J.R. Moehringer - Tender Bar

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 253 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Breña.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Tender Bar kam aufgrund einiger begeisterter Stimmen aus dem Forum bereits 2008 zu mir, also relativ kurz nach dem Erscheinen. Irgendwas hat mich seitdem immer davon abgehalten, es zu lesen - keine Ruhe für englische Lektüre oder keine Lust auf etwas Autobiografisches oder interessanter erscheinende Bücher.


    Dabei ist Tender Bar eines dieser Bücher, die sofort eine Wohlfühlatmosphäre schaffen, auch wenn gerade nicht alles “Friede, Freude, Eierkuchen” ist. Moehringer schreibt sehr angenehm und hat ein Talent, mich mitzunehmen. Er nimmt seine Mitmenschen wahr und beschreibt sie sehr pointiert und vor allem zugewandt. Egal ob es sich um kleine Marotten oder um große Verfehlungen handelt, er beschreibt die Situation und die Wirkung auf ihn, ohne zu verurteilen. Und das ist gerade sehr erfrischend.


    Das einzige, was mich anfangs störte, ist die Glorifizierung der Barkultur. Im Prolog liefert Moehringer etwas Kontext und beschreibt die Gegend und Zeit, in der er aufgewachsen ist, und welche Bedeutung Bars und Eckkneipen einnahmen. Das war mir etwas zu viel Überhöhung, denn es gab sicherlich auch Schattenseiten. Am Anfang seiner Geschichte taucht die Bar nur am Rande seiner kindlichen Wahrnehmung auf, da passt es wunderbar. Es dauert gut fünfzig Seiten, bis der junge JR die Bar überhaupt betreten darf. Ich bin gespannt, wie es nun weitergeht, nachdem der Mythos realer geworden ist.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Die Bar rückt erst Mal in weite Ferne, da JR mit seiner Mutter nach Arizona zieht. Weil das Schicksal aber manchmal verworrene Pfade nimmt, verbringt er die Sommerferien bei seinen Großeltern und vor allem mit Onkel Charlie und dessen Freunden.


    Besuche am Strand, in der Bar und beim Baseball fand ich in der Ausführlichkeit nur mäßig interessant. Es wird viel getrunken und hohles Zeug geredet.


    Die Sommerferien sind nun vorbei und ich hoffe, der nächste Abschnitt nimmt mich wieder mehr mit.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Tender Bar kam aufgrund einiger begeisterter Stimmen aus dem Forum bereits 2008 zu mir, also relativ kurz nach dem Erscheinen

    Meine Stimme gehört auch dazu. Allerdings habe ich das Buch später gelesen, als es dir aufgefallen ist ;)

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich hatte es auch vor vielen Jahren gelesen - kann mich aber noch erinnern, dass ich es mochte.

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Ich habe das Buch auch relativ kurz nach Erscheinen gelesen und sehr gemocht.


    Baseball als solches finde ich völlig uninteressant, aber wenn Sportszenen gut geschrieben sind, kann ich mich manchmal trotzdem dafür begeistern. Ich weiß aber nicht mehr, wie das hier war.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Baseball als solches finde ich völlig uninteressant, aber wenn Sportszenen gut geschrieben sind, kann ich mich manchmal trotzdem dafür begeistern. Ich weiß aber nicht mehr, wie das hier war.

    Da die Begeisterung der Zuschauer gut beschrieben ist, haben sich die Passagen ganz gut gelesen. Es gab allerdings über ein paar Kapitel hinweg so eine anstrengende Häufung aufgesetzter Männlichkeit, das war anstrengend. :zwinker:


    In den nächsten Kapiteln hat sich das zum Glück wieder geändert. Ich muss mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass ich Autobiografisches lese, Moehringer hat wirklich ein großes Erzähltalent. Manche Szenen stechen für mich besonders heraus:


    Der junge JR hört die Geschichte, weshalb Kakteen Arme ausbilden: Wenn sie Gefahr laufen, in eine Richtung zu kippen, bilden sie einen Arm und wenn sie sich dann in diese Richtung neigen, bilden sie einen neuen Arm als Gegengewicht. So bleiben sie immer in Balance. JR sieht Parallelen zu sich und seiner Mutter, "If only our arms would quit falling off".


    Fast zu schön um wahr zu sein liest sich seine Begegnung mit den beiden verschrobenen Betreibern eines Buchladens, die ihn mit Lesestoff und Weisheiten versorgen. :herz:

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Besser als jeder Lebensratgeber:


    Zitat von S. 119 (gekürzt)

    You must do everything that frightens you, JR. Everything. I'm not talking about risking your life, but everything else. Think about fear. Fear will be the fuel for all your success, and the root cause of all your failures. And the only chance you'll have against fear? Follow it.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • JR hat die Höhen und Tiefen des Lebens an der Uni durchlaufen - Ganz alltägliche Ereignisse, jedoch so erzählt, dass ich kaum aufhören wollte zu lesen.


    Mal sehen, wo das Leben ihn nun hinweht.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Übrigens merke ich immer wieder, dass ich darüber stolpere, von JR zu sprechen, schließlich kenne ich diesen Menschen nicht persönlich. Aber seine Geschichte wirkt gleichzeitig so authentisch und so ausgedacht, dass ich Autor und Protagonisten nicht als eine Person wahrnehmen.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Ich muss da immer an Dallas - die Serie denken. ;)

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • J.R. Moehringer erinnert sich in seinen Memoiren an seine Kindheit und die Zeit des Erwachsenwerdens. Er schreibt diesen autobiografischen Rückblick so gut, dass es fast wie Fiktion wirkt, aber dennoch authentisch ist. Die Ereignisse folgen einem Spannungsbogen und sein Blick auf die Personen um ihn herum ist pointiert und zugewandt. Auch wenn nicht alles positiv ist und der junge Moehringer sogar ordentliche Rückschläge einstecken muss, schafft er eine Atmosphäre zum Wohlfühlen. Er vermittelt einen positiven Blick auf die Welt und stärkt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten - auch wenn er selbst das erst rückblickend wirklich schätzen kann.


    Ein Kritikpunkt ist, dass es ein paar Längen gab. Die Ereignisse wiederholen sich nicht, denn J.R. entwickelt sich stetig weiter, jedoch das Gefühl, das Moehringer beim Erzählen dieser Ereignisse vermittelt. Ich verstehe, weshalb ihm diese Wiederholungen wichtig sind, allerdings hätte ich sie nicht in der Ausführlichkeit lesen müssen.


    Und es wird viel gesoffen, natürlich. Es wird allerdings selten thematisiert, dass Alkoholismus eine große Rolle gespielt haben muss und welche negativen Auswirkungen damit einhergehen. Die klingt nur hin und wieder an und erst im Epilog stellt Moehringer fest, dass Trinken und Versuchen sich wie gegensätzliche Impulse anfühlten (“drinking and trying felt like different impulses”): Solange er trank, konnte er nicht versuchen, eine bessere Version seiner selbst zu werden, nicht der Mann, der er als Kind werden wollte. Die Glorifizierung der Barkultur passt zwar einerseits zum Thema des Buches, doch andererseits hätte ich mir einen reflektierteren Blick gewünscht.


    An anderer Stelle merkt er an, dass einige Männer weniger beeindruckend sind, je näher man ihnen kommt. Das trifft ganz eindeutig für seinen Vater zu, nach dem er jahrelang gesucht hat. Die Männer der Bar, die er stattdessen zu seinen Vorbildern gemacht hat, betrachtet er sehr viel positiver. Er kennt und benennt ihre Schwächen, rückt jedoch ihre Stärken in den Vordergrund. An vielen Stellen wird seine Zuneigung und Dankbarkeit deutlich, denn Moehringer weiß, was er diesen Männern verdankt. Und während der gesamten Suche nach väterlichen Vorbildern ist die Person, die er am meisten liebt und bewundert, seine Mutter. Er kann sehr genau benennen, was sie zu einer starken Frau macht - zu einer stärkeren Person als viele der Männer um ihn.


    Ein lesenswertes Buch, das mich durch seine erzählerische Qualität überrascht hat.


    4ratten und 🐭

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges