Tillmann Bendikowski - Hitlerwetter. Das ganz normale Leben in der Diktatur

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    Tillmann Bendikowskis ausgesprochen informatives Sachbuch "Hitlerwetter. Das ganz normale Leben in der Dikatur" beschäftigt sich, wie der weitere Untertitel ausführt, mit dem Alltagsleben der Deutschen in den Jahren 1938 und 1939. Er wählt dazu eine Grundstruktur, die er auch schon für seine frühere Veröffentlichung "Ein Jahr im Mittelalter" angewandt hat, nämlich monatlich vorzugehen und jedem Monat ein Schwerpunktthema zuzuordnen. Dieses Konzept ist sehr überzeugend und das ganze Buch toll zu lesen.


    Ich habe mich zunächst gefragt, warum Bendikowski gerade mit dem Dezember 1938 in sein Buch einsteigt, der Sinn hierin erschließt sich tatsächlich rückwirkend, denn dadurch ist der November 1939, in dem das Attentat Georg Elsers auf Hitler im Fokus steht, der letzte behandelte Monat, und hier wird am Beispiel Elsers sehr deutlich gemacht, dass die Gewissensfrage, wie man zum nationalsozialistischen Regime steht, tatsächlich von jedem und jeder Einzelnen gestellt werden konnte und musste.


    Auch sonst kann man für die Anordnung der Kapitel sagen, dass diese zwar an bestimmten Ereignissen orientiert sind, die im jeweiligen Monat stattgefunden haben, sich aber trotzdem von eher allgemeinen Alltagsthemen, wie beispielsweise Gesundheit und dem Umgang mit Religion, hin zu den existenziellen Themen bewegen, wie dem Gang ins Exil für diejenigen, die eben nicht Teil der vielbeschworenen Volksgemeinschaft waren, und schließlich auch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Diese Anordnung der Themen hat mich absolut überzeugt, zumal es immer wieder Querverweise zwischen den einzelnen Kapiteln gibt.


    Der Autor schreibt ausgesprochen fundiert und das Buch ist hervorragend recherchiert, neben Standardwerken werden auch viele, durchaus auch unbekanntere Quellen herangezogen, und mehr als 1000 Fußnoten auf knapp 480 Textseiten sprechen da auch für sich. Dazu ist es wunderbar formuliert, es liest sich gar nicht wie ein trockenes Sachbuch, sondern spannend und kurzweilig wie ein Roman. Das wird unter anderem auch dadurch erreicht, dass es trotz des ernsten Themas eben auch manchmal zum Schmunzeln über Absurditäten anregt, etwa wenn der Autor ewähnt, dass der Geflügelzüchterverband fünf Tage vor Hitlers 50. Geburtstag in der Reichskanzlei anfragte, ob der Führer denn auch über einen Hühnerstall verfüge, um die als Geschenk beabsichtigten Zuchthühner unterbringen zu können. Aber das ist eben auch Alltag in der Diktatur - und hier sind die etwas anderen Blickwinkel auf die Geschichte durchaus erhellend.


    Für mich ist dieses Buch ganz sicher ein Jahreshighlight, es hat mir unglaublich gut gefallen und ich empfehle es für Geschichtsinteressierte gerne weiter.


    5ratten :tipp: