Mehr Platz der Lyrik

Es gibt 100 Antworten in diesem Thema, welches 6.549 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Saltanah.

  • Passt auch zu manchen von den Effingers, sie sitzen zu Hause, amüsieren sich (Beatrice, Annette und Sofie). Sie leiden zwar, aber nur ein bisschen. Sie sitzen und schauen dem Kriegstreiben zu.


    und passt auch 100 Jahre später und zu allen Auseinandersetzungen in der Zwischenzeit.


    und es passt auch zum Krieg, den die Menschheit gegen die Natur führt. Wir regen uns zwar auf, aber schauen dennoch zu. Machen etwas dagegen, aber eben nicht genug. Ein bisschen um das schlechte Gewissen zu erleichtern.

  • stark. erinnert mich etwas an Niemöllers "Habe ich geschwiegen"


    „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.

    Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.

    Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter.

    Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

    ~~ noli timere messorem ~~

  • TheNightingale mich auch. Direkt als ich das Gedicht von Ilya Kaminski gelesen habe, musste ich daran denken. Allerdings habe ich von Niemöllers Gedicht nur noch Teile im Kopf gehabt.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich habe mich sehr gefreut, als ich diesen Thread entdeckt habe. Ich liebe und sammle Gedichte. Ich bin mit ihnen groß geworden, so dass sie mich schon mein ganzes Leben begleiten.

    Gerne trage ich hier das eine oder andere Gedicht ein. Aber ich frage mich , wie das mit dem Copyright gehandhabt wird. Moderne Gedichte unterliegen ja noch dem Copyright.

    Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!

    (gesehen auf einem Plakat)

  • Ja, Link setzen geht vermutlich. Aber dasGedicht selbst eintragen nicht. Zudem findet an nicht soviel moderne Gedichte im Netz, eben wegen des Copyrights.

    Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!

    (gesehen auf einem Plakat)

  • Alice

    Das Zitieren meint aber im Normalfall keinen kompletten Text. sondern nur einzelne Passagen für einen bestimmten Zweck. (also z.B. für eine wissenschaftliche Arbeit oder weil wir hier darüber sprechen wollen.)


    Hier steht noch mehr:

    Urheberrecht bei Text und Literatur - Urheberrecht 2022
    Urheberrecht beim Text: ➧ Wann gilt in Deutschland ein Text als urherrechtlich geschützt? ➧ Was zeichnet das Urheberrecht für Literatur aus? ➧ Mehr hier!
    www.urheberrecht.de

  • Dann poste ich hier mal ein Herbstgedicht von Georg Trakl. Es passt zum diesjährigen warmen Herbst:


    Sonniger Nachmittag


    Ein Ast wiegt mich im tiefen Blau.

    Im tollen, herbstlichen Blattgewirr

    Flimmern Falter, berauscht und irr.

    Axtschläge hallen in der Au.


    In roten Beeren verbeißt sich mein Mund

    Und Licht und Schatten schwanken im Laub.

    Stundenlang fällt goldener Staub

    Knisternd in den braunen Grund.


    Die Drossel lacht aus den Büschen her

    Und toll und laut schlägt über mir

    Zusammen das herbstliche Blattgewirr -

    Früchte lösen sich leuchtend und schwer.


    Herbstliche Grüße

    Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!

    (gesehen auf einem Plakat)

  • Trakl kannte ich bisher nur vom Namen her; vielen Dank für das schöne Herbstgedicht, Buecherkatze!

    Wobei.... mir extrem auffällt, dass es jetzt, Ende Oktober, hier im SW noch sehr viele Bäume gibt, die eigentlich noch sehr grün sind (trotz der Heißzeit) - und noch nicht so viele in den typisch bunten gelb/roten Herbstfarben (ausser Ahorn, der ist schon sehr rot). Blätter regnet allerdings schon bei leichtem Wind (Herbststürme war ja bislang Fehlanzeige).


    Durch die surreal anmutenden milden Temperaturen - wie Spätsommer - kommt bei mir dieses Jahr sehr spät ein "Herbstgefühl" auf... hier war heute im Park ein Halloween-Fest für Kinder: Bei T-Shirt-Wetter habe ich das so auch noch nicht erlebt und hoffe, dass der Herbst jetzt doch langsam "umme" Ecke kommt ;) Das ungewohnte sehr warme Wetter sorgte zumindest dafür, dass man die Heizung noch getrost ausgeschaltet lassen konnte - gerade jetzt auch nicht zu verachten ^^.


    P.S. "Früchte lösen sich leuchtend und schwer": Ich saß gestern im Park auf einer Bank unter einer Eiche: Geleuchtet haben sie nicht, als sie mit Wucht runterfielen, aber ohne Kopfschutz (ich trug keinen Helm :D ) war's in diesem Falle gar nicht so ungefährlich - sie schlugen direkt vor, neben und hinter mir "ein".... (bei leichtem Wind!)

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Herunterfallende Kokosnüsse töten jährlich weltweit rund 150 Menschen - eine veröffentlichte Zahl für Eicheltote k8nnte ich nicht finden Sagota ..

    :urlaub:

    8| ich hab' mich dann trotzdem lieber verdrückt :moonwalk:

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Bei uns waren es die letzten Wochen Bucheckern. Die arme Hundedame Lotta war recht verunsichert über die fraglichen Bewürfe, die auf sie runtergingen...

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Ich saß mal im Herbst in einem Biergarten, der von großen Kastanien überwölbt war. Kastanien sind zwar nicht ganz Kokosnüsse, aber ich erwähne mal, dass sie oft noch in ihren morgensternartigen Stachelhüllen runterkommen. Und diese Bäume waren echt hoch.. ^^

  • Und hier ein Gedicht von Stefan George:


    Komm in den totgesagten park


    Komm in den totgesagten park und schau:

    Der schimmer ferner lächelnder gestade -

    Der reinen wolken unverhofftes blau

    Erhellt die weiher und die bunten pfade.


    Dort nimm das tiefe gelb - das weiche grau

    Von birken und von buchs - der wind ist lau -

    Die späten rosen welkten noch nicht ganz -

    Erlese küsse sie und flicht den kranz -


    Vergiss auch diese letzten astern nicht-

    Den purpur um die ranken wilder reben -

    Und auch was übrig blieb von grünem leben

    Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.

    Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!

    (gesehen auf einem Plakat)

  • Das ist für mich immer noch und immer wieder eines der schönsten Herbstgedichte! <3 Es bringt so schön zum Ausdruck, dass manchmal die ganz kleinen Momente zählen und auch scheinbar negative Dinge sehr positiv gesehen werden können, man muss nur die Gelegenheit dazu haben.

  • Hier mal etwas ganz anderes, nicht jahreszeitlich gebunden und nicht bezogen auf die (eigene) Lebensführung: Ich finde Joachim Ringelnatz immer wieder sehr unterhaltsam, mit einem Zwinkern im Auge, und er ist auch einer der wenigen Autoren für Kinder, der diesen schlechtes Benehmen ans Herz legt:


    Sich interessant machen (Für einen großen Backfisch)


    Du kannst doch schweigen? Du bist doch kein Kind

    Mehr! - Die Lederbände im Bücherspind

    Haben, wenn du die umgeschlagenen Deckel hältst

    Hinten eine kleine Höhlung im Rücken.


    Dort hinein musst du weichen Käse drücken.
    Außerdem kannst du Käsepropfen

    Tief zwischen die Sofapolster stopfen.


    Lasse ruhig eine Woche verstreichen.
    Dann musst du immer traurig herumschleichen.

    Bis die Eltern nach der Ursache fragen.

    Dann tu erst, als wolltest du ausweichen,

    Und zuletzt musst du so stammeln und sagen:

    „Ich weiß nicht, - ich rieche überall Leichen -."


    Deine Eltern werden furchtbar erschrecken

    Und überall rumschnüffeln nach Leichengestank,

    Und dich mit Schokolade ins Bett stecken.

    Und zum Arzt sage dann: „Ich bin seelenkrank."
    Nur lass dich ja nicht zum Lachen verleiten.

    Deine Eltern - wie Eltern so sind -

    Werden bald überall verbreiten:

    Du wärst so ein merkwürdiges, interessantes Kind.

  • Hach wie schön! Danke!

    Dieses Gedicht von Ringelnatz kannte ich noch nicht.


    Da mach ich gleich mit ihm weiter, mit einem Gedicht, das man vielleicht so gar nicht von ihm erwartet. Passt jetzt auch gut in die kommende Geschenkezeit.


    Schenke groß oder klein

    Schenke groß oder klein,

    Aber immer gediegen.

    Wenn die Bedachten

    Die Gaben wiegen,

    Sei dein Gewissen rein.


    Schenke herzlich und frei.

    Schenke dabei

    Was in dir wohnt

    An Meinung, Geschmack und Humor,

    sodass die eigene Freude zuvor

    Dich reichlich belohnt.


    Schenke mit Geist ohne List.

    Sei eingedenk,

    Dass dein Geschenk

    Du selber bist.

    Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!

    (gesehen auf einem Plakat)