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Tess Durbeyfield unterscheidet sich kaum von den anderen Dorfmädchen in ihrem Alter. Als Älteste von zahlreichen Geschwistern hat sie früh gelernt, mit anzupacken und Verantwortung für die Kleinen zu übernehmen, vor allem, da ihre Eltern das Familienleben nicht gerade gut im Griff haben. Doch eines Tages kommt ihr Vater, ausgelöst durch eine scherzhafte Bemerkung des Dorfpfarrers, auf die Idee, dass die Familie von dem alten Adelsgeschlecht der D'Urbervilles abstammt. Als sich auch noch herausstellt, dass eine recht wohlhabende Familie eben jenes Namens nicht allzu weit entfernt lebt, keimt in Jack Durbeyfield ein grandioser Plan: Tess soll sich dort als Gesellschafterin vorstellen, ein wenig Geld verdienen und sich lieb Kind machen, damit ein bisschen vom Reichtum für die arme Verwandtschaft abfällt. Einen jungen, unverheirateten D'Urberville gibt es passenderweise auch noch.
Begeistert ist Tess nicht, aber aufgrund der immer schwieriger werdenden finanziellen Lage der Familie und ihres ausgeprägten Pflichtgefühls lässt sie sich darauf ein und sieht sich mit den unangenehmen Avancen von Alec D'Urberville konfrontiert, die sie irgendwann nicht mehr abwehren kann, mit fatalen Folgen, die schließlich zu einer regelrechten Abwärtsspirale in Tess' Leben führen.
Was ich an Thomas Hardys Büchern ganz besonders liebe und auch hier wieder genossen habe, sind seine wunderschönen Beschreibungen von Menschen, Lebensumständen und Landschaften, die auch mich Kind des digitalen Zeitalters so hautnah ins England des 19. Jahrhunderts versetzen können. Die harte Arbeit auf den Feldern oder auf dem Milchhof, die ärmlichen Häuschen der Landarbeiter, die Wälder und Hügel von Dorset, all das wird wunderbar lebendig.
Dieses Buch ist vor allem eins: traurig und tragisch. Tess, deren Schicksal insbesondere in der Zeit, in der sie lebt, an sich schon schlimm genug wäre, steht sich durch ihr übermäßiges Pflichtbewusstsein und einen extremen Mangel an Selbstwertgefühl zusätzlich selbst im Wege und ist für moderne Leser(innen) oft sehr schwer zu verstehen. Diese Passivität macht es für die beiden zentralen Männergestalten noch einfacher, Tess schlecht zu behandeln. Nicht nur der Schürzenjäger Alec missbraucht sie auf seine Art, auch Angel Clare, in den sie sich später verliebt und der anfangs sympathisch und bodenständig wirkt, gibt ihr nicht den Respekt und die Achtung, die ihr eigentlich zustünden. Dank Hardys einfühlsamer Schilderungen konnte ich mich bei allem Unverständnis für Tess' Verhalten doch so weit in sie hineinversetzen, dass ich mitgehofft und -gebangt und -gelitten und die letzten Kapitel geradezu verschlungen habe, auch wenn es nicht mein bisheriger Lieblings-Hardy war. (Dieser Platz gebührt "Far From the Madding Crowd".)
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