Teresa Präauer - Kochen im falschen Jahrhundert

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    Ein Aufeinandertreffen von alten Studienkolleg:innen. Die Gastgeberin lädt in ihre mittlerweile nicht mehr ganz neu bezogene Wohnung ein. Wir befinden uns im „hippen“ 9. Bezirk in Wien. Die Immobilienpreise sind relativ hoch. Man wohnt unter sich, unter Yuppies, Intellektuellen, oder solche die es werden möchten.


    Die Gastgeberin will ihre Freunde bekochen. An ihrer Seite ihr Partner, der gleichzeitig ihr Geliebter und Freund ist. Eingeladen sind ein Ehepaar, das vor kurzem ein Baby bekommen hat und ein Schweizer, dessen Freundin keine Zeit hatte. Die Personen haben alle Funktionen aber bleiben in der heute so durchsichtigen Welt anonymisiert. Sie werden daher nie beim Namen genannt.


    Geplant ist eine Quiche Lorraine und ein leichter Salat. Der ganze Abend sollte mit Leichtigkeit begangen werden. Das Ehepaar, das gar nicht mehr so glücklich ist, mit dem Säugling überfordert, die Gastgeberin, die alles perfekt machen will, sich bekleckert. Die Gäste kommen zu spät, sie waren zuvor noch in einer Bar, wo sie amerikanische Touristen kennengelernt haben.



    Die Gastgeberin bereitet das Essen vor, sie wartet mit ihrem Partner, dass die Gäste endlich erscheinen. Die Zutaten die Getränke und das Kochen an sich erinnert sie immer wieder daran, wie es früher war, was Essen für Erinnerungen wachruft. Wie vorige Generationen mit ihrer Lebenssituation umgegangen sind, was sich geändert hat. Das Eis, das in der Kindheit so gerne gegessen wurde.


    Rücksichtnahme ist nicht besonders ausgeprägt, alle behalten die Schuhe an, was für den Parkettboden nicht zuträglich ist. Geraucht wird am Balkon, der gegenüber der Landespolizeidirektion ist.


    Teresa Präauer weist auch immer wieder auf sprachliche Unterschiede und Begrifflichkeiten innerhalb der deutschen Sprache hin. Die Sprache an sich ist auch immer wieder Gesprächsthema. Wie sie sich entwickelt, was heute noch gesagt werden darf und was nickt.


    Am späteren Abend stoßen noch die beiden amerikanischen Touristen hinzu. Getrunken wird nur Crémant, kein Sekt, Prosecco oder Champagner. Später dann auch Rotwein und Schnaps.


    Anhand vom Essen wird immer wieder darauf hingewiesen, was es früher bedeutet hat, wie sich die Lebenssituationen geändert haben. Welche Nahrungsmittel früher wichtiger waren als heute und wieso. Wie die Generationen vorher mit ihrem Alltag umgegangen sind. Wie heute die Politik ins Chaos stürzt, mit den Themen der Zeit – Klimapolitik, Flüchtlingspolitik, Gleichberechtigung von Menschen unterschiedlichen Geschlechts, ethnischer oder religiöser Herkunft.


    Ob der Abend tatsächlich stattgefunden hat? Es gibt mehrere Optionen in diesem Buch. Ob es nur ein Abend war, der exemplarisch hätte stattfinden können? Ob sie wirklich Freunde sind oder nur noch durch soziale Medien vernetzt?



    Findet es selbst raus.

    Kurzweilig und interessant geschrieben, ich mochte es sehr.

  • Den Titel finde ich interessant gewählt. Das Cover mag ein bisschen irreführend sein, aber schlimm finde ich es nicht.


    Danke für Deine Eindrücke, b.a.t. ! Protagonisten ohne Namen finde ich meistens nervig, aber der Rest hört sich reizvoll an. Vielleicht lese ich mal im Laden rein und entscheide dann ...

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich habe Teresa Präauers "Kochen im falschen Jahrhundert" wegen mehrerer positiver Rezensionen (u.a. der obigen) gekauft und gelesen und bin wirklich dankbar für den Tipp, denn es hat mir ausgesprochen gut gefallen.


    Gerade weil die Figuren, deren Namen nicht genannt werden, zunächst relativ unscharf bleiben, ist es total interessant zu sehen, wie in den verschiedenen Varianten der Geschichte einzelne Facetten der jeweiligen Persönlichkeiten in den Fokus geraten. Das Essen, das vermeintlich im Zentrum der Geschichte steht (und Teresa Präauer schafft es, so darüber zu schreiben, dass einem immer mal wieder das Wasser im Munde zusammenläuft), wird dann eben zum Randgeschehen und die Fragen, die der Roman aufwirft, rücken in den Vordergrund: Wie sieht man sich selbst und möchte von anderen gesehen werden? Mit welchen gesellschaftlichen Erwartungen werden Menschen konfrontiert und wie gehen sie damit um? Wie entwickeln sich Lebensläufe und was sagt das über die betrachteten Figuren aus?


    Das ist die große Stärke von Teresa Präauers Gesellschaftsroman, den man mit seinen 170 Seiten zwar schnell weggelesen hat, dessen Denkanstöße aber lange nachhallen: Zentrale Fragen der Gegenwart so aufzugreifen, dass sie den Leser/ die Leserin erreichen und durchaus auch zum Hinterfragen eigener Lebensentwürfe anregen - ein kluges, lohnenswertes Buch!


    5ratten

  • Ich lese das Buch gerade - bin etwa bei Halbbuch.

    Ja, es liest sich eigentlich gut - die Autorin produziert sich selbst allerdings ganz gern durch kleine Wortspielchen, die ich relativ unnötig finde (Emailtopf - E-mail - haha.. :rolleyes:).


    Mein genereller Eindruck bisher:

    Es kommen viele Details des Wegs vom Studentenleben zu einer Yuppie-Existenz vor, die einem bekannt vorkommen - Vieles ist da gut beobachtet und auch sprachlich amüsant, immer leicht ironisch beschrieben.

    Was mir tatsächlich fehlt, ist das, was ich etwas empathische Warmherzigkeit nennen würde. Gut, die (darum ja auch namenlosen..) Figuren sind halt auch keine eigentlichen "Individuen", sondern eher.. Stellvertretercharaktere. Dennoch ist der Blick der Autorin auf sie eher ziemlich unbarmherzig und kalt. Auch ist zwischen ihnen wenig gegenseitige echte Zuneigung spürbar. Vielleicht haben sie's ja verdient?? Und vielleicht wird die 2. Buchhälfte hier Aufschluss bringen..

    Bisher jedenfalls kein Buch, das mir gefällt; ich friere eher etwas dabei - auch wenn es geschliffen geschrieben ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()

  • Interessant und sehr farbig die Klimax in Form erinnerter Speisen und die Andeutung der echten. (Als Kontrapunkt dann später wieder eine Beschreibung der Zustände bei der Großmutter.)

    Das Ganze hinterlässt bei mir einen etwas schalen Geschmack von (gewollter) Beiläufigkeit und der vielfältigen Abhängigkeit von political correctness, aber auch einer gewissen Orientierungslosigkeit.

    Vielleicht merkwürdigerweise verstehe ich aber auch diejenigen, die von dem Büchlein sehr angetan sind.


    Mein Lieblingssatz, der für meinen Eindruck vieles zusammenfasst:


    Sie war jung und wusste zu gut, was sie vom Leben erwartete.