Gabriele Tergit - Effingers

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  • Ich mag es ja, wenn Bücher an andere erinnern.. :)


    Ich hab gerade schon mal in mein erstes Schwarz/Weiß-Buch für November hineingespinxt - und schon auf Seite 27 betritt Gabriele Tergit (!) die Kneipe in der Nähe des Ullsteinhauses (Ullsteinroman von Sten Nadolny hat mir sehr gut gefallen - Die Ullsteinfrauen von Beate Rygiert waren ok). Billie (noch so!) Wilder ist auch da - auf einen Roman, in dem er eine tragende Rolle spielt, warte ich gerade aus der Bib.


    Susanne Gogas "historische" Krimireihe mit dem Kommissar Leo Wechsler ist durchaus eine gute Quelle für ein wenig 20er-Jahre Stimmung in Berlin und ziemlich gut recherchiert..

  • schokotimmi : Es würde mich übrigens wirklich interessieren, wie es Dir mit dem Rest des Buches geht, ob Du z.B. auch "Brüche" im Text wahrnimmst oder ob das bei mir völlig subjektiv war.

    (In der Zeit, als meine Kinder noch jünger waren, hätte ich die Zeit für ieinen Lesemarathon übrigens auch nicht aufbringen können - völlig normal wohl.. ;) )

  • Da stimme ich dir zu. Diese Wiederholungen wirken. manieriert und zum Teil etwas plump. Die Autorin möchte dadurch wohl die Kontinuität des Laufs der Welt auch im geschichtlichen Wandel verdeutlichen, aber das wäre durchaus geschickter zu lösen gewesen.

    Bezüglich der Personendarstellung kann ich mich eurer Meinung nur bedingt anschließen. Für mich ist dieser Roman nicht dazu da, dass man sich mit einzelnen Personen identifiziert und mit ihnen empfindet. Sie sind Typen für ihre Zeit,und so habe ich sie auch gesehen. Die Nüchternheit des Stils zieht mich eher an. Aber dazu stehen natürlich die oben genannten Wendungen mit "Diese Süße" usw. in einem ungeschickten Kontrast.


    Die Distanziertheit zwischen Eltern und Kindern war aber wohl, zumindest in der bürgerlichen und adeligen Schicht, deutlich höher als heute. Mein Vater, Jahrgang 1918, hat seine Eltern noch gesiezt. Wir lesen heute oft historische Romane, die die Dinge aus unserer Zeit heraus sehen. Das verfälscht doch auch unseren Blick darauf, wie es damals wirklich war.


    Was b.a.t.s Wunsch nach einem Anmerkungsteil angeht, kann ich zustimmen. Ich denke, dass gebildete und politisch interessierte Leser dem Roman damals gut folgen konnten, so wie wir es heute auch bei etwas anspruchsvollen zeitgenössischen Gesellschaftsromanen können, aber inzwischen ist eben zu den Geschehnissen des Romans eine Distanz zwischen 140 und 80 Jahren ungefähr aufgetreten, und dann sind die kulturellen Strömungen der damaligen Zeit eben doch nicht mehr so im Auge. Aber sowas finde ich eher herausfordernd und im Zeitalter von Suchmaschinen gut bewältigbar.

  • Hallo ihr Lieben,


    Ich bin jetzt in den 60er Kapiteln angekommen ubd die jungen Damen engagieren sich in Gruppen der Frauenbewegung... Trotzdem drängt selbst die neue Offenheit die weiblichen Akteure in Richtung Erziehung und Fürsorge, der Weg für die vielen Frauen in sozialen Berufen.


    Ein bisschen fasziniert es mich schon zu sehen wie unterschiedlich die Möglichkeiten sind innerhalb von 2 Generationen.


    Ich verstehe finsburys Argumente zu der Darstellung der Personen, trotzdem wäre hier m. E. mit etwas weniger Fülle ein bisschen mehr Tiefe dringewesen. Ganz so blass blieben Figuren der Buddenbrooks z. B. nicht...


    Ich bin gespannt wie es weiter geht, wenn wir zum 1. WK kommen.

  • Den Vergleich mit den "Buddenbrooks" verstehe ich auch nicht sprachlich-ästhetisch oder in Bezug auf die Personencharakterisierung, schokotimmi, da ist Mann natürlich weit vorne.
    Wobei Tergitt aber mithalten kann, ist die Darstellung des "Verfalls einer Familie", wie die Buddenbrooks im Untertitel heißen. Obwohl bei Tergit dieser Verfall stärker von außen gesteuert ist, geht es doch in beiden Romanen um ca. drei Generationen, die vom merkantilen Aufstieg bis hin zur Auflösung der bürgerlichen Ideale im Künstlertum und der allgemeinen Antriebslosigkeit bzw. Flucht in den Ästhetizismus in der Erbengeneration geht.

    Da gibt es Überschneidungen zwischen beiden Romanen, und ich finde, dass Tergit ihr Personal in dieser Hinsicht durchaus stimmig durch die Zeit steuert.

  • Ich komme immernoch langsam voran. Nun herrscht der 1. Weltkrieg und die Figur die mich am meisten erschreckt ist Paul. Er glaubt tatsächlich alles was die Regierung propagiert, er hat kein Gespür wie Klärchen, die hinterfragt.


    Selma zeigt ihr wahres Gesicht, ich mochte sie nicht jetzt noch weniger... Einzig Waldemar scheint vernünftige Gedanken zu fassen.


    Lotte erkennt die Macht der Stimme und Worte... Hier bin ich gespannt wo das hinführt.


    Trotzdem lässt mich Paul nicht los, wohin führt das, lernt er etwas aus diesem Krieg? Der Stammbaum lässt nichts Gutes ahnen.


    Vllt komme ich am WE weiter... Ich bin mit dem Lesekreis wandern, meist findet sich da auch etwas Lesezeit...

  • Lesewandern klingt spannend :) Erinnert mich ans 19. JH und an die Romantiker.


    Bei den Personenbeschreibungen sind wir uns sehr einig. Der naive, obrigkeitsgläubige- und treue Paul, der weltfremd ist. Eben auch der einzige der noch etwas religiös ist im Berliner Teil des Clans. Er lebt eben geistig immer noch in Kragsheim.

  • Huhu,


    so ich bin noch dran... Der 1. WK ist vorüber und Fritz ist an der spanischen Grippe (vermutlich) gestorben.


    Einige Passagen des Buches beschäftigen mich irgendwie auf einer 2. Ebene, die spanische Grippe z. B., aber auch die Diskussionen zu Kapitalismus vs Sozialismus. Über diese Frage des Kapitalismus in Verbindung mit Klimakrise denke ich immer wieder nach und das Thema kommt in Gesprächen auf. Es passte gerade so merkwürdig zu einer Diskussion am WE.


    Interssant die Passage wo Theodor und Beatrice nach Schweden reisen und Theodor über das einst offene Europa spricht.

    Das war mir gar nicht bewusst, oder galt das eher für die gehobene Klasse?


    Also, verzeiht mir mein Schneckentempo, mich treiben gerade ein paar Dinge um, wodurch die Konzentration fürs Lesen trotz Zeitfenster leidet.


    Liebe Grüße

    Schokotimmi

  • schokotimmi ich glaube, dass er einfach die Einschränkungen nach dem 1. Weltkrieg gemeint hat.


    Die Mittelmächte als die großen Verlierer wurden nicht so frei in andere Länder gelassen bzw. mussten Visa erhalten.


    Ich gehe davon aus, dass im 19. JH sowieso nur Menschen mit dem nötigen Budget reisen konnten. Nach der Neuordnung nach den Friedensverträgen und der Eisenbahn, die für immer mehr Menschen erschwinglich wurde hat sich das dann geändert.

  • Jaja, nach dem Krieg auf alle Fälle verständlich, hatte ich nicht anders erwartet, aber dass es vorher so einfach gewesen sein soll...

    Aber vllt ist es ja auch nur sein Gefühl und Kontrollen gab es schon.

  • Naja es war sicher auch komisch in "Deutschland" zu reisen, das gabs ja de facto erst ziemlich spät, aber all die Fürstentümer, Herzogtümer und Königreiche auf die es aufgeteilt war hatten ja oft unterschiedliche Währungen.


    Das hat sich ja erst Ende des 19. JH etwas homogenisiert.

  • So, mal ein Update - ich halte mich tapfer, aber es hat so seine Längen. Also die Beschreibungen der 20er Jahre in denen ich jetzt bin sind stellenweise schon interessant, aber ich muss zugeben - so ein wenig verliere ich den Überblick in Kindergeneration.


    Lotte und Erwin sind ja nicht gerade eine tolles Paar und die Verwandlung der Lotte ist für mich auch nur bedingt nachzuvollziehen.


    Interessant dargestellt ist die Veränderung der umgangsformen und auf das Leben innerhalb von 2 Generationen....welche Beziehungen entstehen, wer mit wem was alles darf.


    Ich werd dass ganze schon noch zuende bringen, aber allein komme ich nur langsam voran... noch 15%, das wird.


    Viele Grüße

    schokotimmi

  • Siehs so den Großteil hast du bereits hinter dir :)


    Lotte und Erwin sind ein unmögliches Paar. Es war aber damals anscheinend noch en vogue in der näheren Verwandtschaft zu heiraten.

  • Hallihallo,


    ich habe es geschafft.... Heute morgen hatte ich 2 Stunden Ruhe und habe die Effingers zuende gelesen.


    Irgendwie ging es jetzt doch recht schnell.


    Mit Erwin und Lotte hab ich mich am Ende ein bisschen versöhnt. Marianne, für die Zeit schon eine fortschrittliche Frau...

    Am Ende ist und bleibt Waldemar die beste Figur des Romans, würdig bis zum Ende.


    Es war ein gutes Buch, zwischendrin für mich ein bisschen verwirrend und mit Längen, aber schon eine Bereicherung es gelesen zu haben.


    Viele Grüße

    Schokotimmi

  • Ich bin auch froh, Effingers gelesen zu haben - aber das Lesen war nicht die ganze Zeit.. angenehm? unkritisch?? (Suche das passende Wort noch..)

    Auch Dir vielen Dank für's Teilen, schokotimmi . :)