Faszination: Stefan Zweig

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  • Hallo cori,


    von Autorenhitparaden halte ich nicht viel, kann aber dein :grmpf: verstehen. Mir gefällt Zweig. Insbesondere seine Erzählungen mag ich, die ich auch fast alle kenne. Literarische Biographien und Dramen kenne ich von ihm nicht.


    Gruß, mohan

  • Ich habe keine Lust, mich in die Diskussion einzumischen, ob Zweig ein großer, ganz großer oder sehr großer Schriftsteller war. Aber mittelmäßig finde ich ihn ganz sicher nicht.


    Mich hat "Die Welt von Gestern" sehr beeindruckt. Zweig schafft es auf eindrückliche Weise, die Welt auferstehen zu lassen - ich gehöre nicht zu den Lesern, die sehr viele Bilder beim Lesen produzieren oder sich diese gar merken (ich merke mir eher allgemeine Stimmungen und Ideen). Aber aus der "Welt von Gestern" habe ich gleich eine ganze Reihe von Bildern: Wie Zweig die Prüderie des 19. Jahrhunderts beschreibt, in der selbst der Begriff "Hose" schon peinlich war. Wie dann mit Beginn des 20. Jahrhunderts die "Befreiung der Körper" einsetzte, Sport getrieben wurde, die Jugend ein verhältnismäßig normales Miteinander entwickeln konnte. Wie Stefan Zweig als Schüler in der Literatur versinkt, wie er sich ausrechnet, dass er den Großteil seiner Studienzeit erstmal für sich und seine Literatur nutzen kann - den Abschluss würde er schon in einem Jahr packen. Wie Zweig das Reisen durch Europa und die Welt ohne Reisepass beschreibt - als Zeit der später nicht mehr vorstellbaren Freiheit. Auch die Emigrationszeit und die Entwurzelung von seinem Publikum und seiner Muttersprache fand ich durchaus bewegend.


    Ich habe einige der Biographien von Zweig gelesen, aber die Autobiographie fand ich mit Abstand am eindrucksvollsten.

  • Danke Vulkan - es steht eh schon auf meiner Wunschliste. :zwinker:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane


  • nun, ich wollte ja niemanden Ärgern. Offensichtlich gibt es in dieser Sache differenzierte Meinungen und Ansichten. Es ist ja auch so, jeder hat irgendwo seine literarischen Götter. Bei mir ist es so; z.B in "Brennndes Geiheimnis" (Rezi hier). Merkwürdig ist ja, dass diese Rezi kommentarlos untergegangen ist, obwohl Stefan Zweig so berühmt ist. Beim "Amokläufer" mache ich schon Abstriche. Den Beginn der Erzählung fand ich aber ausgezeichnet. Von "Sternstunden der Menschheit" ist mir nur noch die Begebenheit um Tolstoi im Gedächtnis geblieben). Die Erzählung "Der begrabene Leuchter" fand ich schon etwas langweilig. Im"Brief einer Unbekannten" war mir die Frau zu neurotisch abgefahren, und habe mich über sie nur aufgeregt. Natürlich habe ich Verständnis, wenn das manchen Leser emotional berührt. Wenn ich diese Erzählung im Alter von 20 Jahren gelesen hätte, dann hätte ich vielleicht ein paar Taschentücher verbraucht.


    Dabei erinnere ich mich an eine hübsche Anekdote aus meinem Leben, betreffend aber Hermann Hesse. Im zarten Jugendalter las ich Hermann Hesses Märchen "Iris". Am Ende der Geschichte fühlte ich mich starr vor Betroffenheit, als ob jem,and gestorben wäre. Neulich habe ich dieses Märchen wieder gelesen. Gefallen hat mir "Iris" immer noch, aber emotional hat es mich nicht mehr berührt. Es kommt also auch darauf an, wann , in welchem Alter, man einen Text liest und wie unterschiedlich, je nach Alter oder Lebenserfahrung, man als Leser darauf reagiert. So fand ich die "Schachnovelle" nach erster Lektüre sehr gut, bei sehr viel späterer Zweitlektüre hat mich dann einiges gestört. So kann es also gehen.


    Liebe Grüße
    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()

  • Nein, das war nur momentan. Ist ja Eure Meinung, bzw. Deine. Ich finde halt, dass Stefan Zweig wirklich Einer, der ganz Großen ist. Er zaubert, wie schon erwähnt worden ist, Bilder in den Kopf. Das ist eine große Kunst, die ich sehr schätze. "Die Welt von Gestern" ist ja nicht jedermanns Sache. Das ist schon klar. Mit der Schachnovelle wurden wir in der Schule gequält und dennoch, die hat ja etwas Besonderes...
    Und vorallem, wer kann das von sich behaupten (Quelle Wiki):


    Silberne Saiten. Gedichte, 1901
    Die Philosophie des Hippolyte Taine. Dissertation, 1904[2]
    Die Liebe der Erika Ewald. Novellen. Buchschmuck v. Hugo Steiner-Prag, Fleischel & Co., Berlin 1904
    Die frühen Kränze. Gedichte, Insel, Leipzig 1906
    Tersites. Ein Trauerspiel in drei Aufzügen, Insel, Leipzig 1907
    Emile Verhaeren, Insel, Leipzig 1910
    Brennendes Geheimnis, 1911
    Erstes Erlebnis. Vier Geschichten aus Kinderland, Insel, Leipzig 1911
    Das Haus am Meer. Ein Schauspiel in zwei Teilen (drei Aufzügen), Insel, Leipzig 1912
    Der verwandelte Komödiant. Ein Spiel aus dem deutschen Rokoko, Insel, Leipzig 1913
    Jeremias. Eine dramatische Dichtung in neun Bildern, Insel, Leipzig 1917
    Erinnerungen an Emile Verhaeren, Privatdruck 1917
    Das Herz Europas. Ein Besuch im Genfer Roten Kreuz. Umschlagzeichnung von Frans Masereel, Rascher, Zürich 1918
    Legende eines Lebens. Ein Kammerspiel in drei Aufzügen, Insel, Leipzig 1919
    Fahrten. Landschaften und Städte, Tal, Leipzig und Wien 1919
    Drei Meister. Balzac – Dickens – Dostojewski (= Die Baumeister der Welt. Versuch einer Typologie des Geistes, Band 1), Insel, Leipzig 1920
    Marceline Desbordes-Valmore. Das Lebensbild einer Dichterin. Mit Übertragungen von Gisela Etzel-Kühn, Insel, Leipzig 1920
    Romain Rolland. Der Mann und das Werk, Rütten & Loening, Frankfurt 1921
    Brief einer Unbekannten, Lehmann & Schulze, Dresden 1922
    Amok. Novellen einer Leidenschaft, Insel, Leipzig 1922
    Frans Masereel (mit Arthur Holitscher), Axel Juncker, Berlin 1923
    Die gesammelten Gedichte, Insel, Leipzig 1924
    Angst. Novelle. Mit Nachwort von E. H. Rainalter, Reclam, Leipzig 1925
    Die Augen des ewigen Bruders. Eine Legende, Insel, Leipzig 1925
    Der Kampf mit dem Dämon. Hölderlin – Kleist – Nietzsche (= Die Baumeister der Welt, Band 2), Insel, Leipzig 1925
    Ben Johnson's „Volpone“. Eine lieblose Komödie in drei Akten. Frei bearbeitet von Stefan Zweig. Mit sechs Bildern nach Aubrey Beardsley, Kiepenheuer, Potsdam 1926
    Der Flüchtling. Episode vom Genfer See, Bücherlotterie, Leipzig 1927
    Abschied von Rilke. Eine Rede, Wunderlich, Tübingen 1927
    Verwirrung der Gefühle. Drei Novellen, Insel, Leipzig 1927
    Sternstunden der Menschheit. Fünf historische Miniaturen, Insel (IB 165), Leipzig o. J. (1927)
    Drei Dichter ihres Lebens. Casanova – Stendhal – Tolstoi (= Die Baumeister der Welt, Band 3), Insel, Leipzig 1928
    Rahel rechtet mit Gott. In: Insel-Almanach auf das Jahr 1929, S. 112–131, Insel, Leipzig 1928
    Joseph Fouché. Bildnis eines politischen Menschen, Insel, Leipzig 1929
    Das Lamm des Armen. Tragikomödie in drei Akten (neun Bildern), Insel, Leipzig 1929
    Die Heilung durch den Geist. Mesmer – Mary Baker Eddy – Freud, Insel, Leipzig 1932
    Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters, Insel, Leipzig 1932
    Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam, Herbert Reichner, Wien 1934
    Die schweigsame Frau. Komische Oper in drei Aufzügen. Libretto, frei nach der Komödie Epicoene, or The Silent Woman von Ben Jonson. Musik von Richard Strauss. Fürstner, Berlin 1935. UA 24. Juni 1935 Dresden (Staatsoper)
    Maria Stuart, Reichner, Wien 1935
    Gesammelte Erzählungen, 2 Bände (Band 1: Die Kette, Band 2: Kaleidoskop), Reichner, Wien 1936
    Castellio gegen Calvin oder Ein Gewissen gegen die Gewalt, Reichner, Wien 1936
    Der begrabene Leuchter. Novelle, Reichner, Wien 1937
    Begegnungen mit Menschen, Büchern, Städten, Reichner, Wien 1937
    Magellan. Der Mann und seine Tat, Reichner, Wien 1938
    Ungeduld des Herzens. Roman, Bermann-Fischer/de Lange, Stockholm/Amsterdam 1939
    Brasilien. Ein Land der Zukunft, Bermann-Fischer, Stockholm 1941
    Schachnovelle, Buenos Aires 1942
    Zeit und Welt. Gesammelte Aufsätze und Vorträge 1904–1940, Bermann-Fischer, Stockholm 1943
    Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers, Bermann-Fischer, Stockholm 1944
    Amerigo. Die Geschichte eines historischen Irrtums. Novelle, Berman-Fischer, Stockholm 1944
    Legenden, Bermann-Fischer, Stockholm 1945
    Balzac. Roman seines Lebens, hg. v. Richard Friedenthal, Bermann-Fischer, Stockholm 1946
    Fragment einer Novelle. Hrsg. v. Erich Fitzenbauer. Mit 4 Original-Lithographien von Hans Fronius, Wien 1961
    Rausch der Verwandlung, Hrsg. v. Knut Beck. Roman aus dem Nachlass.


    Und die neuen Ausgaben, Biografien und sonstiges nicht mitgezählt!
    Was fett unterstrichen ist, habe ich besonders gern und ein Schriftsteller, der "ANGST" (da gibt es eine Reclam Ausgabe! LESEN!!!) geschrieben hat, ist einfach Hammer oder "Ungeduld des Herzens" - er war und ist der Meister. Meister der Liebe und der Zwischenmenschlichkeit.
    Da gibt es für mich keine Zweifel.


    Alles Liebe Cori

  • Und vorallem, wer kann das von sich behaupten (Quelle Wiki):


    Was meinst du mit "das"? Viel geschrieben zu haben, heisst noch lange nicht, gut geschrieben zu haben.


    Stefan Zweig, das will ich ihm zu gute halten, war lange Zeit so etwas wie das pazifistische Gewissen Europas. Am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und an seiner Entfremdung von Europa ist er ja letzten Endes zu Grunde gegangen. Die Tragödie des Menschen Zweig erschüttert mich; den Autor würde ich dennoch nie auf eine Stufe stellen mit Mann (beiden Brüdern!) oder Schnitzler. Auch wenn der frühe Zweig in seinen Novellen und Erzählungen Ansätze eines frühen Schnitzler widerspiegelt.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Und wieso nicht? Mann schrieb hohle Sätze, schaffte es nicht den Figuren Leben einzuhauchen. Zweig allerdings berührte auf schöne Art und Weise.
    "Beide erröteten, weil sich ihre Finger kurz berührten" - SEUFZ. Wie ich diesen Schriftsteller liebe!


    Ich würde als Kompromiss sagen:
    Mann war der Große in Deutschland und Zweig in Österreich. Gleiche Stufe. Muss sein. Das geht gar nicht anders. Er war vorallem ein großer Essayist. Fakt.
    Was ich meinte mit den Werken... 90 % davon ist phantastisch. Das muss einer nachmachen. lg cori

    Einmal editiert, zuletzt von cori ()

  • Uiuiui, hier wird ja um des Kaisers Bart gestritten....das ist ja wohl alles Geschmackssache, oder nicht?
    Seh ich das falsch?
    Ich mag Stefan Zweig , aber ich mag auch andere Autoren, Schriftsteller...


    lg, Frau 32

  • hallo frau32. natürlich ist das geschmacksache! wohl! doch, zu sagen... der ist gut und der nicht, finde ich nicht richtig. ich glaube, mein angesprochener kompromiss ist objektiv betrachtet richtig. alles liebe cori

  • Hallo cori,



    natürlich ist das geschmacksache! wohl! doch, zu sagen... der ist gut und der nicht, finde ich nicht richtig. ich glaube, mein angesprochener kompromiss ist objektiv betrachtet richtig. alles liebe cori


    Du urteilst über Mann doch auch, also wieso beschwerst du dich?



    Ich würde als Kompromiss sagen:
    Mann war der Große in Deutschland und Zweig in Österreich. Gleiche Stufe. Muss sein. Das geht gar nicht anders. Er war vorallem ein großer Essayist. Fakt.
    Was ich meinte mit den Werken... 90 % davon ist phantastisch. Das muss einer nachmachen. lg cori


    Und ich finde, dein Vorschlag hat überhaupt nichts mit einem Kompromiss zu tun. Solche Aussagen wie "Muss sein." und "Fakt." sind weder eine ausreichende Begründung noch besonders einsichtig.


    Versteh mich nicht falsch - ich schätze Zweig sehr und mit Mann kann ich auch nichts anfangen. Trotzdem weiß ich, dass Mann literarisch bedeutender ist als Zweig. Nur die Tatsache, schön schreiben zu können, macht einen noch zu keinem "ganz Großen". Da gehört schon etwas mehr dazu.


    lg,


    mondpilz

  • Faszinierend an Stefan Zweig ist, dass er - zu faszinieren vermag.


    Der Grosse in Österreich zu jener Zeit war, wenn wir mal den Deutschprager Kafka als zwar Kakanier aber nicht Österreicher und Rilke aus denselben Gründen aussen vor lassen, im übrigen wohl am ehesten Robert Musil. :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo,


    mondpilz:


    Zitat

    Versteh mich nicht falsch - ich schätze Zweig sehr und mit Mann kann ich auch nichts anfangen. Trotzdem weiß ich, dass Mann literarisch bedeutender ist als Zweig. Nur die Tatsache, schön schreiben zu können, macht einen noch zu keinem "ganz Großen". Da gehört schon etwas mehr dazu.


    1.) Wer behauptet das? Wo steht das? Wer stellte die Behauptung auf?
    (das Mann bedeutender sei)
    2.)Da gehört schon etwas mehr dazu.... was denn, Deiner Meinung nach? Das wär jetzt interessant. Schlagen wir nicht Bücher auf um der Zeilen wegen?


    Hallo Sandhofer,


    Zitat

    Faszinierend an Stefan Zweig ist, dass er - zu faszinieren vermag.


    Das stimmt mich sehr versöhnlich, weil es stimmt.


    Hmm.--- Musil - ja, habe ich in "meiner persönlichen Reihung" vergessen. Aber, war Schnitzler nicht der Held der Novellen? ("Österreich sucht den Super Star")
    Schnitzler mag auch fesseln und sprachlich... Ich glaub, das führt zu nix, eine Reihung zu machen. :winken:


    Alles Liebe cori


  • Genauso könnte ich doch jetzt behaupten: Wolfgang Amadeus Mozart ist bedeutender als Antonio Rosetti. Muss ich das dann auch noch beweisen? Dazu kann ich nur eine Anekdote aus meinem Leben geben (alles andere sollen Musikwissenschaftler beweisen :breitgrins: ).


    Also: Aus dem Radio erklang mal ein Klavierkonzert. Da sagte ich zu meiner Frau:"Das hört sich so an wie Mozart, aber ich glaube trotzdem, dass es nicht Mozart ist." Ja, und als das Stück zu Ende war, sagte der Radiomoderator, dass sei von Rosetti gewesen. Warum glaubte ich nun, dass sei nicht von Mozart? Die Antwort lag einfach subjektiv in mir, da ich bei den Mozartconcertos, insbesondere bei den späteren, eine viel größe innere Tiefe spüre, viel mehr innerer Schönheit vom Gefühl her. (Literatur: Gustav H. Falke: Mozart oder Über das Schöne, Lukas Verlag :smile: ).


    Obwohl mir Stefan Zweig manchmal auch gefällt, erspüre ich bei Thomas Mann doch mehr. Bei Mann kann man auf verschiedenen Ebenen noch viel mehr herauslesen. Und was seelische Empfindungen angeht, die Stefan Zweig und auch Dostojewski darlegen, empfinde ich bei dem Russen bedeutend mehr Seelenzerrissenheit, Wuchtigkeit, bedeutend mehr Energie. Bei Dostojewski auch Demut und Nächstenliebe, die mich außerordentlich berührt. Bei Thomas Mann bewundere ich auch die große Vielfältigkeit. Er hat sich durch unendlich viele Bücher hindurchstudieren müssen, um nur einen Roman zu schreiben und ist ein großer sprachlicher Artist. Im Grunde genommen ist es eine Kunstsprache, die Thomas Mann entwickelt hat.


    Stefan Zweig lese ich auch manchmal gerne, aber ich spüre nicht so viel Tiefe wie bei den anderen genannten Herren.


    Meine bescheidene Lesermeinung


    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()

  • Hallo mombour....
    nun, ich muss resümieren...


    das liegt im Auge des Betrachters...
    nur, dass Zweig nicht bedeutend wäre, das ist nonsens hoch 10. Das auf alle Fälle.


    (Übrigens, lausche Mal Mozarts Sohn... das ist sehr schön ... Franz Xaver Mozart. Er war kein Genie, aber ein Könner.)


    Ja, Mann nehme ich Euch nicht weg, keine Sorge. Er ist ein "Held", ja, ich weiß.


    Liebe Grüße cori



  • Da Mann wie Zweig eine Grundvoraussetzung von Literatur erfüllen, wie sie das Feuilleton heute gerne bei Autoren als Besonderheit hervorhebt: "Er kann schreiben", lassen sie sich auf dieser Ebene nicht wirklich kritisieren.


    Die Diskussion, wie sie hier, aus meiner Sicht: völlig legitim, geführt wird, erlaubt es, auf einer weit gefassten, willkürlichen (nicht negativ gemeint) Ebene, die wir auch als Geschmack bezeichnen, weshalb wir darüber ja auch nicht streiten können, über Schriftsteller zu behaupten, was uns einfällt oder, aus welchen Gründen auch immer, opportun erscheint. Die Aussagen sind überprüfbar oder nicht.


    Deshalb, cori, ist es im Grunde irrelevant, ob du auf die Fragen: Wer behauptet das? Wo steht das? Wer stellte die Behauptung auf?
    (das Mann bedeutender sei)
    eine Antwort bekommst, weil es gleich ist, wer das behauptet. Ob Gustav Gans oder Uwe Tellkamp behaupten, Die Buddenbrooks seien grandios, spielt grundsätzlich keine Rolle, auch wenn manche Menschen Herrn Tellkamp auf Grund einer - im Zweifelsfall nur impliziten - Konvention eine bessere Beurteilungsqualität zusprechen.


    Ich schätze Zweig sehr, doch Mann viel mehr. Du schätzt Zweig mehr als Mann. Über unsere Fähigkeit zur Beurteilung von Literatur, ob als Bedeutung, vertane Zeit oder was auch immer produzierende Leser, sagt das aber nichts aus.


    :zwinker: :grmpf: :redface: :winken:


  • Hallo cori,


    was ist denn mit "bedeutend" gemeint? Der Begriff ist zu allgemein, um ernsthaft etwas dazu sagen zu können. So ist Zweig, legt man seine verkauften Bücher zugrunde, sicher ein bedeutender Autor. Zieht man die Verkaufsmengen ab, die über Zwangslesungen in Schulen zustande kommen, kann das schon wieder anders aussehen - ähnlich wie bei Mann und Kafka. Verschiedentlich mag es Äußerungen geben, die die Qualität eines Schriftstellers daran bemessen, wie groß sein Wortschatz ist. Soll ein Schriftsteller "geschmacklich" bedeutend sein, hängt dies wieder, nun ja, vom Geschmack ab. Der kann durch tausend Argumente bestimmt sein, deren wir uns oftmals gar nicht bewusst sind.


    Deswegen schätze ich es, dass mombour schreibt, er "spüre" oder "empfinde". Damit kann ich mehr anfangen als mit einer Mixtur aus Geschmack und vorgeblich genau messbaren Daten, wo es doch allein um Geschmack geht.


    Liebe Grüße,
    mohan

  • Hallo Mohan,


    Stimmt schon. Stimmt. :winken:


    Nur eins sei noch gesagt über Thomas Mann...er ist mir persönlich einfach zu bieder. Zweig war es auch und doch war es bei ihm reizend. Das ist der Grund, warum ich Zweig mehr schätze. Aber, wie auch immer, es ist wirklich Geschmacksache. Nur, ich bin halt grantig geworden, als die Bemerkung fiel, dass Zweig nicht so sehr bedeutend sei. Das ist nämlich wirklich nicht wahr.


    lg cori


  • Ach, es lohnt nicht, deswegen zu granteln. Ich bin hier schon mal an jemanden geraten, der absichtsvoll bösartig war, mit Unterstellungen arbeitete, eine Frage in mieser Absicht gezielt in eine Aussage ummünzte, und und und...(wie im richtigen Leben :zwinker:) Da habe ich nur halbherzig reagiert und es dann abgebrochen. Derlei wie hier mit Zweig ist doch noch recht moderat. :smile:


    Liebe Grüße,
    mohan


  • 1.) Wer behauptet das? Wo steht das? Wer stellte die Behauptung auf?
    (das Mann bedeutender sei)
    2.)Da gehört schon etwas mehr dazu.... was denn, Deiner Meinung nach? Das wär jetzt interessant. Schlagen wir nicht Bücher auf um der Zeilen wegen?


    Beispielsweise wirst du in der Germanistik mit Sicherheit immer Veranstaltungen über Thomas Mann, aber nicht unbedingt über Stefan Zweig finden. Seine Werke lassen weniger Interpretationsspielraum zu, er hat nicht gerade etwas Neues in der Literatur geschaffen. Thomas Mann hat den Literaturnobelpreis bekommen (okay, nicht unbedingt das beste Argument).
    Eine Vorliebe für Zweig spielt sich m.E. eben hauptsächlich auf der Geschmacksebene ab. Er hatte - zumindest meines Wissens - keinen großartigen Einfluss auf die Literatur. Daher halte ich Mann für objektiv bedeutender, auch wenn ich Zweig auf der Geschmacksebene bevorzuge.



    Nur, ich bin halt grantig geworden, als die Bemerkung fiel, dass Zweig nicht so sehr bedeutend sei. Das ist nämlich wirklich nicht wahr.


    Und worauf bitte stützt du nun diese Behauptung?



    lg,


    mondpilz

  • Also ich bin weder Germanist, noch Literaturwissenschaftler noch anderweitig legitimiert, mich hier allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. Aber ich kann gut nachvollziehen, dass Thomas Mann mehr "Ebenen" bedient. Was er an Geistesgeschichte, an Philosophie, selbst an früher Sozialwissenschaft in seinen Romanen verpackt, ist schon eindrucksvoll. Ich schätze Zweig durchaus. Er ist ein solider, gewissenhafter Schriftsteller und Rechercheur gewesen - seine Marie Antoinette-Biographie wurde selbst an der Sorbonne in einem Seminar über die Französische Revolution genutzt. Aber er hat m. E. weniger Ebenen. Man muss Thomas Manns Stil, den vielleicht einige bösartig als "intellektuell verschraubt" diffamieren könnten, wenn sie wollten, nicht mögen. Aber wenn man Vergnügen hat am Freilegen diverser versteckter Bezüge, Metaphern, philosophischer Anspielungen, hat man meines Wissens bei Mann mehr Freude.