Daniel Glattauer - Die spürst du nicht

Es gibt 33 Antworten in diesem Thema, welches 1.356 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Juva.

  • Ich bin durch mit dem Buch und muss zugeben, dass es mich eher gelangweilt hat - trotz des schweren und wichtigen Themas. Vielleicht auch gerade deshalb, weil das Buch so für mich irgendwie nicht funktionierte. Glattauers Humor kam hier (nachvollziehbarerweise) nicht wirklich zum Tragen. Die diversen Schreibstile, durch die er hier wechselt, haben mich immer wieder aus dem Lesefluss gebracht (von beschreibend wie bei einer Theaterregieanweisung über "normale" Romantexte bis hin zu Internetkommentaren, Zeitungsmeldungen und Interviews). Ja, ich finde es gut, dass er sich der Geflüchtetenthematik angenommen hat. Ja, man kann das Buch schnell durchlesen. Ja, die österreichischen Begriffe sind schön. Aber alles wirkte so extrem konstruiert, von der Klage bis zu dem mysteriösen Pierre (vorhersehbarste Figur und Entwicklung des Jahres). Es gab keine einzige sympathische Figur in dem Buch und der "gegnerische" Anwalt ging mir so auf den Keks, dass seine wichtige Botschaft am Schluss gar nicht wirklich bei mir ankam bzw mich emotional nicht berührt hat.

    2ratten

  • Lilli33 Ich finde, man kann das nicht pauschal sagen. Ich empfinde seine Bücher als sehr unterschiedlich vom Stil und den Themen her. Ich kann tatsächlich problemlos ein persönliches Ranking erstellen:

    "Gut gegen Nordwind", "Alle sieben Wellen" und "Die Wunderübung" fand ich grandios.

    "Vier Stern Stunden" okay.

    "Die Liebe Geld" merkwürdig.

    ("Ewig dein" und "Geschenkt" habe ich evtl gelesen, dann aber verdrängt; oder ich wollte sie lesen und kam nicht dazu. :/ Keine Ahnung.)

    Dann kommt für mich "Die spürst du nicht".

    Und "Darum" fand ich ganz furchtbar.

  • Ja, er schreibt sehr unterschiedlich und man muss sich immer wieder neu auf seine verqueren Protagonisten einlassen können und wollen, um die Romane zu genießen.


    "Vier Stern Stunden" kenne ich nicht, alle anderen haben 4 oder 5 Ratten von mir bekommen :)

  • Ich habe "Die spürst du nicht" jetzt endlich im Rahmen der Monatsrunde gelesen und muss sagen, dass mir der Roman gut gefallen hat. Die Art und Weise, wie die Geschichte rund um die drei Familien - zwei österreichische und eine somalische - erzählt wird, setzt sich aus verschiedenen Sichtweisen, Materialien und Kommentaren zusammen - und lässt gerade dadurch den LeserInnen genug Raum für eigene Gedanken und Meinungen.


    Dass die Figuren dabei teilweise etwas überzeichnet wirken hat mich nicht gestört, da es meiner Ansicht nach die Auseinandersetzung mit ihren Ansichten erleichtert. Und darüber hinaus ist es auch unterhaltsam, etwa das Agieren des Staranwalts mit seinem Umfeld zu beobachten - egal, ob er sich gerade über die Gegenseite lustig macht (indem er den gegnerischen Anwalt immer wieder mit "unser Freund der Fische" betitelt) oder ob die Begegnung mit der das Verfahren führenden Richterin bei einer früheren Feier rekapituliert wird.


    Der Schluss hat mich etwas gestört, hier war einiges aus meiner Sicht zu dick aufgetragen. Das Drama um die Tochter Sophie-Luise fand ich ebenso unnötig wie die etwas rührselige Geschichte, die der gegnerische Anwalt Wilenitsch dem Obdachlosenmagazin erzählt. Hier hätte ich es besser gefunden, den Fokus bei der Fluchtgeschichte der somalischen Familie zu lassen, letztendlich läuft ja der gesamte Roman darauf zu, diese Geschichte zu hören und ihr den passenden Raum zu geben.


    Insgesamt handelt es sich um einen lesenswerten Roman zu einem gesellschaftlich relevanten Thema, nämlich der Frage, wie wir Menschen mit Migrationsgeschichten gegenübertreten und ob wir uns mit den dahinter stehenden Schicksalen beschäftigen möchten.

    4ratten