Isabel Allende - Die Insel unter dem Meer

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 2.614 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Avila.

  • Seit ein paar Tagen lese ich den Roman von Isabel Allende.
    Er schildert das Leben der "Haus"sklavin Zarité im damals französischen Saint-Domingue, der heutigen Dominikanischen Republik, gelegen auf der Insel Hispaniola.
    Zarité, kurz Tété genannt, deren Mutter sich zu Tode stürzte, um dem Sklavinnen-Schicksal zu entgehen, kommt Ende des 18. Jahrhunderts als Kind auf die Plantage eines französischen Edelmannes, der - ursprünglich den Idealen der Aufklärung zugewandt - auf seiner Zuckerrohr-Plantage zunehmend verroht, den Sklaven das gleichwertige Menschsein abspricht und der schließlich auch Tété in sein Bett befiehlt. Als sie ein Kind bekommt, gibt er dieses hastig weg, und sie bleibt nur, weil sie seine wahnsinnige Frau betreut und insbesondere deren beider Sohn liebgewonnen hat.
    Auf der Insel brodelt es. Immer mehr Sklaven fliehen in die Berge und schließen sich den Aufständischen an, die Plantagen und Reisende überfallen.
    Allende schildert gewohnt farbig und gekonnt Zeit und Umstände, weiß die Personen interessant und vielschichtig zu gestalten. Zum Teil ist es bedrückende Lektüre, wenn man sich vergegenwärtigt, was Menschen Menschen antun können.
    Ich habe vor vielen Jahren einen anderen Roman zur gleichen Thematik und Zeit gelesen: "Aufstand aller Seelen" von Madison Martt Bell. Das war wirklich extrem harte Kost, weil die Gewalt von beiden Seiten schonungslos dargestellt wurde. Dagegen ist dieser Roman schon fast Wohlfühlkino, aber es läuft einem trotzdem an vielen Stellen kalt den Rücken herunter.
    "Die Insel unter dem Meer" ist übrigens nicht Hispaniola, sondern eine Sehnsuchstvorstellung der verschleppten Afrikaner eines jenseitigen Guinea, eben als Insel unter dem Meer, zu der die Toten zurückkehren.

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()

  • Inzwischen bin ich im zweiten Teil des Buches, und Valmorain ist mit Tété nach New Orleans geflohen, weil der Aufstand sie von der Insel vertrieben hat. (Aber 290 Seiten spielen auf der Insel Hispaniola :zwinker:).


    In Louisiana baut Valmorain eine neue Plantage auf und heiratet erneut. Das hat Folgen für Tété, die nicht mehr in der gleichen Weise leben kann wie vorher.


    Nachdem beim Aufstand auf der Insel die Politik und die Menschenrechtsproblematik im Mittelpunkt standen, sind wir hier in Louisiana erstmal im gemächlichen Fluss eines typischen historischen Südstaaten-Romans. Aber ich nehme an, dass die Sklaventhematiukk und allgemein die Situation der afroamerikanischen Bevölkerung im Weiteren wieder in den Mittelpunkt rücken.

  • Da der zweite Teil spannend, wenn auch ziemlich trivial ist, bin ich gut durchgekommen. Hier rutscht Allende von einem ganz interessanten, gesellschaftskritischen Ansatz in eine recht sentimentale Liebesgeschichte mit vielen Kolportageelementen ab.
    Insgesamt spannende Unterhaltung, aber nicht mehr als irgendein, wenn auch gut geschriebener, historischer Roman.

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    Originaltitel: La isla bajo el mar


    „Die Insel unter dem Meer“, dort enden alle Schmerzen und so suchen viele Sklaven sie lieber, indem sie sich töten, als weiter auf den Plantagen Haitis zu leiden. Tété, von deren Leben Isabel Allende hier berichtet hat es noch vergleichsweise gut. Sie bekommt halbwegs ordentlich zu essen, wird nicht ausgepeitscht und einzig der Plantagenbesitzer selbst bestimmt über sie.


    Rassismus, Gewalt und Verzweiflung sind trotzdem allgegenwärtig und Allende spart auch so manche „alltägliche“ Brutalität nicht aus – zum Teil offen beschrieben, manchmal aber auch in einem Nebensatz versteckt, so dass man es erst mit Verspätung bemerkt und entsetzt schlucken muss.


    Den Hintergrund für diese Geschichte bildet Saint-Domingue, wie Haiti als französische Kolonie damals noch hieß, ab 1770. In den nächsten Jahren erlebt Tété die Auswirkungen der amerikanischen und französischen Revolution auf die Insel: die haitianische Revolution, die die weiße Bevölkerung vor der blutigen Rache ihrer ehemaligen Sklaven fliehen lässt. Sie begleitet ihren Herrn, erst nach Kuba und schließlich nach New Orleans, wo das Buch endet. Für eine Sklavin hat sie mit 40 Jahren am Ende des Buches (kein Spoiler, da es bereits im Prolog erwähnt wird) zwar ein hohes Alter, ist aber noch nicht generell alt. Allende schließt das Buch in gewisser Weise dann auch nicht ab, die Zukunft bleibt offen und bietet noch ein paar weitere Entwicklungsmöglichkeiten für Tété und ihre Freunde und Familie – ein Ende, welches mit gut gefiel.


    Ich hatte von Allende mehr Gesellschaftskritik erwartet, aber was soll man eigentlich groß kritisieren an einem längst abgeschafften und allgemein geächteten System? Trotzdem fehlt mir dieses erwartete „mehr“, mit dem sich „Die Insel unter dem Meer“ von der riesigen Menge historischer Romane hätte abheben können.


    4ratten

  • Saint-Domingue (heute Haiti) in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts: die Sklavin Zarité, meist Tété genannt, wird schon als ganz junges Mädchen in den Haushalt eines Zuckerrohrplantagenbesitzers, eines Franzosen namens Toulouse Valmorain, verkauft. Valmorain war einst widerwillig nach Saint-Domingue gekommen, um seinem todkranken Vater kurzzeitig zu helfen, und schließlich geblieben, hatte es zu Wohlstand gebracht und eine Spanierin geheiratet, die jedoch psychisch krank war und nach der Geburt ihres Sohnes endgültig den Verstand verlor.


    Tété muss sich um die Kranke kümmern und zwischendurch Valmorain zu Willen sein, wie es ihm gefällt. Zwar gibt es wesentlich schlimmere Sklavenschicksale - für viele Sklavenbesitzer sind sie nur Besitztümer und kaum mehr als Vieh -, doch spätestens, als sie von ihrem Herrn schwanger wird, hat Tété nur noch ein Ziel vor Augen: die Freiheit.


    Nicht nur Tétés Herz ist in Aufruhr, sondern die ganze Welt. In Frankreich bricht die Revolution aus und auf Saint-Domingue eine Revolte der Sklaven und der Farbigen gegen die französischen Kolonialherren, die schließlich zu einem gewaltigen Umsturz und zur Flucht vieler Weißer auf benachbarte Inseln oder bis in die USA führen wird.


    Allendes Schilderung dieser mehr als bewegten Zeit ist keine Miniatur, keine bloße Charakterstudie einer starken Frau, sondern ein großes, schillerndes, detailreiches Gemälde, in dem viele Figuren ihren Platz haben und immer wieder auftauchen: der immer rauher und gröber werdende Valmorain, die schöne Kurtisane Violette Boisier, ein engagierter Arzt, eine Kräuterfrau, Valmorains Schwager, ein richtiger Lebemann, und nicht zuletzt die Kinder, Valmorains Sohn Maurice und Tétés Tochter Rosette, die trotz der Schranken von Hautfarbe und Gesellschaftsschicht wie Geschwister aufwachsen.


    Mit überbordender Erzählfreude beschwört Isabel Allende diese vergangenen Zeiten herauf und lässt eine Insel voller Gegensätze lebendig werden, wo Katholizismus und Geisterglaube aufeinandertreffen und die viel zu lange misshandelten und mit Füßen getretenen Sklaven ihren oftmals brutalen, unbarmherzigen Herren bittere Rache schwören. Ein hochinteressantes Stück Geschichte über eine Zeit und einen Ort, über die ich bisher so gut wie gar nichts wusste.


    Die Figuren allerdings, so minutiös sie auch gezeichnet sind, bleiben jedoch trotz aller Einzelheiten, die wir über sie erfahren, fast durch die Bank auf Distanz zum Leser, zumindest habe ich das so empfunden, ohne dass ich so richtig greifen könnte, warum. Wirklich mitgefühlt habe ich nur mit den Kindern und erst zum Ende hin dann auch mit Zarité.


    Die politischen Hintergründe blieben teilweise auch etwas verworren für mich, zu manchem hätte ich mir eine Zeitleiste und/oder ein erläuterndes Nachwort gewünscht und fand letztendlich die geschilderten persönlichen Schicksale deutlich fesselnder als die Politik, auch wenn es das eine ohne das andere natürlich so nicht hätte geben können.


    Lesenswert, aber nicht mein Liebling aus Allendes Feder.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Isabel Allende


    Die Insel unter dem Meer

    La isla bajo el mar


    Diese Familiengeschichte spielt zwischen 1780 und 1810 auf Haiti, Kuba und in Louisiana. Teté ist Sklavin und geht einen harten Weg. Dabei ist ihr Besitzer, der Herr einer Zuckerplantage, noch relativ human im Umgang mit seinen Sklaven. Was ihn nicht davon abhält, Teté zu vergewaltigen, als sie noch ein kleines Kind ist und damit jahrelang fortzufahren. Normal und nicht der Rede wert in dieser Zeit.


    Als Teté schon eine junge Frau ist, kommt es auf der Insel zu einem blutigen Aufstand mit viel Gemetzel, wer als Weißer nicht flüchtet, wird ermordet. Viele gehen nach Kuba, um dort auf bessere Zeiten zu warten. Teté geht dahin, wohin es ihre Kinder verschlägt. Keine optimale Lösung, aber auch hier hat sie wieder weit mehr Glück als die meisten ihrer Leidensgenossinnen.


    Der Roman ist ernsthaft und unterhaltsam zugleich, manchmal ein klein bisschen zäh. Im Ganzen durchaus interessant.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Ich kann mich euren Meinungen nur anschließen. Ich habe mir von Allende bei diesem Thema "mehr" erwartet, als ein Histo-Schmöcker zu sein. Das ist natürlich schade, wenn man zu (?) hohe Erwartungen an eine Autorin hat. Ich kann nicht genau in Worte fassen, was ich mehr erwartet habe, aber eine bestimmte Tiefe hat mir irgendwie gefehlt.

    Und ich muss sagen, dass ich über die rassistische Sprache verwundert bis entsetzt war. Damit meine ich auch gar nicht die wörtliche Rede, sondern auch die Sprache im Fließtext. Klar, es "passt" zur Zeit, aber es hat mich gestört, sehr gestört.


    Die Figuren blieben mir ähnlich wie Valentine fern. Alles ist ein wenig distanziert geschrieben, was es mir auch erschwert hat, mit dem Roman schnell warm zu werden.


    Ja, also alles in allem nicht schlecht, aber irgendwie doch enttäuschend für mich.

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Isabel Allende: Die Insel unter dem Meer“ zu „Isabel Allende - Die Insel unter dem Meer“ geändert.