Inhalt: Der Buchhändler Etienne Vollard erlebt einen Albtraum - ein kleines Mädchen läuft vor sein Auto, er kann nicht ausweichen. Sie fällt ins Koma. Während ihre Mutter Thérèse sich kaum zu Krankenbesuchen aufraffen kann, spricht der eigenbrödlerische Vollard unermüdlich mit Eva und liest ihr vor. Nach Wochen wacht Eva wieder auf, doch sie hat ihre Sprache verloren. Als sie in ein weit entferntes Sanatorium verlegt wird, nimmt Vollard seine Besuche wieder auf, doch ihre Genesung scheint immer weiter entfernt…
Meine Meinung: Laut Klappentext war das Buch in Frankreich einer der größten Erfolge der letzten Jahre – aus meiner Sicht zu Recht. Péju verzichtet auf Schnörkel, Kitsch und tränenreiche Szenen. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb geht die Geschichte ans Herz. Die kleine Eva hat von Anfang an etwas Trauriges an sich; einerseits wird dies durch den Unfall und seine Folgen natürlich noch verstärkt, andererseits blitzt ab und zu der Gedanke auf, dass Koma und Krankheit vielleicht nicht schlimmer sind. Warum das so sein könnte? Péju erzählt es nicht. Ebensowenig erklärt er, was die rastlose Thérèse bewegt: wie kann sie ihr Kind allein lassen (nicht erst mit dem Unfall), warum verspürt sie einen unbezwingbaren Drang, sich „aus dem Staub zu machen“? Einiges wird angedeutet, aber der Leser darf sich selbst einen Reim darauf machen. Oder auch nicht.
Die einzige Person, die für den Leser etwas klarer wird, ist Vollard. Ein einsamer Mensch, dessen ganzes Leben das Lesen und seine Buchhandlung „Wort und Sein“ ist (übrigens ein toller Laden! Gäbe es ihn wirklich, wäre er hier im Forum wohl ein Geheimtipp. Noch nie habe ich beim Lesen so Lust bekommen, direkt ins Geschehen, d.h. in die Buchhandlung, einsteigen zu können). Und er war schon immer einsam, wie ein Kapitel, das aus Erinnerungen eines früheren Schulkameraden besteht, beweist. Nachdem der Unfall ihn fast in den Wahnsinn treibt, verwendet er seine ganze Kraft darauf, Eva beizustehen. Ob er Erfolg damit hat? Ist das denn wichtig – kommt es nicht auf den Versuch an?
Fazit: Ein kleines, sehr feines Büchlein, auf das ich durch einen Tipp von Dostoevskij gestoßen bin (an dieser Stelle vielen Dank ). Daneben ist es auch eine Fundgrube für Literaturfreunde: zitiert und vorgelesen werden u.a. Goethe, Andersen, Hugo, Frisch, de La Fontaine…
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