Untertitel: A Journey Through Medicine and Myth in a Man-Made World / Wie Sexismus, Mythen und Fehldiagnosen die Medizin bis heute beeinflussen
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Frauen galten und gelten leider immer noch als das schwache Geschlecht. Deshalb wurden wir nicht ernst genommen, wenn sie über Unwohlsein oder leichte Beschwerden geklagt haben. Echte Krankheiten wurden uns abgesprochen, denn die waren für das starke Geschlecht reserviert. Elionor Cleghorn nimmt uns in ihrem Buch mit auf eine Reise durch die Medizin der Jahrhunderte, die hauptsächlich durch eine einseitige, bestenfalls ungerechte und oft diskriminierende Sicht auf Frauen und ihren Körper geprägt waren.
Der wichtigste Satz steht am Ende des Buchs:
Zitat"Wenn eine Frau dir sagt, dass sie Schmerzen hat, glaube ihr gleich beim ersten Mal"
Damit spielt die Autorin auch auf ihre eigene Leidensgeschichte an. Sie ist an Lupus erkrankt und es dauerte lange, bis sie nicht nur das Gefühl hatte, wirklich ernst genommen zu werden. Noch länger dauerte es, bis die Diagnose gestellt wurde und die Behandlung beginnen konnte. Auch deshalb stellt sie die Frage, inwieweit ein Arzt die Beschwerden seiner Patientin verstehen kann, wenn er körperlich nicht in der Lage dazu ist?
Die weibliche Anatomie war für die frühen Mediziner ein Rätsel, denn sie konnten nicht in die Frauen hineinsehen. Deshalb waren Diagnosen oft bestenfalls schwammig, die Hauptdiagnose war über lange Zeit schlicht und einfach Hysterie. Dieser Begriff sagt vieles aus, was den Stellenwert und das ernst nehmen der Beschwerden anging. Leider scheint sich in manchen Köpfen auch heute noch nicht viel geändert zu haben. Die Frage "hat die etwa ihre Tage" wird immer noch zu oft gestellt, wenn eine Frau sich nicht wie gewohnt verhält. Das ist eben die einfacher, als wirklich der Sache auf den Grund zu gehen.
Ohnehin musste der weibliche Zyklus lange für alle möglichen herhalten: als Bestrafung für die Erbsünde, Zeichen der Unreinheit und auch heute noch als etwas, über das wir besser nicht sprechen sollten, weil es irgendwie ja doch unangenehm ist und auch als Ausrede, wenn Menstruationsbeschwerden uns ausbremsen.
Aber darüber schreibt die Autorin nur am Rande. Vielmehr zeigt sie eindringlich, wie unterschiedlich mit kranken Männern und Frauen umgegangen wurde. Kranke Männer wurden behandelt, kranke Frauen mussten dagegen um eine Behandlung regelrecht kämpfen. Oftmals wurde gesagt, dass es uns besser gehen würde, wenn wir uns wieder auf unsere wahre Rolle besinnen würden. Eine wunderbare Ausrede, um jeden Versuch, etwas mehr aus sich oder dem Leben zu machen, zu unterdrücken.
Die Lektüre hat mich gleichzeitig betroffen und wütend gemacht. Betroffen darüber, was kranke Frauen erdulden mussten. Wütend darüber, weil ich viele Denkweisen aus eigentlich längst vergangenen Zeiten in Aussagen und Verhaltensweisen unserer Zeit wiedererkannt habe. Ein wichtiges Buch, dessen Lektüre ich nur empfehlen kann.
Liebe Grüße
Kirsten