fairies". Syvie ist ein etwas 10jähriges, sehr liebes Mädchen, das sich rührend um ihren etwa 5jährigen Bruder Bruno kümmert, nachdem ihr Vater, der "Warden" und rechtmäßige Regent von Outland auf Reisen geht. Ihr Onkel, der Sub-Warden nutzt dessen Abwesenheit aus, um die Macht an sich - und seine ziemlich dumme Frau und seinen ebenso dämlichen und fetten Sohn - zu reißen. Er weiß allerdings nicht, dass sein Bruder in Fairyland zum König gemacht wurde. Als Sylvie und Bruno nach Fairyland gelangen, werden sie zu echten Fairies und haben damit auch mehr Macht, so können sie zum Beispiel die Gestalt von Kindern in der echten Welt annehmen und den Ich-Erzähler nicht nur in seiner Traumgestalt treffen.


    Außer diesen Hauptpersonen gibt es vor allem in der Feenwelt allerlei skurrile Gestalten wie den Gärtner, den Professor und den "Other Professor". Die Teile der Handlung, in denen diese Personen vorkommen, erinnern an "Alice in Wonderland", sie sprühen vor Witz mit verrückten Begebenheiten und allerlei Nonsense-Gedichten. Die Begebenheiten um Sylvie und Bruno zeigen die Liebe der Geschwister zueinander. Bruno ist ein lustiger kleiner Wicht, der sprachlich noch in eine Art Kindersprache verfällt, schnell aufbraust, sich aber auch schnell wieder beruhigt. Besonders missfällt ihm, dass Sylvie sehr darauf achtet, dass er auch etwas lernt. Dieser Teil des Buchs ist kindgerecht und entweder herrlich verrückt oder liebevoll.


    Der Teil des Buchs in der echten Welt ist hingegen eher ernst, da Arthur sich nicht traut, Lady Muriel seine Liebe zu gestehen und schließlich mit ansehen muss, wie sie sich mit ihrem Cousin Eric verlobt. Die Gespräche von Arthur und Muriel, aber auch von deren Vater, dem Ich-Erzähler und Eric handeln häufig von Wissenschaft, aber auch theologischen und philosophischen Fragen, so dass das Buch insgesamt eher an Erwachsene gerichtet ist als an Kinder, trotz der märchenhaften Anteile.


    Der erste Teil bricht wirklich mitten in der Handlung ab: im realen Leben möchte Arthur auswandern, um Muriel zu vergessen, in der Feenwelt leben Sylvie und Bruno in Fairyland und in Outland herrscht unrechtmäßig ihr Onkel. Ich werde wohl nicht um Teil zwei herumkommen - was auch nicht schlimm ist, da es sich wirklich unterhaltsam lesen lässt. Einige der Gespräche in realen England waren mir allerdings zu anstrengend, so dass ich insgesamt auf 4ratten komme.

    :lesen: Naomi Novik - Uprooted

  • Vielen Dank für die Rezension,


    ich habe beide Bände vor zwölf Jahren gelesen und bin doch erschrocken, dass ich so gut wie gar nichts von der Handlung behalten habe. Nur, dass es witzig, und wie du geschrieben hast, durchaus auch verrückt zugeht, das ist mir im Gedächtnis geblieben. Also nochmal danke für die Auffrischung!

  • Und nun folgt der zweite Teil: Lewis Carroll - Sylvie and Bruno Concluded 

    Kaufen* bei

    Amazon
    * Werbe/Affiliate-Link


    Die Handlung setzt kurze Zeit nach dem ersten Teil ein. Der Ich-Erzähler ist nach London zurückgekehrt und wundert sich, ob sein Freund Arthur bereits ausgewandert ist. In seinem Club trifft er dann unverhofft auf Eric Landon und erfährt, dass die Verlobung mit Muriel einvernehmlich aufgelöst wurde, da beide sehr unterschiedliche Vorstellungen in religösen Fragen haben. Daraufhin fährt er wieder nach Elveston, um Arthur und Muriel auf die Sprünge zu helfen. Tatsächlich gelingt ihm das sehr bald und die Beiden verloben sich.


    Parallel dazu erfahren wir wieder von Sylvie und Bruno, die sowohl in der Feenwelt als auch in der realen Welt verschiedene kleine Abenteuer erleben und den Ich-Erzähler direkt oder indirekt daran teilhaben lassen. Es sind allesamt kurze Episoden, in den vor allem Bruno in seiner kindlichen Art wirklich allerliebst ist und alle Herzen im Sturm erobert. Von dem Konflikt in ihrer Heimat Outland erfahren wir jedoch nichts und ausser Sylvie und Bruno tauchen auch zunächst keine weiteren Gestalten der Feenwelt auf, was das Treiben dort doch erheblich beeinträchtigt, da einfach die Vielfalt fehlt.


    In der echten Welt tritt eine Seuche in einem Fischerdorf auf, die innerhalb kürzester Zeit das halbe Dorf ausrottet. Als auch der dort ansässige Arzt dahingerafft wird, geht Arthur als Arzt dorthin. Am selben Morgen wird er mit Muriel vermählt. Kurze Zeit später nimmt man an, dass auch er verstorben ist, was Muriel und auch den Ich-Erzähler tief erschüttert. Dieser kehrt zunächst nach London zurück, um dann einige Zeit später wieder nach Elveston zurückzukehren, um nach Muriel zu sehen.


    Am Ende überschlagen sich dann die Ereignisse, um beide Erzählstränge zu einem Ende zu führen. Sylvie und Bruno kehren in ihre ursprüngliche Heimat zurück, wo sich alles quasi durch Zauberhand in Wohlgefallen auflöst (besonders herrlich ist das Schicksal ihres Vetters Uggugg) und treffen dort die bekannten Personen wie den Professor und den Gärtner wieder, was gleich viel von dem Zauber des ersten Bandes zurückbringt. Auch im realen Leben bringt das Schicksal natürlich alles zu einem guten Ende.


    Insgesamt hat mir der zweite Band deutlich weniger gefallen als der erste. In der Feenwelt gibt es zwar einige nette Episoden, die vor allem durch Brunos Kleinkinderlogik recht lustig sind, insgesamt passiert aber erst gegen Ende wirklich etwas und das durch eher zufällige Ereignisse als durch eine echte Entwicklung. In der realen Welt nehmen die philosophischen und theologischen Diskussionen zwischen Arthur, Muriel und dem Ich-Erzähler beständig zu und sind zunehmend nervtötend in ihrer moralisierenden Art. Auch hier kommt das selbstredend gute Ende überraschend und wird nicht durch irgendwelche Handlungen der Protagonisten wirklich vorangetrieben, sondern passiert einfach.


    Insgesamt kann ich hier nur


    2ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    für die märchenhaften Passagen in der Feenwelt, vor allem gegen Ende des Buches, wo es nochmal lustig wird, vergeben.

    :lesen: Naomi Novik - Uprooted