Sinead Moriarty - Wie wir waren

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  • Sinead Moriarty - Wie wir waren


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    Gerade jetzt in den Wintermonaten lese ich sehr gerne Bücher, die sich um die Liebe drehen und auch zum Nachdenken anregen. Das Buch „Wie wir waren“ von Sinead Moriarty fand ich vom Klappentext her schon einmal sehr interessant. Nachdem ich es jetzt zu Ende gelesen habe, muss ich sagen, dass ich zwar nicht umgehauen wurde von dem Buch, aber wirklich enttäuscht bin ich nun auch nicht.


    Die Geschichte dreht sich um das Paar Alice und Ben, die gemeinsam zwei Kinder haben und eine normale Ehe führen, in der es gute sowie auch mal schlechte Zeiten gibt. Eines Tages erhält Ben die Möglichkeit mit den Ärzten ohne Grenzen in ein Krisengebiet zu gehen und nimmt an. Alice erhält nur kurze Zeit später die Nachricht, dass ihr Mann nach einem Überfall tot sei. Sie ist am Boden zerstört und versucht ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Dabei lernt sie Dan kennen, der sie auch heiraten möchte. Doch kurz nachdem sie ihre Verlobung bekannt geben, taucht plötzlich überrascht Ben wieder auf – er ist überhaupt nicht tot …


    Ich habe recht gut in die Geschichte hineingefunden. Erzählt wird sie abwechselnd aus der Sicht von Alice, Ben und Holly, der jüngsten Tochter. Der Schreibstil hat mir gut gefallen, die Autorin schafft es die Gedanken der Proganisten gefühlvoll herüberzubringen. So hat mich die ein oder andere Passage auch sehr zum Nachdenken gebracht. Die Kapitel mit Holly zeigen die Geschichte aus der Sicht der jüngsten Tochter, die ebenfalls mit ihren eigenen Gedanken zu kämpfen hat sowie mit ihrer pubertierenden größeren Schwester.


    Die Figuren wurden wirklich gut ausgearbeitet und so konnte man ihr Denken und Handeln besser nachvollziehen. War mir Ben vor seiner Entführung noch etwas zu egoistisch und unsympathisch, hat sich das nach seiner Rückkehr gewandelt. Genau das machte es auch so schwer, dass man sich als Leser auf die Seite eines Mannes schlägt, denn nicht nur Ben ist ein toller Mann, sondern auch Dan zeigt sich Alice gegenüber immer von seiner besten Seite. Am Ende hat Alice die richtige Entscheidung in meinen Augen getroffen.


    Die Story ist nicht wirklich wendungsreich, sondern eher ruhiger erzählt. Große Action oder Überraschungen erlebt man hier nicht. Teilweise ist mir die Geschichte auch leider etwas zu viel vor sich hingeplätschert, aber wirklich langweilig wurde es dennoch nie. Ich habe zwar ein Buch erwartet, das etwas romantischer ist und auch ein paar Wendungen bereit hält, aber enttäuscht bin ich trotzdem nicht. Deshalb gibt es von mir 4 von 5 Sternen, denn ich wurde sehr gut unterhalten.


    4ratten

  • Ein klasse Familienroman!


    Alice und ihre Töchter, die sechzehnjährige Jools und die elfjährige Holly sind verzweifelt, als ihr Ehemann und Vater in Afrika stirbt. Ben war Chirurg und für einen Arbeitskollegen eingesprungen um in Eritrea den Gesundheitsminister zu operieren. Was seine Familie nicht weiss ist, dass Ben zusammen mit seinem Kollegen Duncan nicht bei einer Explosion umgekommen ist, sondern gefangen gehalten wird. Zwei Jahre danach haben sich Alice und ihre Töchter unter vielen Tränen auf ein Leben ohne Ben eingestellt. Alice steht kurz vor der Hochzeit mit dem schwerreichen Dan, als ein verhängnisvoller Anruf sie am Abend vor der Hochzeit erreicht.


    Die Geschichte startet an Alice und Dan’s Verlobung und erweckt den Anschein einer ganz normalen Patchworkfamilie. Doch der Prolog endet mit einem überraschenden Cliffhanger und genau von da an hat mich die Geschichte gepackt. Denn der Start in das Buch hat genau das erfüllt, was ich von einem Prolog erwarte: er hat mich sehr neugierig auf die Geschichte gemacht. Danach springt die Story zurück in die Vergangenheit und das Familienleben und die Beziehung von Alice und Ben werden erzählt.
    In abwechselnden Kapiteln rücken in diesem Teil die verschiedenen Figuren in den Mittelpunkt. Mal Alice, mal Ben…aber auch ihre Tochter Holly. Etwas was ich sehr gemocht habe, denn so sieht man als Leser die verschiedenen Sichtweisen auf das Leben der Familie und auf die Beziehungen untereinander. Das Familienleben mit rebellischem Teenager, aber auch mit einem Mann, der mitten in der Midlife Crises steckt. ist sehr authentisch geschrieben und hat mich gefesselt. Ich denke, dass man als Leser mögen muss, wenn vorwiegend Beziehungs- und Familienprobleme thematisiert werden. Ich empfand diese Passagen als sehr flüssig zu lesen und abwechslungsreich. Denn die Autorin besticht mit einer hervorragenden Einführung in die Figuren und deren sehr gute Charakterisierung. Meine Lieblingsfigur war die aufsässige Jolls. Das Leben mit dem Teenager ist nicht einfach, denn Jools interessiert sich überhaupt nicht für schulische Angelegenheiten. Zudem ist sie naiv bis zum Umfallen, hat jedoch eine grosse Klappe und ich musste sehr oft über sie schmunzeln. Einige Kapitel sind aus der Sicht der elfjährigen Holly geschrieben. Hier hat die Autorin sehr authentisch die Gedanken, die Sprache und die Träume an ein elfjähriges Mädchen angepasst.
    Sehr berührt hat mich die Beschreibung, wie schwer es der Familie fällt ohne Ben ihr Leben irgendwie weiter zu leben. Ab und zu hatte ich Tränen in den Augen, so eindrücklich war die Trauer der Frauen beschrieben.
    Dann wieder kommen Kapitel, in denen das Leben von Ben und seinem Arbeitskollegen Duncan in Afrika beschrieben wird. Gerade hier spürt man die hervorragenden Recherchen der Autorin zu Eritrea, sowie die medizinischen Details zu den Operationen, die die Ärzte durchführen. Ich empfand gerade diese Kapitel als sehr spannend. Einige brenzlige Situationen waren ein hervorragender Gegenpart zu der Trauer, die die Familie in England durchmacht. Dieses Buch war wirklich ein Wechselbad der Gefühle.
    Gegen Schluss wird es noch mal ungeheuer fesselnd, denn Alice muss sich zwischen der Vergangenheit und der Zukunft entscheiden. ihre Zerrissenheit wurde exzellent zum Leser transportiert. Genau dieses sehr gut ausgearbeitete Auf und ab der Gefühle, ohne ins Langatmige oder Seichte abzurutschen, hat mir sehr gut gefallen.
    Dieses Buch zu beschreiben fällt mir schwer. Romantisch… spannend….traurig….fesselnd…Mir hat es ausserordentlich gut gefallen!
    5ratten

  • Ich bin hier leider mal wieder der Partypooper :breitgrins:


    Alice und Ben sind schon lange verheiratet und gelten unter ihren Freunden nach wie vor als Traumpaar, auch wenn es hinter der Fassade ab und an knirscht. Alice fühlt sich dauergestresst und aufgerieben zwischen ihrer Hausarztpraxis, dem Haushalt und ihren beiden Töchtern Jools und Holly, während Ben sich die Freiheit nimmt, seinen Hobbys nachzugehen, auch wenn er weiß, dass zu Hause gleich Besuch erwartet wird. Er findet, dass seinem Leben der besondere Kick fehlt, und ist Feuer und Flamme, als er die Möglichkeit erhält, zu einem Kurzeinsatz mit den Ärzten ohne Grenzen nach Eritrea zu fliegen.


    Dass Alice davon gar nicht begeistert ist, gibt sie ihm noch an seinem Abreisetag deutlich zu verstehen. Ein Abschied, den sie bitter bereut, als ausgerechnet am Geburtstag ihrer ältesten Tochter die furchtbare Nachricht eintrifft, dass der Wagen von Ben und seinem Mitstreiter Declan infolge einer Explosion ausgebrannt gefunden wurde. Von jetzt auf nachher wird Alice in ein völlig anderes Leben hineingeworfen, in dem die ganze Verantwortung für Jools und Holly auf ihr lasten und der Schmerz über den Verlust ihres Partners sie immer wieder vollkommen zu überwältigen droht.


    Als sie einige Zeit später Dan kennenlernt, weiß sie zunächst nicht, ob sie sich wieder auf eine Beziehung einlassen kann und will, aber er räumt nach und nach ihre Bedenken aus und will sie sogar heiraten. Doch ausgerechnet am Tag des Antrags stellt erneut ein Anruf aus heiterem Himmel alles auf den Kopf - und Alice weiß plötzlich gar nicht mehr, was sie eigentlich will und wo ihre Prioritäten liegen.


    Es ist mal wieder eines dieser Bücher, bei denen mich die Ausgangssituation sehr gereizt hat (wie geht man mit einem schweren Verlust um, und wie damit, wenn man erfährt, dass eigentlich alles doch ganz anders ist?) - aber begeistert hat es mich leider nicht.


    Angefangen bei den Charakteren, die von Beginn an überzeichnet wirken: die frustrierte, doppelbelastete Mutter, die ihrem Mann seine Sorglosigkeit und seine tolle Karriere übelnimmt und der sehr von sich eingenommene Chirurgen-Ehemann, der sich für einen Halbgott in Weiß hält und eher des Abenteuers wegen nach Eritrea reist als aus echter Hilfsbereitschaft. Die ältere Tochter, Marke hübsch-aber-hohlköpfig, wird als dermaßen doof dargestellt, dass sie mit siebzehn nicht mal weiß, dass Florida ein US-Bundesstaat ist, während die Jüngere supergescheit ist, aber natürlich auch überängstlich ist, einen Zählfimmel hat und sich in schwierigen Situationen mit dem Herumtippen auf einem Taschenrechner tröstet. Und Dan ist nicht einfach nur Alices netter neuer Freund, sondern auch noch stinkreich und mächtig (und manchmal ganz schön übergriffig, ich fand das häufig nicht romantisch, sondern aufdringlich ...).


    Immer wieder fallen die Protagonisten plötzlich von einem Extrem ins andere und verhalten sich kindisch, unlogisch oder klischeehaft, außerdem fand ich den Männerhumor in den Szenen aus Eritrea ziemlich daneben; im wirklichen Leben hätte man da wohl andere Sorgen, als ständig davon zu fantasieren, eine heiße Braut nach der anderen flachzulegen.


    Einerseits habe ich trotzdem immer weiter gelesen, weil mich interessiert hat, was noch an Klischees abgehakt wird, andererseits war die Geschichte aber doch spannend genug, dass ich wissen wollte, wie das Ganze wohl ausgeht. Das Ende fand ich dann auch ganz nett.


    Insgesamt jedoch ist hier vieles mit dem allzu dicken Pinsel aufgetragen und hat mich nicht überzeugt.


    2ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Das Buch hat mich vom Klappentext her sehr angesprochen und auch die Meinungen hier machten mich neugierig.


    Die Geschichte fing dann auch sehr gut an und der Prolog endete ja schon mit einem Paukenschlag. Das konnte doch nur ein interessantes und anregendes Buch werden. Dachte ich.


    Leider fand ich die Personen schon bald recht überzeichnet, zu viele extreme Personen und das Verhalten der meisten ging mir immer mehr auf die Nerven.

    Alice beispielsweise wollte eine gleichberechtigte Partnerschaft, benahm sich Dan gegenüber aber oft als ein nach Hilfe heischendes Frauchen, das sich von seinem Geld und ,in meinen Augen, übergriffigen Verhalten angezogen fühlte. Er war ja so ein toller Mann, der ihr alle Probleme abnahm und sie mit seinem Reichtum verwöhnte.

    Dieses übermäßige Erwähnen von Geld und Aussehen hat mir oft die Lust am Weiterlesen verleidet. Auch die ständigen Wiederholung hätte es nicht gebraucht, damit ich weiß, wie toll er oder sie doch ist.


    Immer wieder fallen die Protagonisten plötzlich von einem Extrem ins andere und verhalten sich kindisch, unlogisch oder klischeehaft, außerdem fand ich den Männerhumor in den Szenen aus Eritrea ziemlich daneben; im wirklichen Leben hätte man da wohl andere Sorgen, als ständig davon zu fantasieren, eine heiße Braut nach der anderen flachzulegen.


    Ja, das trifft es genau. Ich merke schon, ich habe die gleichen Eindrücke von dem Buch wie du, Valentine.


    Ich hatte gerade durch die wechselnden Perspektiven ein spannendes Buch erwartet, vermisste dann aber die Stimme von Jools. Warum wurde ihr kein Kapitel gewährt?


    Das Ende war dann wie erwartet. Leider war ich von der Umsetzung allgemein nicht so begeistert, wie erhofft.

  • yanni: das beruhigt mich jetzt doch sehr nach all den positiven Stimmen im Thread. Dann bin ich doch nicht alleine mit meiner Meinung ;)


    Und ja, für mich drehte es sich auch ein bisschen zu oft und zu sehr um Oberflächlichkeiten.


    Jools sprechen zu lassen hätte ich auch interessant gefunden. Vielleicht hätte man sie dann als weniger hohlköpfig empfunden.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ja, Jools hat gegenüber ihrer Schwester gar nicht so gut abgeschnitten.

    Eigentlich hätte es ein ganz tolles Buch sein können, wenn nicht fast jeder mit so überbordenden Eigenschaften ausgezeichnet worden wäre. Und halt dieses ewigen Wiederholungen.

  • Ja, es ist wirklich schade um die schöne Grundidee. Mit etwas weniger klischeehaften Figuren hätte man daraus ein tolles Buch machen können.

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    Leonard Cohen