Basil Copper - Der Vampir in Legende, Kunst und Wirklichkeit

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  • Inhalt (von festa-verlag.de):


    Der englische Filmkenner und erfolgreiche Krimiautor Basil Copper erzählt die Geschichte der Kinder der Nacht, die ewig nach Blut gieren – sogar über den Tod hinaus.


    Bram Stokers Dracula, Sheridan Le Fanus Carmilla und der Sussex-Vampir, der von Sherlock Holmes und Dr. Watson gejagt wurde, sind nur einige der literarischen Figuren, die Copper in diesen Buch untersucht. Stummfilmklassikern wie Nosferatu werden ebenso behandelt wie moderne Filme, doch auch wirkliche Vampire wie John George Haigh oder Fritz Haarmann.


    Mit dieser Ausgabe liegt Coppers Werk erstmals ungekürzt auf Deutsch vor.
    Übersetzt von Malte S. Sembten, der das Buch auch sachkundig bearbeitet hat, enthält es außerdem einen breiten bibliographischen Anhang, einen Index mit dem Lebensdaten der erwähnten Personen sowie ein umfangreiches Nachwort von Uwe Sommerlad, der das Thema in den 1970er Jahren aufgreift, als die englische Originalausgabe erschien, und es bis heute weiterführt.



    Meine Meinung:


    Im ersten Abschnitt des Buches geht es um den Vampir in der Legende. Schon im Vorwort schreibt Copper, dass Der Vampir in Legende, Kunst und Wirklichkeit „nicht als wissenschaftlich Abhandlung verfasst“ wurde und dies spiegelt sich auch deutlich im Stil des Autors, der eher erzählend, ausschmückend und unterhaltend wirkt, was die Lektüre durchaus spannend und unterhaltsam macht und sicher dafür sorgt, dass man sich so schnell nicht langweilt, jedoch teilweise auch ein etwas plakativ wirkt und bei einem Sachbuch vielleicht ein wenig auf Kosten von Neutralität und Sachlichkeit geht.


    Das erste Kapitel beginnt mit einer Art Nacherzählung zweier historischer Vampir-Fälle, was soweit durchaus interessant ist, auch der folgende Abschnitt über die Bedeutung von Kreuzwegen (Selbstmörder wurden dort begraben, etc.).Wenn es dann jedoch an die Beschreibung der Vampire geht, erscheinen mir Erkennungsmerkmale wie „anhand seines ekelhaften Mundgeruchs. Blutsaugern haftete ein Grabgestank an und eine der Folgen des Blutgenusses ist eine charakteristische Art von Krankheit. So war der Vampir von Natur aus abgezehrt, bleich und stechenden Blicks [...] Seine Fingernägel waren überlang und schmutzig und seine Zähne (ein Haupterkennungsmerkmal, dass sich schwer verbergen ließ!) vorstehend, scharf und spitz.“ doch ein klein wenig oberflächlich und klischeehaft, zumal ich meine, gerade in Von denen Vampiren oder Menschensaugern gelesen zu haben, dass diese Vorstellung des typischen Vampirs eben nicht immer zutreffend war. Auch weiter Vorstellungen und Merkmale sie später erwähnt werde, können diesen Eindruck nicht nennenswert abschwächen.


    Außerdem neigt der Autor hin und wieder zu Wiederholungen, jedenfalls finde ich nicht, dass mehrmals erwähnt werden muss, dass Vampire eine Abneigung gegen Kruzifixe haben. Und wenn auf Seite 33 steht „wer einen Kreis aus Schutzkreis aus Weihwasser um sich versprengte schuf eine Barriere zwischen sich und dem Vampir“ muss ich nicht 14 Seiten später mit „der Vampirjäger [...] kann einen Schutzkreis aus Kräutern oder Weihwasser um sich ziehen“ daran erinnert werden.


    Die letzten Kapitel des Abschnitts (Vampirfledermaus und ein weiterer historischer Fall) fand ich dann wieder etwas besser interessanter. Übrigens macht auch der Übersetzer am Ende noch einige Anmerkungen über die „unscharfe Trennung, die Copper [...] zwischen dem Vampir der Legende und dem der Literatur und des Films zieht.“ Insgesamt war dieser erste Abschnitt durchaus ganz spannend, für jemanden, der auf diesem Gebiet schon Vorkenntnisse hat, oder der sich intensiver/ernsthafter mit dem Thema beschäftigen will, ist er aber wohl eher weniger geeignet.


    Der zweite Teil, der sich mit dem Vampir in der Literatur beschäftigt, gefällt mir schon ein Stück besser.


    Es werden der Der Vampir von Polidori, Varney von Prest und natürlich Stokers Dracula, sowie diverse Kurzgeschichten besprochen, wobei der Autor einige Texte auch ausgiebig zitiert, was ich ganz ansprechend fand, da man so auch einen Eindruck von denen erhält, die man (noch) nicht gelesen hat. Zwar scheint auch hier die ein oder andere Stelle ein klein wenig oberflächlich, aber interessant ist dieser Überblick über die Vampirliteratur seit dem 19. Jahrhundert dennoch, schon um sich ein paar nette Lektüretipps zu notieren. Zudem wirkt auch Coppers Schreibstil hier weniger dick aufgetragen als im vorigen Kapitel. Schade ist nur, dass, weil das Buch eben aus den 70ern stammt, Bücher und Geschichten der letzen 30 Jahre natürlich nicht erwähnt sind.


    Dies gilt natürlich auch für das dritte Thema: Der Vampir in Theater und Film, in dem unter anderem Nosferatu von Murnau und Der Vampyr von Dreyer und B-Movies, aber auch die Bühnenversionen von Dracula besprochen werden, was für mich recht interessant war, obwohl der Autor sich auch hier ab und zu wiederholt.


    Im letzen Abschnitt: Der Vampir in der Wirklichkeit geht es neben dem eher belustigenden Fall eines „Vampirjägers“ auf dem Londoner Highgate-Friedhof vor allem um medizinischen Vampirismus. Die dabei vorgestellten Fälle, wie der des Fritz Haarmann, des „Vampirs von Hannover“, sind natürlich ziemlich grausam, und nichts für sehr empfindliche Gemüter, aber Copper verzichtet zum Glück auf übermäßig detaillierte Beschreibungen ihrer Taten. Sein Tonfall ist dabei sicher nicht völlig sachlich und neutral, aber dennoch weniger plakativ als im ersten Kapitel.


    Abgerundet wird das Buch durch ein Nachwort von Uwe Sommerlad, das die Entwicklung der Vampirliteratur und des Vampirfilms seit erscheinen von Coppers Buch beschreibt, so dass nun auch aktuellere Werke wie z. B. die Bücher von Anne Rice oder Popppy Z. Brite und Filme wie Buffy oder Blade und viele andere Erwähnung finden. Für mich vielleicht das Beste am ganzen Buch.


    Fazit: Nach einem eher mittelprächtigen Anfang fand ich den Rest von Der Vampir in Legende, Kunst und Wirklichkeit doch gar nicht so schlecht. Wer sich vor allem für die historischen Ursprünge der Vampirlegende interessiert, sollte zwar definitv zu anderen Werken greifen, in Sachen Literatur, Film und Wirklichkeit bietet das Buch jedoch durchaus ein paar interessante Informationen. Vielleicht nicht unbedingt für Experten auf diesem Gebiet, aber sicherlich für Anfänger, die sich auf unterhaltsame Weise einen Überblick verschaffen wollen. Im Übrigen sollte man dieses Buch unbedingt in der deutschen Version lesen (gut, die englisch dürfte eh lange vergriffen sein), denn es gewinnt deutlich durch die Anmerkungen des Übersetzers Malte S. Sembten und vor allem durch das Nachwort von Uwe Sommerlad. Auch die Bibliographie im Anhang ist in Sachen Buchtipps sicher nicht ganz uninteressant. Eventuell wäre es aber dennoch sinnvoll, vor dem Kauf ein oder zwei Kapitel anzulesen, um einen Eindruck davon zu erhalten, ob Stil und Inhalt den eigenen Vorstellungen entsprechen.



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  • Danke, eine sehr tolle Rezension!
    Ich hab mich in der Uni bisher relativ ausführlich mit Vampiren in Literatur und Film beschäftigt, deswegen schlich ich schon längere Zeit um das Buch rum, hatte aber eben Befürchtungen. Gut, jetzt mit deiner Rezi weiß ich ja, worauf ich mich einlasse und kann durch gewisse Oberflächlichkeiten / Plakativität nicht mehr enttäuscht werden. Es interessiert mich aber immer sehr, so dass es jetzt definitiv auf der Wunschliste weiter nach oben rutscht.