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Kurzinhalt:
Als JDs Großvater und viele weitere junge Männer aus der Gegend einen Job in einer großen Fabrik annehmen, beginnt eine regelrechte Massenmigration. Viele lassen für die Chance auf ein neues Leben ihre Familien zurück, doch genau darin besteht der Kern der Hillbilly-Kultur: Familie ist das wichtigste Gut. So stoßen die Neuankömmlinge schnell auf den Unwillen der Nachbarn und haben mit Vorurteilen zu kämpfen. Diesen wird entweder damit begegnet, den sozialen Status nach außen hin zu verbessern und vom noch immer mageren Gehalt teure Autos, übertriebene Weihnachtsgeschenke und andere Statussymbole auf Kredit zu kaufen. Zusätzlich dazu wird der Jugend eingetrichtert, dass der Stolz der Familie über alles geht, weshalb Gewalt im Namen der Selbstjustiz fast an der Tagesordnung scheint.
Der junge JD wächst in eben diesem Milieu auf und beschreibt vor allem seine eigene Kindheit, die vom Drogenkonsum seiner Mutter und zahlreichen wechselnden Vätern geprägt ist. Lediglich seine Großmutter "Mamaw", bei der er auch immer wieder für längere Zeit wohnt, stellt eine Konstante in seinem Leben dar. Liebevoll aber mit einer gewissen Härte erzieht ihn seine Großmutter, von der gesagt wird, dass sie selbst bereits einen Mord begangen hat, um die Familienehre zu schützen. Mit ihrer Unterstützung schafft er das nahezu Unmögliche: Die Aufnahme und den Jura-Abschluss am Elite-College Yale.
Meine Meinung:
Die Lektüre hat mich nachhaltig zum Nachdenken angeregt, da ich mit dem Autor übereinstimme, dass das Hillbilly-Milieu in den Medien und der Populärkultur stark unterrepräsentiert. Armut wird meist mit nur in Form von afroamerikanischen Ghettos dargestellt, weshalb die Hillbilly-Kultur mit all ihren Werten für mich eigentlich komplett neu war.
Der Autor erzählt nicht nur von seinem eigenen Leben sondern berichtet auch von der Geschichte seiner Familie vor seiner Geburt, die er vor allem aus den Erzählungen seiner Mutter und Großmutter kennt. Er gibt dabei stets zu Bedenken, dass er nicht selbst anwesend war, dass seine Familiengeschichte aber eigentlich auch nur als Spiegel dieser White-Trash-Gesellschaft dienen soll. Drogen, Gewalt und Armut, wie sie JD erlebt hat, sind immerhin keine Seltenheit in Hillbilly-Amerika. Am Ende spielt es also keine Rolle, ob alles wahrheitsgetreu dargestellt ist: JDs Familie ist nur eine von vielen und sie alle teilen dieselben Probleme.
Dem Autor ist es hervorragend gelungen, die Personen seiner Familie so darzustellen, dass ihre Handlungen zwar mit Strenge verurteilt werden, jedoch auch Motive und größere Zusammenhänge deutlich werden. So ist das Verhältnis zwischen ihm und seiner zwischen Drogensucht und Entzug pendelnden Mutter zwar stets angespannt, doch erkennt er als Erwachsener auch, dass ihre Kindheit wiederum bereits von Gewalt und Vorurteilen geprägt war.
Immer wieder geht der Autor auch auf aktuelle Probleme ein und bespricht so beispielsweise, wie es dazu kommen konnte, dass eine verarmte Gesellschaftsschicht gerade in einem Präsidentschaftskandidaten wie Donald Trump Trost sucht und Obama dafür strikt ablehnt. Außerdem geht er auf Streitpunkte wie Pay-Day-Loans ein (Kurzzeitkredite mit horrenden Zinsen, die nur die Zeit bis zum nächsten Gehalt überbrücken sollen) und erklärt, dass diese zwar von der Mittelklasse und von vielen Politikern streng verurteilt werden, in einer von Armut gebeutelten Gesellschaft jedoch das Überleben gewährleisten können.
Insgesamt hat mir die Lektüre sehr gut gefallen, gerade weil es dem Autor gelingt, die Balance zu halten: Zwar berichtet er selbst als Hillbilly und kann daher die dem Leser sehr unvertrauten Werte der Gesellschaft vermitteln, doch ermöglicht ihm sein Studium in Yale und der anschließende Erfolg auch eine Art Außenseiterperspektive einzunehmen und gewisse Dinge als Kern des Problems zu erkennen.