Melanie Raabe - Die Falle
Verlag: btb
Erstausgabe (D): 2015
Seiten: 352
Ausgabe: Gebundene Ausgabe
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Klappentext:
Die bekannte Romanautorin Linda Conrads, 38, ist ihren Fans und der Presse ein Rätsel. Seit gut elf Jahren hat sie keinen Fuß mehr über die Schwelle ihrer Villa am Starnberger See gesetzt. Trotz ihrer Probleme ist Linda höchst erfolgreich. Dass sie darüber hinaus eine schreckliche Erinnerung aus der Vergangenheit quält, wissen nur wenige. Vor vielen Jahren hat Linda ihre jüngere Schwester Anna in einem Blutbad vorgefunden – und den Mörder flüchten sehen. Das Gesicht des Mörders verfolgt sie bis in ihre Träume. Deshalb ist es ein ungeheurer Schock für sie, als sie genau dieses Gesicht eines Tages über ihren Fernseher flimmern sieht. Grund genug für Linda, einen perfiden Plan zu schmieden - sie wird den vermeintlichen Mörder in eine Falle locken. Doch was ist damals in der Tatnacht tatsächlich passiert?
Meine Meinung:
Vor elf Jahren fand die Bestsellerautorin Linda Conrads ihre mit mehreren Messerstichen ermordete Schwester Anna und erhaschte dabei einen Blick auf den fliehenden Mörder. Schwer traumatisiert zog sie sich danach in ihr Haus am Starnberger See zurück, das sie seitdem nie wieder verlassen hat. Kontakt hat sie nur zu wenigen Menschen: Dem Gärtner, Constanze, ihrer Haushaltshilfe, ihrem Verleger. Es trifft Linda wie ein Schlag, als sie nach so langer Zeit das Gesicht des Mörders im Fernseher sieht und sie heckt einen Plan aus, um ihn in eine Falle zu locken und ihm ein Geständnis abzuringen.
Doch was ist wirklich passiert? Ist die Erinnerung nach so langer Zeit verklärt? Wie stark traumatisiert ist Linda? Wer ist dieser Mörder und warum musste Anna damals sterben?
"Die Falle" ist ein erstaunliches und oft beklemmendes Debüt der jungen Autorin Melanie Raabe. Kaum erschienen, erstürmte es die Bestsellerlisten und Übersetzungen wurden ins Ausland verkauft.
Ein großes Thema des Romans sind Angsterkrankungen. Um diese rankt sich die Geschichte, denn Linda Conrads kann ihr Haus nicht mehr verlassen. Sie entfernt sich von den Menschen, die einst ihr Leben teilten, verliert sogar den Kontakt zu ihren Eltern. Erst gegen Ende des Buches wird den LeserInnen bewusst, was das bedeuten muss:
Zitat"Meine Welt ist eine eintausend Quadratmeter große Scheibe, und ich stehe an ihrem Rand. Da draußen, vor meiner Haustür, lauert meine Angst."
Doch Linda muss ihre Grenzen überschreiten, um das Trauma zu überwinden. Ein Trauma, das sie gefangen hält nicht nur in einem Haus, sondern auch in sich selbst. Ein Trauma, das sie aus Bequemlichkeit viele Jahre lang hegen und pflegen konnte.
ZitatZunächst merkte keiner, dass ich das Haus nicht mehr verließ. Linda war ja da. Linda rief an und schrieb E-Mails, und wann schafft man es schon, sich zu sehen, wir haben doch alle furchtbar viel zu tun. [...] Irgendwann fiel es auf. Als die Gerüchte über eine mysteriöse Krankheit aufkamen, war ich entzückt. Bis dahin hatte ich immer noch versucht, mich zu überwinden. Ich arbeitete mich an der Türschwelle ab, versuchte, sie zu überschreiten, scheiterte kolossal.
Die alltäglichen Dinge, die wir alle schon nicht mehr wahrnehmen fehlen in der Welt der 38-Jährigen.
Zitat"Kastanien, die plötzlich vom Baum fallen. Kinder, die mit den Füßen durch Herbstlaub rascheln. Kostümierte Menschen in Straßenbahnen. Schicksalhafte Zufallsbegegnungen. Kleine Frauen, die von ihren großen Hunden durch die Gegend gezogen werden, als führen sie Wasserski. Sternschnuppen. Entenküken beim Schwimmunterricht. Sandburgen. Auffahrunfälle. Überraschungen. Schülerlotsen. Achterbahnen. Sonnenbrand."
Melanie Raabe spielt gekonnt mit den Empfindungen ihrer LeserInnen und überrascht mit unerwarteten Wendungen, führt so an der Nase herum, dass man in der Mitte des Buches denkt: Die Geschichte könnte nun zu Ende sein. Alles geklärt, oder etwa doch nicht? So stellt nicht nur Autorin Linda, sondern auch Autorin Melanie eine Falle, mit der sie mich zwar nicht von Anfang an gefangen nahm, die aber dennoch sicher und simpel funktionierte.
Ein spannendes und eher unblutiges Psychodrama mit überraschenden Wendungen.