Endlich kann ich mich nach einer Zwangspause (kaputtes Internetmodem) auch melden.
Als Fleischfresserin/Fleischpflanze ( ) ist das Buch für mich ein ganz schönes Experiment. Den Schreibstil finde ich bisher angenehm und nicht zu verurteilend und parteiisch.
Ein ziemliches Problem ist für mich aber jetzt schon aufgetaucht, und zwar die Methodologie der Autorin. Die Autorin bezieht sich auf Dekonstruktivismus, was ein Ansatz aus den Kulturwissenschaften ist, mit dem ich mich schon seit Jahren beschäftige und den ich auch schon oft unterrichtet habe. Was die Autorin dazu in der kurzen Fußnote schreibt ist auch richtig, aber das Problem ist, dass sie den Ansatz auch auf ihre eigene Sichtweise anwenden müsste. Sie kann nicht Karnismus als gesellschaftliches Konstrukt hinstellen, Veganismus aber nicht. Dekonstruktivismus ist per definitionem nicht vereinbar mit Ethik. Joy kann daher in ihrem Ansatz nicht davon ausgehen, dass Veganismus auf Empathie und Respekt basiert und dies grundlegende Gefühle sind. Auch Veganismus ist ein konstruiertes, instabiles Glaubenssystem.
Naja, aber genug gemeckert.
Neue Einsichten hatte ich nach dem ersten kurzen Kapitel noch nicht. Ich habe eigentlich recht früh für mich festgestellt, dass es ein wenig willkürlich ist, bestimmte Tiere zu essen und andere nicht, weshalb ich auch immer von mir behaupte, dass ich auch Insekten essen könnte. Ich muss auch zugeben, dass ich in der anfangs beschriebenen Situation vermutlich weitergegessen hätte. (Bitte steinigt mich nicht!)
Interessant war auch der Absatz zur psychischen Betäubung, indem sie erwähnt, dass wir vermeiden, Tiere zu essen, die noch aussehen wie Tiere. Sie vernachlässigt hier nämlich das Phänomen, dass Fische ja gerne im Ganzen gegessen werden. (Aber aus euren Kommentaren zu Kapitel 3 kann ich erkennen, dass sie das Fischproblem wohl noch ansprechen wird.)
Zwischenfazit: Zur Veganerin wird mich das Buch wohl nicht machen und bisher erwünsche ich mir eine differenziertere Sichtweise, in welcher die Autorin vielleicht auch mal die eigene Sichtweise auf gleiche Weise infrage stellt.