Beiträge von finsbury

    Hilary Mantels abschließender Roman aus der Thomas Cromwell-Trilogie "Spiegel und Licht", im Original "The Mirror and the Light" behandelt die Zeitspanne zwischen Anne Boleyns Hinrichtung 1536 und der von Thomas Cromwell selbst im Sommer 1540.


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    In dieser Zeit erlebt Thomas Cromwell als Lordsiegelbewahrer und Kanzler Heinrichs des Achten seine größte Machtentfaltung und weltliche Erhöhung hin zum Ritter des Hosenbandordens und eines Earls of Essex bis zum recht plötzlichen Absturz, weil die von ihm mit eingefädelte Ehe mit Anna von Kleve Henry nicht erfreute und Cromwells Feinde im inneren Zirkel des Königs diesen Missgriff nutzten, um ihn durch eine politische Intrige zu Fall zu bringen.

    Der dickste Roman der Trilogie mit 1080 Seiten hat durchaus einige Längen. Eine Fülle von Begegnungen wird dem Leser vorgeführt, und die Entwicklung des Geschehens im Dialog gestaltet sich genauso meisterhaft wie in den anderen Bänden. Zusätzlich gibt es längere Rückblenden und Begegnungen mit Verstorbenen, die wohl Cromwells Charakter entwickeln und vertiefen sollen, zum Teil aber ein wenig undurchsichtig erscheinen.


    Das Bild eines ungemein energiereichen Mannes bleibt, der seine Moral für seinen Monarchen sehr ausdehnen musste, dafür von vielen Dämonen verfolgt wurde, was er durch ununterbrochene Arbeit betäubte, ein Mann, der sich durchaus in seinen Privilegien sonnte und sich durch Henrys Zuwendungen und die Säkularisierung der Klöster sehr bereicherte, aber doch immer wieder sein Handeln überdachte und am Ende sehr darauf bedacht war, seine Familie und engsten Freunde und Mitarbeiter davor zu schützen, mit ihm gerissen zu werden. Also eine zutiefst menschliche Gestalt, die einem daher nähergeht als eine abgehobene Lichtgestalt.


    Von vielen seiner Zeitgenossen und auch den Späteren wurde er wohl als ein Sympathisant der Reformation angesehen. Sein letztes Bekenntnis auf dem Schafott zum katholischen Glauben, womit er wohl aber eher den der von Henry gegründeten anglikanischen Glauben der Hochkirche meinte, die zwar Papst , Mönchtum und Heiligenverehrung ablehnt, ansonsten aber an den Riten des katholischen Gottesdienstes festhält, zeigt aber, dass es ihm weniger um den Glauben ging als um Loyalität, zunächst zum Kardinal Wolsey, nach dessen Tod zum König. Dabei verursachte er viel Leid, reformierte aber auch das Land und schuf die Grundlagen für den späteren Aufstieg Englands unter Henrys Tochter Elizabeth der Ersten zur weltumspannenden Handels- und Seemacht.


    Wie oben geschrieben, ca. 300 Seiten weniger durch Kürzung einiger weniger bedeutsamer Nebenhandlungen, Reflexionen und Rückblenden hätten nicht geschadet, ansonsten ein würdiger Abschluss einer grandiosen Trilogie! Kein Vergleich mit den meisten anderen historischen Romanen ,sondern wirklich gelungene Literatur mit Anspruch, die trotzdem zu lesen Spaß macht und über weite Strecken auch sehr spannend ist.

    Hab heute morgen noch mit "Feenlicht und Krötenzauber" von Halo Summer angefangen. Hab das schon ewig auf dem Reader und finsbury hat ich daran erinnert.

    Ich finde die Reihe auch ganz nett, allerdings zunehmend mit zuviel Teenie-Romantik. Aber ansonsten ist es ein bisschen wie Harry Potter mit umgekehrtem Geschlechter-Anteil, natürlich nicht auf dem gleichen Niveau, aber sehr fantasievoll. Die Schulsituation, die ständige Bedrohung, die Auserwähltheit der Protagonistinnen, das erinnert schon sehr daran.
    Ich habe inzwischen vier Bände gelesen, die spannend bleiben, nur wird der Anteil an Liebesgeschichten jetzt immer höher. Das muss man mögen.

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    Der Krimi erschien neu in diesem Jahr und ist womöglich der erste einer Reihe. Sein Autor, Eberhard Michaely, ist erst seit einiger Zeit dem Bücherschreiben verfallen, eigentlich Jazzmusiker und arbeitet außerdem in Hamburg in Hamburg als Busfahrer. Daher bekommt er auch viele Inspirationen für seine Krimis, auch die Vorlage für Frau Helbing ist ihm dort über den Weg gelaufen.

    Zum Inhalt:

    Frau Helbing ist Fleischereifachverkäuferin in Rente, ihren Gatten Hermann, mit dem sie eine Metzgerei im Hamburger Grindelviertel betrieb, bedeckt nun schon seit vielen Jahren der Torf. So hat Frau Helbing Zeit für die schönen DInge des Lebens, zu denen vorallem die Lektüre von Krimis und ebensolche im Fernsehen zu schauen gehören. Mit ihrem derart kriminalistisch geschulten Verstand vermutet sie gleich ein Verbrechen, als sie die Leiche ihres netten Nachbarn, des über ihr wohnenden Fagottisten Herrn von Pohl entdeckt. MIt Glück, Kombinationsvermögen und der Unterstützung ihrer Freunde und Bekannten kommt sie dem Mörder auf die Spur.


    Meine Meinung:

    Ein nett geschriebener und sauber aufgelöster Cosy-Krimi mit sympathischen Personen. Ein wenig mehr ironische Spitzen wären wünschenswert gewesen.

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    Auch im zehnten Band der Reihe "Bruno - Chef de Police" wird mit den gleichen Zutaten gekocht. Der Fall selbst spielt dabei nur eine Nebenrolle und lässt immer genug Zeit für Ausritte, Begegnungen mit attraktiven Frauen, Brunos alte Liebe Isabelle, Streicheleinheiten für Basset Balzac und insbesondere natürlich für ausführliche Gastereien und Zechereien.

    Worum geht es diesmal? Eine Frau stürzt von einem Felsen, auf dem die Kreuzfahrerburg Commarque thront. Ein merkwürdiges Graffito aus zunächst unverständlichen Zeichen hat sie vorher an der Burgmauer angebracht. Und daran heftet sich nun eine wilde Story von einem arabischen Testament, das die islamischen Ansprüche auf Jerusalem fragwürdig erscheinen lässt und einen möglichen Terroranschlag auf eine Institution im Périgord, vielleicht ein internationales Pfadfinderlager oder vielleicht sogar die Welterbe-Höhle Lascaux.

    Während des Hochzeitsempfangs von alten Freunden Brunos spitzt sich die Lage zu ... .

    Alles kalter Kaffee, passte nur gerade gut in meine Lesethemen, weil ich mit der Kreuzzugszeit befasst bin, und die schön beschriebene Landschaft des Périgords half dann doch manchmal durch die letzte regenreiche Woche. Aber Bruno ist echt abgenudelt, was aber nicht heißt, dass ich nicht wieder die zwei Folgebände hier liegen habe, einmal aus Geschenkgründen und den dazwischenliegenden aus zwanghaftem Komplettierungszwang :schulterzuck:.

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    Dieser eher ungewöhnliche Krimi aus dem Jahr 2016 entführt uns in die fiktive Stadt Katenbüll in Schleswig-Holstein, nicht weit entfernt von der dänischen Grenze.

    KHK Sörensen (seinen Vornamen will er in dem Krimi nicht preisgeben) leidet unter einer Angststörung, hat darob Frau und Tochter verloren und sich nun von Hamburg ins beschauliche Städtchen Katenbüll versetzen lassen, um dem aufregenden und angsttreibenden Leben als Ermittler in der Großstadt zu entgehen. Leider hat er Pech. Bereits unmittelbar nach seiner Ankunft liegt ein Toter im Pferdestall, auch noch der Bürgermeister der Stadt.

    Sörensen ermittelt mit seinen Kolleg*innen Jennifer und Malte, die ihn nicht gerade mit offenen Armen aufnehmen, aber in kurzer Zeit lernen, seine Qualitäten zu schätzen. Sörensens Art, mit seinen an- und abschwellenden Angstzuständen umzugehen, machen ihn zu einem herausfordernden Gesprächspartner, führen aber auch zu überraschenden Einsichten. Bald gibt es drei Leichen in Katenbüll, die Fleischindustrie, aber auch kleine Jungs scheinen etwas mit dem Fall zu tun zu haben, und ein Hund namens Cord wird für den KHK zum Begleiter im verregneten Nordfriesland.


    Die Hauptfigur ist sperrig und nicht von der gewöhnlichen Art, aber schon ein Sympathieträger, wenn man sich eingelesen hat. Auch die Nebenfiguren sind gut besetzt und mit interessanten Eigenschaften und Lebensumständen ausgestattet. Daneben spielen Wetter, aber auch ein paar gute Einsichten zum Verhalten von Menschen in Gruppen eine größere Rolle.

    Ich würde mich freuen, wenn es nicht nur bei diesem Band bliebe. Empfehlenswert!

    Nach 17 Jahren auf dem SUB hat es der Roman nun geschafft, meine Aufmerksamkeit zu erringen und gelesen zu werden. Den Inhalt spare ich mir, da oben schon ausführlich dargestellt.
    Im Gegensatz zu einigen meiner Vorschreiberinnen finde ich nicht, dass die Personen zu unpersönlich dargestellt werden. Schon die Mutter Friedrichs, Konstanze, wird durchaus mit Wärme und Empathie geschildert.

    Es gefällt mir auch, dass die historischen Personen, insbesondere Friedrich, in der Vielfalt ihrer Persönlichkeit geschildert werden und es kein klares Gut und Böse gibt. Das ist gerade bei dem Staufer Friedrich II, der - wie sein Großvater Friedrich I "Barbarossa" - ja gerade im 19. Jahrhundert bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts hinein von vielen überschwänglich als eine Art nationales Vorbild gesehen wurde, im Sinne des hier auch als Kapitelüberschrift angeführten "stupor mundi", sehr angenehm neutral.
    Dennoch finde ich, dass der Roman einige Längen hat, insbesondere das letzte Kapitel über den zurückkehrenden Kaiser halte ich für überflüssig. Natürlich erhält Tile dadurch eine große Bedeutung und es menschelt merklich mehr, aber diese ganze Geschichte mit den Wiedergängern Friedrichs wirkt aufgesetzt, wie ein künstlerisches Hilfsmittel, um die historischen Ereignisse noch ein bisschen weiter erzählen zu können. Und genau hier wird es dann auch ziemlich falsch, weil Röhrig historische Personen wie Rudolf von Habsburg und den Kölner Erzbischof in diese Wiedergänger-Geschichte auf eine Art eingebunden hat, die sich nach meinen Recherchen mit den historischen Ereignissen nur schwer verbinden lässt.
    Was ich daneben noch vermisst habe, ist ein Nachwort, das sauber das Fabulierte vom Historischen trennt und vielleicht auch darüber Aufklärung gibt, warum sich der Autor gerade die ausgewählten historischen Personen und Ereignisse vorgenommen hat. illy, du schreibst im Eingangsbeitrag, dass du dich nicht richtig unterhalten gefühlt hast, weil das Buch vielleicht zu realistisch war. Das hat mir eigentlich gerade gut gefallen, weil ich historische Romane, die die die realen Personen zu sehr verändern, damit sie in einen spannenden Plot passen, nicht mag. Aber es kommt natürlich immer auf die eigenen Leseerwartungen an.
    Das war mein erster Roman von Röhrig, drei liegen noch auf Halde. Der hier besprochene hat mich nur zum Teil angeregt, mir diese schneller vorzunehmen. Dennoch habe ich einiges aus dem Roman gelernt, und er hat mich dazu gebracht, noch ein bisschen mehr über die dargestellte Epoche zu lesen.

    Talisker ist nicht so meins, ich mag am liebsten die Islay-Whiskys, insbesondere den Lagavulin. Aber auch einige Lowland-Whiskys können ganz schön lecker sein, z.B. Glenkinchie, der nichts Torfiges hat, aber auch nicht so süß ist wie viele andere Single Malts. Aber das ist off topic :spinnen:

    Sagota, die Whiskytrinkerei finde ich wirklich reichlich übertrieben, obwohl ich selber gerne einen guten Whisky trinke, aber nur einmal pro Woche und dann in Maßen zum Genuss ... . Hier aber wird fröhlich volltrunken Auto gefahren, als ob man damit nicht andere gefährden könnte. Es ist halt ein Whisky-Märchen, mit der Realität hat das Setting eh weniger zu tun. Als entspannende Lektüre nach harten Arbeitstagen aber ganz gut geeignet, weil man sein Hirn nur sehr wenig anstrengen muss. Slàinthe Math!:elch:

    Der vierte Band der Reihe um Beefeater John Mackenzie vereint wieder die gewohnten Elemente, die einen die Reihe recht gerne lesen lassen. Die Protagonisten sind sympathisch und in ihrem Hintergrund verankert. Durch Johns Nichte Renie wird mal wieder ein neues Milieu in die Reihe integriert - hier das der Schauspieler und Schauspielschüler. Neben einer recht spannenden Handlung lernt man auch wieder nebenbei einiges aus der englischen Geschichte, und mit der androhenden Junggesellenversteigerung John Mackenzies werden schon Fäden in den nächsten Band ausgeworfen.
    Einfach und erholsam zu lesenden Krimikost für die Entspannung zwischendurch.

    Leichte Kost für GB-Krimifans:
    Melinda Mullet hat bisher drei Krimis auf Deutsch veröffentlicht, die sich um die Erbin einer Whisky-Destillerie in den schottischen Lowlands drehen:


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    Ihre Heldin Abigail Logan ist eigentlich Pressefotografin mit Einsatz weltweit -gerne auch in Kriegsgebieten. Als ihr Onkel stirbt, bei dem sie nach dem frühen Tod ihrer Eltern aufwuchs, vererbt er ihr eine altehrwürdige Whisky-Destillerie, die er zunächst mehr als Hobby gekauft, dann aber mit Leidenschaft zusammen mit dem Destilleur Grant zu neuem Erfolg führte.
    Nun wird im ersten Band ein Angestellter der Destillerie ermordet, der zweite Band beschäftigt sich mit einem Mord im Rockermilieu: Im dritten Band geht es um Morde im Umkreis einer Preisverleihung für Whiskys.


    Die Romane sind recht unterhaltsam erzählt, die Fälle nachvollziehbar und das Ambiente sehr schottisch. Insbesondere wird Whisky getrunken, als gäbe es kein Morgen.

    Im Spätsommer erscheint ein weiterer Band.

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    Dieser 12. Krimi um Kommissar Jennerwein handelt von Verbrechen im Zusammenhang mit Bankenschließfächern. Polizeiobermeister Hölleisen ist hier der führende Ermittler, denn der Rest vom Team leidet mehr oder weniger noch an den Folgen des furiosen Showdowns des Vorgängerkrimis "Im Schnee wird nur dem Tod nicht kalt".
    Wie immer ist vieles an den Haaren herbeigezogen, aber schräge Ideen und merkwürdige Auftritte machen diese Alpenrkrimis ja erst aus. Diesmal sind es Don Quichotte und Sancho Pansa, die dem Alpenkurort ihren Besuch abstatten. Aber das ist nur das Buffo-Paar, das Opfer dagegen eine akademisch vorbelastete Putzkraft und die Verdächtigen stammen aus dem Villenviertel oder haben interessante Hobbys ... .
    Wie immer lesenswert und wunderbar schräg, wenn ich auch das eigentliche Team ein bisschen vermisst habe.

    Nun, 11 Jahre nach der Veröffentlichung ist das Känguru auch hier eingezogen, und ich habe mich durch die kleinen Geschichten sehr gut unterhalten gefühlt. Insbesondere deshalb, weil hier nicht stumpfe Comedy stattfindet, sondern das Känguru einen klaren gesellschaftskritischen Standpunkt einnimmt, wie auch schon Suse und Valentine hervorheben, und durch seine anarchischen Aktionen unsere dumpfe Konsumgesellschaft ein ums andere Mal entlarvt. Manchmal muss man schon seine kleinen grauen Zellen ein wenig anschmeißen, um den philosophischen und wirtschaftstheoretischen Apercus gerecht zu werden, dann darf man sich wieder bei klamaukigen Szenen entspannen. Eine gute Mischung! Grundsätzlich lese ich nicht so gerne solche kurzen Geschichten, aber das Buch war doch eine sehr angenehme Abwechslung gegenüber all dem tiefergelegten Comedy-Mist, der sonst so auf dem medialen Markt stattfindet.

    Ich fand den Blick in den drei Kriegsbänden auch interessant, wenn auch sehr zurückgenommen, wie du es ja auch beschreibst, Kirsten. Mich überkam das Gefühl, dass der Erzähler den Krieg nur durch eine dicke Dunstschicht wahrnimmt, die ihn auch teilweise quält, weil er das Ganze zwar einerseits zu seinem Glück, aber doch auch bedrückend als mehr oder weniger "Etappenhengst" erlebt.

    Auch mir haben die eifrigen Seniorenermittler*innen ein paar entspannte Lesestunden gebracht. Allerdings hatte ich mir nach der ganzen Werbung noch ein wenig mehr erhofft. Setting und Personal sind wirklich gut gelungen, die Wendungen sind überraschend und die meisten Handlungsfäden sauber aufgelöst.
    So richtig schwarzhumorig, was ich mir erhofft hatte, ist das Ganze aber nicht, und die Witzigkeit bewegt sich doch auf recht ausgefahrenen Gleisen. Mich störte auch, dass am Ende so viele Verdächtige ihr herzensgutes Geheimnis lüften: Dasist mir ein bisschen zuviel des Guten. Was die Buchrückenwerbung mit "warmherzig und weise" auslobt, kann ich nur im ersten Punkt bestätigen. Unter "weise" stelle ich mir dann aber doch Einsichten vor, die darüber hinausgehen, dass alte Herrschaften sich gegenseitig ihre Fehler im Dienste der alttestamentarischen Gerechtigkeit verzeihen. Aber insgesamt war es ein netter Zeitvertreib.

    Diesen Krimi habe ich jetzt auch gelesen, er scheint der letzte der Reihe zu sein, da Georg Schüppe am Ende seine Sachen packt und schon lange nichts Neues von Thomas Schweres erschienen ist.
    ech hat das Buch oben schon gut präsentiert. DIe Erzählidee ist ausgesprochen originell und trägt auch gut durchs ganze Buch. Manchmal nerven mich in Schweres' Romanen diese Ruhrgebiets-,Frauen. und auch Migrantenklischees. Mir ist immer dabei unwohl, ob das noch Satire oder doch eher ernst gemeint ist.
    Aber für jeden, der im Ruhrgebiet lebt, ist es eine Genugtuung, mal diese grausame Verkehrssituation auf der A 40 und den benachbarten "Schnell"straßen auf diese witzige Weise angeprangert zu sehen.

    Dann solltest du es auf jeden Fall lesen, Valentine und dir vielleicht auch das eine oder andere Walther-Gedicht in einer Anthologie anschauen. Ich hatte mich vor urlanger Zeit im Germanistikstudium am Rande mit ihm beschäftigt, war aber jetzt richtig froh, über den Roman wieder auf diesen unruhigen und komplexen Autoren, der weit über seine Mitlyriker hinausragte, aufmerksam zu werden.

    Alles in Ordnung, HoldenCaulfield, über Geschmack lässt sich nicht streiten. Für mich klang deine Formulierung eben abwertend, oder, sagen wir es anders, wenn ich sie in Bezug auf ein Werk der gehobenen Literatur verwendete, dann würde ich sie abwertend meinen.

    Einfach zu lesen oder nicht ist auch kein Wertungsmerkmal in Bezug auf die literarische Qualität.

    Im Vordergrund kann man die "Buddenbrooks" - wenn man so will - als einen unterhaltsamen Gesellschaftsroman lesen, aber die Dimensionen dahinter, der Zusammenbruch des Weltbilds der Vorgängergenerationen und die Gefährdung des Lebens an sich durch die Reibung zwischen Individuum und Gesellschaft, das macht diesen Roman, neben seiner Schilderungskunst und der schönen Sprache, die sicher viel weniger manieriert daherkommt als in den späteren Romanen, zu einem großen Genuss. Und eigentlich entwickeln die Personen eine solche Farbigkeit, dass einem auch ein Alois Permaneder durchaus menschlich sympathisch werden kann bzw. zumindest die Empathie des Lesers gewinnt.

    Tanja Kinkels Roman über den berühmten mittelalterlichen Dichter Walther von der Vogelweide und die fiktive jüdische Ärztin Judith erschien 2011.


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    Zum historischen Walther:
    Über Walther von der Vogelweide liegt nur eine Urkunde zu seinen Lebzeiten vor: die Schenkung von Geld für einen Pelzmantel durch den Bischof von Wolfger von Passau. Ansonsten kann man Walthers ungefähren Lebensweg nur anhand seiner in erstaunlicher Anzahl überlieferten Lieder und politischer Spruchdichtung nachvollziehen sowie anhand von Erwähnungen seiner literarischen Zeitgenossen. So weiß man nicht, wo er geboren ist, auch seine Sprache gibt darüber nur widersprüchliche Auskunft. Viele Forscher nehmen an, dass er um 1170 auf einem sogenannten Vogelweidhof im süddeutschen /tirolischen Raum geboren worden, seit den 90er Jahren am Hof des österreichischen Herzogs in Klosterneuburg bei Wien wirkte und dort von Reinmar dem Alten die Kunst der hohen Minnedichtung lernte. Doch er emanzipierte sich schnell von dieser in kurzer Zeit sehr formal verödeten Lyrik und sprach sich für die erfüllte Minne aus, wodurch er sich in einen Zwist mit Reinmar begab, der durch zahlreiche Lieder von beiden dokumentiert ist. Später nahm Walther ein unruhiges Reiseleben auf als fahrender Dichter im Dienste vieler Herren, für die er auch politische Dichtung und Loblieder verfasste, neben dem König Philipp II, den Kaisern Otto IV und Friedrich II auch für geringere Herren wie den Landgrafen Hermann von Thüringen und dessen Schwiegersohn Dietrich von Meißen. Dabei hängte Walther einerseits sein Mäntelchen nach dem Wind nach dem Motto: "Wes' Brot ich ess, des Lied ich sing", andererseits wird in seiner Dichtung eine erstaunlich freie,selbstbewusste und geradezu modern individualistische Persönlichkeit deutlich, deren Einsichten weit über die meisten auch seiner hoch stehenden Zeitgenossen hinausgingen.
    EInige seiner Lieder, wie "Ich saz uf einem steine und dahte bein mit beine" oder "Ich han min lehen" und erst recht "Unter der linden" sind vielen heute noch bekannt. Von Kaiser Friedrich bekam er um 1220 endlich ein kleines Lehen - vermutlich nahe Würzburg - verliehen, das seine Existenz absicherte. Um 1230 verstarb Walther.

    Zum Inhalt des Romans:
    Um diese wenigen biografischen Details und die anderen bekannten historischen Personen und Ereignisse rankt Tanja Kinkel eine spannende Handlung, in der sie durchaus waghalsige, aber mögliche Begegnungen und Handlungen schildert. Das beginnt schon damit, dass der junge Walther auf seiner Reise an den Wiener Hof ausgerechnet in dem Gasthof, in dem er und sein Knappe Markwart für die Nacht Unterkunft suchen, die Ingeiselnahme des vom Kreuzzug heimkehrenden Richard Löwenherz durch den Wiener Herzog Friedrich I miterlebt, über ein Pogrom an dem jüdischen Herrn der Münze in Wien, der hier zum Onkel der fiktiven Judith avanciert, bis hin zu vielen Intrigen, in die Walther und Judith verwickelt werden oder die sie gar selbst anzetteln, um geliebte Menschen zu retten bzw. vor allem auf die politischen Verhältnisse Einfluss zu nehmen. Das ist natürlich recht unwahrscheinlich. Andererseits zeigt die breite Überlieferungslage von Walthers politischer Spruchdichtung, die oftmals wirklich überaus keck war, dass sein Einfluss bei seiner breiten Zuhörerschaft groß gewesen sein muss und ihn so mancher hohe Herr lieber an seiner Seite als gegen sich eingestellt gesehen haben muss. Dabei werden Walther ebenso wie Judith keineswegs eindimensional dargestellt, sondern seine ichbezogene Argumentation, die sich in seiner Spruchdichtung und seinen Minneliedern immer wieder zeigt, wird auch in seine Charakterisierung übernommen. Judiths vielfältige emotionale und körperliche Verletzungen führen zu einer Verbitterung, die sie auch ungerecht gegenüber nahestehenden Menschen werden lässt.
    Judith nun - tja, da haben wir wieder das Problem mit den Frauenrollen in historischen Romanen: Ob sie wirklich all das hätte tun können, was sie hier im Roman tut, als Heilerin der Kaiserinnen, als Botin und Vermittlerin politischer Intrigen, sei dahingestellt. Jedenfalls kommen auch die Einschränkungen, die sie in doppelter Weise, als Frau und als Jüdin, erlitt, ausführlich zur Sprache.

    Meine Meinung:
    Dieser Roman ist nichts für diejenigen, die im historischen Roman eher die exotische Kulisse einer fernen Zeit hinter einer spannenden und /oder romantischen Geschichte suchen, sondern man muss sich schon auf viele historische Personen, Ereignisse und Vernetzungen einlassen und Spaß daran haben, diese nachzuvollziehen und vielleicht auch mal das eine oder andere ob seines Wahrheitsgehaltes nachzuschlagen, damit man diesen Roman genießt. Aber dann ist er ein unterhaltsames und dennoch recht informatives Leseerlebnis, das den großartigen Dichter Walther mal wieder aus den verstaubten Lyrikanthologien löst und uns einen modernen Menschen in all der Vielfalt seiner Facetten zeigt.