Alena Schröder - Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid

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    Herausgeber : dtv Verlagsgesellschaft (20. Januar 2021)
    Sprache : Deutsch
    Gebundene Ausgabe : 368 Seiten
    ISBN-10 : 3423282738
    ISBN-13 : 978-3423282734


    Inhaltsangabe:


    In Berlin tobt das Leben, nur die 27-jährige Hannah spürt, dass ihres noch nicht angefangen hat. Ihre Großmutter Evelyn hingegen kann nach beinahe hundert Jahren das Ende kaum erwarten. Ein Brief aus Israel verändert alles. Darin wird Evelyn als Erbin eines geraubten und verschollenen Kunstvermögens ausgewiesen. Die alte Frau aber hüllt sich in Schweigen. Warum weiß Hannah nichts von der jüdischen Familie? Und weshalb weigert sich ihre einzige lebende Verwandte, über die Vergangenheit und besonders über ihre Mutter Senta zu sprechen? Die Spur der Bilder führt zurück in die 20er Jahre, zu einem eigensinnigen Mädchen. Gefangen in einer Ehe mit einem hochdekorierten Fliegerhelden, lässt Senta alles zurück, um frei zu sein. Doch es brechen dunkle Zeiten an.


    Autoreninfo:


    Alena Schröder, geboren 1979, arbeitet als freie Journalistin und Autorin in Berlin. Sie hat Geschichte, Politikwissenschaft und Lateinamerikanistik in Berlin und San Diego studiert und die Henri-Nannen-Schule besucht. Nach einigen Jahren als Redakteurin in der Brigitte-Redaktion arbeitet sie heute frei u.a. für die Brigitte, das SZ-Magazin und Die Zeit. Sie ist Autorin mehrerer Sachbücher sowie fiktionaler Bücher.


    Meine Meinung:


    Titel: Familienbande...


    Der unfassbar lange Buchtitel und die hübsche Covergestaltung haben meine Neugier geweckt. Gespannt begann ich mit der Lektüre.


    In der Geschichte geht es um Hannah, deren einzige, lebende Verwandte ihre 95-jährige Großmutter Evelyn ist, mit der sie sich mehr schlecht als recht verträgt. Sie besucht sie einmal wöchentlich, aber eher aus Gewohnheit als aus Freude auf ein Treffen. Als eines Tages ein Brief aus Israel ihre Oma erreicht, beginnt deren solides Leben zu bröckeln. Hat sich Evelyn als junge Frau etwas zu Schulden kommen lassen?


    Der Einstieg fiel mir zu Beginn etwas schwer ohne dass ich genau sagen kann, woran das eigentlich lag. Vielleicht die nüchterne, wenig liebevolle Art wie Enkelin und Großmutter miteinander umgehen oder der leicht distanzierte Schreibstil der Autorin.


    Die Kapitel berichten mal aus der Gegenwart alles rund um Hannah, mal aus der Vergangeheit rund um Evelyn und ihrer Familie bestehend aus Mutter Senta und Tante Trude.

    Mir hat gefallen, dass der Roman sich angefühlt hat wie die Jagd nach der Auflösung eines mysteriösen Rätsels.


    Hannah ist jemand wie du und ich, deren Leben nicht außerordentlich spannend und dennoch nicht von Leichtigkeit geprägt ist. Man mag sich nur schwer vorstellen, wie es ist, als junge Frau bereits die eigene Mutter verloren zu haben und kaum etwas über die eigene Familie zu wissen.


    Großmutter Evelyn hat mich an meine Oma mütterlicherseits erinnert, die auch alle Familienbilder entsorgt hat und an nichts aus der Vergangenheit erinnert werden wollte. Zu Beginn kann man das kaum verstehen, aber mit der Zeit wird deutlich was Evelyn als Kind und junge Frau alles durchstehen musste.


    Aber nicht nur die Hauptfiguren hat Frau Schröder gut gezeichnet, sondern auch die Nebencharaktere wie Andreas, Jörg oder Ruby, wobei mir Ruby die Liebste von allen war. Jeder hat im Leben sein Päckchen zu tragen und muss Entscheidungen treffen, egal ob diese für alle richtig sind.


    Der Roman hat im Part über die Vergangenheit meines Erachtens ein realistisches Bild von Deutschland zwischen 1922 und 1950 aufgezeigt, ohne dabei etwas zu beschönigen oder verklärt darzustellen.


    Fazit: Ein Familienroman der besonderen Art, der mich gut unterhalten hat. Gern spreche ich eine Empfehlung aus. Gelungen!


    Bewertung: 4ratten

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

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    Eine emotionale und interessante Familiengeschichte


    Berlin 2017:

    Die 27-jährige Dauerstudentin Hannah Borowski schreibt an ihrer Doktorarbeit und kann die Frage nach dem Stand der Dinge von ihrer 92-jährigen Großmutter Evelyn, die sie einmal in der Woche in ihrer Seniorenresidenz besucht, schon nicht mehr hören. Bei einem dieser Besuche entdeckt Hannah einen Brief an ihre Großmutter aus Israel, der sie als Erbin des Kunsthändlers Itzig Goldmann ausweist. Evelyn beantwortet keine der Fragen, die Hannah nun hat. Aber Hannah ist neugierig geworden und begibt zusammen mit Jörg Sudmann auf die Suche nach der Vergangenheit ihrer Familie und nach dem Erbe ihrer Oma.


    Rostock 1924:

    Die 18-jährige Senta Köhler wird ungewollt schwanger. Sie heiratet den hochdekorierten Fliegerhelden aus dem Ersten Weltkrieg und bringt die kleine Evelyn zu Welt. Nach 2 Jahren, in denen sich Senta mit Hausarbeit und Mutterleben nicht anfreunden kann, will sie ihren Mann Ulrich verlassen. Der stimmt einer Scheidung zu unter der Voraussetzung, dass Hannah ohne die kleine Evelyn geht. Für die sorgt ab jetzt Ulrichs Schwester Trude. Senta geht nach Berlin zu ihrer Freundin Lotte und beginnt ein selbstbestimmtes Leben.



    Mir hat diese Familiengeschichte, die sich über 4 Generationen und fast 100 Jahre erstreckt, sehr gut gefallen. Mit ihrem einnehmenden, berührenden und bildhaften Erzählstil hat mich Alena Schröder schnell in die Geschichte hinein gezogen und bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Wobei mir die Erzählungen aus der Vergangenheit um einiges besser gefallen haben, als die Geschichte von Hannah in der Jetztzeit. Das Kennenlernen und die Umstände ihres Lebens von Urgroßmutter Senta, Großmutter Evelyn, Hannahs Mutter Silvia, von der ich gerne noch mehr gewusst hätte, fand ich einfach interessanter. Ich finde den Bogen von der Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, wo die Judenverfolgung einen großen Stellenwert hat, sehr gut geschlagen und für mich richtig spannend. Auch emotional konnte ich hier besser mitgehen, als in der Zeit um Hannahs Geschichte.


    Die Menschen, denen ich hier begegne, hat die Autorin mit vielen Facetten ausgestattet. Manche mit dem gewissen Etwas, die mich in ihren Bann ziehen und die mir von Anfang an sympathisch sind, wie Marietta mit ihrer Detektei und ihrer Riesentasche, Lotte und ihr Mann oder die Familie Goldmann. Andere, wie der arrogante Professor Sonthausen oder der aufdringliche Jörg Sudmann, teilweise auch Trude haben meine Sympathien nicht bekommen.


    Mit „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ hat Alena Schröder ein abwechslungsreiches und bewegendes Debüt geschrieben. Mich haben hier vor allem die Frauen und ihr Leben fasziniert. Eine unerforschte jüdische Familiengeschichte und ein unverhofftes Kunsterbe – der Stoff, der mich sehr gut unterhalten hat.


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

  • Irgendwie hab ich aus unerfindlichen Gründen diesen Roman auch schon länger ins Auge gefasst. Nun haben eure beiden Rezis meinen Appetit darauf noch mehr angefacht ;)

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Das Buch ist ja momentan wirklich in aller Munde. Ich werde auch immer neugieriger.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





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    Alena Schröder: Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid. Roman, München 2021, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-28273-4, Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 366 Seiten, Format: 14,5 x 3,8 x 21,6 cm, Buch: EUR 22,00 (D), EUR 22,70 (A), Kindle: EUR 18,99. Auch als Hörbuch lieferbar.


    Berlin, heute: Die etwas eigenbrötlerische Hannah Borowski, Ende 20, hat Germanistik studiert und arbeitet nun mit mäßigem Elan an ihrer Dissertation. Sie hat ein Verhältnis mit ihrem verheirateten Doktorvater, keine Freunde, keine Ziele, und alles, was ihr von ihrer Familie geblieben ist, ist ihre Omi, 94, die sie allwöchentlich in der Seniorenresidenz besucht.


    Diese „Omi“, Frau Dr. med. Evelyn Borowski, ist ein ganz schön harter Knochen. Weniges findet Gnade vor ihrem kritischen Blick, nicht einmal ihre Enkelin. Die verschwendet in ihren Augen wertvolle Lebenszeit mit einer Doktorarbeit, die ohnehin nie fertig werden wird und zu nichts führt. Und auch sonst kann Hannah der grantigen alten Dame nichts recht machen. Trotzdem kommt sie jede Woche vorbei und lässt sich von ihrer Großmutter widerspruchslos maßregeln und kritisieren.


    Ein Anwaltsbrief aus Israel

    Bewegung kommt in dieses immer gleiche Ritual, als Hannah bei Evelyn einen Brief aus Tel Aviv entdeckt. Wieso schreibt ihr ein israelischer Anwalt? Zu ihrer Verblüffung erfährt Hannah, dass ihre Großmutter die einzige noch lebende Erbin des konfiszierten und nunmehr verschollenen Kunstvermögens des Berliner Kunsthändlers Itzig Goldmann ist, der 1942 von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet wurde. Hannah weiß nichts von einer jüdischen Verwandtschaft und hat noch nie von Goldmanns gehört. Die sture Evelyn will um keinen Preis der Welt darüber reden. Von dem Erbe will sie auch nichts wissen. Also nimmt Hannah den Brief an sich und forscht selbst nach.


    Ihr Lover/Doktorvater nötigt ihr den Doktoranden Jörg Sudmann als Helfer auf. Der meint es sicher gut, geht Hannah aber mit seiner schleimig-ehrpusseligen Aufdringlichkeit fürchterlich auf die Nerven. Zusammen mit der Rechercheurin Marietta Lankwitz, die ihnen von der israelischen Anwaltskanzlei empfohlen wurde, finden sie aber einiges heraus.


    Wieso will Evelyn nicht reden?

    Rückblicke: Evelyns Mutter, Senta Köhler aus Rostock, war in zweiter Ehe mit dem Journalisten Julius Goldmann verheiratet, einem Sohn des Kunsthändlers Itzig Goldmann.


    Warum Evelyn nicht über ihre Mutter sprechen möchte, erfahren wir auch:

    Tochter Evelyn lässt sie bei Ex-Schwägerin Trude zurück, einer Krankenschwester, die sowieso von Anfang an „Evchens“ Ersatzmama war.


    Zerrissen zwischen zwei Welten

    Von da an wird Evelyns Leben beherrscht von Loyalitätskonflikten. Hin- und hergerissen zwischen dem provinziellen mecklenburgischen Güstrow und dem luxuriösen Berlin, zwischen der bodenständigen Ziehmutter Trude, die sich zu gegebener Zeit in eine stramme Nationalsozialistin verwandelt, und den kultivierten Goldmanns mit ihren illustren Freunden, weiß Evelyn bald nicht mehr, wohin sie gehört. Sie liebt ihre Ziehmutter über alles, aber sie will nicht so leben wie sie.


    Als Mutter und Stiefvater vor den Nazis ins Ausland flüchten, empfindet Evelyn das als ultimativen Verrat. Dass die Goldmanns sie nicht im Stich gelassen, sondern für sie gesorgt haben, bekommt sie nicht mit. Im Zuge der Kriegs- und Nachkriegswirren sowie durch kleingeistiges Familiengezänk gehen wichtige Informationen verloren ...


    Hannah fordert Fakten ein

    Zurück im Berlin von heute: Keine Sekunde kommt Evelyn in den Sinn, dass sie ebenso wenig mit der Mutterrolle anfangen konnte wie ihre Mutter Senta, auf die sie so einen Hass hat.


    Es ist faszinierend zu sehen, wie sich Entscheidungen, die Senta vor 100 Jahren getroffen hat, über Generationen hinweg bis in die heutige Zeit auswirken. Und obwohl die Geschichte alle paar Seiten zwischen verschiedenen Jahrzehnten, Orten und Personen hin- und herspringt, behält man, sobald man alle relevanten Personen kennengelernt hat, jederzeit die Orientierung.Ich hoffe nur, dass Hannah jetzt nicht die Fehler ihrer Vorfahrinnen wiederholt.


    Männer ohne Namen


    Als ich im Pressetext gelesen hatte, dass es in diesem Buch um geraubte Kunst und ein Restitutionsverfahren geht, hatte ich erwartet, dass uns die Geschichte einmal rund um die Welt führen wird, weil jemand physisch nach den verschwundenen Bildern sucht: Deutschland, Israel, Amerika, vielleicht sogar Asien ... und dann findet die finale Auseinandersetzung zweier zentraler Figuren bei mir um die Ecke im schwäbischen Esslingen statt! ;) Aber die Entwicklung ist plausibel, wenn auch unerwartet, und manch eine*r wird ähnliche Geschichten von Verwandten aus der Kriegsgeneration zu erzählen haben.


    Kann Spuren von Humor enthalten

    Natürlich ist ein Roman, in dem es um die NS-Zeit, um Lebensziele, Rollenbilder und gesellschaftliche Konventionen geht, ernster Natur. Aber wenn die Schwätzer, Blender und Egomanen des Universitätsbetriebs ihr Fett weg kriegen, kann man sich ein Schmunzeln und bisweilen ein fieses Grinsen nicht verkneifen. Auch die fürchterlichen Betroffenheits-Weiber vom Shalom Berlin e.V. sind herrlich bissig charakterisiert. Vor allzu viel Düsternis braucht man also keine Angst zu haben.


    Erkenntnisse und Geheimnisse, Entdeckungen und Enthüllungen, Wahrheiten und Gemeinheiten, Spannung und Emotionen – hier ist alles drin, was einen mitreißenden Roman ausmacht.


    Die Autorin

    Alena Schröder, geboren 1979, arbeitet als freie Journalistin und Autorin in Berlin. Sie hat Geschichte, Politikwissenschaft und Lateinamerikanistik in Berlin und San Diego studiert und die Henri-Nannen-Schule besucht. Nach einigen Jahren als Redakteurin in der Brigitte-Redaktion arbeitet sie heute frei u.a. für die Brigitte, das SZ-Magazin und Die Zeit. Sie ist Autorin mehrerer Sachbücher sowie fiktionaler Bücher.

  • Die Aufmachung des Buches ist wirklich ganz wunderbar und ich bin nach wie vor in das Cover verliebt. Der Stil hat mir auch gut gefallen und ich war schnell in der Geschichte drin und gefesselt. Gerade die "regretting motherhood" Aspekte fand ich erfrischend abwechslungsreich und realistisch dargestellt. Aber leider hatte ich am Ende ein wenig das Gefühl von einem abrupten Ende. Jetzt ging die Geschichte erst richtig los und nahm Fahrt auf, als es dann zu Ende war. Hm, so war ich am Ende ein wenig unbefriedigt. Aber bis dahin hatte ich wirklich tolle Lesestunden.

  • Zu dem Buch las ich nicht nur hier, sondern quer durchs Internet positive Bewertungen, die mich, wenn auch mit deutlichem zeitlichen Abstand zugreifen ließen.


    Die Protagonistin ist eine junge Frau, die ihr Studium mit einem Doktortitel beenden möchte, aber nicht so recht vorankommt. Dass sie eine Affäre oder vielleicht eher einen wiederholter One-Night-Stand mit ihrem Doktorvater hat, ist dabei tatsächlich nicht von Belang. Bei ihrer Großmutter kommt ein Brief an, der die Großmutter auf die Seite der Opfer des Nationalsozialismus stellt, doch diese verweigert jede Auskunft zu ihrer Vergangenheit. Die erfahren wir dann in der parallelen Geschichte rund um Mutter und Pflegemutter der besagten Großmutter.


    Auf mich wirkte das Buch deutlich weniger „intellektuell“ als ich es erwartet hätte. Es hatte ein paar mehr Tiefen als die meisten Geschichten, in denen es um ein aufzulösendes Geheimnis aus einer parallel erzählten Vorgeschichte zur eigentlichen Handlung geht, war aber auch nicht frei von den üblichen Klischees. Das Hauptthema scheint mir allerdings die Emanzipation der Protagonistin von ihrer vorgefertigt wirkenden Lebensplanung zu sein, wobei sich die Autorin auch am geisteswissenschaftlichen Universitätsbetrieb abarbeitet.


    Ich war nicht unzufrieden mit der Lektüre, vollends begeistern konnte mich das Buch aber auch nicht.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Nachdem der Roman recht lange auf meinem SUB gelegen hat bin ich auch mit der Lektüre nicht direkt wie gewohnt vorangekommen. Die Wechsel zwischen den Perspektiven und Zeitebenen sowie die Tatsache, dass ich mit keiner drei Protagonistinnen Senta, Evelyn und Hannah warm geworden bin, haben mir den Zugang zur Geschichte erschwert. Dass diese Geschichte darüber hinaus, obwohl sie eigentlich viel Spannungspotential hat, meist eher gemächlich daherkommt, hat mich auch etwas enttäuscht.


    Sentas Weg von der unglücklichen jungen Ehefrau zur emanzipierten Journalistin in Berlin, die ihren zweiten Ehemann unter erkennbar anderen Umständen heiratet als den ersten, wird nur punktuell angerissen. Hier entstand der Eindruck, dass es vor allem darum ging, den historischen Kontext für die Suche nach den Bildern der Familie Goldmann zu schaffen. Das schwierige Verhältnis zwischen Evelyn und ihrer Mutter Senta, die sie bei der Schwester ihres Vaters zurücklässt, ist verständlich und auch nachvollziehbar geschildert, die Beziehung zu dieser Tante Trude aber etwas merkwürdig, einerseits recht eng, andererseits so, dass wichtige Dinge nicht angesprochen werden, das fand ich nicht wirklich überzeugend.


    Evelyns Lebensweg, der sie von Rostock nach Schwaben und schließlich nach Berlin führt hat so gar nichts mitreißendes, hier schwingt immer ein Bedauern über die verpassten Chancen mit, sowohl beruflich als auch privat. Auch diese Figur bleibt dabei merkwürdig ungewiss und überzeugt in ihrer Charakterbeschreibung nicht.


    Die stärkste Figur des Romans ist eindeutig Hannah, Evelyns Enkelin, und deshalb haben mich die letzten 100 Seiten auch nochmal richtig gepackt und zu einem (teilweise) versöhnlichen Ende mit dem Roman kommen lassen. Denn so kann man den Roman auch lesen: als Emanzipationsgeschichte Hannahs, die zwar am Ende nicht genau weiß, was sie will, aber immerhin, was sie nicht mehr will, diese Figur reift im Laufe der Handlung und es hat mir gut gefallen, dass sie mit dem in Bezug auf ihre Geschichte offenen Ende des Romans eben nicht festgelegt wird, sondern gerade davor steht, ihr Potential endlich zu entfalten.


    Insgesamt ein durchaus lesenswerter Roman, der aber auch deutliche Schwächen hat und das Potential, das die Geschichte geboten hätte, leider nicht ausschöpft.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus: