Lina Bengtsdotter - Mohnblumentod

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    Vorausschicken möchte ich, dass Kriminalromane und (Psycho)thriller eines meiner Lieblingsgenres ist: Mit einiger Erwartung ging ich daher ans Lesen von "Mohnblumentod" (Bd. 3 der Charlie-Lager-Reihe) der mir bis dato unbekannten schwedischen Autorin Lina Bengtsdotter. Nach meiner Meinung handelt es sich hier um einen (wie ich finde sehr mäßig spannenden) Kriminalroman, nicht um einen Thriller, wenn auch das Cover sehr gelungen ist.

    Erschienen ist das Buch bei Penguin (Randomhouse), TB brosch, 2021.


    Im schwedischen Karlstad wird vor der Haustüre bzw. auf der Hausterrasse die 9 Monate alte Beatrice entführt: Die Eltern sind sehr reiche Unternehmer und haben sich nach einem Jahr in Russland wieder in Schweden niedergelassen. Befreundet sind sie mit den Jolanders; David Jolander ist auch Teilhaber an der gemeinsamen Firma. Ein dritter Geschäftsmann wurde anfangs ausgebootet; die Abfindung war nicht sehr hoch und seine Entwicklung ist daher nicht sehr positiv: Ein mögliches Motiv der Entführung?


    Charlie Lager, ermittelnde Kommissarin, wird zu Hilfe von der ortsansässigen Polizei gerufen und verfolgt mit Anders, ihrem Teamkollegen, jede Spur. Es wird ein Wettlauf mit der Zeit: Wo liegt das Motiv? Dazwischen liest man kleine Einschübe des Kidnappers, die jedoch (sollten sie auch nicht) natürlich nicht sehr viel Aufschluss geben, die Person des Entführers betreffend.


    Meine Meinung:


    Nach kurzer Zeit wird klar, dass die Eltern nicht alles mitgeteilt haben, was für die Lösung des Falles relevant sein könnte. Charlie, selbst aus schwierigen Verhältnissen stammend; nicht gerne alleine, so dass sie immer wieder in alkoholisiertem Zustand irgendwelche Männer mit nach Hause schleppt, vertraut nur sich selbst (und muss im Buch so manchen Filmriss hinnehmen, die auf recht starke Alkoholprobleme hindeuten). Je nun, es gibt so einige ErmittlerInnen, die einem Drink nicht abgeneigt sind, aber Charlies Alkoholkonsum ist dann doch sehr grenzwertig, wenn auch positiv, dass die Autorin Alkoholabhängigkeit - auch bei Polizisten und Kommissaren - nicht ausspart.


    Bengtsdotter legt einige falsche Fährten, schreibt auch sehr flüssig, jedoch fehlte mir leider komplett die Spannung! Die Handlung plätscherte so dahin und es gab auch m.E. Stigmatisierungen, die Heime, Fremdplatzierung, Machtmissbrauch etc. in der Fremderziehung betreffen. Ich kenne die schwedischen Verhältnisse in dieser Beziehung nicht, habe jedoch selbst in diesem Bereich gearbeitet und denke, dies ist eine Stigmatisierung, wenn auch zutreffend, was die Vergangenheit bis weit in die 1970er Jahre betrifft. Darüber gibt es Studien und Dokumentationen. Auch Pflegefamilien kommen schlecht weg und manches scheint für mich etwas an den Haaren herbeigezogen, die Handlung betreffend: Sowohl für Heime als auch für Pflegefamilien gibt es Aufsichtsgremien, die genau nachschauen, was in dieser Einrichtung oder in jener Familie abläuft.


    Der Showdown auf der "Irrenklippe" und die Verbindung zu zwei Mädchen, Sara und Lo, deren traurige Geschichten ebenfalls eine Rolle spielen, kann die Spannung dann auch nicht mehr retten: Positiv ist lediglich die Perspektive, die sich für eines der jungen Mädchen ergibt und dass die Autorin gewissermaßen durchaus Sozialkritik in ihrem "Thriller" zum Ausdruck bringt.


    Fazit:


    Mir fehlte, wie gesagt komplett die Spannung und daher kann ich "Mohnblumentod" im Grunde nicht empfehlen. Da der Plot jedoch schlüssig und der Stil gut zu lesen ist, gebe ich knappe 3* in meiner Bewertung. Doch in diesem Genre gibt es weitaus Besseres - und auch Spannenderes!


    3ratten

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Ueberzeugende Ermittlungen!

    In Karlstad, in der Nähe von Stockholm, legt Frida Palmgreen ihre Tochter in ihren Kinderwagen vor dem Haus. Als sie kurze Zeit später nach Beatrice sieht, ist das 9 Monate alte Kind verschwunden. Die herbeigerufenen Ermittler drehen jeden Stein um, doch Beatrice bleibt wie vom Erdboden verschluckt.


    Kriminalkommissarin Charlie Lager von der NOA weiss keinen Rat, denn je länger die Kleine verschwunden bleibt, desto mehr sinken die Chancen, sie lebend zu finden.




    Die Entführung eines Babys ist wohl eine Tat, die niemanden kaltlässt. Doch bis es zu der Entführungsgeschichte kommt, lässt die Autorin die Handlung gemächlich angehen. Die ersten 50 Seiten handeln rund um das Leben der Ermittlerin Charlie Lager, die einige persönliche Probleme und Altlasten mit sich schleppt.


    So dauerte es zum Beispiel bei mir eine Weile, bis ich begriffen hatte, dass sie bei der Polizei arbeitet und nicht die kriminelle Linie in diesem Krimi bedient. Dafür hat sie mich bei den Ermittlungen rund um die Entführung des Babys rundum überzeugt. Charlie Lager ermittelt mit viel Scharfsinn, Gespür und Verstand. Schicht für Schicht deckt sie Lügen und Heimlichkeiten auf und nimmt von den Eltern des Babys, bis zu Freunden, Verwandten und dem Personal der Palmgreens alle in die Mangel.


    Parallel zu der Arbeit rund um die Ermittlungen werden immer wieder zwei komplett unterschiedliche Erzählstränge eingeflochten. Ein Strang handelt in einem Heim. Diesen fand ich sehr fesselnd, konnte ihn jedoch bis buchstäblich zum Schluss des Buches nicht mit der Hauptgeschichte in Verbindung setzen. Im dritten Erzählstrang erfährt man sehr kurze Sequenzen aus der Sicht des Täters, die mir die Haare haben zu Berge stehen lassen.


    Obwohl ich die ersten beiden Fälle rund um diese brillante Kommissarin nicht kenne, hatte ich keinerlei Verständigungsprobleme. Im Gegenteil. Ich könnte mir vorstellen, dass, wenn in den ersten beiden Fällen Charlies Leben auch so problembeladen thematisiert wurde, dies dann etwas viel sein könnte. Alkoholexzesse, Psychopharmaka, die Pille danach, nachdem sie wieder einmal einen Mann aufgabelt und nach Hause nimmt und eine Kindheit, die man wohl nur als traurig und trostlos beschreiben kann. Lina Bengtsdotter lässt bei ihrer Protagonistin zwar nichts aus, trotzdem habe ich diese bedrückende Charakterisierung nicht als störend empfunden.


    Die Autorin hat einen tollen Schreibstil. Mit wenigen und prägnanten Worten beschreibt sie Gefühle der Figuren, örtliche Details und Handlung flüssig. Einzig in der Wahl der Namen hätte sie etwas innovativer sein dürfen. Die Hauptkommissarin heisst Charlie, ihr Chef Challe und eine wichtige Nebenfigur Charlotte.


    5ratten