Christine Fehér - Body. Leben im falschen Körper

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    Ulrike, genannt Ulli, hat schon immer lieber mit Jungenspielzeug und Jungs gespielt und sich wie ein Junge angezogen und verhalten. Die Familie sieht es als Spleen an, der sich mit der Zeit von alleine gibt. Doch als Ulli mit fünfzehn zur Konfirmation einen Jungenanzug möchte, macht sich die Mutter langsam Sorgen und setzt ihrer Tochter zu, sich endlich wie ein Mädchen zu geben. Ulli versucht sich zu fügen und fühlt sich dabei völlig daneben. Als sie sich eines Tages in ihre Mitschülerin Sandy verliebt, spürt sie, dass sie unmöglich dagegen ankämpfen kann. Sie beschließt, ihr wahres Inneres nicht mehr zu verbergen, genauso wenig wie ihre Gefühle, und geht damit ein riskantes Wagnis ein.


    Es ist nicht schwer, Ulli zu mögen, denn obwohl sie nach außen manchmal widerspenstig und dickköpfig erscheint, merkt man schnell, dass sie ein Mensch voller Gefühle ist. Für sie sind ihre Empfindungen und die Art, wie sie sich nach außen präsentiert, normal, während ihre Umwelt damit wenig anfangen kann. Als ihre Mutter den Versuch startet, sie in das übliche Schema zu pressen, wird ihr klar, dass sie sich endlich outen muss, um den Weg einzuschlagen, der für sie der einzig mögliche ist. Sie empfindet sich nicht als lesbisch, sondern als Junge im weiblichen Körper, ohne jemals davon gehört zu haben, dass es auch andere Menschen gibt, denen es so ergeht.


    Der schulische Hintergrund ist gut geeignet, um die verschiedenen Reaktionen von Ullis Mitmenschen widerzuspiegeln. Gerade Jugendliche können in bei solchen Ausnahmefällen gnadenlos sein, was hier gut zum Ausdruck kommt. Auch Lehrer und Eltern sind mit der Situation überfordert. Mit Transsexualität wird man nicht so häufig konfrontiert, also ist es nicht verwunderlich, dass viele verunsichert sind, wie sie damit umgehen sollen, wenn sie überhaupt Toleranz dafür aufbringen. Ulli hat das Glück, noch einige wenige Freunde zu haben, die zum Teil selbst in einer Außenseiterrolle stecken und ihr den nötigen Rückhalt geben.


    Die Handlung nimmt von Anfang an gefangen und ist straff konstruiert. Langeweile kommt auf keiner Seite auf. Lediglich zum Ende hin ging es mir fast ein wenig zu schnell. Die „Bekehrung“ einer Mitschülerin ging zu glatt über die Bühne und die Reaktion von Sandy, Ullis Schwarm,



    Die sehr realistische Darstellung macht „Body“ auch zu einem Buch für Erwachsene oder Menschen, die sich nicht vorstellen können, wie Jugendliche damit umgehen, im falschen Körper zu stecken, und welche Probleme sie dabei generell haben, egal, ob sich das nun auf das Geschlecht oder die Außenseiterrolle bezieht.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:



    Edit: Vorsichtshalber noch einen Spoiler gesetzt

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()

  • Taschenbuch: 184 Seiten

    Verlag: Sauerländer (15. Juni 2003)

    ISBN-13: 978-3794170173

    empfohlenes Alter: ab 13 Jahren

    Preis: vergriffen


    Tolles Jugendbuch zum Thema Transgender


    Inhalt:

    Ulli ist 15 und hadert schrecklich mit seinem Körper, denn der ist weiblich, aber Ulli empfindet sich selbst schon lange als männlich. Dieses „Geheimnis“ macht ihm schwer zu schaffen. Aber wie soll er seiner Umwelt klarmachen, dass er ein Junge ist, der im falschen Körper geboren wurde? Dies und viel mehr zeigt dieses Buch.


    Meine Meinung:

    Der Roman „Body. Leben im falschen Körper“ ist sehr gut als Einführung ins Thema Transidentität geeignet. Es wird aus Ullis Sicht erzählt mit Rückblicken in die Kindheit und Vorausschauen in die Zukunft, sodass das Buch viele Jahre in Ullis Leben umfasst und man gut die auftretenden Probleme nachvollziehen kann. Seine Gedanken, seine Gefühle, seine Ängste und Hoffnungen wirken sehr authentisch und ehrlich.


    Ein klein wenig schade finde ich, dass Ulli quasi der typische Transmann ist (wobei es den ja eigentlich gar nicht gibt, denn jeder Mensch ist ein Unikum): Er wollte schon als kleines Kind lieber mit den anderen Jungs auf Bäume klettern und lieber Fußball spielen als mit Puppen und galt eben überall als burschikos.


    Sehr gut finde ich dagegen, dass verschiedene mögliche Reaktionen der Mitmenschen aufgezeigt werden. Während die einen Ulli so akzeptieren, wie er ist und ihn nach Kräften unterstützen, versuchen andere, das Ganze als Phase abzutun, die endlich überwunden werden muss. Auch Mobbing bleibt leider nicht aus.


    Auf nicht ganz 200 Seiten wird das Thema so umfassend beleuchtet, dass man sich ein gutes Bild davon machen kann und jeder, ob nun Betroffener, Angehöriger oder Außenstehender sich in dem einen oder anderen Charakter wiederfinden kann.


    Fazit:

    Ein tolles Jugendbuch zum Thema Transidentität, auch für Erwachsene sehr geeignet, gleichermaßen für unmittelbar und mittelbar Betroffene oder einfach am Thema Interessierte.


    ★★★★★

  • Ein klein wenig schade finde ich, dass Ulli quasi der typische Transmann ist (wobei es den ja eigentlich gar nicht gibt, denn jeder Mensch ist ein Unikum): Er wollte schon als kleines Kind lieber mit den anderen Jungs auf Bäume klettern und lieber Fußball spielen als mit Puppen und galt eben überall als burschikos.

    Ich denke, bei der Kürze des Buches wäre es anders auch kaum möglich gewesen. Jetzt noch eine Hauptfigur zu nehmen, die zwar nicht der "typische Junge" war, aber trotzdem im Inneren einer ist, hätte zu viele Erklärungen für so einen ersten Einstieg ins Thema bedurft. (Und eigentlich sind wir da auch schon bei der Diskussion, was denn nun ein typischer Junge oder ein typisches Mädchen ist... ich habe als Kind auch mit Autos gespielt, mag bis heute keine Kleider und kein Rosa und bin gerne auf Bäume geklettert. Trotzdem habe ich mich immer als Mädchen/Frau gefühlt.)

    Ich habe das Buch vor längerer Zeit auch gelesen (so wie einige andere Titel der Autorin) und mein Eindruck ist, dass sie wirklich versucht, schwierige und/oder unübliche Themen für Jugendliche verständlich zu machen. Und da schließe ich mich deiner Einschätzung an: Das gelingt ihr in der Regel ziemlich gut.

  • ich habe als Kind auch mit Autos gespielt, mag bis heute keine Kleider und kein Rosa und bin gerne auf Bäume geklettert. Trotzdem habe ich mich immer als Mädchen/Frau gefühlt.

    Ich auch :)


    Und klar, du hast vollkommen recht, in diesem kurzen Buch ist nicht mehr möglich. Daher gab's von mir auch die volle Punktzahl.

  • Also, mein Neffe ist ein Transjunge, und ich kann mich lebhaft erinnern, dass er mir mit etwa 3 Jahren (also noch als Mädchen) in einem rosa Tüllkleid entgegensprang und verkündete: "ICH BIN EINE PRINZESSIN!" Erst später habe ich begriffen, dass das nichts mit seiner Identität zu tun hatte, sondern dass in dem Alter JEDER in einem rosa Tüllkleid eine Prinzessin ist, egal welchen Geschlechts.


    Ich habe mir das Buch eben bestellt, weil das in meiner Familie gerade ein heißes Thema ist. Am meisten Sorgen haben wir uns um die Reaktionen der Schule und der Mitschüler gemacht. In der Realität war die Reaktion: "Cool, dann sind wir ja jetzt genau gleich viele Jungs und Mädchen in der Klasse." - Thema erledigt.

  • Ein klein wenig schade finde ich, dass Ulli quasi der typische Transmann ist (wobei es den ja eigentlich gar nicht gibt, denn jeder Mensch ist ein Unikum): Er wollte schon als kleines Kind lieber mit den anderen Jungs auf Bäume klettern und lieber Fußball spielen als mit Puppen und galt eben überall als burschikos.

    Ich überlege gerade, was dich daran stören könnte. Wie hätte es man es anders darstellen können?



    Ich muss auch gerade über meine eigenen Zeilen von oben schmunzeln:


    Doch als Ulli mit fünfzehn zur Konfirmation einen Jungenanzug möchte, macht sich die Mutter langsam Sorgen

    Meine Große hatte letztes Jahr Konfirmation und wollte einen Jungenanzug tragen. Für mich war das kein Grund, mir Sorgen zu machen. Letztlich sind wir dann beide im Anzug im Partnerlook gegangen. Wir sahen aus wie die Blues Brothers, bloß ohne Krawatte.

  • Ich überlege gerade, was dich daran stören könnte.

    Das ist halt so klischeehaft. Und für Außenstehende vermittelt es so ein bisschen, dass das eben die übliche Entwicklung oder gar das Erkennungszeichen für Transgender ist.


    Wie gesagt, wegen der Kürze des Buches kann man halt nicht groß variieren - insofern ist es für mich auch in Ordnung.

  • Und für Außenstehende vermittelt es so ein bisschen, dass das eben die übliche Entwicklung oder gar das Erkennungszeichen für Transgender ist.

    Häufig ist es ja so. Man darf nicht vergessen, dass Body ja ein Jugendbuch ist, und da fällt es der Zielgruppe vielleicht noch nicht so stark auf, dass es klischeehaft ist.