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Der Roman "Der Riss, durch den das Licht eindringt" von Helen Cullen beginnt direkt dramatisch: Am Weihnachtstag ist Maeve, die Mutter der vier Geschwister Nollaig, Tomas, Dillon und Sive und Ehefrau von Murtagh Moone, nicht auffindbar und die Familie sofort in nervöser Unruhe. Doch die Suche endet erfolglos, Maeve bleibt verschwunden. Ihre Leiche wird am nächsten Tag gefunden und damit wird auch klar, warum die Familie so besorgt war - sie hat Suizid begangen. Warum sie dies getan hat, und welche Folgen das für die Familie Moone hat, wird im Verlauf des Romans deutlich.
In Rückblenden wird die Liebesgeschichte von Maeve und Murtagh erzählt, die 1978 in Dublin beginnt, als der angehende Töpfer Murtagh die Schauspielerin Maeve trifft, die für ein Auslandssemester aus den USA gekommen ist. Der Liebe wegen wird sie später dauerhaft in Irland bleiben. Doch schon zu Beginn der Beziehung wird deutlich, dass Maeve ein Problem hat - sie ist psychisch erkrankt, kann in ihren schlechten Phasen nicht gut andere Menschen treffen und weiß selbst, dass sie dann besonders gut auf sich aufpassen muss, sie schafft es aber, ihr Leben insgesamt einigermaßen auszubalancieren.
Als Murtagh eine Töpferei auf Inis Og, einer kleinen Insel, übernehmen kann, ziehen Maeve und er zusammen dorthin, heiraten und gründen eine Familie, die im Laufe der Jahre auf insgesamt 6 Personen anwächst. Maeve hat gute und auch immer mal wieder schlechte Tage, trotzdem hat die Familie Moone ein schönes Familienleben und einen engen Zusammenhalt. Doch Maeves Krankheit lauert immer im Hintergrund, Murtagh und die Kinder beobachten ständig, wie es ihr geht.
In Maeves Tagebuchaufzeichnungen wird deutlich, dass sie sich auch damit beschäftigt, wie es ihr selbst geht und was das mit ihrer Familie macht. Sie erhebt Statistiken, in denen schwarze Kreise für die schlechten und blaue Sterne für die guten Tage stehen, und als die schlechten Tage überhand nehmen entschließt sie sich zum Suizid.
Diese Entscheidung lässt ihre Familie orientierungslos zurück, alle streben danach, ihren eigenen Umgang mit dem Verlust der Mutter und Ehefrau zu finden, und bewegen sich dabei zwischen extremer Erinnerung und gleichzeitig totalem Schweigen darüber, was dieser Verlust für sie bedeutet. Erst am Ende gelingt ihnen ein ungewöhnlicher Abschluss, der in Zusammenhang mit einer nicht absehbaren Entwicklung im Leben des Vaters Murtagh steht.
Helen Cullens Roman erzählt eine ungewöhnliche, teils auch traurige Familiengeschichte, die kein bißchen langweilig ist, obwohl das Ende von Maeves Leben direkt am Anfang thematisiert wird. Zu interessant ist die Frage, wie sie an diesen Punkt gelangt ist und auch die Charakterentwicklung der einzelnen Figuren. Und trotz des ernsten Themas der psychischen Erkrankung, das feinfühlig und realistisch angesprochen wird, ist es kein ausschließlich trauriges Buch, weil eben auch die guten und wichtigen Aspekte des zwischenmenschlichen Miteinanders eine Rolle spielen. So fand ich die Stelle kurz vor Ende des Buches am eindrücklichsten, in der sich die vier Geschwister miteinander austauschen und dabei feststellen, dass ihre Mutter jedem/jeder von ihnen unabhängig voneinander kurz vor ihrem Tod noch einmal versichert hat, dass sie sie liebt.