Mansfield Park

Es gibt 50 Antworten in diesem Thema, welches 2.195 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Juva.

  • Miss Crawford ist natürlich arrogant und berechnend, dennoch ist der Inhalt dessen was sie von sich gibt ein Standpunkt, der 150 oder 200 Jahre später nicht so abschreckend wie damals. Es war zu dieser Zeit nicht Sitte, das zu sagen, was man denkt oder fühlt. Das blieb alles im Inneren und Gefühle wurden nur durch subtile Zeichen zum Ausdruck gebracht. Sympathisch ist sie nicht, aber Jane Austen greift mit dieser Figur weit Ihrer Zeit voraus.


    Ungläubig zu sein, oder die Kirche als nicht sinnvoll zu betrachten war ja überhaupt kein Thema damals. Wie könnte sich auch der Kolonialismus und die Zwangsmissionierungen anders rechtfertigen lassen und auch der Profit aus dem Sklavenhandel, was ja später noch Thema werden wird.


    Fanny leistet durch Ruhe und Besonnenheit Widerstand gegen die sich immer in den Vordergrund drängende Miss Crawford. Sie ist schon sehr unterwürfig und stellt Edmund auf ein Podest. Alles was er sagt ist für sie Gesetz. Wenn er ihr zu etwas rät, macht si das ohne Widerspruch und auch ohne sich auf ihre eigenen Ideen und Gedanken zu verlassen. Der Ausdruck Kirchenmaus triffts wohl im wahrsten Sinne des Wortes.

  • Um für Mary Crawford eine Lanze zu brechen: sie ist bei weitem nicht so berechnend wie beispielsweise Maria Bertram und ich denke, dass ihre Gefühle für Edmund echt sind. Andernfalls würde sie nicht gegen jeglicher Vernunft Edmund den Vorzug gegenüber Tom Bertram geben. Tom ist der Erbe und Edmund nur der jüngere Bruder, der sich seinen Lebensunterhalt verdienen muss.


    Fanny und Mary Crawford zu vergleichen ist generell schwierig. Fanny ist von Natur aus introvertiert und ihre Erziehung hat das ihre dazu beigetragen, sich immer im Hintergrund zu halten. Das begann sicher schon im Elternhaus, wo die Mutter völlig überrascht war, dass die reichen Verwandten Fanny zu suchen holen wollten und nicht einen ihrer "feinen" Buben, und wurde noch weiter verstärkt von dem unheiligen Gespann Mrs Norris und Lady Bertram.


    Mary Crawford wiederum ist extrovertiert. Ihre Tante hat ihr offensichtlich auch beigebracht, dass sie etwas wert ist (und sei es nur aufgrund ihres Reichtums). Für Mary ist es einfach eine Selbstverständlichkeit im Mittelpunkt zu stehen. Ich denke nicht, dass sie sich bewusst in den Mittelpunkt drängt - in ihren Augen steht es ihr einfach zu. Das ist ein großer Unterschied zu Mrs Norris, die immer danach trachtet, unentbehrlich sein zu müssen und sich dadurch immer in das Zentrum drängt.


    stellt Edmund auf ein Podest. Alles was er sagt ist für sie Gesetz. Wenn er ihr zu etwas rät, macht si das ohne Widerspruch und auch ohne sich auf ihre eigenen Ideen und Gedanken zu verlassen. Der Ausdruck Kirchenmaus triffts wohl im wahrsten Sinne des Wortes.

    Deswegen bestätigt sich im neuerlichen Lesen mein Eindruck, den ich in Erinnerung hatte, nämlich dass Mansfield Park das Buch von Austen ist, dass mich am wenigsten überzeugt. Fanny macht keine Entwicklung durch. Mir fehlen noch ca. 100 Seiten, aber bis jetzt hat sie sich noch kein einziges Mal getraut, gegenüber irgendjemanden ihre Meinung zu äußern. Fannys Liebe zu Edmund überzeugt mich nicht. Ich sehe den Punkt nicht, wann sich ihre Gefühle von geschwisterlichen zu etwas anderem gewandelt haben sollen beziehungsweise wie sich ihre Gefühle gegenüber Edmund von ihren Gefühlen zu ihrem Bruder William unterscheiden.

  • Edmund war ja Fannys Held von dem Moment an, als er ihr anfangs den Brief an den Bruder möglich machte. Und sie hat ja sonst kaum jemandem zum Anhimmeln in Reichweite, deshalb finde ich, ihre Verliebtheit ist eher unausweichlich.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Ich glaube gar nicht, dass man Fanny und Mary Crawford vergleichen muss, ich glaube eher, dass Jane Austen die beiden gegensätzlichen Charaktere geschaffen hat, um das Sittenbild ihrer Zeit herauszuarbeiten. Arme Mädchen können nur durch tugendhaftes Auftreten weiterkommen. Im Idealfall einen reichen Mann ergattern. Mädchen, die ein gewisses Auskommen haben können sich auch leisten offener zu sein, ihre Meinungen nach außen tragen.


    Eine gewisse Entwicklung macht Fanny schon durch, bin aber noch nicht so weit im Buch. Ich bin erste bei Kapitel 13. Ich kann deine Einwände dodo aber verstehen und nachvollziehen.


    Nach dem Lesen werde ich mir die Verfilmung ansehen, hab ich ach schon ewig nicht mehr gesehen.

  • Edmund hat oft auch etwas sehr Bevormundendes Fanny gegenüber, das sie natürlich nicht kommentiert und das noch als Sorge um sie dargestellt wird. Deshalb habe ich mit dieser Beziehung auch durchaus Schwierigkeiten: in Austens anderen Romanen gibt es (wenn auch vielleicht nach gewissen Schwierigkeiten) durchaus Paarbeziehungen auf Augenhöhe, das scheint hier gar nicht der Fall zu sein. Edmund gibt den Ton an, Fanny folgt (und das wohl gar nicht ungern), das ist einfach nicht sonderlich reizvoll zu lesen.

  • Aber Augenhöhe zu der Zeit war eher die Ausnahme. Ich versteh deinen Einwand. Es ist manchmal schwierig, längst überholte Gesellschaftsnormen und Umgangsformen zu akzeptieren in historischen Romanen. Ich bin überzeugt davon es hat viele solcher Fannys gegeben damals. Auch viele solcher EdMUNDs. Das Wort Mund teilt er sich ja mit der BevorMUNDung.


    Ich finde auch, dass das nicht zu ihren stärkeren Büchern zählt. Wobei das sich fügen und bevormunden lassen kommt in anderen ihrer Bücher auch vor.


    Charlotte Lucas, Jane Bennett oder auch Eleanor Dashwood.

  • Aber Augenhöhe zu der Zeit war eher die Ausnahme. Ich versteh deinen Einwand. Es ist manchmal schwierig, längst überholte Gesellschaftsnormen und Umgangsformen zu akzeptieren in historischen Romanen. Ich bin überzeugt davon es hat viele solcher Fannys gegeben damals. Auch viele solcher EdMUNDs. Das Wort Mund teilt er sich ja mit der BevorMUNDung.


    Ich finde auch, dass das nicht zu ihren stärkeren Büchern zählt. Wobei das sich fügen und bevormunden lassen kommt in anderen ihrer Bücher auch vor.


    Charlotte Lucas, Jane Bennett oder auch Eleanor Dashwood.

    Das stimmt, aber da hat man eben auch jeweils ein Gegenbeispiel, und diese Beziehungen sind dann oft einfach die spannenderen. Und Eleanor Dashwood finde ich tatsächlich als Figur deutlich interessanter und weniger passiv als Fanny - aber darüber können wir uns ja hoffentlich irgendwann mal bei einer weiteren Leserunde zu Jane Austen austauschen. ;)

    Fanny ist mir einfach zu langweilig, und das hatte ich offenbar weitgehend verdrängt, wahrscheinlich unter dem Eindruck der Verfilmung, die ja eine etwas andere Sichtweise liefert.

  • Juva ja das stimmt ein Mauberblümchen die mit Unterwürfigkeit, Bravsein und Biederkeit maximalen Erfolg erreicht.

    Sie bekommt einen ebenso biederen wie blassen Mann ist aber danach gut situiert und kann ein ruhiges ereignisloses Leben führen.


    Ich hab mir so gedacht, vielleicht wollte Austen genau das damit sagen, bist du brav und bieder bekommst du auch so ein Leben. Das ist ihr selber erspart geblieben, vielleicht ein Plädoyer fürs ledig bleiben :) (rein spekulativ natürlich)

  • Ich amüsiere mich gerade im 41. Kapitel darüber, wie peinlich Fannys Familie für Fanny ist. Die Arme, frau leidet richtig mit.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • So, ich bin durch.


    So schnell war ich nur, weil ich mit Grippe oder so krank geschrieben bin und meistens im Bett liege und somit viel Zeit für das Buch hatte.


    Das Ende war ja dann im Schweinsgalopp geschrieben, als hätte Austen keine Lust mehr gehabt.


    Außerdem hat meine Ausgabe noch ein Nachwort. Hier werden Vergleiche zwischen Mansfield und anderen Büchern der Autorin angestellt.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Das war wirklich schnell Kiba. Ich hoffe dir geht es mittlerweile wieder besser, Ich bin mittlerweile bei Kapitel 17 angelangt, hatte nie lange Zeit zu lesen, das Leben kam immer wieder dazwischen :)


    Es ist auch etwas ermüdend. Ich bin froh, wenn die Theaterspielerei ein Ende findet. Dies war schon beim ersten Lesen mühsam. Die Wertigkeit von Schauspielern und das Theater an sich waren damals noch sehr verrucht und verrufen. Somit geziemt es sich nicht unmoralische Aufführungen zu Hause zu machen. .... naja!

  • b.a.t.

    Laut Nachwort war wohl der Hauptpunkt, dass Sir Thomas gleichzeitig zum Theatergedöns in echter Gefahr war auf See, da GB ja mit Frankreich im Krieg war.

    Und noch die Wahl des unzüchtigen Stückes...

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Ich dachte immer, dass das gewählte Stück das Problem war, weil es viel zu anrüchig für den Hausgebrauch war und die Rollen nicht für unverheiratete junge Damen nicht passend waren.


    Das Argument mit der Gefahr für Sir Thomas hat auch etwas für sich. Obwohl das Tagesgeschehen bei Austen ja immer ausgeklammert wird. Es wird ja zum Beispiel auch nicht thematisiert, dass Fannys Bruder William mit seinem gewählten Beruf permanent in Gefahr ist. Im Gegenteil - der Bruder bekommt sogar Landurlaub und darf Fanny eine Zeitlang besuchen.

  • Uff, jetzt habe ich mir gerade noch schnell auf YouTube den Film angeschaut. Den kannte ich auch noch nicht. Der ist ja wirklich ziemlich weit von der Buchvorlage weg. =O

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Kiba welche Verfilmung hast du gesehen?


    Militärangehörigen hatten zu Austens Zeit Heldenstatus, das ging noch das ganze 19. JH so, auch bei uns. Das der Militärdienst auch Tod und Töten impliziert wurde so nicht gesehen. Der Tod war damals sowieso ein ständiger Begleiter, auch bei der Zivilbevölkerung. Epidemien gabs ja damals auch genug.

  • Mittlerweile bin ich bei Kapitel 36 angelangt. Es fehlen noch genau 100 Seiten. Eventuell schaff ich heute Abend noch ein paar Seiten.


    Alle versuchen Fanny von ihrer Liebe zu James Crawford zu überzeugen, natürlich erfolglos. Die Heldin bleibt standhaft und moralisch.


    Ich hätte ihn ja genommen. Er war sicher ein angenehmer Zeitgenosse, mit dem man viel Spaß haben konnte. Generell finde ich die beiden Crawford Geschwister interessanter als Fanny und Edmund. Sie bieten viel mehr Spannungsbögen und ihre Charaktere haben viel mehr Entwicklungspotenzial als die ach so perfekten beiden anderen.


    Wegen der Verfilmungen, ich habe insgesamt 3. Einen Film und ich glaube 2 unterschiedliche BBC Verfilmungen. Die ziehe ich mir aber erst nach der Lektüre rein. Habe sie schon länger nicht gesehen, ich bin schon gespannt, ob mir neue Dinge auffallen beim Schauen.

  • Alle versuchen Fanny von ihrer Liebe zu James Crawford zu überzeugen, natürlich erfolglos. Die Heldin bleibt standhaft und moralisch.

    Ein bisschen leid hat sie mir schon getan, weil ihr wirklich alle zugesetzt haben.


    Ich hätte ihn ja genommen. Er war sicher ein angenehmer Zeitgenosse, mit dem man viel Spaß haben konnte.

    Ganz ehrlich, ich auch. Generell ist der Erzählstrang mit Crawford wenig glaubwürdig. Natürlich soll er Fannys moralische Überlegenheit verdeutlichen, aber in der damaligen Zeit hätte die Mehrheit der Frauen in Fannys Umständen den Heiratsantrag angenommen. Er ist reich und sichert damit ihre Zukunft und die von ihrer ja nicht kleinen Familie. Treue kann sie sich zwar keine erwarten, aber immerhin seine Zuneigung.

  • Ich bin jetzt auch endlich durch das Theaterdrama durch (am Wochenende musste ich ja Nackenbeißer lesen). Da hat sich echt gezogen und es ist gut, dass Sir Thomas dem ein Ende gemacht hat.

    Richtig unterhaltsam ist ja der Monolog von Mrs Norris zu der Reise, die sie als ihren Beitrag zu Maria Verlobung mit Mr Rushworth zählt, mehr kann aber auch keinem Menschen bei einer einzelnen Kutschfahrt zustoßen. Und dass sie neben der Kutsch hergegangen ist, um die Pferde zu schonen... Ich glaube, an Sir Thomas´Stelle würde ich ihr das Haus verbieten, das hält ja kein Mensch aus!