Elisabeth Herrmann - Versunkene Gräber (Joachim Vernau 4)

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    Vernau ist seiner Hinterhofexistenz entwachsen und verdient jetzt zumindest ein halbwegs ordentliches Anwaltsgehalt. Dass er dafür seine alte Freundin Marie-Louise seit Monaten nicht mehr gesprochen hat, ist ihm entfallen. Doch als sein alter Kumpel Jacek unter Mordverdacht steht und sie der Mittäterschaft verdächtigt wird, ist er für sie da.


    Die aktuelle Handlung in Berlin und Jaceks polnischer Heimat wird immer wieder unterbrochen, in Briefen erfahren wir vom Schicksal eines Deutschen, der bis 1945 dort lebte und sich zum Kriegsende dort im Keller versteckte. Was der „Schatz“ ist, der dort ebenfalls irgendwo versteckt ist, bleibt zunächst offen, aber dem Leser ist so schon viel früher als Vernau und seinen Freunden klar, um was es bei der ganzen Geschichte eigentlich geht. Wobei das nur ein Aspekt der Geschichte ist, ganz stark geht es um das deutsch-polnische Verhältnis. Um gefühlte und echte Schuld, um die Machtverhältnisse zwischen den Menschen aus diesen beiden Ländern, um Vertreibung und Heimat. Ach ja, und um Wein, den Wein, den Jazek auf seinem Land anbaut. Ganz ehrlich, das war der Aspekt des Buches, dem ich am wenigsten folgen konnte, da habe ich ganz große Vorurteile, für mich kann so weit nördlich wachsender Rotwein einfach nicht schmecken.


    Ansonsten gefiel mir die Geschichte aber gut, das deutsch-polnische Beziehungsgeflecht mit all seiner Problematik wurde verständlich und glaubwürdig dargestellt, der Krimi gefiel mir und Vernau, der am Anfang etwas zu sehr in Richtung Establishment abgedriftet erschien, findet zu seinen alten Prinzipien zurück.


    Eine lesenswerte Fortsetzung der Reihe.


    4ratten

  • Meine Meinung


    Die Krimis Reihe um Joachim Vernau wirkt immer sehr leicht. Gerade in diesem Teil, in dem Vernau kurzentschlossen seine Mutter und ihre Freundin in die Ermittlungen einspannt. Aber man darf sich nicht täuschen lassen, hinter der scheinbaren Leichtigkeit steckt immer mehr, als man auf den ersten Blick vermutet.


    Wie illy schon geschrieben hat, wird hier einiges aus der Vergangenheit aufgearbeitet. Nicht nur Dinge, die im oder kurz nach dem Krieg geschehen sind. Sondern auch das, was sich in den letzten Jahren bei den Beteiligten ereignet hat und nicht aufgearbeitet wurde.

    Was der „Schatz“ ist, der dort ebenfalls irgendwo versteckt ist, bleibt zunächst offen, aber dem Leser ist so schon viel früher als Vernau und seinen Freunden klar, um was es bei der ganzen Geschichte eigentlich geht.

    Ganz ehrlich? Ich hatte keinen Plan. Das macht aber nichts, so bin ich gemeinsam mit dem Protagonisten auf die Lösung gekommen.

    Eine lesenswerte Fortsetzung der Reihe.

    Definitiv :)

    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • vor fast 8 Jahren gelesen - aus der "Krimi-Couch" übernommen:



    12.09.2015 21:30:07 Sagota


    "Verschollene Briefe. Ein alter Friedhof und ein grausamer Mord. Anwalt Vernau kommt einem düsteren Geheimnis auf die Spur".(Quelle: Buchrückentext)



    Dieser sehr spannende Kriminalroman von Elisabeth Herrmann erschien 2013 im Goldmann tb-Verlag und ich kann mich einigen Rezensenten von der Krimi-Couch nur anschließen: Es handelt sich um einen über einen Krimi, der viele andere in den Schatten stellt!


    Verortet ist er an der deutsch-polnischen Grenze; wo ein Mord auf einem alten deutschen Friedhof, dessen Gräber langsam versinken (der Titel passt daher bestens) geschieht: Da ein alter Freund Vernau's, Jacek und auch seine frühere Freundin Marie-Louise, ihres Zeichens ebenfalls Anwältin, in den Fall mehr als verstrickt sind - ersterer sitzt eine Weile in U-Haft und letztere wird per Haftbefehl gesucht, gräbt sich Vernau in diesen Fall ein, der ein tragisches Schicksal des Gebietes an der Oder und einer deutschen Winzerfamilie, die nach 1945 vertrieben wurde, als Hintergrund hat: Eine Zusammenarbeit mit einer polnischen Pflichtverteidigerin gestaltet sich erstmal schwierig, bevor die alten Vorurteile auch hier mehr und mehr aus dem Wege geräumt werden können.


    Meine Meinung:


    Während der ersten ca. 150 Seiten konnte ich diesem Krimi nicht allzu viel abgewinnen (es ist das erste Buch der Autorin, das ich hier gelesen habe), jedoch nahm die Geschichte alsdann mächtig Fahrt auf: Die verworrenen Verflechtungen, entstanden gegen Ende des zweiten Weltkrieges an der deutsch-polnischen Grenze werden von Elisabeth Herrmann in aufwühlender Weise in den Krimi eingeflochten: Unrecht, Vertreibung, Elend in Kriegs- und Nachkriegszeiten sind die Thematik dieses außergewöhnlichen Krimis, der dann doch noch sehr viel Spannung und einen stimmigen Plot aufweist: Einer jener Krimis, die einen kriminalistischen Fall mit der unrühmlichen Geschichte des dritten Reiches genial verquickt, so dass der Leser hier einiges dazu lernen kann - falls er nicht ohnehin aus der Grenzgegend stammt. Ich habe nachgeschaut, wo Grünberg liegt - da ich diesen Ort an der Oder, einstmals deutsch, dann unter "polnischer Verwaltung" (1967 aus einem Atlas stammend) und heute zu Polen gehörend, nicht kannte: Sehr wohl kann man sich als Leser vorstellen, dass viele Deutsche, ob Winzer oder andere wohlhabendere Unternehmer, einiges haben "verschwinden" lassen oder auch vergruben, um es nach dem Kriege wieder an sich zu nehmen: Johannes war da sicher kein Einzelfall... Auch das "Mordmotiv" fand ich sehr interessant - wusste ich zuvor nichts von diesem bedeutenden "Jahrgang"...


    Fazit:


    Ein absolut lesenswerter, spannend geschriebener Kriminalroman mit einer unglaublichen atmosphärischen Dichte: Von mir gibt es 5 Sterne und 92° auf der "Krimi-Couch" für die hervorragende Verwebung des Falles mit der geschichtlichen Historie - chapeau! Ich freue mich bereits auf die anderen bereits erschienenen sowie den neuen Krimi von Elisabeth Herrmann!


    5ratten

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Beim vierten Teil der Reihe um den Anwalt Joachim Vernau hat mich tatsächlich mehr das Drumherum (Figuren und historischer Kontext) gefesselt als der eigentliche Kriminalfall. Ich finde, dass es der Autorin ausgesprochen gut gelungen ist, ein wichtiges und (wie auch im Roman deutlich wird) immer noch auf beiden Seiten kontrovers diskutiertes Kapitel polnisch-deutscher Geschichte anschaulich und spannend in ihren Krimi einzubauen.


    Die für alle Betroffenen schwierigen und schmerzhaften Vertreibungen und Umsiedlungen in Zusammenhang mit der Westverschiebung Polens nach dem Zweiten Weltkrieg bilden den Hintergrund des Kriminalfalls, bei dem ein Deutscher auf einem polnischen Hof getötet wird, der Jacek, dem geschickten Autobastler und alten Bekannten Vernaus gehört. Und da auch Marie-Luise, Vernaus ehemalige Kanzleipartnerin, in Verdacht gerät, an diesem Todesfall beteiligt zu sein, nimmt das Geschehen schnell (und in unerwartete Richtung) Fahrt auf.


    Es ist natürlich auch nett, hier wieder auf altbekannte Figuren zu treffen, allen voran Vernaus Mutter und Hütchen, deren Ausflug ins Seniorenheim ausgesprochen unterhaltsam ist und zur Aufklärung des Falles beiträgt. Dieser ist weitgehend stimmig, allerdings war mir das Ende zu dick aufgetragen, spätestens als das SEK aus den Büschen auftaucht und geschossen wird. Diesen spektakulären Auftritt hätte es gar nicht gebraucht, weil die Geschichte überzeugt.


    4ratten


    Für diejenigen, die sich weitergehend für den historischen Kontext interessieren, könnte folgendes Sachbuch interessant sein:


    Karolina Kuszyk - In den Häusern der anderen: Spuren deutscher Vergangenheit in Westpolen


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    Ich finde dieses Buch bisher höchst spannend und aufschlussreich, auch wenn ich noch nicht ganz damit durch bin.