Jeanette Winterson - Wunderweiße Tage

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    Der Name Jeanette Winterson ist mir schon öfter begegnet (meist im Zusammenhang mit dysfunktionale-Familie-Geschichten), gelesen habe ich aber noch nichts von ihr. Letztes Jahr sprang mir dieses Buch ins Auge wegen des schönen schlichten Covers, ich hab's dann aber nicht mehr geschafft, es zur Weihnachtszeit zu lesen, und deshalb für jetzt aufgehoben.


    Das Buch enthält 12 Weihnachtsgeschichten und 12 weihnachtliche Rezepte, angelehnt an die englische Tradition der "12 Days of Christmas".


    Los geht es aber erst mal mit einer allgemeinen Einführung zum Thema Weihnachten, Weihnachtstraditionen und deren Entstehung.


    Die erste Geschichte dreht sich dann um ein Paar, das mit vollgepacktem Auto Richtung Weihnachtsfeierlichkeiten startet und vor lauter Deko, Essen und Geschenken selbst kaum noch in den Wagen passt. Als sie an einem Kaufhaus vorbeikommen, finden sie ein kleines Mädchen im Fenster sitzend vor, das sie bittet, es zu befreien. Und dann passieren ein paar ziemlich wundersame Dinge. Etwas märchenhaft und ziemlich rührend. Ich gestehe, ich hab ein bisschen geheult (zu Weihnachten werde ich durchaus mal sentimental).


    Die zweite Geschichte heißt "SchneeMama". Die kleine Jerry (ich denke mal, sie ist im Grundschulalter) baut mit ihrer Freundin Nicky eine Schneefrau und wünscht sich gleichzeitig, so leben zu können wie Nicky, ohne finanzielle Sorgen und in einer intakten Familie. Jerrys Mutter hasst Weihnachten, seit Jerrys Vater sie zum Fest hat sitzenlassen, arbeitet von früh bis spät und schafft es doch kaum, etwas zu essen auf den Tisch zu bringen. Als Jerry abends wieder zu ihrer Schneefrau zurückkehrt, spricht die plötzlich mit ihr ... ebenfalls eine zauberhafte Geschichte, die gekonnt die Balance hält zwischen rührend und realistisch.


    Mindestens genauso nett wie die Kurzgeschichten finde ich die dazwischen zu findenden Rezepte, denn Jeanette Winterson schreibt nicht nur Zutaten und Zubereitungsweise auf, sondern erzählt in liebenswert ausschweifendem Plauderton die Historie zu den Rezepten wie etwa Ruth Rendells Rotkohl (die beiden Autorinnen waren gut befreundet und verbrachten gerne Weihnachten zusammen).

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Inzwischen habe ich auch die dritte Geschichte gelesen, in der die Erzählerin in einem abgelegenen Haus mit Freunden Weihnachten verbringen will, die aber wegen schlechten Wetters aufgehalten werden. Währenddessen geschehen seltsame Dinge in dem Haus, es ist, als sei die Frau dort nicht alleine. Etwas verstörend und eher weniger weihnachtlich, dafür aber hübsch schaurig-morbide.


    Als Rezeptbonus gibt es dazu die Crème anglaise der Feministin und Autorin Kathy Acker.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hm hm... da klingt bisher richtig gut, vielleicht muß ich mir das Buch doch noch kaufen, vielleicht komm ich dann doch noch in Weihnachtstimmung :schneemann: . Immerhin haben wir es inzwischen weiß, ein paar Plätzchen sind auch schon gebacken, dazu noch ein paar weihnachtliche Geschichten. Na mal schaun ....

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")



    Einmal editiert, zuletzt von Firiath ()

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    Weihnachtsgeschichtenbücher gibt es wie Sand am Meer, und die Spreu vom Weizen zu trennen ist angesichts dieser Fülle gar nicht so einfach. Jeanette Winterson hat mit dieser Sammlung von 12 Geschichten und 12 Rezepten, angelehnt an die englische Tradition der "Twelve Days of Christmas", allerdings komplett meinen Nerv getroffen.


    Ihre Kurzgeschichten sind weihnachtlich, anrührend, gefühlvoll und haben das eine oder andere Tränchen hervorgelockt, aber die Realität hat in allen ihren Geschichten ihren festen Platz. Sie handeln von Menschen, die einsam sind, die sich von der Welt zurückgezogen haben, die einer zerbrochenen Beziehung oder einem verstorbenen Menschen nachtrauern, von vernachlässigten Kindern und zynisch gewordenen Erwachsenen. Umso schöner, wenn dann von unerwarteter Seite her ein Fünkchen Hoffnung, Freude oder Weihnachtszauber in der häufig tristen Welt der Protagonisten aufblitzt.


    Insofern stehen die Erzählungen tatsächlich in der Tradition von Dickens und Co., auch wenn die meisten in der Gegenwart spielen und nur zwei einen märchenhaft-historischen Anhauch haben, sie sind jedoch nicht so süßlich-kitschig, zumal auch der Humor seinen Platz findet, und manchmal wird es sogar ein wenig gruselig oder auf andere Weise hübsch böse.


    Mindestens so gut wie die Geschichten selbst haben mir die immer dazwischen eingestreuten Rezepte gefallen. Eigentlich geht es dabei gar nicht so sehr um die Rezepte an sich, sondern darum, was Winterson mit dem jeweiligen Gericht verbindet. Zu den meisten wurde sie von einem bestimmten Menschen inspiriert und teilt mit der Leserschaft ihre Erinnerungen daran.


    Ein sehr gelungenes Weihnachtsbuch für unsere Zeit, das ich bestimmt nicht zum letzten Mal gelesen habe.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Der Geist der Weihnacht

    Ein Paar findet dank dem Geist der Weihnacht ihre Beziehung wieder. Das war mir etwas zu kitschig, aber das darauffolgende Rezept bzw. das Drumherum des Rezepts glich meine aufkeimende Enttäuschung mit dem Buch dann direkt wieder aus.


    Die Schneemama

    Auch kitschig, aber auf eine schöne „Alles wird gut liebes Kind“-Art


    Dunkle Weihnacht.

    Wer packt denn eine echte Horror/Gruselgeschichte in ein Weihnachtsbuch?!? Das war unheimlich!


    Weihnachten in New York

    Eine echte „Weihnachtshasser lernt das Fest lieben“ - Geschichte. Hübsch!


    Die Mistelbraut

    Ein Märchen, ein bisschen böse, ein bisschen romantisch.


    O'Briens erstes Weihnachtsfest

    Diesmal braucht es eine Fee um O’Brien zu verzaubern, auf dass auch sie Weihnachten das Glück findet.


    Das zweitbeste Bett

    Noch eine Gruselgeschichte, darauf war ich bei diesem Buch nicht vorbereitet.


    Das Weihnachtsknallbonbon

    Das erinnerte mich etwas an Charly und die Schokoladenfabrik. Bescheidenheit wird belohnt.


    Eine Gespenstergeschichte

    Diesmal bereitet der Titel ja schon auf den Inhalt vor J


    Der silberne Frosch

    Kitschig: Waisenkinder und zaubernde Frösche, aber in diesem Rahmen gut gemacht.



    Der Löwe, das Einhorn und ich

    Die Geschichte von der Geburt Jesu mal anders erzählt, diese Geschichte gefiel mir am wenigstens


    Das Leuchtherz

    Hach, da hatte ich dann doch leicht feuchte Augen. Ein schöner Abschluss



    "12 winterliche Geschichten" lautet der Untertitel und nach jeder Geschichte kommt noch ein Rezept mit reichlich Drumherum (von wem kommt es, welche Erinnerungen hängen an dem Rezept, ...) und das liest sich auch sehr schön. Winterson macht damit etwas, was ich an Kochblogs hasse, sie spricht ewig über das Drumherum, bis sie zum eigentlichen Rezept kommt - was ich innerhalb eines Buches aber dann wiederum gar nicht schlimm finde, ich bin hier um zu lesen und nicht um ein Rezept zum Nachkochen zu finden. Während die Rezepte sich aus der Weihnachtszeit bis zum 06. Januar („Meine Dreikönigs Frischfrikadellen“) hinziehen, spielen die Geschichten alle vor bzw. zu Weihnachten. Diese Diskrepanz störte mich ein wenig.


    Insgesamt ist es aber ein sehr schönes und stimmungsvolles Buch für die Weihnachtszeit.


    :nikolaus: :nikolaus: :nikolaus: :nikolaus: