Ich habe gerade gemerkt, dass ich einige Stellen aus dem kommenden Kapitel versehentlich hier zitiert habe. Bin wohl mit Abschnitt sechs und Kapitel sechs durcheinander gekommen.
Ich markiere die entsprechenden Stellen mit Spoilerwarnungen, damit Erstleser Sie überspringen können. Zwei Absätze habe ich auch gelöscht.
Ich sortiere mich zunächst mal wieder anhand meiner Notizen und ergänze dann die Anschlusspunkte aus den obigen Beiträgen.
Tylstyr
Bevor die Gefährten den Praios-Tempel erreichen und Tylstyr dort Praioslobs Nachsichtigkeit anprangern kann sagt er meines Erachtens etwas ganz entscheidendes. Auf die Frage nach seiner Kette aus Möwenknochen antwortet er:
Zitat
»Ich kann nicht verleugnen, wer ich bin.« Tylstyr wandte sich erneut dem Tempel der Wahrheit zu und setzte den Weg fort. »Sie akzeptiert ohnehin keine Wiedergutmachung.«
Für mich klingt das nicht so ganz nach einem Plan seine Schuld endlich wiedergutmachen zu können. Im Gegenteil. Genau diesen Punkt hat er inzwischen aufgegeben. Er beginnt seine Verantwortung zu akzeptieren. Und Praioslobs Nachsicht? Vermutlich bezieht sie sich auch auf Tylstyr. Aber wohl nicht unbedingt darauf, dass er den Magier nicht an den nächsten Baum nagelt. Von einem Diener des Sonnengottes hätte man sich vermutlich auch ein bisschen mehr Unterstützung beim Kampf gegen einen vermeintlichen Diener seines erzdämonischen Gegenstücks gewünscht.
Was will Tylstyr im Praiostempel eigentlich, eine Antwort auf die Frage was ein gerechtes Urteil für Zidane ist und warum setzt er es mit sich selbst gleich. Magie sei eine Todsünde, ja für Praiosanhänger aber das ist er doch nicht und will er auch nicht werden.
Gerechtigkeit die jeden gleich behandelt, gibt es nur in einer unabhängigen Justiz in der kein Glauben/Kirche eingebunden ist.
Also sind alle Anhänger irgendeiner Religion per se ungerecht? Und jede Justiz, die religiöse Werte oder aus diesen Werten erwachsene Kultur berücksichtigt ist per se falsch und ungerecht? Das wäre zumindest für einen Aventurier eine sehr gewagte These. Ich habe den Schluss der Einlassungen noch mal nachgeschlagen.
Zitat
»Du weißt, dass Zidaine gefährlich ist«, mahnte Praioslob. »Ja.« Tylstyr nickte ruhig. »Sie muss gerichtet werden. Aber in Gerechtigkeit, die jeden gleich behandelt. Alles andere wäre unerträglich.«
Ganz offensichtlich benötigt Tylstyr Orientierung. Es geht hier um Recht und Gerechtigkeit. Um Rache, Reue und die Frage was das Richtige ist. In seiner Verzweiflung hebt Tylstyr seine Verfehlung als Nutzer von Magie und Zidaines Verbrechen auf die gleiche Stufe. Er ist sich nicht sicher, ob jene, die in seiner Sicht ihren eigenen Regeln zur Verdammung von Magie nur so lasch zu folgen scheinen, tatsächlich sein Maßstab für die zentrale Frage nach der gesuchten Gerechtigkeit im Fall der Toten von Stainakr gegen die Frau, die sich Zidaine nennt, sein können.
Ich glaube er zweifelt gerade an sich selbst. An seiner Welt, seinen Gefühlen, und das gehört nun mal die Magie dazu. Eigentlich sehr spannend, weil ja eine selbstkritische Hinterfragung von sich selbst nicht gerade zu den Stärken der Magier gehört. Und gibt es ein gerechtes Urteil für Zidaine? Schließlich ist sie auch nur ein Produkt ihrer Umwelt. Ich kann ihren Zorn auf die ganze Welt im Allgemeinen und auf die Jungmänner im Besonderen schon verstehen. Trotzdem ist sie eine tickende Zeitbombe und wenn sie nicht bald aus dem Verkehr gezogen wird (egal wie) gibt es bestimmt irgendeine Katastrophe. Schade das Tylstyr keinen "Erinnerung verlasse dich" kann . Man müsste Zidaines Erinnerung "umschreiben".
Was wäre denn, wenn Tylstr das könnte? Wenn er Zidaines Erinnerungen löschen oder manipulieren könnte. Wäre dann wieder alles gut? Und sie lebten friedlich bis an ihr Ende?
Ich hege die gleichen Vermutungen. Die ganze Geschichte hat ihn in einen tiefen Konflikt gestürzt. Er ist auf der Suche nach der einen echten Wahrheit. Die gib es aber nicht.
Wenn wir seinen Worten glauben dürfen, dann ist er auf der Suche nach Gerechtigkeit. Konkret wohl eher auf die Antwort nach eine angemessenen Strafe für Zidaine. Seine Gefühle für Zidaine sind ihm dabei aber im Wege. Bislang hat er sie immer verteidigt. Nun hat er aber zu sich selbst zurückgefunden. Die Möwenknochen sind das Zeichen dafür, dass er zumindest wieder einigermaßen klar auf die Dinge blickt. Seine Suche gilt meiner Meinung nach allerdings der Frage, wie er nun seiner Verantwortung gerecht werden soll. Er weiß, dass die Mörderin gerichtet werden muss. Aber er weiß nicht, wie das Urteil lauten soll.
Silberflamme
Der Umstand, dass die Silberflamme zu einem Schachergut wird dürfte ja wohl kaum verwundern. Immerhin sind diese Thorwaler ja recht renitent und dann muss man halt andere Mittel aufziehen. Drohungen mit schwarzen Hähnen sind das eine. Aber um sich die Kooperation zu sichern ist es gewiss viel einfacher einen Gegenstand zu haben, auf den die Barbaren nicht verzichten können. Im Zweifel ist der Sieg in der Rennbahn mehr wert als irgendein altes Schwert. Vergessen wir nicht die Aussage der Rahja-Hochgeweihten, dass sie der Macht im Hintergrund des Wettrennens nicht in die Quere kommen will.
Ich war zwar frustriert, als der Ottajasko des Foggwulfs die Silberflamme so schnell wieder abgenommen wurde, aber inzwischen ist es mir egal, ob Salarin oder Galayne sie hat: das Wichtigste ist, dass sie nicht in Fasar bei der fetten Qualle bleibt, denn dann wäre Lailaths Opfer völlig umsonst gewesen.
Es wäre ja durchaus mal interessant was die Leserunde meint, warum die Gruppen überhaupt diese alten Artefakte besorgen sollten. Die Zähne einer Seeschlange hat man extra beschafft, um den Kelch zu holen. Jetzt wurden zwei Gegenstände der elfischen Geschichte wieder ans Licht gebracht. Reiner Selbstzweck? Dürfen diese Gegenstände einfach "verloren gehen"?
Galandel
Ich war immer die Mutter-der-Schrate. Und ich werde es immer sein. So hätte es Spock vermutlich gesagt. So einfach kann die Welt sein. Also ich habe es nicht kommen sehen, aber es löst natürlich elegant den Konflikt um Galandels Präsenz. Zum einen hat sie nun offensichtlich auch aus Sicht der Autoren ihren Zweck erfüllt. Robert hatte dazu ja im letzten oder vorletzten Band mal Auskunft gegeben. Und zum anderen wird dadurch der kanonische Zustand um Galandels Schicksal wieder hergestellt. Elegant.
Nö, sie wird wieder "Mutter der Schrate und Tschüss." Altes Ziel altes Glück. Was soll das den? Aber mir wird nicht klar, was sie dazu gebracht hat. Ein Blick in die Sterne? Schluss mit Sterben und Abenteuerreise.
Was sie dazu gebracht hat? Na der Blick nach innen. Elfen haben es da doch recht einfach. Wenn sie den wahren Sinn des Lebens verlieren, dann altern und sterben sie. Wenn sie sich dann wieder klar werden, wofür sie eigentlich auf der Welt sind, kann das Leben weitergehen. Wenn das nur so einfach für uns Menschen wäre.
Nazanin und die Nordländer
Zitat
Oder missverstand sie wieder alles? Nahmen sie gar nichts leicht, sondern waren sie einfach zu erschöpft, um auf auch nur eine Stunde Schlaf verzichten zu können, weil der Tod immer nah war?
Eine interessante Beobachtung wie ich finde. Tatsächlich hatte ich ja schon anderswo festgestellt, dass Beorns Gruppe immer mit einer recht hohen Grundspannung arbeitet. Man könnte auch sagen, sie funktionieren deshalb so gut zusammen, weil die Bedrohung von außen so groß ist. Für Rumsitzen und Teetrinken bleibt an Beorns Seite nicht viel Zeit.
Ich habe sonst ja meist nicht viel für Zidaine übrig, aber was ihre Gedanken bezüglich Nazanin angeht gehe ich voll konform. Die hat keine Ahnung von der Welt, meint aber alles besser zu wissen. Und nun hat sie beinahe Leif auf dem Gewissen. Vermutlich hätte sie sich da sogar noch drüber gefreut.
Das ist natürlich total untypisch für einen Teenager aus gutem Haus. Die sind ja ansonsten immer total reflektiert und zurückhaltend und zollen den Erwachsenen jederzeit vollen Respekt. Ich bezweifle, dass sie Leif den Tod wünscht. Sie hätte ihm ja sonst nicht helfen müssen.
Hochzeitsglocken
Tja, was ein Glück, die Zidaine-Saga geht weiter. Zum Glück dürfen ein paar andere Leute auch noch die eine oder andere Rolle spielen. Ich sage mal Zidaine macht es noch mindestens drei Bände. Vielleicht auch noch mehr.
Beorn kennt ihr Geheimnis und wenn es um die Frage von Schuld geht, trägt er die dann nicht auch wenn er sie einfach machen lässt? Er lügt ja den Rest der Truppe an. Nun vielleicht löst sich das Problem auf den nächsten Seiten von selbst.
Geheimnis? Seit dem Streit im Totenmeer kennt die ganze Gruppe Zidaines Sicht auf die Dinge. Immerhin hat man sie danach extra losgeschickt um Tjorne zu ermorden.
Praioslob
War er, Praioslob, allzu leichtfertig geworden im Umgang mit der Magie? Hatte sich Nachlässigkeit in sein Herz geschlichen, weil ihr Nutzen auf dieser Reise so offensichtlich schien?
Hier sieht man wieder mal einen zentralen Schwachpunkt in den Lehren der Praios-Kirche. Das Dogma vom Magiebann lässt sich nicht stichhaltig unterfüttern. Es gibt einfach keine schlüssige Begründung oder gar Handlungspraxis, welche die Konflikte irgendwie zufriedenstellend löst. Für Menschen, die ansonsten darin geschult werden Wahrheit und Gerechtigkeit mit größter Klarheit zu sehen ist solch ein willkürliches Dogma natürlich nur schwer in ein kohärentes mentales Modell zu überführen.
Bei Praioslob hat mir gefallen, dass er sich auch gegenüber dem Erhabenen Illuminatus seines Gottes standhaft zeigt und sein Versprechen gegenüber seiner Ottajasko hält, dass ist wahre Grösse.
Sehr schön zu sehen, dass Praioslob seine Prinzipien über die Weisungen eines Vorgesetzten stellt, wenn dieser nicht göttergefällig handelt.
Man sollte hier fairerweise dazu sagen, dass der kleine Hinweis auf ein gegebenes Wort völlig ausreichend ist, um den Erhabenen zu bremsen. Das Versprechen ist den Geweihten heilig und das achtet der Hochgeweihte. Das er es sich als Erhabener leisten würde, hinter den anderen Taktierern zurückzustehen ist wohl eher unwahrscheinlich.
Zidaine bleibt zurück, als Beorn geht. Jetzt wird sie vermutlich Praioslob auflauern. Erst sorgen Meuchler dafür, dass Beorns Reiterin nicht mehr am Rennen teilnehmen kann, und jetzt will eine Meuchlerin dafür sorgen, dass Phileassons Reiter ebenfalls "verhindert" ist. Ich wäre ziemlich angefressen, wenn ihr das gelingt. Gerade jetzt, wo Praioslob nochmal so stark an Profil gewonnen hat.
Das hat mir auch sehr gut gefallen. Überhaupt hat Praioslob immer mehr an Format gewonnen und entwickelt sich zu einem spannenden Charakter.
Die Entwicklung hat also auch bei euch funktioniert. Dann werden wir ja sehen ob es die Autoren mit GRRM halten oder eher nicht. Ich fürchte es wird mal wieder Zeit für Borons lange Liste.
Die Erhabenen
Ich wüsste einen noch besseren Platz für das Schwert, statt als Wandschmuck zu dienen. Am besten macht es sich, wenn es in Hableds Kehle steckt.
Die scheinen ja bei dir alle großen emotionalen Eindruck zu machen. Ich fand die Rahja-Hochgeweihte eigentlich viel hinterhältiger. Sie macht einen Deal und lässt zu, dass ihre Gäste bestohlen werden. Und das sagt sie diesen auch ohne jede Scham mitten ins Gesicht. Denn so sind sie die Erhabenen. Erinnert mich an Jack Vance und seine Tschai Romane. Es ist die Art der Dirdir zu jagen. Und es ist die Art der Menschen gejagt zu werden.
Da halten die ganzen Erhabenen tatsächlich zusammen. Aber wen wundert es. Keiner möchte da von seinem Thron gestoßen werden.
Ja so sind sie. Wäre ja noch schöner wenn jeder dahergelaufene Barbar das schöne System gesellschaftlicher Hierarchien in Frage stellen könnte. Ich finde diese Einstellung wird hier sehr klar gezeigt und inszeniert. Das machen die Autoren gut.
Pardona
Das ist das erste Mal, dass ich bei Pardona was "menschliches" lese. Die Sehnsucht nach ihrem alten Leben. nur noch einmal sehen...… Nur glaube ich nicht, dass das klappt. Ich würde eher darauf tippen, dass die uralte Elfenmagie stärker ist als Pardonas Magie und sie ihre wahre Gestalt wieder annehmen würde. Aber das ist eine Theorie von mir selbst. Lenya selbst rechne ich keine großen Chancen mehr aus, was ich schade finde, weil sie eigentlich unschuldig ist. Und was macht Beorn eigentlich, wenn Lenya nicht überlebt? Gibt es dann einen "Ersatz"?
Uralte Elfenmagie? Na wenn einer der Inbegriff uralter Elfenmagie ist, dann doch Pardona selbst. Sie will schließlich wieder "zurück" nach Tie Shianna. Das war mal ihr zu Hause. Ersatz für Lenya dürfte schwer werden. Teleporter in Thorwal sind gerade offline.
Interessant, der Aztlan verfolgt nun also Pardona. Nun gehe ich davon aus, dass der Namenlose für den Angriff auf Lenya verantwortlich war (trotz des Sonnenmals um ihren Bauchnabel). Es klingt ja so, als hätte der Aztlan dafür gesorgt, dass sie erfriert. Aber wir hatten schon einmal festgefrorene Haare in diesem Buch, und Galayne hat auch überlebt... vielleicht kann Oryzaar sie noch retten. Zumindest könnte sie außerhalb des Glaszylinders normale Nahrung zu sich nehmen.
Sonnenmal? Naja, wenn du einen ringförmigen Versorgunsschlauch am Bauch einer Person anbringst und dann abreißt, dann ist ein "sonnenförmiges Mal" nicht ganz untypisch. Die Kälte ist wohl eher eine Nebenwirkung des Atzlan. Schließlich kommt er von da wo es "niederhöllisch" kalt ist. Um normale Nahrung zu sich zu nehme müsste Lenya wohl wach sein. Ist sie bislang aber noch nicht, oder?