Hansjörg Schertenleib - Das Regenorchester

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  • Hansjörg Schertenleib - Das Regenorchester


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    Klappentext:


    Nachdem seine Frau gegangen ist, lebt ein Schriftsteller allein in seinem Haus in Irland. Da begegnet er Niamh, einer sechzigjährigen Irin, die ihn zum Chronisten ihres Lebens macht. Sie führt ihm die Wunder des alten, untergegangenen Irland vor Augen und erzählt ihm von ihrer verlorenen Liebe. Voller Poesie und mit großer Sprachkunst erzählt Hansjörg Schertenleib eine unerhörte Liebesgeschichte.


    "Vom Loslassen und Leben lernen." Die Welt
    "Ein überraschend lebensbejahender Roman." Berner Zeitung



    Zum Inhalt:


    Der Ich-Erzähler, Schriftsteller und ursprünglich aus der Schweiz, lebt nun schon seit 10 Jahren in Donegal.
    Niamh nennt ihn Sean.
    Seine Frau hat ihn vor kurzem für einen Anderen verlassen und er versucht, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Er ist ruhe- und schlaflos und weint auch schon mal grundlos in der Öffentlichkeit. Und dennoch verspürt er auch eine Art Erleichterung, dass sie nicht mehr da ist.


    Niamh ist eine etwas eigenwillige, dauerrauchende Irin Mitte sechzig. Die beiden begegnen sich zufällig und kommen ins Gespräch. Sie verspricht ihm eine Geschichte zu erzählen, ihre Geschichte. Und so beginnen ihre regelmäßigen Treffen ....


    Die Geschichte von Niamh erhält sehr bald mehr Raum und die Kapitel erzählen ab da abwechselnd aus ihrer Sicht von damals und aus der von Sean im Hier und Jetzt.


    So erfahren wir als Leser von Niamhs Kindheit auf dem Land, lernen ihre große katholische Familie und ihre Brieffreundin Nella kennen, mit der sie ein Leben lang verbunden sein wird. Wir begleiten Niamh durch ihre Londoner Jahre und trauern mit ihr um ihre verloren gegangenen Liebe.


    Trotz dem oder vielleicht auch gerade weil sie auch ihren Anteil an Tiefschlägen im Leben hatte, sagt Niamh am Ende des Buches, sie habe sich nie ein anderes Leben gewünscht oder vorgestellt. Und dass sie sich ihre Erinnerungen, auch die nicht so glücklichen, so lange wie möglich bewahren möchte.


    Mit dieser bewundernswerten Gelassenheit, die man vielleicht erst in einem gewissen Alter erreicht, nimmt sie auch ihre Krankheit hin. Denn sie weiß, dass ihr nicht mehr lange Zeit bleibt und die Ärzte ihr keine Hoffnung mehr geben können. Sie möchte jedoch nicht im Krankenhaus sterben, sondern in ihrer vertrauten Umgebung. Also bringt Sean sie in ihr Zuhause und in ihren Garten zurück und die beiden füllen die ihnen verbleibende Zeit mit Musik hören, alte Lieblingsfilme ansehen, mit Fotos und Erinnerungen.



    Meine Meinung:


    Mit den ersten paar Seiten brauchte ich ein wenig um mich einzufinden, da Niamh dauernd kurze englische Sätze mit einstreut um dann wieder ins Deutsche zu wechseln, was mich zugegeben etwas irritierte. Daran hatte ich mich jedoch schnell gewöhnt und bin sehr bald tief in die Geschichte eingetaucht.


    Schertenleib hat m.E. die Schilderungen des irischen Lebens und die irische Mentalität sehr gut eingefangen, besonders als Niamh von ihrer Kindheit auf dem Land erzählt hat. Dabei gab es auch immer wieder Szenen die mich schmunzeln ließen, zum Beispiel wenn Sean, nachdem er sich einen Joint genehmigt hatte, mit seinem Wagen in einen Lattenzaun rauscht und die Leute aus der Umgebung lachend und plaudernd zusammenkommen um sein Auto hinters Haus zu schieben, bevor die Gardai kommen.


    Was dieses Buch aber besonders auszeichnet, ist seine leise melancholische Atmosphäre. Der Autor hat eine wunderschöne, anmutige Sprache gefunden, um die Geschichte zu erzählen und Bilder im Kopf des Lesers zu erzeugen. Auch zum Ende hin ist der Tonfall melancholisch, aber nicht traurig. Schertenleib schafft es, zu berühren, ohne zu bedrücken und zu guter Letzt doch Hoffnung und Zuversicht zu schenken.



    5ratten

    Ich hieß hier mal caithlin.<br /><br />&quot;If I had a dollar for every time i felt more emotion for a fictional character than people in real life, I could pay for the psychiatric help I obviously need.&quot;

  • Oh, das klingt schön. Vielen Dank für Deine Rezi - ich hätte mir das Buch im Laden wohl nicht mal angeschaut.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • [size=13pt]Hansjörg Schertenleib - Das Regenorchester[/size]

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    OA: 2008
    230 Seiten
    ISBN: 978-3746625713


    Inhalt:
    Nachdem seine Frau gegangen ist, lebt ein Schriftsteller allein in seinem Haus in Irland. Da begegnet er Niamh, einer sechzigjährigen Irin, die ihn zum Chronisten ihres Lebens macht. Sie führt ihm die Wunder des alten, untergegangenen Irland vor Augen und erzählt ihm von ihrer verlorenen Liebe.


    Eigene Meinung:
    Dieses Buch, in der ersten Person erzählt, besticht durch seine ruhige Erzählweise, die perfekt zu den beschriebenen Landschaften und Orten Irlands passen.
    Es ist die Geschichte eines Lebens - eines normalen Lebens ohne Heldentaten und herausragende Ereignisse und dennoch ist es niemals langweilig. Dies macht die Protagonisten glaubhaft und man hat das Gefühl der Erzählung eines Freunde zu lauschen.
    Das Leben Niamhs, welches immer wieder in Rückblicken erzählt wird, ist eine Beschreibung der Dinge, die das Leben lebenswert und für jeden einzigartig machen.
    Es geht hier um die Essenz des Lebens, um Freude, Enttäuschung, Freunde, Liebe, Verlust, Krankheit und Tod.
    Dabei erhält der Leser nicht nur Einblicke in Niamhs Leben, sondern auch das der irischen Bevölkerung.
    Dieses Buch ist eine Hommage an das Leben und erinnert daran, wie wichtig es ist, dass man niemals vergisst.


    5ratten

  • Von mir gibt es leider keine ausführliche Rezension, weil mir das Buch nicht so besonders gefallen hat.
    Ich habe Schertenleibs Sprache als zu überkandidelt empfunden. Die sprachlichen Bilder sind übertrieben, die vielen Metaphern und Analogien haben sich mir nicht erschlossen. Nur ein kleines Beispiel: Was soll es bedeuten, dass Bienen in das Arbeitszimmer des Protagonisten einziehen?


    Die weibliche Hauptfigur empfand ich in ihrem Verhalten und Sprechen als anmaßend, auch wenn mich ihre Geschichte schließlich doch in ihren Bann zog. Insgesamt ist es bei einem Roman von gut 200 Seiten aber zu wenig, wenn die Geschichte erst nach 100 Seiten an Fahrt aufnimmt.


    2ratten

  • Ich bin irgendwo dazwischen :breitgrins:


    Inhalt:


    Nachdem er von seiner Frau verlassen worden ist, gerät das Leben des Autoren völlig aus dem Gleichgewicht. Doch sein Leben ändert sich, als er Niamh kennen lernt. Die ältere Dame nennt ihr kurzerhand Sean und sie freunden sich an. Niamh beginnt, Sean ihre Geschichte zu erzählen. Doch es gibt noch ein anderes Geheimnis...


    Meine Meinung:


    Mit "Das Regenorchester" erfindet Hansjörg Schertenleib das Genre zwar nicht neu, aber das Buch lässt sich gut lesen und vermag zu unterhalten.


    Viele Überraschungen gibt es in der eigentlichen Handlung nicht. Hat man ein paar Bücher gelesen, weiss man in etwa, was einen erwartet. Dennoch hatte ich Spass beim Lesen und vor allem Niamhs Geschichte faszinierte mich. Sie entführt uns in das Irland der 1960er. Das Leben dort funktionierte anders und ich wollte gar nicht mehr aufhören, ihren Teil zu lesen.


    Seans Geschichte dagegen fand ich eher fad. Ein typischer älterer Herr, der unter dem Verlust seiner Frau leidet. Traurig, aber alles schon einmal gelesen. Schertenleib beschreibt alles mit einer sehr feinen und ausladenden Sprache, die ich bei den Beschreibungen sehr schön fand, mir aber bei Seans Verlustproblemen eher negativ auffiel.


    Schlussendlich muss ich sagen, dass sich Schertenleib für einen Schweizer ganz gut hält und ich grundsätzlich positiv überrascht bin. Ich habe Schlimmeres erwartet.


    Fazit:


    Definitiv kein Buch, das man gelesen haben muss. Wer sich aber für Lebensgeschichten interessiert und Irland mag, der kann sich überlegen, ob er das Buch mal lesen möchte. Ich hatte es innerhalb kürzester Zeit gelesen, es wäre also auch eine Idee um eine Leseblockade zu überwinden.


    3ratten & :marypipeshalbeprivatmaus:

    //Grösser ist doof//

  • Endlich jetzt auch mal meine Rezi hierzu ...


    Nachdem ihn seine Frau verlassen hat, ist der Schweizer Schriftsteller, der seit langem in Donegal lebt, ziemlich am Ende, auch wenn die Beziehung schon lange nicht mehr intakt war.


    Eine Zufallsbegegnung mit Niamh, einer Frau Anfang 60, holt ihn ein wenig aus seiner Lethargie. Sie weiß, dass er Schriftsteller ist, sie weiß, dass seine Frau auf und davon ist, und sie bittet ihn, ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben. Dies bedeutet häufige Treffen der beiden, und nach und nach entsteht eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden, die man schon fast Liebe nennen könnte, wenn auch nicht im "herkömmlichen" Sinne.


    Es ist mir anfangs etwas schwergefallen, mich in das Buch hineinzufinden, weil ich Schertenleibs Sprache teils als ziemlich gekünstelt und seine Metaphern als ziemlich gewollt empfunden habe. Auch dem Protagonisten bin ich erst nicht wirklich nähergekommen.


    Als Niamh begann, von ihrem Leben zu erzählen, änderte sich meine Wahrnehmung jedoch stark. Ihr Tonfall ist ganz anders als der des Schriftstellers, einfacher, geradliniger, und es hat mich einfach berührt, dieses recht typische irische Frauenleben, geprägt von einer Kindheit mit wenig Geld und vielen Geschwistern, dem Katholizismus der Familie und den Schwierigkeiten, Arbeit zu finden, so dass auch Niamh und ihre Geschwister größtenteils irgendwann in England gelandet sind, wo sie als Iren zwar als billige Arbeitskräfte gut genug waren, gesellschaftlich aber wenig Anerkennung genossen.


    Eine gewisse Tragik haftet ihrer Geschichte an, doch Niamh ist trotzdem ein sehr lebensbejahender Mensch und war mir mit all ihren Macken sympathisch. Und auch den Schriftsteller mochte ich mit der Zeit immer lieber. Ebenso den Schreibstil - es gab immer weniger schräge Sprachbilder und dafür schöne, einfühlsame Beschreibungen von Menschen, Orten und Begebenheiten. Besonders eine bestimmte wunderbare Szene wird mir wohl noch lange im Gedächtnis bleiben.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Die Geschichte wird von einem Schriftsteller erzählt, der hier als Ich-Erzähler auftritt. Seine Frau hat ihn verlassen, womit er doch zu kämpfen hat. Eines Tages lernt er die ältere Niamh kennen, eine Irin, die ihm ihre Lebensgeschichte erzählt. Wir befinden uns also in zwei Zeitzonen. Einmal im Heute beim Schriftsteller und zurück in Niamhs Jugendzeit. Sie hatte eine relativ gute Kindheit. Die Eltern sorgten immer dafür, dass Essen im Haus war. Es gab also auch Familienväter, die ihr Geld nicht versoffen haben.

    Nach dem Tod eines Bruders kam ihre Mutter nicht mehr mit ihrem Leben zurecht und starb dann auch bald. Niamh ging wegen der Arbeit nach London und verbrachte dort ihre jungen Jahre. Sie lebte anfangs mit ihrer Schwester zusammen, die schon vorher von zuhause auszog. Doch eines Tages verliebte diese sich in einen Schotten und so trennten sich die Wege der Schwestern.

    Ich fand es spannend, die Geschichte mal aus der Perspektive einer Frau zu erleben. Bisher weiß ich nur von Männern oder ganzen Familien, die Irland verlassen haben, um ihr Glück woanders zu versuchen.


    Hansjörg Schertenleib hat einen angenehmen Schreibstil. Und zwischendurch laufen mir richtige Perlen über den Weg, wie zum Beispiel:


    "Auf dem Heimweg hatte mir mein Vater erzählt, wie die Welt zu ihren Seen gekommen war: Vor langer Zeit, als es noch nichts gab, nicht einmal Seen, fasste sich ein Junge in meinem Alter ein Herz und schleuderte mit aller Kraft einen Stein in den Himmel, um ihn in tausendundzwei Scherben zu zersplittern. Diese Scherben fielen auf die Erde nieder und blieben zwischen Tälern, Bergen und Hügeln liegen. Seither spiegelten sie das, was sie früher einmal selbst gewesen waren: Himmel..."


    Klingt das nicht gut?


    4ratten

    2 Mal editiert, zuletzt von Anne ()

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    Der Schweizer Autor Hansjörg Schertenleib hat mich auch in seinem zweiten Roman, den ich bisher gelesen habe, durch seine Erzählkunst überzeugen können: Nach "Der Glückliche" war es nun "Das Regenorchester"....


    Auch im Roman wandert ein Schweizer Schriftsteller mit seiner Frau und dem Papagei Vian nach Irland aus; sie verbringen einige glückliche Jahre miteinander in ihrem Haus - bis es zu Auseinandersetzungen und zur endgültigen Trennung kommt. Während Vian nur in Schwitzerdütsch "Bern isch schö" kräht, geht es unserem Protagonisten alles andere als gut. Er schließt sich einer Gruppe verlassener Männer an, die von einem Coach ein "Wieder-Stabilisierungsseminar" oder wie immer man dies nennen möchte, in einer Wald- , Feld- und Wiesenaktion "draußen" ihren Schmerzen des Verlassenworden seins, ihrer Gefühlswelt (gegen cash, versteht sich) nun freien Lauf lassen.

    Diesen Abschnitt des Romans habe ich sehr genossen, da er sehr reale Männergefühle widerspiegelt und in komischer Weise zum Ausdruck bringt (z.B. stellt jemand von den 9 Männern fest, dass er gar nicht wütend ist, sondern nur traurig: Dennoch verlangt der Coach von allen, dass sie mit dem Prügel, den sich jeder suchen musste und der "genau in die Hand passt" mit Vehemenz auf die Lichtung im Walde einprügeln....


    Als "Sean", der eingewanderte Schweizer, in Donegal eine Frau kennenlernt, merkt diese sofort, welchen Schmerz er mit sich trägt: Sie ist sehr krank und will ihm - der ja Autor ist - gerne ihre Geschichte erzählen. So kommt es, dass sich Niamh und "Sean", wie sie ihn nennt, mit einem Diktiergerät treffen und wir in das Leben von Niamh, das sie fortan in Sequenzen erzählt, eintauchen, daran teilhaben:


    Die Geschichte Niamhs, in einer einfachen, armen Familie mit 8 Kindern aufgewachsen, erinnert an das Irland der 50er und 60er Jahre: Durch die hohe Arbeitslosigkeit mussten viele Iren und Irinnen nach England auswandern, um Geld zu verdienen. So auch einige Geschwister Niamhs und sie selbst auch eines Tages. Höhepunkte ihrer Kindheit und Jugend waren die Besuche von Familie Friedrich aus Köln, die jeden Sommer im Nachbarcottage verbringen, Niamh später Frau Friedrich hilft und sich sehr eng mit deren Tochter, Nella, anfreundet. Diese Freundschaft soll später dazu führen, dass Niamh viele Jahre in Köln lebt, bevor sie - viel älter geworden - nach Irland zurückkehrt.


    Der Roman ist geprägt vom Leben Sean's, der versucht, sich aus seinem Schmerz zu befreien und wieder "von vorne anzufangen" und der Lebensgeschichte von Niamh, von der ich an dieser Stelle nicht mehr verraten möchte: Ein beeindruckender Roman über Liebe, Trennung, Schmerz und Verlassenwerden sowie Krankheit und Tod: Aber auch von Mitmenschlichkeit, Freundschaft und Empathie sowie vom Loslassen und vom Neubeginn. Der Erzählstil des Autors gefällt mir sehr; er ist schnörkellos, atmosphärisch und lässt genügend Raum für eigene Gedanken und Gefühle. Besonders gerne habe ich am Leben von Niamh teilgenommen, die hier exemplarisch für viele Irinnen ihrer Generation (*1940) stehen könnte. Der Autor lebte selbst zwischen 1996 und 2016 im County Donegal/Irland.


    Ich empfand "Das Regenorchester" als sehr lesenswert und empfehle "es" gerne weiter!


    4ratten

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

    2 Mal editiert, zuletzt von Sagota ()

  • UPPS - das habe ich nicht finden können (obwohl nachgeschaut) - könnte das jemand zusammenführen? Danke und sorry.... :redface:

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)