Beiträge von Herzblatt

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    Worum es geht
    Nach 20 Ehejahren verliebt sich die Arztgattin und dreifache Mutter Linda Albrecht mit Mitte vierzig Hals über Kopf in den charismatischen Bankdirektor Frank Hellwein. Noch einmal möchte sie sich umworben und geliebt fühlen, nicht nur gebraucht, wie in ihrer Ehe mit Jochen. Allen Bedenken zum Trotz verlässt Linda ihren biederen Ehemann und gründet mit ihrer großen Liebe die perfekte Patchworkfamilie. Anfangs trägt Frank seine Linda geradezu auf Händen, und bietet ihr neben einem Leben als Familienmanagerin jeden erdenklichen Luxus. Er verwöhnt sie mit aufregenden Reisen, teurem Schmuck und chicer Kleidung. Doch bald beginnt die glänzende Fassade zu bröckeln, und Linda ist in einem Albtraum gefangen, aus dem es kein Erwachen mehr gibt.


    Meine Meinung

    Hera Lind hat mit ihrem Buch einen äußerst fesselnden Roman vorgelegt, der mich von Anfang an in seinen Bann gezogen hat. Sinn- und Lebenskrisen Mitte vierzig sind ja durchaus keine Seltenheit, weshalb ich Lindas Sehnsucht nach einem aufregenden Liebesabenteuer gut verstehen kann. Charakterlich finde ich sie sehr gut dargestellt, als einst ungeliebtes Kind, als funktionierende Ehefrau und fürsorgliche Mutter, die schließlich blind vor Liebe komplett den Boden unter den Füßen verliert. Mit Frank scheint ihr nichts unmöglich, treu steht sie immer zu ihm, und gibt alles, um die Familienidylle zu wahren.
    Frank hingegen ist eine recht undurchsichtige Persönlichkeit. Seine freundliche und unkomplizierte Art, die anfangs auch die Kinder zu begeistern vermochte, weicht immer öfter grundlosen Wutausbrüchen, die seine Lieben ratlos zurücklassen. Natürlich könnte man Linda Naivität und Blauäugigkeit vorwerfen, ebenso verständlich ist aber auch ihr Bestreben, jede Unstimmigkeit sofort wieder auszubügeln. Schließlich hat Linda mit der Trennung von Jochen viel riskiert, Familien und Freundschaften zerstört. Der triste Alltag darf bei ihnen einfach nicht - wie in jeder x-beliebigen Beziehung - die Oberhand gewinnen.
    Der charmante Frank findet seine Bestätigung nicht nur als erfolgreicher Banker, er ist auch sportlich sehr ehrgeizig, braucht gesellschaftliche Anerkennung und die Bewunderung des weiblichen Geschlechts. Vor allem aber muss die Frau an seiner Seite in allen Belangen mit seinen hohen Ansprüchen mithalten können, während er sich mit den Problemen, die der Alltag in einer großen Familie eben mit sich bringt, rasch überfordert fühlt.
    Hera Lind hat nicht nur das anfängliche himmelstürmende Glücksgefühl ihrer Protagonistin sehr glaubhaft beschrieben, sondern auch die ersten Kratzer im Lack, die Zweifel und Ängste, das Verleugnen, die Selbstvorwürfe, und schließlich das Eingestehen ihres Scheiterns. Wüsste ich nicht, dass der Roman auf einer wahren Begebenheit beruht, hätte ich das Ende als irreal bezeichnet, als zu dick aufgetragen, und die Fantasie der Autorin als allzu blühend abgetan. Anscheinend ist es aber doch das Leben selbst, das die unglaublichsten Geschichten schreibt, und auch nicht - wie in vielen Romanen - auf alle offenen Fragen eine befriedigende Antwort zu geben hat.
    Der Autorin gebührt für ihr Buch meiner Meinung nach höchstes Lob. Aus jeder Zeile ist spürbar, dass sie mit viel Engagement und großem Einfühlungsvermögen an ihr Projekt herangegangen ist. Mir gefällt Hera Linds Stil überhaupt sehr gut, da sie nicht nur spannend und humorvoll zu erzählen versteht, sondern die Gefühle ihrer Figuren auch sehr ehrlich wiederzugeben vermag. Besonders gut kann man sich als Leserin ja mit etlichen Szenen aus dem Alltag der Protagonistin identifizieren und sich denken: Ja, genauso habe ich mich in ähnlichen Situationen auch schon gefühlt.
    Für diese interessante, flüssig erzählte und leicht lesbare Geschichte zum Mitfühlen und Mitfiebern gibt es von mir eine unbedingte Leseempfehlung und natürlich sehr gerne die volle Punktezahl <3<3<3<3<3:!:

    Worum es geht
    In der Dresdner Altstadt hat Anna Kepler gerade ihre zweite Chocolaterie eröffnet. Beide Geschäfte betreibt sie mit großer Leidenschaft, ebenso wie die Renovierung der Rosenvilla. Bei der Neubepflanzung des Gartens stößt Anna auf eine Kassette, die neben alten Erinnerungsstücken auch Tagebuchfragmente enthält. Beim Ordnen der Blätter entdeckt sie, dass es sich dabei um die Einträge dreier Frauen handelt, die in der Familie aber nie erwähnt wurden. Voller Neugier macht sich Anna mit Hilfe ihrer Freundin Hanka an die Lösung des Rätsels.


    Meine Meinung

    Leider kann ich mich den obigen positiven Bewertungen nicht bedingungslos anschließen. Der Anfang war zwar recht vielversprechend - vor allem die romantischen Beschreibungen des Rosengartens und der alten Villa haben mir gut gefallen - doch im weiteren Verlauf ist die Geschichte für meinen Geschmack allzu ungeordnet verlaufen.

    Die in der Vergangenheit spielenden Handlungsstränge werden nicht chronologisch erzählt, wodurch die Verwirrung steigt, und auch die Charaktere der drei Frauen (Helene, Emma und Charlotte) sind nicht so ausgereift, dass mich ihr Schicksal gefesselt hätte. Gerade hier wäre meiner Meinung nach noch Potential vorhanden gewesen, das leider nicht voll ausgeschöpft wurde. Die Figuren aus der Vergangenheit sind in meiner Erinnerung zu einem undefinierbaren Konglomerat verschmolzen, weil es der Autorin nicht gelungen ist, mir ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten und Lebenswege eindrucksvoll vor Augen zu führen.
    Anna Kepler, die Protagonistin der Gegenwart, ist eine sympathische junge Frau, die weiß, was sie sich vom Leben erwartet und unbeirrt ihren Weg geht. Beruflich hat sie ja bereits ihre Erfüllung gefunden, in Annas Privatleben hingegen sieht es nicht so rosig aus wie in ihrem Garten. Die sich anbahnende Romanze fand ich allerdings nicht überzeugend dargestellt; sie war mir eindeutig zu unrealistisch und konstruiert.

    Das Ende des Romans hat mich ebenfalls enttäuscht, da die durchaus spektakuläre Auflösung auf wenigen Seiten, fast wie nebenbei, abgehandelt wird. Alles in allem war das für mich keine stimmige Geschichte mit Figuren zum Mitleiden und Mitleben. An diesem Eindruck konnten leider auch die sicher köstlichen Pralinenrezepte nichts mehr ändern.

    Deshalb gibt es von mir nur <3<3 von 5.


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    Worum es geht
    Laura Brandner, 31 Jahre alt, verheiratet und Mutter zweier Kinder hat ihren Traum, Meeresbiologie zu studieren, trotz ihrer familiären Verpflichtungen nicht aufgegeben. Als sich ihr die Möglichkeit bietet, in Neuseeland ein Jahr lang in der Tourismusbranche als Begleiterin bei Delfin- und Walbeobachtungen zu arbeiten, ergreift sie diese Chance sofort. Am anderen Ende der Welt muss Laura nicht nur mit den unterschiedlichsten Anforderungen fertig werden, sondern ist gedanklich sehr oft auch bei ihren Lieben in der Heimat.


    Meine Meinung
    Den Einstieg fand ich etwas gewöhnungsbedürftig, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass sich eine Mutter für ein ganzes Jahr von ihren erst 9 und 13 Jahre alten Kindern trennen würde. Im Laufe der Geschichte ist mir Laura aber immer sympathischer geworden. Unbeirrt geht sie ihren Weg, obwohl ihr die Trennung von ihren Kindern mehr zusetzt als gedacht. Ihren Ehemann hingegen vermisst sie nicht, weshalb sie wohl auch neuen Liebschaften gegenüber sehr aufgeschlossen ist. Obwohl mir die gefühlvoll, und dennoch glaubwürdig erzählte Liebesgeschichte sehr gut gefallen hat, fand ich den Teil, der sich mit den vielfältigen Umweltproblemen Neuseelands beschäftigt, besonders interessant. Wie viel Tourismus vertragen fragile Ökosysteme? Wie viel Publicity braucht es, um den Lebensraum der faszinierenden Meeressäuger erfolgreich zu schützen? Welchen Einfluss haben Tierschutzorganisationen, die gegen die Wal- und Delfinbeobachtungen protestieren? Diese aktuellen Themen hat die Autorin sehr geschickt in ihrem Roman verarbeitet, wobei sie es an Spannung nicht fehlen lässt. Dank dieses Buches habe ich auch zum ersten Mal von Solidärdelfinen gehört und Wissenswertes über ihr Verhalten erfahren.
    Die übrigen Protagonisten der Geschichte hat Sarah Lark meiner Meinung nach ebenfalls sehr glaubwürdig dargestellt. Vor allem Lauras Kollegin Kiki ist eine originelle Figur, behauptet sie doch mit den Meerestieren telepathischen Kontakt aufnehmen und sich mit ihnen über deren Weltanschauung unterhalten zu können. Aber auch Lauras Arbeitgeber, ihre Freunde und Kinder sind liebevoll skizzierte, eigenständige Persönlichkeiten, die ich allesamt sehr überzeugend fand.
    Nach einem etwas langatmigen Einstieg und der sehr detaillierten Beschreibung der Arbeitsanforderungen in Lauras neuem Job, nimmt der Roman rasant an Fahrt auf, sodass sich der Leser nur noch von einem spannenden Ereignis zum nächsten mitreißen lassen muss. Dem Nachwort ist zu entnehmen, dass die Autorin ihrer Geschichte reale Ereignisse zugrunde gelegt hat, meiner Meinung nach auf jeden Fall ein sehr gelungenes Projekt. Bisher habe ich von Sarah Lark nur in der Vergangenheit angesiedelte Romane gelesen, war aber von diesem ausschließlich in der Gegenwart spielendem Buch mit seinem aktuellen Bezug sehr angetan. Wunderbar erzählt, hat mir dieses Jahr in Neuseeland angenehme Lesestunden beschert, wobei auch die Auflösung aller Probleme zu guter letzt sehr glaubwürdig ausgefallen ist.

    Dafür gibt's von mir <3<3<3<3 von 5.

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    Worum es geht
    Die 17-jährige Henrietta sieht plötzlich einen Ausweg, ihrem trostlosen Dasein in Deutschland zu entgehen: ein Leben in Deutsch-Südwest, wo ihre Mutter den Missionar Immanuel Freudenreich heiraten wird. Alles soll anders werden, die Zukunft liegt vor ihr! Doch die Hoffnungen verfliegen schnell, die Tage in Afrika sind so karg und hart wie daheim in Elberfeld. Als ihre Mutter stirbt, sieht Henrietta nur noch einen Ausweg: Die Flucht. Ins ferne Kapland, zu Bekannten. Zu Fuß und in Begleitung von Petrus, der auf der Missionsstation arbeitet. Die Strecke, die vor ihnen liegt, ist lang und gefährlich, die Flucht schweißt sie zusammen. Sie lernen einander zu vertrauen - und verlieben sich. Eine junge weiße Frau und ein schwarzer Mann im südlichen Afrika um 1900. Ist die Zukunft, von der Henrietta träumt, tatsächlich möglich?


    Meine Meinung
    Von Anfang an packend erzählt Gina Mayer die Geschichte eines jungen Mädchens, das in ihrer deutschen Heimat nicht als Dienstmädchen arbeiten will, und so ließ ich mich gerne weiter in den Strudel der kommenden Ereignisse ziehen. In der arrangierten Heirat ihrer Mutter mit einem Missionar sieht Henrietta ihre eigenen Träume als Lehrerin in Deutsch- Südwestafrika bereits verwirklicht, noch ehe das Abenteuer beginnt.
    Fasziniert bin ich der Auswanderin auf ihrer Reise gefolgt, um mitzuerleben, wie ihre naiven Pläne und hochgesteckten Ziele nach und nach unter der glühenden Sonne Afrikas zerbrechen. Die Erinnerung an den in der Heimat zurückgelassenen heimlichen Verlobten Bertram wird - trotz aller Bemühungen Henriettas - von den harten Anforderungen der Gegenwart rasch ausgelöscht, und auch sonst fügt sich nichts so, wie es sich die Protagonistin vorgestellt hat. Unüberlegte Handlungsweisen kosten sie fast das Leben, gehegte Hoffnungen zerplatzen eine nach der anderen wie Seifenblasen, und doch hält Henrietta trotz aller Widerstände an ihrem einmal eingeschlagenen Weg fest. Besonders sympathisch wurde sie mir, weil sie dabei nie als strahlende Heldin, sondern eher mit dem Mut der Verzweiflung nach einem Ausweg sucht.
    Gut gefallen haben mir aber auch alle anderen Figuren, Henriettas verbitterte, doch im Ehejoch unterwürfige Mutter, und weitere Auswanderer, wie das exzentrische Fräulein Hülshoff und die Missionarsfamilie Cordes, denen das Schicksal in Afrika ebenfalls sehr übel mitspielen sollte. Auch Petrus, der schwarze Arbeiter auf der Missionsstation in Bethanien ist ein interessanter, sehr glaubwürdig gezeichneter Charakter, zerrissen zwischen alten Traditionen und den Errungenschaften der deutschen Einwanderer. Seine Intelligenz und sein Lernwille zwingen ihn zu ungewöhnlichen Maßnahmen, um in der Welt der Weißen einigermaßen gut zurechtzukommen.
    Allen ihren Protagonisten versteht die Autorin unverwechselbare Eigenschaften und Eigenheiten zuzuordnen, und das Aufeinanderprallen völlig unterschiedlicher Kulturen realistisch darzustellen. Keine verständnisvolle Einheimische nimmt Henrietta unter ihre Fittiche, wobei die Fremdheit der Frauen weniger durch offene Feindseligkeiten, sondern vielmehr durch verletzende Ignoranz betont wird.
    Henriettas Flucht wird durch eindrucksvolle Landschaftsbeschreibungen untermalt, während ihr Überleben in der Wildnis zum Großteil von Petrus' instinktivem Wissen um die Geheimnisse und Gefahren seines Landes abhängt. Die langsam wachsende Liebe der beiden jungen Leute kommt bis zum bitteren Ende ohne romantischen Kitsch aus, die Gefahren und Entbehrungen haben das naive Mädchen sehr schnell reifen lassen.
    Nicht nur inhaltlich, auch stilistisch hat mich das Buch sehr angesprochen. Gina Mayer erzählt flüssig, bedient sich dabei einer gehobenen Sprache, und hat für ihre Arbeit gewiss auch intensiv recherchiert. Im Nachwort verrät die Autorin, dass sie sich durch Tagebücher von Auswanderinnen zu dieser Geschichte hat inspirieren lassen. Ich habe mich bei diesem spannenden, sehr realistisch erzählten Roman auf jeden Fall gut unterhalten.


    4ratten

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    Worum es geht
    Der renommierte Sprachwissenschaftler Philipp Perlmann lädt eine Gruppe anerkannter Kollegen zu einem mehrwöchigen Forschungsaufenthalt nach Italien ein. Perlmanns zunehmender Interessenverlust an seiner Arbeit, den er im universitären Routinebetrieb bislang noch kontrollieren konnte, wird im komfortablen Hotel an der ligurischen Küste zu einer Frage von Leben und Tod. Statt einen eigenen Text vorzubereiten, übersetzt der Professor lediglich die Arbeit eines russischen Kollegen, dem vorerst die Einreiseerlaubnis verweigert wurde. Als der Tag, an dem Perlmann seinen Vortrag halten soll, immer näherrückt, trifft er eine folgenschwere Entscheidung.


    Meine Meinung
    Ohne große Erwartungen habe ich diesen Roman aus dem Jahre 1995 zu lesen begonnen, und wurde aufs Angenehmste überrascht. Von Anfang an hat mich vor allem der Stil des Autors in seinen Bann gezogen, die detaillierte Beschreibung der Denk- und Handlungsweise des Professor Perlmann, die sich ständig verschärfende Konfliktsituation, weniger im Kreise seiner Kollegen, als vielmehr mit seiner eigenen, sich verändernden Persönlichkeitsstruktur. Ungeheuer eindringlich führt der Autor seinen Lesern das Dilemma vor Augen, in dem sich der Wissenschaftler befindet.
    Im Laufe der Handlung gewinnt Philipp Perlmann immer mehr schizophrene Züge, die ihm die dunklen Abgründe der eigenen Seele offenbaren. Unmöglich ist es für den angesehenen Sprachforscher seine berufliche Unfähigkeit gerade bei einem Forschungsaufenthalt einzugestehen. Sein wenig kommunikatives und teamfreundliches Verhalten hat den Argwohn der Kollegen ohnehin bereits geweckt, weshalb er sich umso mehr unter Druck gesetzt fühlt, deren hohe Erwartungen zu erfüllen. Der Ausweg, den Perlmann für sich zu finden glaubt, treibt ihn stattdessen immer tiefer in einen Strudel aus Lügen, Verrat und Schuld.
    Minutiös erlebt der Leser die Ausarbeitung eines mörderischen Planes, dessen Vorbereitung manchmal so detailliert geschildert wird, dass sich die Spannung zeitweise beinahe ins Unerträgliche steigert. Mit dem Auftritt des Russen Vasilij Leskov gelingt die Einführung einer äußerst ausdrucksstarken Persönlichkeit, die mir in ihrer behäbigen, bescheidenen und väterlichen Art sofort sympathisch war. Kaum meint der Leser gemeinsam mit den Protagonisten einer Gefahr entronnen zu sein, wartet der Autor bereits mit einer weiteren Spannungssteigerung auf, die in einer gleichermaßen einfachen wie raffinierten und glaubwürdigen Lösung ihren Abschluss findet.
    Für mich war dieser Roman ein unerwartetes inhaltliches und stilistisches Highlight, da mich andere Bücher des Autors bei weitem nicht so zu begeistern vermochten.


    5ratten

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    Worum es geht
    Im September 2008 machte das Team um den amerikanisch-deutschen Archäologen Nicholas Conard in einer Höhle auf der Schwäbischen Alb einen spektakulären Fund. Die 40 000 Jahre alte kleine "Venus vom Hohle Fels" ist bis heute die älteste bekannte Darstellung einer menschlichen Figur. Um die Sensation perfekt zu machen, wurden in ihrer Nähe auch noch die ältesten Musikinstrumente der Welt ausgegraben.
    Die vielen Fragen, die sich im Zusammenhang nach den Menschen ergaben, die diese Kunstwerke angefertigt hatten, führte schließlich zur Entstehung dieses Buches, das die Autoren als archäo-literarischen Versuch bezeichnen. Der Paläolithiker ist befangen, weil er nur über das Auskunft geben kann, was sich mit den Methoden seines Faches belegen lässt. Darüber zu spekulieren, wer diese Menschen waren, oder was sich in ihrem Lebensumfeld zugetragen hatte, bleibt ihm versagt. Das Zusammentreffen mit einem Literaturwissenschaftler, einem berufsmäßigen Interpreten und Fabulierer erwies sich als Glücksfall, kann und darf er doch Theorien in Geschichten verwandeln. Dass sie nicht den Anspruch erheben, eine längst vergangene Wirklichkeit authentisch abzubilden, ist selbstverständlich, sind doch weder Worte noch Gedanken jener eiszeitlichen Menschen in anderer Form als in ihren Hinterlassenschaften überliefert.
    Aus dem Wunsch, die Methode der Archäologie und die der Erzählung zu verbinden, erwuchs dieses Projekt, das man auch als "Wissenschaftsfiktion" bezeichnen könnte. Um die Rahmenbedingungen vorzugeben, wurden folgende Spielregeln festgelegt:
    • Alles, was definitiv nicht ausgeschlossen werden kann, muss möglich sein.
    • Es darf nicht verboten sein, die ferne Wirklichkeit mit heutiger Sprache zu benennen.
    • Es muss verboten sein, die ferne Wirklichkeit mit heutiger Psychologie zu beschreiben.
    • Keine Möglichkeit darf ausgeschlossen werden, weil sie ungewöhnlich ist.
    • Jede Möglichkeit, die ausgeschlossen werden kann, muss verworfen werden.


    Meine Meinung
    Mit dem Bewusstsein von PC-Nutzern Eiszeitrituale ergründen zu wollen, ist ein an sich fragwürdiges Vorhaben, geben die beiden Autoren bereits im Vorwort zu, doch gilt das nicht generell für alle historischen Romane, habe ich mich gefragt? Mir ist es nicht einmal möglich, mich in die Zeit vor 400 Jahren zurückzuversetzen, also können mich noch viel fernere Zeiten ebenfalls nicht abschrecken, habe ich mir gedacht, und mich gerne auf das ungewöhnliche wissenschaftlich-literarische Experiment eingelassen.
    Die ersten Kapitel vermochten zwar noch keine Begeisterung hervorzurufen, doch langsam hat mich diese unvorstellbar ferne und fremde Welt völlig in ihren Bann gezogen. Dabei war es nicht so sehr der Inhalt, das Zusammentreffen der in Europa seit etwa 300 000 Jahren lebenden Neandertaler und der aus Afrika eingewanderten ersten modernen Menschen, der mich gefesselt hat, sondern die meisterhafte Sprache, die schließlich eine unheimliche Sogwirkung auf mich ausübte.
    Wie muss es für unsere frühen Vorfahren gewesen sein, monatelang in Kälte und Dunkelheit auszuharren? Wie haben sie den Hunger ertragen und die Angst vor den Wildtieren, von denen ihr Überleben doch grundsätzlich abhing? Wie reagierten sie auf Fremde, wie unterschieden sie zwischen Freund und Feind? Wen akzeptierten, und wen bekämpften sie? Wie nahmen sie eine sich klimatisch verändernde Umwelt wahr, wie erlebten sie Vulkanausbrüche und andere Naturphänomene? Wie muss es gewesen sein, in unbekanntes Territorium vorzudringen, nicht wissend, was der nächste Schritt für ein kleines Grüppchen von oft nur 20 Mitgliedern zu bedeuten hatte?
    Die Hauptsorge galt sicherlich der Nahrungsbeschaffung, der Unterkunft und der Bekleidung, doch wurden auch körperlich beeinträchtigte Gruppenmitglieder versorgt, Wunden oft sogar recht erfolgreich behandelt und die Verstorbenen mit Grabbeigaben bestattet, die auf Totenrituale und Jenseitsvorstellungen schließen lassen. Dennoch wurde dem Individuum längst keine so große Bedeutung beigemessen wie heute. Zwar agierten diese frühen Menschen sozial, aber nur dann, wenn ihre Handlungsweise den Fortbestand der Gruppe nicht gefährdete und keine zusätzliche Belastung darstellte. Andernfalls wurden auch Schädel zertrümmert oder Alte und Kranke ihrem Schicksal überlassen. Trotz dieses unerbittlichen Daseinskampfes entwickelten die Menschen der Eiszeit eine erstaunlich vielfältige Kreativität, die sich in Wandmalereien, in der Anfertigung kleiner Kunstgegenstände und sogar Musikinstrumenten zeigte.
    Alle diese Themen werden in der fiktiven Erzählung behandelt, die sehr deutlich auch immer wieder auf das magische Denken und oft intuitive Handeln der Gruppenmitglieder verweist. Jürgen Wertheimer hat sich der gestellten Aufgabe meiner Meinung nach sehr einfühlsam genähert, weshalb die Geschichte nie ins Irreale oder nicht mehr Nachvollziehbare abgeglitten ist.
    Als einziger Kritikpunkt sei mir der Einwand erlaubt, dass ich den altsteinzeitlichen Menschen weniger vorausschauend und zukunftsorientiert dargestellt hätte. Seine Lebensspanne umfasste gerade einmal 25 - 40 Jahre, und die Bewältigung seiner Aufgaben war wohl mehr auf das Gegenwärtige als auf das Zukünftige ausgerichtet. Vielleicht irre ich mich aber auch, wissen wir doch, dass er abstrakt denken, dass er planen und über das Heute hinausblicken konnte. Wer weiß, zu welchen Gedankenflügen unser früher Verwandter fähig war, wenn er am nächtlichen Lagerfeuer den Blick zum Sternenhimmel erhob.
    Besonders gut hat mir gefallen, dass an passender Stelle im literarischen Text immer wieder kurze wissenschaftliche Passagen eingefügt worden sind. In eigens gekennzeichneten Rubriken wird der Leser nicht nur über die genetische Vermischung von Neandertaler und Homo sapiens aufgeklärt, sondern auch über das eiszeitliche Klima, über Flora und Fauna, Wohnraum und Bekleidung, über Geräte, Werkzeuge und Waffen, Schnitzereien und Schmuck, über Musik und Sprache, soziale Strukturen und Kunstwerke der altsteinzeitlichen Jäger- und Sammlergesellschaft informiert.
    Beeindruckend verstehen die Autoren den Menschen des Aurignaciens in seiner Umwelt darzustellen, dessen hartes Leben in und mit der Natur wir heute in keiner Weise mehr nachempfinden können. Unser ferner Vorfahre erhält in diesem Buch aber nicht nur einen Namen und ein Gesicht, sondern auch eine Stimme. Jürgen Wertheimer lässt ihn musizieren, lachen, lieben, hassen, leiden, kämpfen und töten, sodass wir durch die Jahrtausende hindurch unser eigenes Abbild wie in einem fernen Spiegel zu erkennen vermögen.
    Sehr gut hat er sie meiner Meinung nach erzählt, unser aller Geschichte, die genauso gewesen sein könnte, und wahrscheinlich doch nie so stattgefunden hat.


    5ratten

    Worum es geht
    Mitte des 19. Jahrhunderts reist Lady Lucie Duff Gordon auf Anraten ihres Arztes nach Ägypten, um dort ihre Tuberkulose auszuheilen. Begleitet wird sie von ihrem Dienstmädchen Sally Naldrett, die mit ihrer Herrin im fremden Land schon bald eine besondere Vertrautheit verbindet. Als die Lady den Ägypter Omar Abu Halawy als Dolmetscher, aber auch zur Unterstützung im Haushalt einstellt, entwickelt Sally Gefühle für den verheirateten Mann, die sie alsbald in große Schwierigkeiten bringen sollten.


    Meine Meinung
    Lange lagerte das Buch auf meinem SuB, nicht ahnend, wie sehr mich die Geschichte der Zofe Sally Naldrett in ihren Bann ziehen sollte. Dabei war es gar nicht so sehr der Inhalt, der mich derart faszinierte, sondern die vielen Details, die die Autorin unglaublich plastisch zu schildern versteht, und die dem Roman das gewisse Etwas geben.
    Die Schönheit der Landschaft, die Gastfreundschaft, die den beiden Frauen überall begegnet, aber auch die Mühsal der Reise in einem Land und einer Zeit, die den Begriff "Tourismus" noch nicht kannte. Ganz ungezwungen bewegen sich die Bewohner zwischen den Ruinen ihrer großen Vergangenheit, leben zwischen Hieroglyphen und halb im Sand versunkenen Denkmälern. Beinahe meint man den in der Mittagsglut träge dahinfließenden Nil vor sich zu sehen, glaubt, die Hitze, unter der die beiden Engländerinnen in ihrer unpassenden Garderobe leiden, am eigenen Leibe zu spüren. Langsam wird die Veränderung erkennbar, die Sally und ihre Lady erfahren; nicht nur in ihrem Lebensstil passen sie sich den fremden Sitten an, auch ihre Beziehung zueinander wird eine andere.
    Besonders gut hat mir gefallen, wie Kate Pullinger dieses beinahe selbstverständliche Annehmen ganz neuer Lebensgewohnheiten schildert. Keine Rede von einem Aufeinanderprallen der Kulturen, sondern eher eine von gegenseitiger Neugier getragene und von Toleranz bestimmte Annäherung. Trotz aller Begeisterung für das fremde Land, bleibt Lady Duff Gordon die Armut und Unterdrückung der untersten Bevölkerungsschichten, der ihre besondere Aufmerksamkeit und Fürsorge gelten, nicht verborgen. Selbst schwer krank, widmet sie sich voller Engagement den Ärmsten und hilft beim Ausbruch einer Seuche tatkräftig in der von ihr provisorisch eingerichteten Krankenstation mit. Im krassen Gegensatz dazu steht die Härte, mit der sie ihre geschätzte Zofe behandelt, als diese in eine für sie problematische Lage gerät. Beeindruckt hat mich hingegen die charakterliche Stärke der Sally Naldrett, die ihren Gefühlen nachgibt, ohne in ihrer Unerfahrenheit an die Konsequenzen zu denken, die Folgen aber mit bewundernswertem Mut trägt.
    Eine sehr authentische Erscheinung, die sich nahtlos ins Geschehen einfügt, ist auch der Ägypter Omar. Er begleitet Lady Duff Gordon auf ihrer Reise, und steht ihr als Dienstbote und persönlicher Betreuer zur Seite. Trotz aller Verbindlichkeiten bleibt er für mich undurchschaubar, ein Mann, der sich nicht so leicht in die Karten blicken lässt.
    Treffend fand ich auch die Einteilung des Buches in die Kapitel "Leben", "Tod" und "Leben danach", die den Verlauf der Reise ankündigen, und Hoffnung aufkeimen lassen für das weitere Schicksal der tapferen Sally. Stilistisch hat mir das Buch ebenfalls sehr gut gefallen, vor allem die gehobene Sprache, die so gut zu einer englischen Lady auf großer Reise im 19. Jahrhundert passt.


    4ratten


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    Worum es geht
    Als einzige Überlebende irischer Auswanderer wird die 9-jährige Niamh, deren Eltern und Geschwister bei einem Wohnungsbrand ums Leben kamen, mit vielen anderen elternlosen Kindern Ende der 1920-er Jahre von New York Richtung Westen verfrachtet. Hier sollen die Waisen liebevolle Aufnahme in einer neuen Familie finden, doch meist haben nur Babys so viel Glück. In den älteren Kindern werden oftmals nur billige Arbeitskräfte gesehen, und auch Niamh, die nicht einmal ihren irischen Namen behalten darf, kann erst in der dritten Pflegefamilie ein Stück ihrer verlorenen Kindheit zurückgewinnen.
    Die zweite Handlungsebene spielt in Spruce Harbor, Maine, im Jahre 2011. Die 17-jährige Molly hatte ebenfalls bereits mit mehreren Pflegefamilien Bekanntschaft gemacht. Nach einem Diebstahl muss sie 50 Sozialstunden ableisten, und gelangt deshalb in das Haus der über 90 Jahre alten Vivian Daly. Hier soll sie der alten Dame beim Entrümpeln ihres Dachbodens helfen. Jedes der in Kisten verpackten Erinnerungsstücke erzählt einen Teil von Vivians Kindheit, und im Rahmen eines Unterrichtsprojektes bringt Molly deren ganze berührende Lebensgeschichte ans Tageslicht.


    Meine Meinung
    Vom ersten Kapitel an bin ich der Handlung, deren beide Erzählebenen sich auf sehr raffinierte Art verknüpfen, mit großem Interesse gefolgt. Nur zu gut kann man sich die Ängste der armen Kinder vorstellen, die, einem ungewissen Schicksal ausgeliefert, fast wie auf einem Sklavenmarkt begutachtet, und meist nach dem Arbeitsbedarf in der neuen Familie ausgewählt werden. Schrecklich müssen auch die Verhältnisse gewesen sein, in denen sich die weniger Glücklichen von ihnen wiederfanden. Unhygienische Lebensbedingungen, harte Arbeit, gewürzt mit harten Worten, dafür aber oft nicht genug zu essen, all das gehörte zum traurigen Alltag dieser bedauernswerten Kinder.
    Gut gelungen fand ich die Darstellung der Lebensschicksale beider Frauen, die sich trotz der zeitlichen Differenz von über 70 Jahren und völlig anderen sozialen Gegebenheiten dennoch sehr ähnlich sind. Vor allem den Kapiteln aus Vivians Kindheit bin ich mit großer Anteilnahme, zeitweise sogar in atemloser Spannung gefolgt. Liebe und Geborgenheit in einer Familie sind gewiss für jedes Kind die unbedingt notwendigen Grundlagen für eine gesunde körperliche und seelische Entwicklung. Auch die freundliche Vivian dürfte durch ihre schwere Kindheit ein gewisses Defizit davongetragen haben, wie bei der Geburt ihrer Tochter deutlich wird.
    Trotz der konträren Zeiten, in denen sich Vivians und Mollys Leben abspielt, kann man dem Inhalt ohne Schwierigkeiten auch beim Zuhören folgen. Dazu trägt sicher auch der flüssige und ansprechende Stil der Autorin bei, die immer so lange bei der Geschichte einer ihrer beiden Protagonistinnen verweilt, dass man den roten Faden nie verliert. Erwähnenswert ist auch die angenehme Vortragsweise der beiden Sprecherinnen Beate Himmelstoß und Susanne Schroeder, deren Stimmen ganz vorzüglich zu ihren jeweiligen Rollen passen.
    Für diesen großartigen Roman gebe ich sehr gerne eine unbedingte Leseempfehlung und natürlich die volle Punktezahl.


    5ratten

    Worum es geht

    Am 20. Juli 1910 verlässt das Passagierschiff Montrose den Hafen von Antwerpen, und nimmt Kurs auf Quebec. In der ersten Klasse mit an Bord sind der liebenswürdige Mr. John Robinson und sein Sohn Edmund, unkomplizierte Passagiere, die niemandem auffallen, bis Kapitän Kendall eines Abends eine äußerst merkwürdige Entdeckung macht. Ein im Kapitän aufkeimender Verdacht veranlasst ihn, an Scotland Yard zu telegrafieren.
    In London hat sich Mrs. Louise Smython ebenfalls an die Polizei gewandt, findet sie doch das sang- und klanglose Verschwinden ihrer Freundin Cora Crippen, das so gar nicht zum temperamentvollen Charakter der Sängerin passt, äußerst seltsam. Ohne sich zu verabschieden, sei sie zu einem kranken Verwandten nach Amerika aufgebrochen und dort verstorben, behauptet zumindest ihr Ehemann.
    Wenig später trifft die Nachricht von der Montrose ein, und ein spektakulärer Kriminalfall kommt ans Tageslicht.


    Meine Meinung
    Vom realen historischen Hintergrund des Mordes an Cora Crippen nichts wissend, bin ich völlig unbelastet an die Lektüre herangegangen. Erst im Anschluss habe ich mich kundig gemacht und erfahren, dass es im tatsächlichen Mordfall viele Ungereimtheiten und offene Fragen gab. Diesen Umständen ist es wohl zu verdanken, dass der Autor seine eigene Version der Vorkommnisse niedergeschrieben, und diese Aufgabe meiner Meinung nach ganz hervorragend gemeistert hat.
    Sehr gut fand ich den Lebensweg von Harvey Crippen geschildert, und auch seine sich häufig wie eine Furie gebärdende Ehefrau Cora konnte ich mir bildhaft vorstellen. Sie träumt von einer großen Karriere als Sängerin, ohne zu erkennen, dass ihr dafür das nötige Talent fehlt. Die frustrierte Cora lässt ihre Wut am armen Harvey aus, der von seiner Angetrauten sogar verprügelt wird.
    Der brillante Erzähler und scharfsichtige Beobachter John Boyne hat aber nicht nur seinen Hauptfiguren Leben einzuhauchen vermocht, sondern auch seinen Nebenakteuren viel Aufmerksamkeit zuteil werden lassen. Besonders gut fand ich die redselige und dünkelhafte Mrs. Antoinette Drake charakterisiert, während ich mit der Darstellung der puritanischen Mutter des Harvey Crippen irischen Humor kennen und schätzen gelernt habe.
    In Vor- und Rückblenden rollt der Autor eine äußerst dramatische Geschichte auf, die mich von der ersten bis zur letzten Seite völlig in ihren Bann gezogen hat. Der Leser begleitet Harvey von seiner Kindheit, seinem beruflichen Werdegang und seiner unglücklichen Ehe bis zur Flucht mit seiner Geliebten Ethel LeNeve. Keinen Augenblick kam Langeweile auf, in atemloser Spannung habe ich das Leben des Protagonisten verfolgt, oder wollte wissen, wie es auf der Montrose weitergeht. Selten ist mir ein so rasant geschriebener, leicht und flüssig zu lesender Roman auf hohem sprachlichen Niveau in die Hände gefallen, der mich auch noch glänzend unterhalten hat.
    Bewundernswert fand ich die fantasievolle Variation des realen Mordfalles, die John Boyne in seinem Buch vorlegt. Dass es so gewesen sein könnte, möchte ich trotz aller Begeisterung für das Werk bezweifeln, doch hat mir die überraschende Wende am Ende des Romans so gut gefallen, dass ich sie als dichterische Freiheit gerne akzeptiere.


    5ratten


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    Worum es geht
    Eleni führt das traditionelle Leben einer griechischen Ehefrau und Mutter zweier halbwüchsiger Kinder, und arbeitet außerdem als Zimmermädchen im Hotel Dionysos auf der Insel Naxos. Unabsichtlich stößt sie beim Putzen im Zimmer eines französischen Paares eine Schachfigur vom Brett, und bringt damit auch in ihrem Leben einen Stein ins Rollen. Das geheimnisvolle Spiel geht ihr nicht mehr aus dem Kopf, und auf dem Heimweg kommt Eleni auf die verwegene Idee, ihrem Mann zum bevorstehenden Geburtstag ein Schachspiel zu schenken. Panos freut sich zwar über das originelle Geschenk, doch Eleni ist es, die sich mit den komplizierten Regeln des königlichen Spiels vertraut macht.
    In ihrem ehemaligen Lehrer findet sie nicht nur einen Schachpartner, sondern auch einen strengen Lehrmeister, der das Talent seiner Schülerin rasch erkennt. Als er sie zu einem Turnier in Athen anmeldet, bricht Eleni mit allen Regeln, die ihr die engen Grenzen ihres Umfeldes auferlegen, um die Herausforderung annehmen zu können.


    Meine Meinung
    Unbeachtet und ungelesen stand das schmale Bändchen wohl schon länger im Regal, ehe es mir kürzlich in die Hände gefallen ist. Von Anfang an war ich fasziniert von der schönen Sprache und dem ungewöhnlichen Inhalt, die es mir gleichermaßen angetan haben. Sehr gut konnte ich mir das in die Jahre gekommene Zimmermädchen vorstellen, dessen Leben zwischen familiären und beruflichen Pflichten ohne besondere Höhen und Tiefen verlaufen ist. Einziger Luxus in diesem beschaulichen und zufriedenen Dasein sind Elenis Träume von Paris, der Stadt ihrer heimlichen Sehnsucht. Nur zu gerne würde sie einmal über die Champs-Elysees flanieren, einmal nur auf den großen Boulevards Kaffee trinken, oder wenigstens diese zauberhafte Sprache erlernen. Dass diese Wünsche unerfüllbar sind, weiß Eleni, doch die begonnene Schachpartie im Zimmer des Paares aus Frankreich weckt in ihr die Vorstellung, dass sie mit ihrem Ehemann Panos ja Schach spielen könnte, wie die eleganten Damen in Paris.
    Sehr gefühlvoll beschreibt die Autorin den Mut einer ganz gewöhnlichen Frau, mit eher ungewöhnlichen Mitteln aus ihrem Alltag auszubrechen; von der Begeisterung, die sie gepackt hat, von den Anstrengungen und Rückschlägen ihrer Bemühungen, den Heimlichkeiten, die ihr Leben verändern und ihre Ehe auf eine harte Probe stellen. Bertina Henrichs führt ihre Leser aber nicht nur auf die wunderschöne Insel Naxos und das beschauliche Leben der Einheimischen, sondern auch in die geistige Atmosphäre des Schachspiels, das das Denken einer einfachen Putzfrau letztlich bis in deren Träume zu beherrschen beginnt. Diese Kombination hat mir ausgezeichnet gefallen, ich habe die wunderbare Geschichte von Anfang bis Ende mit großer Freude gelesen.

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    Worum es geht
    Im Jahre 1428 hält sich der bayrische Herzog Albrecht bei einem Turnier in Augsburg auf, und lernt beim Besuch einer Badestube die 17-jährige Agnes Bernauer kennen und lieben. Bald schon holt er die schöne Baderstochter, die er nicht vergessen kann, in sein Schloss und heiratet sie in aller Heimlichkeit.

    Einige Zeit duldet Albrechts Vater, Herzog Ernst, die unstandesgemäße Verbindung, doch im Laufe der Jahre nimmt dessen Sorge um das Fortbestehen seiner Erblinie überhand. Demgemäß mehren sich die Demütigungen und Übergriffe gegen den einzigen Erben. Doch Albrecht steht weiterhin treu zu der ihm Angetrauten, wodurch sich der Zorn des Vaters ins Unermessliche steigert. Herzog Ernst sieht nur einen Ausweg; die Badhure, die den Sohn verhext haben muss, soll sterben, wenn sie sich weiterhin uneinsichtig zeigt und von Albrecht nicht lossagen will.


    Meine Meinung
    Es ist ein ganz und gar ungewöhnlicher Stil, mit dem Manfred Böckl seine Leser überrascht, doch konnte er mich vom ersten Augenblick an völlig überzeugen. Viele Ausdrucksweisen und Begriffe, die der Autor verwendet, passen ganz vortrefflich in die Zeit, in der die Geschichte spielt. Und vieles, nicht nur das Ziehen eines Zahnes, schildert er so, dass man meint, mitten im Geschehen zu sein. Überhaupt gelingt es Manfred Böckl meisterhaft, Stimmungen einzufangen. Damals überlegte man sich nicht, ob man sein Gegenüber ohrfeigen, sondern ob man es nicht "maulschellen" solle; Sätze räderten einem durch den Kopf, und der Knochrige oder Totenschädelige sichelte junge Burschen hinweg, während sich der Sommer in den Herbst drehte. So sprachgewaltig geht es weiter, und der Leser wird mühelos in jene ferne Zeit eintauchen, das Schöne und das Grausige der Ereignisse geradezu bildhaft vor sich sehen.
    Da ich das Schicksal der Agnes Bernauer nicht kannte, blieb es für mich auch inhaltlich spannend bis zum Ende. Die Liebe des jungen Herzogs zur schönen Mooräugigen hat mich so sehr berührt, dass ich gerne die volle Punktezahl vergebe.


    5ratten

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    Worum es geht
    Julia ist alleinerziehende Mutter eines autistischen Sohnes, dessen Krankheit erst mit 10 Jahren erkannt wurde. Trotz aller Bemühungen ist es Julia nicht gelungen, eine engere Bindung zu George aufzubauen. Dieses Wunder vollbringt erst Ben, ein Streunerkater, der Zuflucht in Julias Garten gesucht hat, und von ihr gesund gepflegt wird. Mit Ben beginnt ein neues Leben für Mutter und Sohn, doch dann verschwindet der Kater, und Julia setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um ihn wiederzufinden.


    Meine Meinung
    Schon lange habe ich kein Buch mehr gelesen, das mich zu Tränen gerührt hat, aber Julia Romp wäre es mit der Geschichte ihres Sohnes und dem Kater Ben beinahe gelungen. Im ersten Teil beschreibt sie die Schwierigkeiten, die sie als junge, arbeitslose Mutter mit einem kleinen Kind hatte, zumal dieses Kind sehr verhaltensauffällig war. Fast alle Menschen, mit denen Julia in Berührung kam, hielten sie mit der Erziehung für überfordert. George war deren Meinung nach nichts anderes als ein äußerst ungezogener Bengel. Dass er in einer ganz anderen Welt lebte, zu der nicht einmal die Mutter Zugang hatte, erkannte viele Jahre niemand, obwohl Julia immer wieder auf seine Eigenheiten hinwies.
    Kaum war die richtige Diagnose gestellt, kam Kater Ben ins Haus, und mit ihm änderte sich alles. Plötzlich begann George über Ben zu sprechen, und so findet auch Julia einen Weg zu ihm. In der Fürsorge um den Kater und durch das Spielen mit ihm lernt George auch seiner Mutter gegenüber endlich Gefühle zu zeigen. Doch während eines Urlaubs, den George wegen Ben lange nicht hatte antreten wollen, verschwindet der Kater spurlos. Julia bricht die Reise sofort ab, und kehrt nach Hause zurück, um eine beispiellose Suchaktion zu starten, aber Ben bleibt wie vom Erdboden verschluckt. George gibt ihr die Schuld an Bens Verschwinden, und zieht sich wieder in seine dunkle Welt zurück.
    Julia Romp beschreibt das schwierige Zusammenleben mit George sehr einfühlsam und berührend, ebenso wie die große Veränderung, die sich mit Bens Auftauchen abzuzeichnen beginnt. Am meisten mit ihr gelitten und gezittert habe ich aber auf ihrer Suche nach Ben, die sie mit vollem Einsatz betreibt, Verwarnungen und Spott in Kauf nimmt, und dennoch nicht aufgibt. Sie weiß, dass sie Ben finden muss, ob tot oder lebendig, weil ihr sonst der Weg zu George für immer verschlossen bleiben wird. Weil ich am Schicksal von Tieren immer besonderen Anteil nehme, und die Spannung fast nicht mehr auszuhalten war, habe ich etwas gemacht, was sonst so gut wie nie vorkommt, ich habe das Ende zuerst gelesen.
    Gerne empfehle ich dieses wunderbare Buch weiter, das berührend und mitreißend gleichermaßen geschrieben ist, eine gelungene Mischung, der sich wohl kaum eine mitfühlende Seele entziehen kann.


    5ratten

    Worum es geht
    Der berühmte englische Dichter Charles Dickens ist einer der wenigen Überlebenden bei einem schweren Zugunglück. Als er, selber unter Schock stehend, bei der Bergung der Opfer hilft, gesellt sich eine unheimliche Gestalt zu ihm, die sich als Drood vorstellt. Seit dessen Erscheinen sterben auch die weniger schwer Verletzten ganz plötzlich, so Dickens Eindruck.

    Um dieses schreckliche Ereignis besser verarbeiten zu können, weiht er seinen Schriftstellerkollegen Wilkie Collins in seine Erlebnisse ein. Die beiden Freunde machen sich auf die Suche nach Drood und müssen in ihnen bisher unbekannte Welten vordringen.
    Doch wer ist dieser unheimliche Geselle, und lässt er sich überhaupt finden? Handelt es sich um eine real existierende Person, oder ist er womöglich doch nur eine Fantasiegestalt opiumumnebelter Nächte?


    Meine Meinung

    Am Ende des Romans erhält der Leser eine eindeutige Antwort auf diese Frage, aber der Weg dahin ist weit und zeitweise auch recht mühsam. So gab es vor allem auf den ersten 500 Seiten durchaus einige Längen zu überwinden. Ab der Hälfte gewinnt die Geschichte jedoch an einer dramatischen Dynamik, die mich völlig in ihren Bann gezogen hat.
    Des Rätsels Lösung ließ im ersten Moment zwar ein Gefühl der Enttäuschung in mir aufkommen, konnte meine Begeisterung aber nur kurzzeitig trüben. Nach intensiverem Nachdenken über den Handlungsverlauf musste ich mir schließlich eingestehen, dass die vom Autor gewählte Konstruktion die einzige Möglichkeit war, wenn er glaubhaft bleiben wollte.
    Dan Simmons hat mit seinem Buch einen spannenden, phantasievollen und dennoch logisch nachvollziehbaren Roman vorgelegt, der mir auch stilistisch gut gefallen hat.


    4ratten



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