Inhalt:
Die Pest ist wieder ausgebrochen! Garin, ein Landarzt, sieht es als seine Pflicht, ins Dorf Dolgoje zu fahren und die Menschen dort zu impfen. Die eigentlich einfache Strecke wird jedoch erschwert, da ein heftiger Schneesturm die Gegend heimsucht.
Nur Kosma, genannt "der Krächz", ist bereit, den Arzt übers Land zu fahren. Mitten durch den feindlichen Schneesturm...
Meine Meinung:
"Der Schneesturm" von Vladimir Sorokin kann man als russisch bezeichnen. Sehr russisch. Wer eine Darstellung des Russlands des 19. Jahrhunderts erwartet, so scheint es zu Beginn nämlich tatsächlich, der wird bald überrascht sein.
Denn Sorokin entführt uns in eine alternative Realität, die so ganz anders ist als die Welt, die wir kennen. Und ihr dennoch sehr ähnelt.
Es geht los mit den Pferden des Krächz. Es sind Minipferde, kaum kniehoch. Im Gegenzug gibt es auch Pferde, die so gross sind wie ein Haus. Kleinwüchsige sind nicht einfach nur klein, sie sind Zwerge. Auch einem toten Riesen begegnen wird. Russlands Technik ist im Kommen, wir treffen auf seltsame Aparate. Doch am schauerlichsten ist die Pest, die die Menschen nicht nur dahinrafft, sondern Zombies aus ihnen macht.
Und all das vor, oder besser noch, inmitten, der Kulisse des tobenden Schneesturms.
Es ist ein aussergewöhnliches und sehr stimmungsvolles Buch, das Sorokin geschriebe hat. Dennoch weiss ich noch immer nicht so recht, was ich davon halten kann. Ich habe mit Garin gehofft, gelitten und mich mit Kosma und seinen Pferden angefreundet. Sogar die Kälte des Sturmes gespürt.
Sollte sich der Leser jedoch zu fest an Genrevorstellungen festhalten, ist er bald so verloren wie der Krächz und sein Schlitten im Schneesturm. Sorokin wirft einfach alles über den Haufen und generiert ein neues literarisches Genre. Wie der Sturm bringt er alles durcheinander, löscht aus, baut neu auf. Alles neu macht der Sorokin.
Trotz der Härte des Schnees ringsum, ist das Buch mit einer gewissen Wärme und Feinfühligkeit erzählt. Dies ist ein starker Kontrast, genauso wie die schwarzen Stämme der Bäume im weissen Schnee.
Ich muss sagen, dass ich froh bin, dieses Buch im Winter gelesen zu haben, kann ich doch nicht sagen, wie ich im Sommer darauf reagiert hätte.
Leider kenne ich mich im aktuellen Russland nicht gut genug aus, um auf verwischte Hinweise oder versteckte Andeutungen einzugehen. Aber ich kam nicht umhin, nach diesen Punkten zu suchen. Doch sollte es sie geben, hat Sorokin sie gut vor mir versteckt.
Also sauste ich bloss mit Garin und Kosma durch die Kälte und hoffte mit ihnen, dass wir das Ziel erreichen mögen...
Fazit:
Ein interessantes, verwegenes und doch ruhiges Buch. Ein Buch, das uns packt wie der Schneesturm selbst, trotzdem so ruhig ist wie die Schneeflocken, die vom Himmel fallen.
Ein sehr literarisches Werk, auf das man sich einlassen muss. Wie dies so oft bei den Russen der Fall ist. Für experimentierfreudige Leser.
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