Francois Lelord - Es war einmal ein blauer Planet

Es gibt 1 Antwort in diesem Thema, welches 470 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Buchbesprechung.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Ohne die Reisen von "Hector" zu kennen, hat mir diese Reise überaus gut gefallen, da sie durchaus "Wege" zum persönlichen Glück aufzeichnet, aber sich andererseits auch sehr kritisch mit dem momentanen Zustand unseres "Blauen Planeten" auseinandersetzt; ja geradezu dazu auffordert, die Natur und auch die Ressourcen zu schützen und anders damit umzugehen, als im Roman bereits erfolgt....

    Ein absoluter Eyecatcher ist das Cover, das sich in blauem Buchschnitt fortsetzt und sehr hochwertig gearbeitet wurde: Dafür ein chapeau an den Pinguin-Verlag!


    Marskolonie, irgendwann in der Zukunft:


    Nach dem es der Menschheit "gelungen" ist, den Blauen Planeten durch Streitigkeiten um die Ressourcen, Kriege und nukleare Zerstörung unbewohnbar zu machen, ist eine kleine Marskolonie, deren "Oberhaupt" Athena (KI) ist und die Geschicke der Menschen (ausser dem Liebesleben) durch diese gelenkt werden, entstanden. Nachdem einige "Zomos" (Berufssoldaten) in einer Expedition auf die Erde verschwanden, wird Robin Normandie ausgewählt, um zum einen den Verbleib der Zomos zu untersuchen - und zudem auszukundschaften, ob ein Leben auf der Erde wieder möglich ist. Robin hat Humor, kann Frauen zum Lachen bringen, liebt Yu, eine (genetisch verbesserte) Programmiererin, deren persönlichen "Einschübe" im Roman auch sehr interessant zu lesen sind, liest gerne Romane alter Autoren (also jenen vor der Apokalypse), Lesetipps bekam er vom Vater, einem Geologen, der ihm auch die Liebe zum Schachspielen vererbte... (Hobbys dürfen die Menschen haben in der Kolonie; zudem sollen sie soziale Kontakte ausbauen


    Er ist ein "Neutrum", diese werden eigentlich bald überfällig in der Kolonie; jedoch verspricht man sich dadurch, dass Robin sowohl sehr sprachbegabt ist als auch ein diplomatisches Verhalten an den Tag legt, eine erfolgreiche Mission: Dass die Kolonie allerdings andere Pläne mit ihm hat als Robin selbst, entdeckt der Leser erst am Romanende....


    Polynesien, diverse Inseln:


    Robin landet auf einer Insel und fühlt sich sehr glücklich: Mit allen Sinnen kann er nun das Meer, die Sonne und den Wind genießen, die er nur durch Dokumentationen kannte. Er lernt zwei Inselbewohner kennen, die zu Freunden werden: Tayo und Antina, die als Einzige anders leben als der Rest der Inselbewohner, die an der Küste leben und auch ohne Arbeit Robin sehr glücklich erscheinen. Später entdeckt er "Tahus Pforte", in die alle eintreten, die doch nicht glücklich sind und den Freitod wählen: Das Ende der Vorstellung des Paradieses auf Erden für Robin...

    Da er den Auftrag hat, die Zomos zu finden, steuert er mit den beiden Freunden, einem Paar, eine andere Insel an: Hier lebt ein eher kriegerisches Volk; anders als auf "Eros", von der Tayo und Antina stammen. Robin tauft die Insel "Ares" und entdeckt einen intelligenten Inselhäuptling, dem er nichts vormachen kann. Er erzählt also freimütig, er komme von den Sternen und durch seine Diplomatie gelingt es ihm, dass die drei Freunde als Gäste aufgenommen werden, die allerdings nicht aus den Augen gelassen werden. Bei einem Rundgang lernt er Titan kennen, einem Krieger, der über das Erbringen von Leistung (das auf dieser Insel einzig zum wahren Glück führen soll) zweifelt. Robin findet seine "Landsleute" in einer schmählichen Situation wieder und merkt, wie wichtig es ihm ist, diese zur Kolonie zurückzubringen - einschließlich Leutnant Zuma, eine Frau, die ebenfalls ein Auge auf Yu geworfen hatte...

    Auf dieser Insel gibt es "Überflüssige", die in der Nähe eines Vulkans leben und die dennoch mehr Verstand haben als die anderen Inselbewohner. Robin ersinnt eine List, wie er die anderen retten kann - und er, der mit wenig Selbstvertrauen auf die Erde zurückkam, spürt, dass er durch die Erfahrungen, die er hier machte, sehr gewachsen ist: Seine Persönlichkeit ist nun viel selbstbewusster und die Kraft der Liebe zu Yu, die er unbedingt wiedersehen will und die seither herauszufinden versucht, weshalb Athena ausgerechnet ihn auf diese Mission schickte, tut ein Übriges: So wandelt sich das "brave" Neutrum zu einem wahren Rebellen, dem es gelingen soll, die Pläne der Athena zu durchkreuzen...


    Der Schreibstil von Francois Lelord ist sehr atmosphärisch, teils humorig und dennoch regt der Roman sehr zum Nachdenken an: Es gibt durchaus Parallelen zum Zustand der Erde anno 2020 und besonders die These, dass Glück auch auf Verzicht von allem Unnötigem möglich ist, hat mir sehr gut gefallen; besonders in der heutigen Zeit.


    Psychologisch interessant, gar philosophisch am Ende, als Yu auf Robin's Notizen zum "Glück" antwortet, hat dieser Roman ein dramatisches Ende, das dennoch von Glück beschieden ist: Letzten Ende ist die Liebe durchaus dazu in der Lage, den Menschen zu retten. Der Wirkungskreis von "Athena" wird zukünftig eingeschränkt und Robin wird als Leiter einer neuen Expedition zum "Blauen Planeten" der erwählte "Leader" sein: Er will eine Welt ohne Ausgegrenzte, Neutren oder Überflüssige schaffen, in der jeder Mensch glücklich werden kann. Eine schwere Aufgabe liegt vor ihm und mein Wunsch begleitet Robin, dies auch zu schaffen: Es wäre wahrhaft "paradiesisch".

    Ein absoluter Lesetipp für fantasievolle und auch kritische LeserInnen und 5* von mir.


    5ratten

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    REZENSION – Märchenhaft wirken nicht nur Titel und Titelbild des im August erschienenen Romans „Es war einmal ein blauer Planet“. Tatsächlich liest sich die ganze Geschichte des französischen Schriftstellers François Lelord (67), in Deutschland seit 2004 bekannt durch seine Romanreihe um den jungen Psychiater Hector, wie ein futuristisches Märchen, das einer modernen Version des „kleinen Prinzen“ seines Landsmanns Antoine de Saint-Exupéry gleicht. Auch bei Lelord geht es um Freundschaft und Menschlichkeit und die Sehnsucht nach Glück.

    Doch Lelords Protagonist ist kein kleiner Prinz, sondern ein „Neutrum“ in einer Mars-Kolonie, deren Besiedlung vor Generationen nach einer atomaren Apokalypse auf der Erde die letzte Rettung war. „Neutrum ist ein besseres Wort für Nichtsnutz, aber jeder hier weiß, was es bedeutet.“ Robin nimmt dies hin, hat doch Athena ihn dieser Gesellschaftsklasse zugeteilt - jene Künstliche Intelligenz mit dem Namen der griechischen Göttin der Weisheit und Strategie, aber auch des Kampfes, der sogar die Präsidentin hörig ist.

    Doch ausgerechnet dieser Nichtsnutz Robin wird von Athena auserwählt, zum blauen Planeten zu fliegen, um die Möglichkeit einer Rückkehr zu prüfen. Zuvor wird er gewarnt, mögliche Überlebende der Erdbewohner könnten „nicht unbedingt sanftmütig sein und zu allem Überfluss wahrscheinlich noch von Männern angeführt“ werden. Selbstverständlich sind in der Mars-Kolonie alle wichtigen Positionen längst von Frauen besetzt, hatten sich doch die Männer auf der Erde als Kriegstreiber und Zerstörer erwiesen.

    Auf der Erde spürt Robin erstmals den warmen Sand, den sanften Wind und das Farbenspiel des Meeres – echte Natur, so viel schöner als in ihrer virtuellen Nachbildung auf dem Mars. Er ist auf einer polynesischen Insel gestrandet, wo er auf junge, hübsche, glückliche und zufriedene Menschen trifft, die keiner Arbeit nachgehen. Sie streben nicht nach Wohlstand. Ihnen reicht, was die Natur bietet. Sie leben in freier Liebe, ohne feste Partnerschaften. Robin gibt dieser Insel den Namen Eros. Doch bald trifft er dort auf Ausgestoßene, die „Anderen“ - auf Alte, Kranke und Paare.

    Wochen später setzt Robin auf eine entfernte zweite Insel über, wo er ein starres patriarchalisch geführtes Klassensystem vorfindet. Hier arbeitet man für Anerkennung und gesellschaftlichen Aufstieg, man strebt nach Macht und Wohlstand. Wer nicht arbeitet oder nicht arbeiten kann, ist ein „Überflüssiger“. Letztlich läuft hier alles auf Krieg und Eroberungen hinaus. „Hier regiert nicht Eros, sondern Ares“ - der griechische Gott des Krieges und der Zerstörung, stellt Robin fest, notiert aber: „Glück ist, ein frei gewähltes Ziel zu erreichen“. Menschen arbeiten besser, wenn sie ihre Aufgabe frei gewählt zu haben glauben. Doch Athena hält Freiheit für eine Illusion: „Am Ende stand die Apokalypse.“

    Im Roman bilden der sanfte, märchenhafte Erzählstil und die ernste Thematik einen dramaturgisch interessanten und spannenden Gegensatz. „Es war einmal ein blauer Planet“ ist wahrlich kein Märchen. Angesichts des globalen Klimawandels und Raubbaues irdischer Ressourcen sowie terroristischer und kriegerischer Konflikte auf der Erde sorgt sich der Autor in seinem Buch um nichts Geringeres als den Fortbestand der Menschheit und deren Suche nach Glück. Wie wollen oder sollten wir in Zukunft auf dem blauen Planeten leben? Eines weiß sein junger Held genau: „Ich möchte eine Welt ohne Ausgeschlossene, Neutren oder Überflüssige.“ Aber kann es eine von Menschen bewohnte Welt voller Liebe und Solidarität geben? Eine Welt, in der Glück auch Verzicht bedeutet? „Es war einmal ein blauer Planet“ ist ein Roman, der seine Leser nachdenklich zurücklässt.