H.P. Lovecraft - Die Ratten im Gemäuer

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  • Von Lovecrafts Intoleranz und Rassismus ist nichts zu erkennen.

    Es steht ein Halbsatz drin, dass er in der Großstadt die "kruden Rassentheorien seiner Zeit" übernommen habe - was für mich so klingt, als hätte sich der Rassismus im Laufe seines Lebens erst entwickelt oder zumindest verstärkt. Das mit der Jüdin hat mich auch überrascht (auch dass das so betont wurde), aber tatsächlich könnte er seine Eheprobleme später auf Juden allgemein übertragen haben.

  • Kurzfristig hatte ich mich entschieden, mit dieser Geschichte zu beginnen. Sie hat mich mit leicht gemischten Gefühlen hinterlassen. Einerseits fand ich sie gut geschrieben, gruselig und ganz interessant. Andererseits war ging es mir dann doch ab einem bestimmten Punkt zu flott.

    Sobald er dann aber in dem Haus wohnt, dreht die Erzählung und mir ging dann alles viel zu schnell. Jahrelang wurde in dem Haus geforscht, aber sie finden sofort den Eingang unter dem Altar? Und dann sehen sie die Leichenberge und wissen sofort im Detail, was da passiert ist; welchen Zeitaltern welche Leichen zuzuordnen sind – Engländer, Römer, Vormenschen, … Super, da hat er ja offenbar die richtigen Experten dabei gehabt, die sowas ohne nähere Untersuchung mit bloßem Auge erkennen können. 8o Auch wenig überzeugend, dass unser Protagonist der Katze ins Dunkle nachläuft, obwohl er vorher schon Angst dort unten hatte.

    Ja, das fand ich auch seltsam, auf einmal wissen sie über alles Bescheid, tja, wenn man solche Experten im Team hat, kann man sich viel Zeit sparen. ;)

    Ah, danke. Das klingt beides viel logischer. Und schon zeigt sich, wie viel Unterschied eine Übersetzung machen kann. Ich lese momentan das eBook "Das erzählerische Gesamtwerk" in der Übersetzung von Andreas Fliedner und Alexander Pechmann von 2021.

    In meiner Ausgabe steht auch zerfleischt, das hat mich auch etwas verwirrt, das passt irgendwie nicht so recht. Schade, dass man ein Englisch nicht gut genug ist, um schon das Original zu lesen. ^^

  • Zu den diversen Übersetzungen: In meiner Ausgabe (Suhrkamp-Verlag, Reihe Phantastische Bibliothek, 1980; Deutsch von H.C. Artmann) steht wörtlich


    "Magna Mater! Atys.... Dia ad aghaidh's ad aodann.... (.......)

    Das, behaupten sie, hätte ich gestammelt, als sie mich nach drei Stunden in der Finsternis über Captain Norrys halbaufgefressener Leiche kriechend fanden, wobei mir mein eigenener Kater eingekrallt ander Kehle hing."


    Es werden ja immer wieder Klassiker u.a. Werke neu übersetzt und ich denke auch, dass dies den Text verändert, wenn er sprachlich angepasst wird. Dass diese Veränderung NICHT erfolgt, müssen geniale Übersetzer ran. Und die dürften rar sein (aber es gibt sie ;)


    Zu Hörbüchern: Ich habe es schon lange nicht mehr versucht, möchte aber nochmal einen Versuch starten: Bisher bevorzuge ich auch das Buch, beim HB fehlt mir irgendwie auch was, vielleicht der eigene Leserhytmus??

    Ich höre zuweilen Folgen im Radio, die ich durchaus mag (Sendung heißt "Fortsetzung folgt" und wenn z.B. Christian Brückner liest, höre ich stets gebannt zu - oder wenn mich das Buch interessiert, das dann in 30-Min.-Folgen gelesen wird). Mal sehen, ob sich diesen Winter an meiner Lesegewohnheit was ändert und das HB vielleicht doch dazu kommt?

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Andererseits war ging es mir dann doch ab einem bestimmten Punkt zu flott.

    Mir ging es bei den letzten 1-2 Seiten (also ab dem Zeitpunkt wo er dem Kater hinterherrennt und dann den Cpt. frisst) zu schnell. Aber das ist wohl auch dem Kurzgeschichtenformat geschuldet.

    "Magna Mater! Atys.... Dia ad aghaidh's ad aodann.... (.......)

    Das, behaupten sie, hätte ich gestammelt, als sie mich nach drei Stunden in der Finsternis über Captain Norrys halbaufgefressener Leiche kriechend fanden, wobei mir mein eigenener Kater eingekrallt ander Kehle hing."

    Ja, die Übersetzung liest auch Spotify vor. :thumbup: Die fand ich besser als das o.g. "zerfleischte"

    "Ich muß dich mit Gewalt ernähren!" sagte Homunkoloss, "Du schläfst nicht mehr. Du wäscht dich nicht. Du stinkst wie ein Schwein." "Ist mir doch egal", sagte ich trotzig, "Hab keine Zeit, muß lesen" (c) Walter Moers, aus "Stadt der träumenden Bücher"

  • Bei mir ist es ja auch ein Re-Read, ich hab einige der Geschichten vor einigen Jahren gelesen, es ist noch nicht sooo lang her, ich kann mich noch einigermaßen gut erinnern. Schon damals sind mir bestimmte Wörter aufgefallen die extrem häufig vorkamen (z.B. ghoulisch, grausig usw.), außerdem eine Art von fast schon hysterischer Übersteigerung des "grausigen" und ich hatte mir für diese Runde vorgenommen, das ab und zu mit der Originalausgabe abzugleichen.

    Zum Beispiel heißt der Satzteil : "... und hassen ihn noch heute, da er bedeckt von Moder und wilden Moosen in ghoulischen Träumen dahindämmerte - ein Anblick grauenhaftester Verlassenheit. " im Englischen "....and they hated it now, with the moss and mould of abandonment on it." Nichts mit "ghoulisch" oder "grauenhaftester Verlassenheit". Interessant.

    Oder auch: "Vor uns, in einem grausigen, unwirklichen Zwielicht, lag eine Grotte... " heißt im Original "It was a twilit grotto of enormous hight.. " .

    Das Wort "ghoulish", das auch in der englischen Verison vorkommt (abern icht ganz so oft wie in der Übersetzung) könnte man auch mit makaber oder grauenhaft übersetzten (habs nachgeschlagen)


    Was Ihr oben bzgl. des Rassismus in den Geschichten schreibt, ist für mich mit das Schwierigste bei den Geschichten, das kommt in anderen Geschichten, noch wesentlich heftiger. Ich kann normalerweise Bücher und Geschichten ganz gut im Zusammenhang mit Ihrer Entstehungszeit lesen, aber bei manchen Wörtern, Bewertungen oder Bezeichnungen hatte ich schon wirklich große Mühe weiterzulesen, weil ich es so abstoßend fand.


    Ich hab außerdem auch nochmal ein bisschen zum Kybele-Kult nachgelesen, was im Zusammenhang mit der Geschichte auch ganz aufschlußreich ist: https://de.wikipedia.org/wiki/Kybele-_und_Attiskult ;

    Außerdem dieses "Gelage, wie jenes von Trimalchio" : https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Gastmahl_des_Trimalchio


    ***


    Am Ende weiß man nicht genau was nun eigentlich geschehen ist, hat sich der Familienwahnsinn der "de la Poer" auch bei dem letzten Abkömmling der Famlie durchgesetzt, war seine Familie besonders anfällig für die Einflüsterungen des "Grauens aus der Tiefe" , sind es tatsächlich die "Geister-Ratten" gewesen. Es bleibt einem selbst überlassen zu spekulieren, welche Wesen diese Grotten von unten her aus dem Fels geschlagen haben. Jedenfalls ... die Geschichte ist wirklich gruslig.

    Wieder sehr bemerkenswert find ich die Bilder die beim Lesen entstehen, dunkle und detailierte Bilder in Schwarz, Grau und dunklem Grün. Diese Grotte mit dem Lichtschein von oben, die Katze die auf einem Berg von Knochen sitzt, seh ich wirklich sehr plastisch vor mir.

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")



    9 Mal editiert, zuletzt von Firiath ()

  • Sehr interessant mit den zusätzlichen INfos zum Kybele-Kult und dem Gelage des Trimalchio. Das letzte wusste ich nicht, habe ich dann auch nicht nachgeschlagen :D

    "Ich muß dich mit Gewalt ernähren!" sagte Homunkoloss, "Du schläfst nicht mehr. Du wäscht dich nicht. Du stinkst wie ein Schwein." "Ist mir doch egal", sagte ich trotzig, "Hab keine Zeit, muß lesen" (c) Walter Moers, aus "Stadt der träumenden Bücher"

  • Danke, Firiath . Was du schreibst, finde ich alles total interessant. Ghoulisch und grausig tauchen in meiner Übersetzung nicht auf.

    Die von dir genannten Sätze lauten

    "und sie hassten es jetzt, da das Moos und der Schimmel der Verlassenheit daran hafteten."

    und

    "Es war eine dämmrige, enorm hohe Grotte"

  • Danke, Firiath . Was du schreibst, finde ich alles total interessant. Ghoulisch und grausig tauchen in meiner Übersetzung nicht auf.

    Die von dir genannten Sätze lauten

    "und sie hassten es jetzt, da das Moos und der Schimmel der Verlassenheit daran hafteten."

    und

    "Es war eine dämmrige, enorm hohe Grotte"

    Ja, es ist schon interessant, wie weit Übersetzungen doch teilweise voneinander abweichen können. Ich glaube, in meiner Übersetzung tauchten diese Wörter auch nicht auf, aber ich bin gedanklich eh gerade schon im nächsten Text. :D

  • danke für die Hinweise zum Kybele-Kult, Firiath!

    Mir ist noch eingefallen, dass ich den Namen - nun wieder gelesen, irgendwie interessant finde - "De la Poer".... klingt ja ein wenig französisch und erinnert mich an das Wort "peur" - Angst im Französischen....

    Zufall oder Absicht? ;)

    Ich glaube eher: Absicht.


    Da es bei mir Jahrzehnte her ist, dass ich Ctulhu-Geistergeschichten gelesen habe, muss ich heute feststellen, dass ich diese Story z.B. mit "einem ganz anderen Kopf" gelesen habe: Auch muss ich gestehen, dass mir der Rassismus damals überhaupt nicht aufgefallen ist, weil ich nicht auf so etwas geachtet habe.

    Heute schaue ich, wenn mir ein Buch gefällt, dessen AutorIn mir unbekannt ist, gerne nach dessen Biografie und auch nach anderen Büchern von ihm/ihr..... Das habe ich damals überhaupt nicht getan; höchstens die Infos zum Autor im Buch gelesen.

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Auch mir ist der Rassismus damals nicht aufgefallen. Es ist allerdings schon mindestens 20-30 Jahre her, dass ich das gelesen hatte. Ich denke, wir sind heutzutage für dieses Thema mehr sensibilisiert als damals.

  • danke für die Hinweise zum Kybele-Kult, Firiath!

    Mir ist noch eingefallen, dass ich den Namen - nun wieder gelesen, irgendwie interessant finde - "De la Poer".... klingt ja ein wenig französisch und erinnert mich an das Wort "peur" - Angst im Französischen....

    Zufall oder Absicht? ;)

    Ich glaube eher: Absicht.

    Ja, das wäre gut möglich. Irgendwo hatte ich mal gelesen, es könnte auch eine Anspielung auf Edgar Allan Poe sein. Möglicherweise hast du auch mit deiner Vermutung recht, wer weiß. :)

  • Mit Sicherheit! In den 90ern haben wir noch auf jedem Schulfest M...kopfbrötchen gegessen. Das Thema Rassismus wurde für mich eigentlich erst ca. 15 Jahre später wirklich präsent.

    ich etwas früher auch.... :verlegen::zwinker: (die M....brötchen, damals noch für 10 Pf. 8)) und sättigend, süß in der Pause :)

    an dem Laden laufe ich immer vorbei, wenn ich "Downtown" gehe ;) (ist inzwischen eine Whg. - kein Laden mehr)

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)