Beiträge von Herzblatt

    Worum es geht

    Der Fabrikantensohn Georg Breitenbach hat sich in Colorado mit einer Tochterfirma der väterlichen Schuhfabrik als Unternehmer bewährt. Ihm fehlt zwar noch die passende Ehefrau, doch Georg genießt das Leben in vollen Zügen, und liebt nichts so sehr wie die Musik. Seine Schwester Rosa und Schwager Wendelin bewirtschaften mit Hingabe ihr eigenes Land. Auch sie haben in der Fremde eine neue Heimat gefunden, obwohl die einheimische Bevölkerung den weißen Siedlern großteils feindlich gegenübersteht.
    Als Hermann Breitenbach stirbt, will Georg nach Deutschland zurückkehren, um seinen Bruder Theodor zu unterstützen. Und auch die wirtschaftliche Entwicklung gibt Anlass zu einiger Sorge.


    Meine Meinung

    Den zweiten Teil der Breitenbach-Saga habe ich mit großen Erwartungen zu lesen begonnen, doch haben sich meine Hoffnungen auf charakterlich gereifte Protagonisten und eine inhaltliche Spannungssteigerung leider nicht erfüllt.
    Georg Breitenbach konnte ich mir als erfolgreichen Unternehmer überhaupt nicht vorstellen, und auch sein Bruder legt mit fortschreitendem Alter recht infantile Züge an den Tag. Die Figuren waren mir insgesamt zu oberflächlich und viel zu sehr aus moderner Sicht dargestellt. Weiße Siedler wie Rosa und Wendelin haben sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts im harten Existenzkampf sicher nicht um die indigene Bevölkerung gesorgt, sondern ihre eigenen Interessen verfolgt. Ebenso unrealistisch kamen sie mir als Ehepaar vor, das sich in der Mühsal des Alltags stets in unendlicher Liebe zugetan ist. Keine Ehekrise, kein harsches Wort, etwas mehr Mühe hätte ich mir in dieser Hinsicht schon erwartet, ebenso wie in der seltsamen Beziehung zwischen Georg und Theodor. Deren Entzweiung war für mich logisch beim besten Willen nicht nachvollziehbar.
    Gewiss hatte die Autorin viele Ideen gesammelt, jedoch kein bündiges Gesamtkonzept entwickelt. Vielfältige Probleme werden nur kurz angerissen, um sich alsbald ohne komplexe Ausarbeitung in Wohlgefallen aufzulösen. Etwas Spannung und Dramatik hätte dem Roman sicher gut getan, während ohne diese Zutaten nur ein laues Geschichtchen daraus geworden ist, von einer Familiensaga nach meinen Vorstellungen jedenfalls meilenweit entfernt.
    Stilistisch konnte dieser zweite Teil den ersten zwar übertreffen, inhaltlich hat er mich leider gar nicht zu überzeugen vermocht, und wird deshalb auch mein letzter gewesen sein.


    2ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Worum es geht

    In den 1880-er Jahren schickt der Berliner Schuhfabrikant Hermann Breitenbach seinen jüngeren Sohn Georg nach Colorado. Dort soll er das in Schwierigkeiten geratene deutsche Unternehmen durch die Gründung einer Tochterfirma absichern. Georgs Schwester Rosa nutzt diese Gelegenheit um sich ihren Traum von einem selbstbestimmten Leben zu erfüllen. Sie will in der Fremde eigenes Land bewirtschaften und für die Kinder der Einwanderer eine Schule aufbauen. Auf dem Weg ins Ungewisse werden die Geschwister vom treuen Hausangestellten Wendelin begleitet, der vor allem Rosa im harten Existenzkampf unterstützen soll.
    In der Heimat kämpfen der Fabrikbesitzer und sein älterer Sohn Theodor unterdessen nicht nur gegen die skrupellosen Machenschaften eines erpresserischen Konkurrenten, auch das Privatleben des jungen Breitenbach ist heftigen Turbulenzen ausgesetzt.


    Meine Meinung

    Der vorliegende Roman, der eine spannende Familiengeschichte verhieß, hat mir am Anfang recht gut gefallen. Im weiteren Verlauf der Handlung musste ich zu meinem Bedauern jedoch feststellen, dass es dem Buch am gewissen Etwas fehlt.
    Die Ereignisse um die Schuhfabrik Breitenbach in Berlin konnten mich nicht recht begeistern, am interessantesten fand ich noch Theodors Ehe- und Liebesleben. Umso mehr habe ich mir von Georgs und Rosas Auswanderung erhofft, wurde aber auch bei diesem Szenario von meinen Erwartungen enttäuscht. Den Handlungsstrang um Tante Funnys Erbe hätte ich überhaupt nicht vermisst, wenn die anfänglichen Schwierigkeiten, mit denen die Geschwister zu kämpfen hatten, intensiver beschrieben worden wären. Vom Aufbau der Tochterfirma erfährt man im Detail so gut wie gar nichts, und auch Rosas abenteuerliches Unterfangen wäre noch ausbaufähig gewesen. Nach meinem Geschmack ist alles irgendwie zu glatt verlaufen, mir fehlte Dramatik und Spannung an allen Ecken und Enden.
    Zwischen den Protagonisten und meiner Wenigkeit bestand ebenfalls eine unüberwindliche Distanz. Deren charakterliche Ausarbeitung fand ich nicht überwältigend, mitleiden und mitfiebern war deshalb nur bedingt möglich. Vor allem Georg Breitenbach ist eine sehr blasse Erscheinung geblieben.
    Einzig und allein die auf einem realen Vorbild basierende Figur der Kutschen-Mary (wie das Nachwort verrät) wird als sehr originelle Person dargestellt, die uns ruhig noch länger hätte begleiten oder öfter begegnen dürfen. Gut beschrieben fand ich auch die Strapazen der Überfahrt, die Beschreibung der unwirtlichen Gegend, in der sich Rosa und Wendelin niederlassen, aber auch Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft der Siedler, ohne die kein Überleben möglich wäre.
    Stilistisch hat mir der Roman vor allem am Anfang nicht so gut gefallen, im weiteren Verlauf hat sich die Schreibweise jedoch verbessert. Besonders stören mich Wortwiederholungen in aufeinanderfolgenden Sätzen, und auch an einigen Formulierungen hätte noch gefeilt werden können.
    Dennoch möchte ich wissen, wie sich das weitere Schicksal der Familie Breitenbach gestaltet, weshalb ich auch den Folgeband lesen werde.


    3ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Worum es geht

    Prag in den 1930-er Jahren. Zwischen dem Medizinstudenten Josef und Lenka, einer Freundin seiner Schwester, bahnt sich eine zarte Liebesgeschichte an. Als die Zeiten für die jüdische Bevölkerung zunehmend unsicherer werden, heiratet das junge Paar, und bereitet mit den Eltern die Auswanderung nach Amerika vor.
    Durch unglückliche Umstände wird Josef von seiner Frau getrennt, und Lenka nach Theresienstadt deportiert. Ein ganzes Leben lang glaubt jeder der beiden Ehepartner, dass der andere den Krieg nicht überlebt hätte, bis sie sich 60 Jahre später in New York zufällig wiedersehen.


    Meine Meinung

    Mit diesem Roman hat die Autorin ein wunderbares Buch über eine große Liebe in einer schrecklichen Zeit vorgelegt. Josef und Lenka sind von Anfang an die Sympathieträger, deren Schicksal sicher niemanden unberührt lässt, doch auch Eltern und Freunde werden sehr authentisch dargestellt. Als Leser nimmt man regen Anteil an den Repressalien, die das Leben der Juden in Prag immer unerträglicher macht. Berührend schreibt Alyson Richman von großen Zukunftsplänen, enttäuschten Hoffnungen, unfassbaren Grausamkeiten, aber auch von Hilfsbereitschaft, Loyalität, Durchhaltevermögen und der Macht der Liebe.
    Der Aufbau des Romans mit wechselnder Erzählperspektive hat mir sehr gut gefallen. Gefühlvoll, und doch in einer sehr eindringlichen Sprache lässt die Autorin ihre Leser am Unvorstellbaren teilhaben. Viele Details künden von intensiver Recherche, interessant auch die Rolle, die die Kunst in Theresienstadt als Zeichen des Widerstandes spielte.
    Die Handlung erschien mir von Anfang bis Ende sehr durchdacht und war logisch zu jedem Zeitpunkt gut nachvollziehbar. Packend erzählt, habe ich mich vom Strom der Ereignisse mitreißen lassen, und war vom Schicksal der hervorragend dargestellten Figuren sehr bewegt. Gerne gebe ich für diesen berührenden Roman die volle Punktezahl.


    5ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Worum es geht

    In den Wirren des Spanischen Bürgerkrieges verlässt der junge Medizinstudent Víctor Dalmau seine Heimat auf der Flucht vor Francos Truppen. Mit Roser, der schwangeren Verlobten seines gefallenen Bruders, wandert er nach Chile aus. Der engagierte Mediziner und die begabte Pianistin gehen eine Vernunftehe ein und bauen sich im fremden Land eine gemeinsame Existenz auf.
    Jahrzehnte später zwingt die politische Situation die Dalmaus abermals, sich für eine neue Wahlheimat zu entscheiden.


    Meine Meinung

    Mit ihrem neuesten Buch hat Isabel Allende einen großartigen Roman vorgelegt, der mich von der ersten bis zur letzten Minute zu begeistern vermochte.
    Die Protagonisten hat die Autorin äußerst vielfältig und vielschichtig angelegt, und auch jenen Figuren, die keine Hauptrolle spielen, viel Aufmerksamkeit gewidmet. Weit entfernt von den üblichen Klischees stellt sie deren Stärken und Schwächen sehr authentisch dar. Aber auch die Beziehung zwischen Roser und Víctor ist keine alltägliche. Aus der Not geboren und doch von großem Respekt getragen, ist es ein weiter Weg, den die beiden nicht nur räumlich, sondern auch emotional zurücklegen müssen. Unterschiedliche Affären und der Glaube an die große Liebe bis zur Erkenntnis der reifen Jahre bestimmen Leben und Schicksal dieses ungewöhnlichen Paares.
    Am besten hat mir jedoch gefallen, mit welch erzählerischer Leichtigkeit Isabel Allende die persönliche Geschichte ihrer Protagonisten mit den großen weltpolitischen Ereignissen verbindet. Sehr gut fügen sich auch die historischen Figuren wie Pablo Neruda, Salvador Allende oder die Schweizerin Elisabeth Eidenbenz ins Geschehen. Nichts wirkt konstruiert oder unglaubwürdig, da es die Autorin hervorragend verstanden hat, ihre Fantasie mit der Realität in bewundernswerten Einklang zu bringen.
    Die Sprecherin Wiebke Puls hat den Figuren mit ihrer angenehmen Stimme zusätzlich Leben eingehaucht. Ihrem gefühlvollen und doch völlig unaufgeregtem Vortrag habe ich sehr gerne zugehört. Ein gewisses Maß an Konzentration ist aufgrund des zahlreichen Romanpersonals und der komplexen Handlung allerdings erforderlich, um den roten Faden nicht zu verlieren.
    Isabel Allende hat in ihrem Roman nicht nur eine fesselnde Familiengeschichte erzählt, sondern auch den vielen Bürgerkriegsopfern und weltweit politisch Verfolgten mit ihren detaillierten Schilderungen von erlittener Grausamkeit und Unterdrückung ein beeindruckendes Denkmal gesetzt. Darüber hinaus versteht sie es hervorragend, über historische Tatsachen so spannend zu berichten, dass sie damit sicher nicht nur mein Interesse geweckt hat.
    Nach einigen mittelmäßigen Büchern ist der Autorin mit diesem Roman wieder ein ganz großer Wurf gelungen, der mich sowohl inhaltlich als auch stilistisch vollkommen überzeugt hat.


    5ratten

    Worum es geht

    Knittlingen im Kraichgau, 1486:
    Nach dem Tod der Mutter muss Johann Georg Gerlach den Hof seines Stiefvaters verlassen. Da er sich von Kindheit an für Gaukler und ihre Kunststücke interessierte, beherrscht er zum Glück einige Zaubertricks mit deren Vorführung er seinen Lebensunterhalt bestreitet. Doch schon bald macht Johann, der wegen der besonderen Sternenkonstellation zu seiner Geburt Faustus, der Glückliche, genannt wird, die Erfahrung, dass das Reisen ohne Begleitung rasch gefährlich werden kann. Als er vom Spielmann und Wahrsager Tonio del Moravia aus einer brenzligen Situation gerettet wird, bleibt er als dessen Lehrling bei ihm. Johann lernt zwar viel von seinem Meister, doch beschleicht ihn zunehmend das Gefühl, dass Tonio mit dunklen Mächten im Bunde steht. Schließlich sucht der Jüngling sein Heil in der Flucht, doch Johanns Suche nach dem, was die Welt im Innersten zusammenhält, hat gerade erst begonnen.


    Meine Meinung

    Im Nachwort berichtet der Autor von der Faszination, die die Figur des Dr. Faust seit seiner Jugend auf ihn ausübte, und welche Ereignisse und Zufälle ihn zum vorliegenden Roman inspirierten. Sowohl inhaltlich als auch stilistisch ist Oliver Pötzsch dieser Aufgabe meiner Meinung nach großartig gerecht geworden.
    Die Protagonisten passen in ihrer charakterlichen Ausarbeitung ganz hervorragend in die Zeit um 1500. Sie wirken realistisch, aber dennoch geheimnisvoll, und symbolisieren treffend den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Aberglaube und Vernunft, zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Sehr interessant fand ich es, Johanns Persönlichkeitsentwicklung vom naiven Bauernsohn zum Magister und Magier mitzuverfolgen, sein Streben nach Wissen, seinen Kampf um Liebe und Freundschaft, sein Scheitern und seine Siege.
    Oliver Pötzsch versteht wunderbar flüssig zu erzählen, Spannung zu erzeugen und Neugier auf den Fortgang der Geschichte zu erwecken.
    Die Beschreibung der Landschaft durch die Faust reist, hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Man kann sich das Leben der einfachen Menschen bildhaft vorstellen, ihre Begeisterung, wenn fahrendes Volk auftaucht, das ihren eintönigen, oft sorgenvollen Alltag unterbricht, sie unterhält oder ihnen sogar einen Blick in die Zukunft gewährt. Die Einsamkeit der waldreichen Landstriche wird für den Leser genauso spürbar wie der Lärm, der Schmutz und der Gestank in den Städten.
    Von den ersten Seiten an hat mich die Geschichte gefesselt, und ich bin Johann in neugieriger Erwartung nur zu gerne auf seinem Weg gefolgt. Meiner Meinung nach hat der Autor aus dem uralten Fauststoff einen wunderbar unterhaltsamen Roman gemacht, und seine ganz eigene Geschichte zu den ewig gleichen Fragen geschrieben, die uns seit Menschengedenken bewegen.
    Auf den zweiten Teil, der einen fulminanten Abschluss erwarten lässt, darf man durchaus gespannt sein.


    5ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Worum es geht
    In Scarborough sind mehrere Mädchen verschwunden. Während eines tot aufgefunden wird, taucht ein anderes unversehrt wieder auf, weigert sich aber, über ihre Erlebnisse zu sprechen.
    Detective Chief Inspector Caleb Hale steht vor einem - wie es scheint - unlösbaren Rätsel. Er soll den Täter möglichst schnell finden, um weiteres Unglück zu verhindern, weiß aber nicht einmal, ob die Fälle überhaupt zusammenhängen. Und auch seine Kollegin aus London, Detective Sergeant Kate Linville, die sich aus privaten Gründen in der Gegend aufhält, macht dem Inspector Sorgen. Sie neigt dazu, sich in Fälle einzumischen, die außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches liegen.


    Meine Meinung
    Eines der spannendsten Bücher, die ich in letzter Zeit gehört habe, ist ganz gewiss dieser Kriminalroman von Charlotte Link. Von den ersten Minuten an versteht es die Autorin ihre Hörer im Strudel der Ereignisse mitzureißen. Atemlos folgt man den Geschehnissen, um tief in die Abgründe der menschlichen Seele einzutauchen. Die psychische Verfassung von Opfern und Täter wird akribisch durchleuchtet, wobei schwierige Jugendliche und deren familiäres Umfeld im Mittelpunkt der Geschichte stehen.
    Charlotte Link hat ihren Roman meiner Meinung nach äußerst raffiniert angelegt, die Handlung ist sehr komplex und verschachtelt aufgebaut. Dabei lockt sie ihre Hörer geschickt auf etliche falsche Fährten. Kaum meint man auf der richtigen Spur zu sein, überrascht die Autorin mit neuen Entwicklungen.
    Aber auch die in den Fall involvierten Polizisten fand ich sehr real dargestellt. Caleb Hale ist eine im Kampf gegen seine noch nicht gänzlich überwundene Alkoholsucht ungemein sympathische Figur. Aber auch Kate Linville vermochte mich in ihrer Rolle als "graue Maus" zu überzeugen. Eine Polizistin, die für ihren schwierigen Job wohl den richtigen "Riecher" hat, im Privatleben aber keine Erfolgserlebnisse verzeichnen kann, muss ja nicht vor Selbstbewusstsein strotzen. Diese Darstellung finde ich nicht unglaubwürdig, zumal Kate ja seit Jahren Sehnsucht nach einer stabilen Partnerschaft hat.
    Besonders unheimlich fand ich die Szenen, in denen der Täter den Hörer an seiner Sicht der Dinge teilhaben lässt. An dieser Stelle sei auch die Sprecherin, die Schauspielerin Claudia Michelsen, mit ihrer angenehmen und unaufdringlichen Vortragsweise erwähnt. Da der Roman schon genügend Spannungspotential enthält, fand ich die unaufgeregte Stimme von Frau Michelsen sehr passend.
    Für ihre unerschöpfliche Fantasie und die glänzende Ausarbeitung dieses Romans verdient Charlotte Link höchstes Lob. Mein Eindruck ist, dass sich die Erfolgsautorin beim Schreiben viel Mühe gegeben und sich sowohl mit der Handlung als auch den Protagonisten intensiv auseinandergesetzt hat. Aus einem relativ unspektakulären, schon oft strapazierten Thema versteht sie eine unheimlich spannende Geschichte zu machen, und dieses hohe Niveau durchgehend aufrecht zu halten. Eine Begabung, die sie toll umsetzt, und damit für beste Unterhaltung sorgt.


    5ratten :tipp:

    Worum es geht
    Hamburg im Sommer 1900: Der Reedersohn Gustav Clausen soll sich auf der Überfahrt nach New York mit der 17-jährigen Helena van der Haard verloben. Doch kaum angekommen, bricht im Hafen ein Feuer aus, bei dem die junge Braut und ihr Dienstmädchen allen Vermutungen nach umkommen. Nur Helenas jüngere Schwester Anni ist überzeugt davon, dass die schmerzlich Vermisste noch am Leben ist.
    Jahre später sieht sie in einer Zeitung zufällig ein Foto von Helena, doch unter dem Bild steht ein falscher Name.

    Hamburg 2017: Jonas Clausen muss nach dem unerwarteten Tod seines Vaters die Reederei übernehmen und feststellen, dass die Firma kurz vor der Insolvenz steht. In alten Firmenpapieren findet er einen Hinweis auf ein größeres, noch unangetastetes Vermögen, das in einer New Yorker Bank hinterlegt sein soll.
    Die Amerikanerin Amely Thompson will sich mit ihrer Geschäftsidee selbständig machen und bittet ihre Eltern um finanzielle Unterstützung. Amelys Mutter hat in einem geerbten Rezeptbuch ebenfalls Unterlagen gefunden, die Rückschlüsse auf ein Golddepot zulassen. Diese Chance will Amely keinesfalls ungenutzt verstreichen lassen, und trifft bei ihren Recherchen auf Jonas Clausen.


    Meine Meinung
    Die Idee zu diesem, auf zwei Zeitebenen angesiedelten Roman hat mir sehr gut gefallen. Der in der Vergangenheit spielende Handlungsstrang überzeugt durch lebensechte Charaktere und einen spannenden Verlauf. Helena entstammt zwar einem reichen Elternhaus, dennoch ist sie sehr praktisch veranlagt. Diese Eigenschaft kommt ihr sicher bei ihrem harten Existenzkampf in New York zugute. Dass sie aus Angst vor einer unglücklichen Ehe mit einem ungeliebten Mann diesen steinigen Weg gewählt hat, ist ebenfalls nachvollziehbar. Auch ihre Schwester Anni fand ich sehr sympathisch. Leider hat die Autorin ihren Lebensweg weniger intensiv ausgearbeitet, und sich dafür mehr der Gegenwart gewidmet.
    Jonas Clausen und Amely Thompson wären als Protagonisten meiner Meinung nach entbehrlich gewesen. Ihre Rollen fand ich sehr konstruiert, und zu beiden Figuren fehlte mir der rechte Zugang. Dass sie beide zur selben Zeit auf alte Dokumente mit den entsprechenden Hinweisen auf eine Geldanlage stoßen, könnte man zur Not ja noch hinnehmen. Allerdings hätte die Autorin diesen Handlungsstrang dann auch weiter ausbauen und dem Roman etliche Seiten hinzufügen müssen. Fast scheint es, als wären ihr an dieser Stelle die Ideen ausgegangen. Wie haben sich Jonas und Amely im Hinblick auf ein Vermögen, das für beide sehr wichtig war, verhalten? Leider hat Linda Belago dieses Thema nicht weiterverfolgt, und es an einem spannenden Finale mit unerwarteten Wendungen gänzlich fehlen lassen.
    Lange wird mir diese Geschichte zwar nicht in Erinnerung bleiben, dennoch war sie recht nett zu lesen.


    3ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Originaltitel: A Half Forgotten Song


    Worum es geht

    Nach der Trennung von seiner Frau wendet sich Zach, Betreiber einer wenig erfolgreichen Kunstgalerie, endlich wieder einem seiner vernachlässigten Projekte zu. Für sein Buch über den Maler Charles Aubrey möchte er weitere Einblicke in dessen Leben und Werk gewinnen. In der Hoffnung, noch Unbekanntes über den von ihm verehrten Künstler zutage zu fördern, reist er für seine Recherchen nach Dorset.
    Hier hatte der Maler mit seiner Familie in den 1930-er Jahren mehrere Sommer verbracht, und viele seiner bedeutendsten Bilder geschaffen. Sein bevorzugtes Modell war ein Mädchen aus dem Dorf, Dimity Hatcher, Mittie, die sich mit seinen beiden Töchtern angefreundet hatte.
    Zu Zachs eigener Verwunderung lebt die nun 87-jährige Mittie bei bester Gesundheit immer noch in ihrem Cottage, und ist sogar bereit, mit dem jungen Mann über Charles Aubrey zu sprechen. Im Laufe der Zeit vertraut sie Zach Unglaubliches an, Geheimnisse, die jahrzehntelang in ihrem Innersten verschlossen blieben.
    Auch das Verhalten von Mitties Nachbarin Hannah, zu der sich Zach sehr hingezogen fühlt, gibt ihm immer wieder Rätsel auf. Doch Zach ist entschlossen, endlich die ganze Wahrheit ans Tageslicht zu bringen.


    Meine Meinung

    Im Gegensatz zu anderen Meinungen vermochte mich Katherine Webb mit ihrer Geschichte von Anfang an vollkommen zu fesseln. Möglicherweise liegt eine Ursache dafür auch in der Vortragsweise der Sprecherin Anna Thalbach, die mit ihrer ausdrucksvollen Stimme auch über weniger ereignisreiche Passagen hinwegträgt und Langeweile erst gar nicht aufkommen lässt.
    Der Autorin ist es meiner Meinung nach hervorragend gelungen, die beiden Zeitebenen, auf denen sie ihre Geschichte spielen lässt, miteinander zu verbinden, wobei mir der in der Vergangenheit angesiedelte Handlungsstrang weit besser gefallen hat als der gegenwärtige.
    Ganz großartig zeichnet Katherine Webb ihre Figuren, schildert sie so realistisch und lebendig, dass ich sie alle bildlich vor mir sehen konnte. Die Charakterisierung der Protagonistin Dimity Hatcher ist ihr hervorragend gelungen. Sowohl als junges Mädchen als auch als alte Frau ist mir selten eine Hauptfigur untergekommen, die mir so von Herzen unsympathisch war wie diese Mittie. Wie sie sich immer mehr in das Leben der Familie Aubrey drängt und sich in eine Zukunft hineinträumt, die jeder realen Grundlage entbehrt, konnte ich mir nur mit ihrer lieblosen Kindheit erklären. Ihre verzweifelte Sehnsucht nach Zuwendung, nach Liebe und Geborgenheit rechtfertigt natürlich nicht, wozu sie sich schließlich hinreißen lässt, und doch will mir kein anderes Motiv dafür einfallen. Mit der schmuddeligen alten Frau, die blutige Rinderherzen in den Kamin hängt und sich ihrer roten Handschuhe wohl niemals entledigt, konnte ich erst recht nicht sympathisieren.
    Und doch bezeugen gerade solche facettenreiche Charaktere mit ihren wenig liebenswerten Eigenschaften in meinen Augen das große schriftstellerische Talent der Autorin. Dazu gehört auch Mitties Mutter, die als Wahrsagerin, Kräuterfrau und Prostituierte ein kärgliches und freudloses Dasein fristet.
    Umso deutlicher konnte Katherine Webb den Kontrast zur Familie des Malers Charles Aubrey herausarbeiten. Seine Lebensgefährtin Celeste ist eine marokkanische Schönheit, die für den Geliebten alles aufgegeben hat. Aber auch ihren beiden behüteten und wohlerzogenen Töchtern ist sie eine liebevolle und fürsorgliche Mutter. Und selbst für die kleine Dimity, die Charles so gerne zeichnet, hegt sie zärtliche Gefühle, bis sie erkennen muss, in welchen Wahn sich die Heranwachsende zunehmend hineinsteigert.
    Viel Herz legt Katherine Webb aber auch in so manche ihrer Nebenfiguren. Mitties einziger Verehrer, ein alter Schulfreund, der sie seit Kindertagen liebt, und der sie gerne geheiratet hätte, hat mir in seiner schüchternen Anhänglichkeit und lebenslangen Treue sehr gut gefallen.
    Mich konnte der Roman sowohl inhaltlich als auch sprachlich völlig überzeugen. Flüssig geschrieben, eignet er sich nicht nur zum Selberlesen, sondern ist auch als Hörbuch der reinste Genuss.
    Dass die Autorin am Ende ihrer Geschichte vielleicht mit des Rätseln Lösungen eine Spur zu dick aufgetragen hat, kann meine Begeisterung nicht dämpfen. Allein für so viel Fantasie muss es schon die volle Punktezahl geben. Davon abgesehen ist die Umsetzung einer bezaubernden Idee wirklich hervorragend gelungen, und ich durfte mich für 16 Stunden 41 Minuten in ganz andere Zeiten und Welten entführen lassen.

    Besonders berührt hat mich der letzte Satz, der in Anlehnung an Charles häufige Aufforderung zu verstehen ist, Mittie solle in einer bestimmten Position verharren, damit er sie so zeichnen könne: „‘Mittie, nicht bewegen!‘ Und das tat sie auch nicht, nicht einmal um zu atmen.“

    Nicht zuletzt möchte ich noch einmal die beeindruckende Leistung der Sprecherin Anna Thalbach hervorheben. Sie versteht es nicht nur großartig, den Figuren durch ihr Intonation zusätzliches Leben einzuhauchen, sondern auch Lesetempo und Stimmlage den jeweiligen Erfordernissen des Textes hervorragend anzupassen.


    5ratten:tipp:

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Worum es geht
    Der 6-jährige Max Berkhoff will nur rasch über die Straße zu einer Freundin laufen, kommt dort aber nie an. Ob auch er Opfer des bereits inhaftierten Kindermörders Guido Tramnitz geworden ist, bleibt ungewiss, da der Tatverdächtige schweigt. Die Ehe der Eltern zerbricht an der belastenden Situation, Till Berkhoff verliert seine Arbeit und setzt schließlich alles auf eine Karte, um sich Gewissheit zu verschaffen. Mit Hilfe seines Schwagers, des Polizisten Skania, lässt er sich in die Psychiatrische Abteilung einschleusen, in der Tramnitz einsitzt. Und damit beginnt ein Albtraum für den verzweifelten Vater.


    Meine Meinung
    Die Idee zu diesem Thriller fand ich sehr gut, und Sebastian Fitzek ist es auch gelungen, mich von der ersten bis zur letzten Minute mit seiner unglaublichen Geschichte zu fesseln. Es gibt zwar Gewaltszenen, die für mich nahe an die Grenze des Erträglichen gingen, doch hat der Autor immer wieder für ausgleichende Szenen gesorgt, die dem Hörer kurze Atempausen gönnen. Zu Beginn des Romans sind mir sogar einige humorvolle Formulierungen aufgefallen, die Fitzeks schwarzen Humor verraten. Sicher sind manche Figuren relativ oberflächlich ausgefallen, vielleicht gibt es auch einen Hauch zu viel an Intrigen, Korruption und sonstigen Bösartigkeiten, aber im Großen und Ganzen bin ich damit ganz gut zurechtgekommen.
    Sebastian Fitzeks Stil hat mich ebenfalls sehr angesprochen, die Geschichte wird rasant erzählt, die Handlung energisch vorangetrieben, und der Schlussteil hat mich auch noch mit einer gänzlich unerwarteten Wendung überrascht. Die Auflösung sämtlicher Rätsel und Verwirrungen war für mich logisch durchaus nachvollziehbar, und es sind auch keine Fragen offengeblieben - für mich immer ein wichtiges Bewertungskriterium.
    Beeindruckt von der Fantasie des Autors, dem gelungenen Aufbau des Buches, der schlüssigen Lösung und dem hervorragenden Vortrag des Sprechers Simon Jäger, möchte ich eine unbedingte Hörempfehlung für diesen Thriller abgeben.


    4ratten

    Worum es geht

    Spanien im 14. Jahrhundert: Bernat Estanyol flieht mit seinem kleinen Sohn Arnau vor seinem brutalen Grundherrn nach Barcelona, um nach einem Jahr und einem Tag die Freiheit zu erlangen. Doch auch danach wird Bernats Leben von harter Arbeit bestimmt, während Arnau bereits als Halbwüchsiger als Lastenträger schuften muss. Erst durch seinen mutigen Einsatz als Lebensretter gelangt er bereits in jungen Jahren zu Wohlstand. Schließlich steht sogar der König durch Arnaus ebenso klugen wie kühnen Schachzug in einer kriegerischen Angelegenheit in dessen Schuld. Doch der Lohn, den er dafür erhält, bedingt auch seinen tiefen Fall, der ihn sogar vor das Inquisitionsgericht führen sollte.


    Meine Meinung

    Mich hat das breitangelegte Historienepos von der ersten bis zur letzten Seite total begeistert. Großartig recherchiert, mit viel Liebe zum Detail, schildert der Autor die harten Lebensbedingungen im mittelalterlichen Spanien, die von Armut, Ausbeutung, Krankheit und Krieg dominiert wurden. Umso verständlicher ist die tiefe Religiosität, die die Menschen jener Zeit erfüllte, die ihnen Halt und Sinn gab, und sie unter unvorstellbaren Mühen steinerne Wunderwerke wie die Kathedrale Santa Maria del Mar errichten ließ.
    Die gut ausgearbeiteten charakterlichen Stärken und Schwächen verleihen den Protagonisten Individualität, weshalb der Leser mit den lebensecht und glaubwürdig wirkenden Figuren unweigerlich mitleiden und mitfiebern kann. Überraschend positiv ist mir aufgefallen, dass es für Arnau zwar mehrere Frauen, aber nicht die eine, einzige und große Liebe gibt. Die vorliegende Konstruktion hat mir deshalb so gut gefallen, weil sie der Lebenswirklichkeit vor 600 Jahren näher gekommen sein wird, als jede noch so romantisch ausgedachte Liebesgeschichte.
    Auch die Darstellung des politischen Hintergrundes jener Zeit wird nur soweit thematisiert, als sie für das Verständnis verschiedener Ereignisse und Zusammenhänge unbedingt erforderlich ist. Den Abschluss seines großen Romanepos hat der Autor ebenfalls grandios gemeistert und ein stimmiges, logisch nachvollziehbares Finale vorgelegt, das keine Fragen offen lässt.


    5ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Worum es geht

    Christmas Luminita wächst zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Sohn einer Prostituierten in New York auf. Von Kindheit an hat er gelernt, zwischen Zuhältern und Jugendbanden auf den Straßen der Lower East Side zu überleben, und seinen angeborenen Charme erfolgreich einzusetzen. Als der Teenager die schwerverletzte Ruth Isaacson vor dem sicheren Tod rettet, spürt er, dass er das Mädchen gefunden hat, für die sich der Kampf um ein besseres Leben lohnt.


    Meine Meinung

    Anfangs hat mich der Roman mit seiner brutalen Sprache aus dem Ganovenmilieu gar nicht sonderlich angesprochen, doch bald begann mich die Geschichte von Christmas und seiner aus dem tiefsten Süden Italiens stammenden Mutter Cetta in ihren Bann zu ziehen. Mir haben sämtliche Protagonisten in ihren Haupt- und Nebenrollen recht gut gefallen, weil Luca Di Fulvio sie oft mit nur wenigen Federstrichen sehr authentisch zu zeichnen versteht. Unweigerlich sieht man die Figuren wie Kinohelden aus Gangster- und Ganovenfilmen vor sich. Einige Szenen sind zwar sehr brutal beschrieben, doch schlägt der Autor immer wieder ausgleichende und versöhnliche Töne an, wohl um zartbesaitetere Leser nicht zu vergrämen. Die sich entwickelnde Unterhaltungsbranche mit Radio und Fotografie wurde ebenfalls recht gekonnt in die Handlung eingeflochten.
    Die Liebesgeschichte zwischen Christmas und Ruth war mir von Anfang an doch etwas zu romantisch, dennoch ist sie so packend erzählt, dass ich mich davon gerne mitreißen ließ. Über die eine oder andere Schwäche habe ich einfach hinweggesehen, und stattdessen die fantasievolle Ausarbeitung bewundert. Mich hätte auch interessiert, wie Cetta ihr Leben in der neuen Heimat gemeistert hat, doch verschwindet sie relativ sang- und klanglos aus dem Geschehen. Für Ruths Peiniger hingegen, den ehemaligen Gärtner und späteren sadistischen Pornodarsteller Bill Hofflund, hätte das Finale gar nicht dramatisch genug sein können.
    Im großen und ganzen hat mir der Roman aufgrund seines flüssigen Erzählstils und der abwechslungsreichen Handlung doch recht gut gefallen.


    Dafür gibt es 4ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Worum es geht

    Anlässlich ihres 49. Geburtstages bekommt Rosemarie Sommer eine Reise nach Sri Lanka geschenkt. Dort verliebt sie sich Hals über Kopf in den gutaussehenden Singhalesen Kasun, der dem Alter nach ihr Sohn sein könnte. Rosemarie setzt alles daran, den jungen Mann nach Deutschland zu holen, damit er hier arbeiten und seine Familie in der Heimat unterstützen kann.
    Doch werden die hochfliegenden Pläne des ungleichen Paares der Realität standhalten, sind sie ein taugliches Projekt für die Zukunft?


    Meine Meinung
    Eigentlich kann man gar nicht glauben, dass diese Geschichte auf Tatsachen beruht, und wäre sie erfunden, müsste man sie wohl als unglaubwürdig abtun.
    Die Autorin hat mich mit ihrer flüssigen, humorvollen Erzählweise jedoch von Anfang an in ihren Bann gezogen, und auch Rosemarie war mir gleich sympathisch. Wer wollte der tüchtigen, mit beiden Beinen im Leben stehenden Frau einen romantischen Urlaubsflirt nach langen Jahren der Einsamkeit auch missgönnen. Für Rosemarie sollte daraus jedoch viel mehr werden.
    Überzeugend konnte Hera Lind ihren Lesern das Vertrauen ihrer Protagonistin in die große Liebe ihres Lebens, ihr Mitgefühl für die schwierigen Lebensumstände von Kasuns Familie und das Ausschalten aller Zweifel und Ängste nahebringen. Mit fortschreitender Handlung verstärkte sich mein Gefühl, dass Rosemarie ihrem Angebeteten in wahrer und selbstloser Liebe zugetan war. Sicher könnte man ihr Verhalten naiv und dumm nennen, ihre Zukunftspläne als wenig durchdacht und irreal bezeichnen. Und doch schwingt in all ihren Handlungen so viel positive Energie mit, dass man sie für den Sprung ins eiskalte Wasser nur bewundern kann. Sehr erfreulich habe ich auch empfunden, dass sie ihren Glauben und ihr Vertrauen in Kasun trotz aller finanziellen Probleme, trotz aller Rückschläge und Schwierigkeiten nie ganz verloren hat, und ohne Bitterkeit auf diesen Abschnitt ihres Lebens zurückblickt.
    Kasuns Reaktionen sind zwar nicht immer nachvollziehbar, und doch muss man auch seine Seite zu verstehen versuchen. Er ist ohne ausreichende Sprachkenntnisse in ein ihm völlig fremdes Land und einen ganz anderen Kulturkreis gekommen, hat sich seiner "Rose" ebenfalls auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Trotz der Eheschließung war auch seine Zukunft noch längst nicht abgesichert, werden auch in ihm Zweifel genagt haben, ob er sich auf seine Angetraute tatsächlich verlassen kann. Wie immer wieder angeklungen ist, fühlte er sich durch seine dominante Frau oft in seinem Stolz verletzt, war zwischen der Sorgepflicht für seine Familie in der Heimat und der Loyalität zu Rosemarie hin- und hergerissen.
    Diese breite Palette menschlicher Leidenschaften und Gefühle hat Hera Lind in ihrem wunderschönen Roman ganz und gar eindrucksvoll dargestellt und für ihre Leser großartig aufbereitet. Für mich ist dieses Buch ein einziges Plädoyer für die Liebe, und auch dafür, dass alles Gute und Positive eines Tages seinen Weg zum Absender zurückfindet.
    Bewundernswert finde ich vor allem aber, dass sich die Protagonistin mit ihren Erlebnissen an die Öffentlichkeit gewandt hat, und uns an diesem Abschnitt ihres Lebens teilnehmen ließ.

    Für so viel Mut und diese gefühlvoll erzählte Geschichte gibt es von mir gerne die volle Punktezahl.


    5ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Worum es geht

    Als Gesellschaftsdame begleitet die junge Witwe Caitriona Wallace ihre Schützlinge James und Alice Arrol auf einer mehrmonatigen Europareise. Zu Beginn des Jahres 1886 lernen sie in Paris den Ingenieur Émile Nouguier kennen, unter dessen Leitung gerade die Fundamente für eine vieldiskutierte Stahlkonstruktion gelegt werden. Jamie ist von den Plänen zum Bau des Eiffelturms so begeistert, dass er unbedingt daran mitarbeiten möchte.
    Ein Jahr später kehrt er mit seiner Schwester Alice und Cait als Begleiterin nach Paris zurück, um sich an der Errichtung des höchsten Bauwerkes der Welt zu beteiligen. Außerdem wäre Alice eine gute Partie für Nouguier, doch dessen Herz schlägt nicht nur für seine Arbeit, sondern auch für Cait.


    Meine Meinung

    Was für eine wunderschöne Idee, den Bau des Eiffelturms als Grundlage für einen historischen Roman zu verwenden und mit einer zarten Liebesgeschichte zu verweben, so mein erster Gedanke nach dem Lesen des Klappentextes. Das ansprechende Cover hat sicher dazu beigetragen, mich für das Buch zu entscheiden, und auch der Anfang hat mir sehr gut gefallen. Ein schottisches Geschwisterpaar befindet sich im ausgehenden 19. Jahrhundert mit seiner Anstandsdame auf der Grand Tour. In Paris schweben James und Cait in einem Heißluftballon über die riesige Baustelle und treffen auf einen der Konstrukteure des gewagten Entwurfs, Émile Nouguier. Aus dieser Begegnung entstehen weitere Pläne, die Hoffnungen auf eine spannende Geschichte erwecken. Bedauerlicherweise hat die Autorin die zweifellos guten Ansätze nicht weiterverfolgt.
    Die Charaktere sind relativ schwach ausgearbeitet, sodass sich keine besonderen Sympathieträger herausgebildet haben. Dabei hätten Alice und James Arrol meiner Meinung nach sehr viel Potential für eine dynamische Entwicklung der Handlung geboten. Beide sind jung, unüberlegt und vergnügungssüchtig, womit für ausreichend Konfliktstoff zwischen ihnen und ihrer besonnenen Begleiterin gesorgt wäre. Die Liebesbeziehung zwischen Émile und Cait ist mir ebenfalls viel zu unspektakulär verlaufen. Die anfänglich zarte Entwicklung hat mir zwar gut gefallen, doch hätte sie nach diesem Anlauf eine kräftige Prise an Würze vertragen.
    Außerdem hätte ich mir viel mehr Informationen über die Errichtung des berühmten Stahlgerüstes und seine genialen Konstrukteure erwartet. Dass der Entwurf für den Eiffelturm von Maurice Koechlin und Émile Nouguier stammt, ist aus dem Roman ebenfalls nicht klar hervorgegangen. Auch technische Daten, detaillierte Berichte über die Bauarbeiten, über Arbeitsunfälle oder Proteste gegen die Errichtung hätte man als interessante Beiträge im Buch verarbeiten können.
    Enttäuschend fand ich auch das Ende der Geschichte, von der ich mir einen fulminanten Abschluss mit dem Eiffelturm im Zentrum als das Symbol für die ewige Liebe erwartet habe.
    Stilistisch hat mir der Roman ganz gut gefallen, inhaltlich hätte er sehr viel mehr Möglichkeiten geboten als die Autorin genutzt hat. Letzten Endes hatte ich nur das schale Gefühl, nicht das farbenprächtige Epos aus dem Zeitalter der Industrialisierung geboten bekommen zu haben, mit dem ich zu Beginn gerechnet hatte, und auch keine packende Liebesgeschichte zum Mitleiden und Mitfiebern.


    3ratten

    Worum es geht
    Im idyllischen norwegischen Küstenstädtchen Åsgårdstrand bereiten sich die Bewohner wie jedes Jahr auch 1893 auf das Eintreffen ihrer Sommergäste vor. Die Familie Lien überlässt ihr Haus dem Maler Hans Heyerdahl, und schickt ihre Tochter Johanne, die sich bisher mit dem Erdbeerpflücken ein Zubrot verdient hatte, als Dienstmädchen zu Admiral Ihlen. Dessen jüngste Tochter Tullik freundet sich bald mit Johanne an, und hält sie sehr zum Missfallen der anderen Hausangestellten häufig von ihren Pflichten ab.
    Gegen den Willen ihrer Eltern verbringen die beiden Mädchen viel Zeit bei Edvard Munch, dem verrückten Künstler, dessen Bilder für die Einheimischen eine ständige Provokation darstellen. Die 16-jährige Johanne kennt Munch schon von Kindesbeinen an und darf sich in seinem Atelier sogar an einem eigenen Werk versuchen. Tullik hingegen lässt sich auf eine leidenschaftliche Liebesbeziehung mit dem Maler ein, dem einst ihre ältere Schwester Milly das Herz gebrochen hatte.


    Meine Meinung
    Mit ihrem Buch hat Lisa Stromme einen wunderschönen Roman vorgelegt, der seine Leser mit einer kraftvollen, poetischen Sprache von Anfang an ihren Bann zieht.
    Die Protagonisten weisen individuell ausgearbeitete Charaktereigenschaften auf, wobei mir Johanne besonders gut gefallen hat. Sie wird als sehr bodenständig dargestellt, dennoch besitzt sie eine große Begabung für das Zeichnen und Malen, sowie ein tiefes, nicht erlernbares Kunstverständnis. Ihre Gefühle bringt sie mit Farben in Verbindung, vernimmt aber auch Geräusche aus Munchs Bildern, sieht sie fast als lebendige, fühlende Wesen. Dennoch geht sie mit ihrem Freund, dem Fischer Thomas gern zum Tanzen und überlegt ganz nüchtern, ob sie mit ihm, der von Kunst nicht das geringste versteht, als Ehemann auch glücklich werden könnte.
    Dieser Aspekt der Geschichte hat mir besser gefallen als die Liebesgeschichte, die sich zwischen der leicht zur Dramatik neigenden Tullik und dem schwierigen Edvard Munch entwickelt, einem Maler, der eigentlich nur eine Geliebte hat - seine Kunst.
    Die Autorin schildert aber auch den Sommer in Åsgårdstrand in so kräftigen Farben, dass man die Wärme, den Duft des Waldes, der Früchte, der Gräser und Blumen in ihrer ganzen Pracht und Fülle nicht nur zu sehen, sondern auch zu spüren und riechen vermeint.
    Eine rasant erzählte Geschichte mit sich steigernder Spannung und unerwarteten Wendungen darf sich der Leser zwar nicht erwarten, und doch nimmt man regen Anteil am Geschick der Figuren (und der Bilder), hofft, leidet und bangt mit ihnen. Vor allem aber konnte mich der Roman stilistisch mit seiner wunderbaren Sprache bezaubern.
    Im Nachwort erzählt Lisa Stromme sehr ausführlich und detailreich, wie sie sich zu ihrem Buch inspirieren ließ, welche Nachforschungen sie angestellt hat, welche Personen frei erfunden sind und wer tatsächlich (außer den genannten Künstlern) gelebt hat. Sehr passend fand ich auch, dass die Autorin den einzelnen Kapiteln Farbbezeichnungen bzw. andere Begriffe aus der Malerei zugeordnet hat.
    Wer sich gerne einmal in Åsgårdstrand tummeln und seine interessanten Bewohner kennenlernen möchte, dem sei dieser außergewöhnliche Roman wärmstens ans Herz gelegt.


    5ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Worum es geht
    Die 19-jährige Elisabeth Bergmann stammt aus einfachen Verhältnissen, möchte sich aber nicht wie ihre Schwester Maria den Launen eines trunksüchtigen Ehemannes ausliefern müssen. Lieber nimmt sie die schlecht bezahlte Stelle einer Krankenwärterin an der Berliner Charité an, um sich mit der schweren Arbeit auch ein Stück Unabhängigkeit zu sichern.
    Elisabeths Umsicht bei der Pflege der Patienten und ihr reger Verstand machen den Chirurgen Johann Friedrich Dieffenbach auf die junge Wärterin aufmerksam. Er betraut sie mit zusätzlichen verantwortungsvollen Aufgaben, fördert ihre Wissbegier und ermutigt sie zum selbständigen Denken.
    Der Subchirurg Alexander Heydecker hingegen sieht sich bei seiner Arbeit vor allem mit Elisabeths Widerspruchsgeist konfrontiert, doch ist der junge Mann nicht nur von ihrer Intelligenz fasziniert.
    Doktor Dieffenbach ist nach der Scheidung von seiner ersten Gattin mit Alexanders Schwester Emilie zwar wieder glücklich verheiratet, doch gelingt es ihm nicht, die schöne und geistreiche Gräfin Ludovica von Bredow völlig aus seinen Gedanken zu verbannen. Häufig wird er an das Bett ihres hypochondrischen Ehemannes gerufen, für Ludovica ein willkommener Anlass, demjenigen nahe zu sein, der auch ihr Herz höher schlagen lässt.


    Meine Meinung
    In ihrem bemerkenswerten Roman befasst sich Ulrike Schweikert mit den Anfängen der modernen Medizin, der wissenschaftlichen Erforschung von Krankheiten und ihrer operativen Behandlung.
    Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Arzt Johann Dieffenbach (1792 - 1847), dem bahnbrechende Arbeiten auf dem Gebiet der Chirurgie zu verdanken sind. Schielenden Patienten konnte Dieffenbach mit seinen spektakulären Operationen ebenso helfen wie solchen mit Schiefhälsen oder Klumpfüßen. Nie hätte ich vermutet, dass die Anfänge der plastischen Chirurgie bereits in den 1830-er Jahren liegen, doch dürfte es damals viele Gesichtsmissbildungen in Form von Hasenscharten und Wolfsrachen gegeben haben. Unvorstellbar, dass alle Operationen ohne Narkose stattfinden mussten, lag doch die (zufällige) Entdeckung für einen schmerzfreien chirurgischen Eingriff noch in weiter Ferne.
    Besonders gut hat mir gefallen, dass der Hörer auch viel Wissenswertes über den schwierigen Beginn der professionellen Krankenpflege erfährt. Mir war nicht bekannt, dass die Krankenwärter aus den untersten gesellschaftlichen Schichten stammten, und es überhaupt keine Ausbildung gab. Im Grunde waren sie nicht mehr als die Bewacher der Patienten, und verrichteten darüber hinaus nur niedrige Hilfsdienste. Welch unglaublichen Imagewandel dieser Berufsstand erfahren hat, ist mir erst durch diese Lektüre bewusst geworden.
    Darüber hinaus war ich auch über den damals gänzlich anderen hierarchischen Aufbau sowohl der klinischen als auch personellen Strukturierung erstaunt.
    Die hier geschilderten großartigen medizinischen Leistungen und Errungenschaften versteht Ulrike Schweikert sehr geschickt in eine fesselnde Geschichte zu verpacken. Die Charaktere haben mich samt und sonders fasziniert, allen voran Elisabeth, eine kluge und umsichtige junge Frau, die ihr Leben selbst in die Hand nimmt. Sie verliebt sich zwar in Alexander Heydeckers blaue Augen, doch als er die Charité verlässt, verfällt sie nicht in Melancholie oder läuft ihm gar kopflos hinterher, sondern trifft selbstbewusst ihre weiteren Entscheidungen.
    Ganz hingerissen war ich auch von Doktor Dieffenbachs (sicher weitgehend erfundenem) Privatleben, das in der zarten Romanze mit Ludovika einen durchaus glaubhaften Höhepunkt erfährt. Obwohl ihm mit Emilie ein glückliches und erfülltes Familienleben beschieden ist, fühlt er sich auch zur charmanten Gräfin hingezogen. Sie interessiert sich nicht nur für die Leiden seiner Patienten, sondern unterstützt seine Arbeit auch finanziell äußerst großzügig. Dennoch könnte es für beide mehr sein als nur eine platonische Verbindung, mehr als reine Seelenverwandtschaft. Eine Möglichkeit, die mir durchaus realistisch erscheint.
    Der Anfang des Romans stellt hinsichtlich der beschriebenen Krankheitsbilder, deren Behandlungsmethoden, aber auch im Hinblick auf die hygienischen Verhältnisse für empathische Gemüter sicher eine gewisse Herausforderung dar. Doch wer durchhält, und auch Heinrich Heines (kurze) Erwähnung von Tierversuchen überstanden hat, wird mit einer beeindruckenden Geschichte belohnt.
    Charaktervolle, glaubwürdige Protagonisten lassen den Hörer an ihrem Schicksal lebhaften Anteil nehmen. Lebendige Figuren mit den unterschiedlichsten Träumen, Ängsten und Sehnsüchten, geplagt von Zweifeln, Missgunst und Neid, aber auch fähig zu Liebe und Hilfsbereitschaft sind mir in diesem großartigen Roman entgegengetreten. Dieffenbachs operative Erfolge und Rückschläge werden ebenso packend geschildert wie das Alltags- und Gefühlsleben der Haupt- und Nebendarsteller.
    Beeindruckt von ihrer hervorragenden Recherchearbeit konnte mich die Autorin auch stilistisch vollkommen überzeugen.
    Die Vortragsweise der Sprecherin Beate Rysopp hat mir ebenfalls gut gefallen. Ihre Intonation fand ich sehr ausdrucksvoll, und ihre leicht dunkel gefärbte Stimmlage passt ganz ausgezeichnet zum Inhalt des Buches.
    14 Stunden 38 Minuten habe ich mich bestens unterhalten, und konnte mir ganz nebenbei viel neues Wissen aneignen. Sehr interessant fand ich auch die zusätzlichen Informationen, die dem Hörer im Epilog vermittelt werden.
    Die Autorin hat den schwierigen Anfängen in der modernen Medizingeschichte, den Patienten, Ärzten, Krankenwärtern, aber auch den vielen Opfern, die der Fortschritt verlangte, mit ihrem Roman ein beeindruckendes Denkmal gesetzt, dem ich ganz viele Hörer (& Leser) wünsche.
    Für mich war diese Geschichte ganz großes Kino! Chapeau, Frau Schweikert!


    5ratten:tipp:

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Worum es geht
    Die "Casa Celestina" ist ein altes Haus in Paris mit vielen charmanten Details, das jeden Besucher mit seiner heimeligen Atmosphäre verzaubert. Außer dem Kater Jean-Pierre dürfen aber nur Frauen im "Haus der Glückseligkeit" leben, selbst Handwerkern und männlichen Verwandten ist der Zutritt verboten.
    So verlangt es die Besitzerin, "die Königin", eine ehemalige Prima Ballerina, deren große Zeit längst vorbei ist. Der Bewohnerin der ersten Etage, Giuseppina, kann das nur recht sein, da ihr Leben stets von Männern dominiert wurde, vom Vater, den Brüdern, vom Ehemann. Aber auch Rosalie und Simone hatten kein Glück mit dem anderen Geschlecht. Nur Juliette, die während der Abwesenheit ihrer Freundin Carla für ein paar Monate deren Wohnung gemietet hat, glaubt ganz fest an die große Liebe - und plötzlich werden Männer wieder zum Hauptgesprächsthema im Haus ohne Männer.


    Meine Meinung
    Mit diesem Buch hat Karine Lambert einen wunderschönen Roman über die Liebe vorgelegt, oder besser gesagt, über deren Fehlen im Leben fünf ganz unterschiedlicher Frauen. Mir hat die Charakterisierung der Protagonistinnen sehr gut gefallen, da ich allesamt sehr realistisch dargestellt fand.
    Die alternde Diva, die sich auch mit 75 Jahren noch nicht damit abgefunden hat, dass der einstige Ruhm verblasst und die Bewunderer verschwunden sind, kann man letzten Endes nur bedauern. Es ist immer traurig, wenn Menschen an einer Profession so sehr haften, dass sie im Alter keinen anderen Sinn mehr finden können.
    Die frühere Marketingfachfrau und jetzige Yogalehrerin Rosalie trauert immer noch um ihre erste und einzige Liebe, die wort- und grußlos aus ihrem Leben gegangen ist, und die Übersetzerin Simone hatte einfach immer nur Pech mit den Männern, von denen sie sich eine stabile Partnerschaft erwartete.
    Karine Lambert schreibt unglaublich einfühlsam über unerfüllte Hoffnungen, über enttäuschte Sehnsüchte und verletzte Gefühle. Rückzug vom anderen Geschlecht ist die Devise dieser Frauen, die wohl stellvertretend stehen für alle, die ihre Träume allzu oft wie Seifenblasen zerplatzen sahen. Bei einer der häufigen Diskussionen mit Juliette gewährt Simone tiefe Einblicke in ihre wahren Empfindungen:
    „Man kann die Liebe nicht ersetzen, man ersetzt die Illusionen, die Erwartungen, die Turbulenzen, die Abhängigkeit, die Enttäuschungen, die Paartherapien und die Leere durch angenehme Dinge, die in Reichweite sind."
    Trotz aller Bemühungen scheint keine der Frauen durch die Wahl einer Lebensform ohne Männer wirklich glücklich zu sein. Unterschwellig klingt immer wieder die Sehnsucht nach einem Partner an, mit dem man das Leben teilen kann.
    Im Gegensatz zu ihren Mitbewohnerinnen hat Juliette den Männern keineswegs abgeschworen. Ihre verzweifelte Suche nach dem Richtigen fand ich sehr berührend, manchmal vielleicht sogar etwas übertrieben, aber für eine Frau um die Dreißig auch nur zu verständlich. Die biologische Uhr tickt bereits, wobei sich in Juliettes Fall auch noch ein riesiges Liebesdefizit aus der Kindheit gesellt. Ihre Lebenseinstellung kann ich ganz und gar nachvollziehen:
    „Eines Tages werdet ihr es bereuen, wenn ihr alt und grau seid, vor dem Kaminfeuer sitzt und euch eine Hand fehlt, die ihr halten könnt."
    Wie sehr es im Untergrund, sprich in den tiefsten Tiefen der Seelen brodelt, zeigt sich an einem Ausbruch Giuseppinas, nachdem sie ein Gläschen zuviel getrunken hat. Sie ist ohnehin wütend auf Juliette, die so offen auf Männersuche ist, und durch den Alkohol enthemmt, schreit sie durchs ganze Haus, dass auch sie der Liebe nicht abgeschworen habe, sondern dass die Liebe sie einfach nicht finden wolle.
    Eindrucksvoll, berührend und zeitweilig humorvoll erzählt die Autorin von den geheimen Wünschen und Sehnsüchten dieser Frauen, die alle eines gemeinsam haben, die Hoffnung auf ein erfülltes Leben mit dem richtigen Mann an ihrer Seite.
    Nicht nur inhaltlich, auch sprachlich fand ich den Roman sehr gelungen. Die Geschichte wird flüssig erzählt, und ist angenehm anzuhören.
    Die Sprecherin Katrin Fröhlich hat ihre Sache ebenfalls sehr gut gemacht, und den verschiedenen Charakteren durch ihre lebhafte Vortragsweise zusätzliches Charisma verliehen. Eine Szene, in der sich Juliette mit einem ihrer potentiellen Traummänner zu einem Badeausflug aufmacht, ist mir ganz besonders in Erinnerung geblieben. Die Umständlichkeit mit der die Badesachen nach einer genau festgelegten Reihenfolge ins Auto gepackt und dann doch noch einmal ausgepackt werden, wie getankt und ein Parkplatz gesucht wird, hat Katrin Fröhlich mit einem derart trockenen Humor gelesen, dass man unwillkürlich lachen muss.
    Die Grundstimmung des Romans ist dennoch eine eher nachdenkliche, werden doch viele der wohl auf ewig ungelösten Rätsel und Probleme zwischen Männern und Frauen angesprochen. Schließlich bedeutet Liebe immer auch, sich ins Leere zu stürzen, wie es im Roman so treffend heißt. Was einen letzten Endes erwartet, weiß am Anfang eben keiner so ganz genau. Und doch möchte ich Juliette uneingeschränkt zustimmen, wenn sie behauptet:
    „Ein Leben ohne Männer ist wie ein Leben ohne Salz, ohne Zucker, ohne Chili, ohne Honig."
    Wer wollte schon auf all diese Köstlichkeiten verzichten, die dem Leben erst die richtige Würze verleihen?
    Der einzige Kritikpunkt, den ich anzumerken habe, betrifft die Länge oder besser gesagt die Kürze der Geschichte. Die Hörzeit von 4 Stunden 39 Minuten war wie im Flug vorbei, und gerne hätte ich die liebgewonnenen Protagonistinnen noch weiter auf ihrer Suche nach der einzig beglückenden Lebensart begleitet.


    4ratten

    Worum es geht
    Lenchen Demuth ist noch keine 10 Jahre alt, als sie ihr ärmliches Elternhaus in St. Wendel nach dem Tod des geliebten Vaters bei Nacht und Nebel verlässt. An ihrem Ziel, in Trier, hat das Kind großes Glück, begegnet sie doch zufällig Jenny Westphalen, die ihr eine Anstellung als Dienstmädchen im vornehmen elterlichen Haushalt vermittelt. Im Laufe der Zeit entwickelt sich zwischen den beiden jungen Mädchen eine enge Vertrautheit, die auch nach Jennys Eheschließung mit Karl Marx Bestand hat. Lenchen begleitet das Ehepaar nicht nur als Haushälterin und Kindermädchen auf allen Stationen ihres bewegten Lebens, sondern steht ihnen auch als gute Freundin immer zur Seite.
    Als Lenchen jedoch ein Kind von Karl erwartet, bleibt nichts so, wie es vorher war.


    Meine Meinung
    Schon lange habe ich keinen historischen Roman mehr gelesen, der mich gleichermaßen berührt und begeistert hat. Von den ersten Seiten an bin ich vollkommen im Leben und Schicksal der Helena Demuth versunken. Schon ihre ärmliche Kindheit, in der der heißgeliebte Vater den einzigen Lichtblick darstellte, fand ich sehr berührend geschildert. Von ihrem Pabbi lernt sie nicht nur die Grundbegriffe des Schachspiels, ihm schaut sie auch das Tabakkauen ab, oft die einzige Freude in Lenchens späterem harten Dienstbotendasein. Viele weitere Details dieser Art sind es, die die Protagonisten in ihrem Umfeld besonders lebensnahe erscheinen lassen, wie etwa die anfangs häufig zitierten Paragrafen aus der "Preußischen Gesindeordnung" oder die Angst der Menschen vor dem "Delirium furiosum", vermutlich ausgelöst durch die hohe Geschwindigkeit in der Eisenbahn.
    Lenchen Demuth ist mir schon als junges Mädchen sehr zielstrebig vorgekommen, das den tristen Lebensverhältnissen in ihrer Heimat unter allen Umständen entfliehen wollte. Obwohl sie von Kindheit an körperlich stets sehr schwer arbeiten musste, beschäftigt sie sich in Gedanken häufig mit dem Schachspiel, lernt rechnen und lesen. Ihr wacher Geist, ihr reges Interesse an allem, was um sie herum vorgeht, haben sie mir von Anfang an sehr sympathisch gemacht.
    Besonders gut hat mir gefallen, wie die Autorinnen ihr Leben im Kreise der Familie Marx geschildert haben. Lebhaft konnte ich sie mir beim Putzen und Kochen, an den kräftezehrenden Waschtagen oder bei der liebevollen Versorgung der Kinder vorstellen, deren Verhältnis untereinander ebenfalls sehr innig und herzlich dargestellt wird. Trotz der stets angespannten finanziellen Situation ihrer Arbeitgeber, hält ihnen Lenchen stets die Treue, verzichtet oft auf ihr Gehalt, und weiß auch in extremen Notlagen immer etwas auf den Tisch zu zaubern. Sie freut sich über die Geburt jedes Kindes, kümmert sich aufopfernd um die Kranken, trauert mit den verzweifelten Eltern um die allzu früh Verstorbenen, und spielt mit dem Hausherrn sogar die eine oder andere Partie Schach. Auch an der Arbeit ihres Dienstgebers und seinen revolutionären Ideen nimmt sie regen Anteil, liefert ihm sogar manchen gedanklichen Anstoß. Dass ein Mann vom Format eines Karl Marx im Laufe der Zeit auch eine große körperliche Anziehung auf Lenchen ausübte, ist nicht verwunderlich. Ganz wunderbar beschreiben die Autorinnen die heimliche Liebesbeziehung, in der aus dem Lenchen eine Helena wurde, wobei die starke Persönlichkeit des Philosophen meiner Meinung nach ebenfalls recht eindrucksvoll zur Geltung kommt.
    Sehr gut hat mir auch die Charakterisierung Jennys gefallen, ihre Wandlung von der liebevollen Freundin und besorgten Mutter zur enttäuschten und verbitterten Betrogenen. Dass ihre Reaktion auf die Ereignisse nicht anders ausfallen konnte, scheint mir bei aller Sympathie für Lenchen nur allzu verständlich.
    Durch das Nachwort wird klar, wie sehr die beiden Autorinnen bemüht waren, sich so nahe wie möglich an die historische Wahrheit zu halten. Hervorragend ist es ihnen gelungen, ihren Lesern aus der fernen Vergangenheit lebendige, authentische Figuren entgegentreten zu lassen. Ausgestattet mit Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen beeindrucken sie die Leserschaft, die an den unbedeutenden Gedanken eines einfachen Dienstmädchens genauso teilhaben durfte wie an den himmelstürmenden Ideen eines Mannes, der die Welt veränderte.
    Voller Anteilnahme bin ich dem Lebensweg des Lenchen Demuth gefolgt, habe mich am mitreißenden Stil der Autorinnen, der akribischen Recherche und der großen Detailvielfalt erfreut. Keine Sekunde der Langeweile kam auf, und voller Bedauern habe ich viel zu schnell die letzte Seite dieses bemerkenswerten Romans erreicht, für den ich sehr gerne die volle Punktezahl vergebe.


    5ratten   :tipp:


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Worum es geht
    Alice Pendelbury hat bei einem Bombenangriff im 2. Weltkrieg ihre Eltern verloren. Seither lebt sie allein in London und kreiert Parfüms, da sie über einen ganz außergewöhnlichen Geruchssinn verfügt.
    Kurz vor Weihnachten 1950 überreden sie ihre Freunde zu einem Besuch bei einer Wahrsagerin. Obwohl Alice an derlei Prophezeiungen nicht glaubt, gehen ihr die seltsamen Worte, die sich mit ihrer Herkunft und dem künftigen wichtigsten Mann ihres Lebens befassen, nicht aus dem Sinn.
    Mit ihrem Nachbarn, dem Maler Ethan Daldry, macht sie sich schließlich auf eine Reise, die nicht nur die Rätsel der Vergangenheit lösen, sondern auch richtungsweisend für die Zukunft werden wird.


    Meine Meinung
    Mit diesem Roman hat der Autor einen ganz ungewöhnlichen Roman vorgelegt, der mich von der ersten Minute an völlig in seinen Bann gezogen hat. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Alice, die mit ihrer Begabung für Düfte beeindruckt, und ihr exzentrischer Nachbar Ethan Daldry. Die Dialoge zwischen den beiden sind wirklich originell, wobei mir besonders Daldrys trockener Humor sehr gut gefallen hat. Seine distinguierte Art wurde durch den hervorragenden Sprecher Uwe Büschken ganz vortrefflich in Szene gesetzt.
    Die Flugreise von London nach Istanbul, Alices Suche nach ihren Wurzeln, und die Charaktere, die den beiden Engländern dabei über den Weg laufen, schildert Marc Levy so eindrucksvoll und lebensecht, dass ich mich nur ungern bei meiner Lektüre unterbrechen ließ. Wunderbare Ortsbeschreibungen haben mich fasziniert, und Alices dunkle Erinnerungen an Häuser und Stadtteile, die ihr bekannt vorkommen, sind so fesselnd erzählt, dass niemals Langeweile aufkommt.
    Sehr gut hat mir auch der Briefwechsel zwischen Alice und Ethan nach dessen Abreise gefallen, da er sehr viel über das Verhältnis der beiden zueinander verrät. Die humorvolle Note der Korrespondenz fand ich ebenfalls sehr passend. Auch ein ernstes Thema, den Völkermord am armenischen Volk während des 1. Weltkrieges, hat Marc Levy gekonnt in seine Geschichte eingebettet, und das Schicksal einer betroffenen Familie berührend geschildert.
    Sehr charmant entwickelt sich schließlich auch die Beziehung zwischen Alice und Ethan, wenngleich die Vorhersage der Hellseherin zwischen den beiden Protagonisten zu stehen scheint. Dadurch bleibt die Geschichte spannend bis zum Schluss, und der Leser rätselt gerne über den möglichen Ausgang mit.
    Von Anfang an liegt über dem Roman eine sehr geheimnisvolle Atmosphäre, die noch durch die Reise in die Stadt am Bosporus verstärkt wird und bis zum Ende erhalten bleibt. Die Auflösung sämtlicher Rätsel fand ich letztlich sehr gut gelungen, da sie mir logisch nachvollziehbar erscheinen und keine Fragen offen lassen.
    Die interessante Handlung, wunderschön erzählt von Marc Levy und exzellent vorgetragen von Uwe Büschken, hat mir ein großartiges Hörerlebnis beschert, für das es natürlich die volle Punktezahl gibt <3<3<3<3<3:!:

    Worum es geht
    Elfriede Lack, genannt Fritzi, reist im Jahre 1925 aus ihrer süddeutschen Heimat nach Berlin, um hier Karriere als Schauspielerin, oder noch besser als Drehbuchautorin, zu machen. In der Zwischenzeit muss sie sich aber als Schreibkraft bei Graf Hans von Keller verdingen, dessen renovierungsbedürftige Villa stets für seine Freunde aus der Kunstszene offensteht, und der sich eigentlich gar keine Sekretärin leisten kann. Dennoch findet Fritzi Aufnahme in der illustren Runde der Hausbewohner. Mit ihrer offenen Art, ihren Ideen und ihrer Liebe zur Literatur beeindruckt sie bald auch den Hausherrn.


    Meine Meinung
    Das Berlin der 1920-er Jahre war gewiss eine interessante Zeit der Umbrüche, und wäre somit auch ein perfekter Hintergrund für einen historischen Roman. Leider hat die Autorin nur eine sehr einfach konstruierte Geschichte zustande gebracht, der jeder Charme und jede Raffinesse fehlt. Die Figuren sind alles andere als ausgereift, nur Fritzi kann mit etwas ausgeprägteren Konturen punkten. Die äußerst vorhersehbare Liebesgeschichte fand ich sehr plump erzählt, keine dramatischen Ereignisse oder überraschenden Wendungen wurden bemüht, um die gähnende Langeweile zu vertreiben.
    Vom berühmten Flair der 1920-er Jahre habe ich ebenfalls nichts bemerkt. Der Roman hätte wohl ebenso gut in jeder anderen Stadt spielen können, denn auch das "Café unter den Linden" führt nur ein Schattendasein. Die oberflächlich skizzierte Kunstszene und das freigeistige Denken, das wohl in Gestalt zweier Homosexueller verkörpert werden sollte, konnten die besondere Atmosphäre Berlins jener Jahre nicht einmal annähernd einfangen. Vergeblich habe ich auch nach dem historischen Aspekt des Romans gesucht. Die Geschichte spielt weder vor dem politischen, noch gesellschaftlichen oder kulturellen Hintergrund jener Zeit, sondern tümpelt einfach im Mikrokosmos des gräflichen Haushalts vor sich hin.
    Auch sprachlich hat mir der Roman überhaupt nicht gefallen. Fantasie- und lieblos scheint mir der Text heruntergeklopft zu sein, manche Dialoge wirken beinahe kindlich naiv, und auch mit ihrer bemüht wirkenden "humoristischen" Seite konnte mich die Autorin nicht überzeugen. Die "tannenhonigfarbenen" Augen des Herrn Grafen (welche Farbe man sich darunter auch immer vorzustellen hat) haben mich schließlich ebenso genervt wie die andauernde Verwendung des Wortes "top" in allen (un)möglichen Verbindungen wie topgern, topalbern, topunverschiebbar - um nur die schlimmsten Auswüchse zu nennen.
    Als ich in der Danksagung gelesen habe, dass die Autorin von ihrem Roman als einem "Mädchenbuch" spricht, wurde mir zwar manches klarer; dass junge Mädchen diesen Roman begeistert verschlingen, übersteigt dennoch mein Vorstellungsvermögen. Aus der Erwachsenenperspektive gibt es von mir - trotz des ansprechenden Covers - leider nur eine einsame Leseratte!


    1ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Worum es geht
    Die Pharmareferentin Christiane Auberlin, genannt Nane, fährt zur Beerdigung ihrer Großmutter Eva nach Rickenbach am Bodensee. Dort ist die Sudetendeutsche nach dem 2. Weltkrieg als Flüchtling gestrandet, hat geheiratet und sich eine neue Existenz aufgebaut.
    Während Nanes Mutter Viktoria, die sich mit ihrer älteren Schwester Marlene nicht besonders gut versteht, nach den Begräbnisfeierlichkeiten gleich wieder die Heimreise antritt, möchte Nane ihren Urlaub unbedingt bei der Tante verbringen. Ihr Job belastet sie so sehr, dass sich bereits erste Anzeichen eines Burnout-Syndroms bemerkbar machen. Deshalb will Nane die Auszeit in Rickenbach nutzen, um sich über ihre weiteren Zukunftspläne klar zu werden. Nicht zuletzt wäre auch der Tierarzt Fabio Rossi, der sich um Nanes Findlingshund kümmert, ein Grund, Rickenbach nicht so bald wieder zu verlassen.


    Meine Meinung
    Brigitte Riebe hat ihren Roman auf zwei Zeitebenen angesiedelt, wobei die gegenwärtige mit Evas Tod beginnt. Für ihre Enkelin Nane hat sie ihre Geschichte aufgeschrieben, und diese führt als zweiter Handlungsstrang in die Zeit des 2. Weltkrieges.
    Über Flucht und Vertreibung weiß die Autorin recht eindrucksvoll zu erzählen, weshalb ich diesen Teil der Geschichte auch lieber gelesen habe als den in der Gegenwart spielenden. Obwohl ich derart aufgebaute Romane sehr gerne mag, konnte mich diese Geschichte nicht so richtig begeistern. Weder Nane noch ihre Tante Marlene sind mir besonders ans Herz gewachsen. Der Autorin ist es leider nicht gelungen, sie mir als interessante Persönlichkeiten nahezubringen, an deren Schicksal ich regen Anteil hätte nehmen wollen. Marlene hatte sehr traumatische Kindheitserlebnisse, doch erfährt man nichts darüber, wie sie ihr Leben als Erwachsene gemeistert hat.
    Weiters hat mir gar nicht gefallen, das der Rickenbacher Hermann Bentele, der von Anfang an ein Auge auf Eva geworfen hatte, seine Gefühle derart offen in einem Tagebuch festhält. Meiner Meinung nach passt das überhaupt nicht zu einem Mann dieser Generation, in der über sexuelle Gelüste und Phantasien kaum im Vertrauen gesprochen, geschweige denn geschrieben wurde. Dieser Part wäre aus einer neutralen Erzählperspektive wohl glaubwürdiger ausgefallen, und hätte sich nicht im Nachlass Benteles finden dürfen.
    Auf dramatische Wendungen, die zur Aufdeckung großer Geheimnisse geführt hätten, habe ich ebenfalls vergeblich gewartet. Den Teil, der in der Gegenwart spielt, fand ich zeitweise sogar ein wenig langweilig. Leider vermochte mich der Roman nicht sonderlich zu berühren, die Protagonisten beider Zeitebenen sind mir allesamt fremd und fern geblieben. Sowohl inhaltlich als auch sprachlich konnte mich die Geschichte nicht überzeugen. Es gab niemanden, der mich besonders angesprochen hätte, mit dem ich mitfühlen und mitleiden konnte. Den Stil fand ich ebenfalls nicht mitreißend, weshalb das Buch wohl keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen wird.


    3ratten


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links