Sehr eindrücklich. Auch hätte ich bei diesem Thema keine Reime erwartet. Altmodische Form, aktueller Inhalt.
Beiträge von sandhofer
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Der Thread scheint etwas einzuschlafen.
Urläube?
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Zuzzeln wir das ein bisschen auseinander:
The world is too much with us; late and soon,
Getting and spending, we lay waste our powers:
Little we see in Nature that is ours;
We have given our hearts away, a sordid boon!
This Sea that bares her bosom to the moon;
The winds that will be howling at all hours,
And are up-gathered now like sleeping flowers:
For this, for everything, we are out of tune;
It moves us not. – Great God! I’d rather be
A Pagan suckled in a creed outworn;
So might I, standing on this pleasant lea,
Have glimpses that would make me less forlorn;
Have sight of Proteus rising from the sea;
Or hear old Triton blow his wreathed horn.
Und schwuppdich haben wir ein ganz und gar klassisches Sonett. Die ersten beiden Strophen beklagen ganz offensichtlich, dass der Mensch und die Natur nicht mehr im Einklang sind, was wie die dritte anhebt, den Menschen aber nicht kümmert. Lieber noch als seiner Zeit würde das lyrische Ich einem alten und längst obsoleten heidnischen Glauben angehören, der aber wenigstens hin und wieder mit der Natur in Einklang steht.
1807? Da war in England die Industrialisierung schon in vollem Gang. Wordsworth, als einer der Naturpoeten der englischen Romantik, hat deren grobe Fehler schon früh gesehen. Kritik der Gegenwart mittels Rückgriff auf Althergebrachtes in Form und Inhalt. Sauber.
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Schon 1921 hielt Mann einen Vortrag "Goethe und Tolstoi". Dem folgten im Lauf seines Lebens viele weitere..Er hat ja seine Rezipient:innen nachgerade mit der Nase auf den Vergleich gedrückt...
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Goethe und Mann werden in der Schweiz in einem Atemzug genannt?
Auch in Deutschland. Ich habe bisher zu seinem 150. noch nichts gelesen, das über zwei Zeilen hinausgeht, in dem nicht die Beziehung Mann - Goethe prominent vorkommt.
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Immerhin werden die beiden nie in einem Atemzug genannt.
Ich verstehe diesen Satz nicht, tut mir leid. Welche beiden werden nie in einem Atemzug genannt? Mann und Goethe? Die werden bis heute ständig in einem Atemzug genannt. Allerdings kommt Mann selber in seinem Roman hier nicht vor, das stimmt.
Goethes Grösse hat Mann sicher beeindruckt und beschäftigt. Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Künstlers (weniger der Kunst!) ist ja eine Konstante in Manns Werk.
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Es ist - deswegen habe ich es ja auch gebracht - tatsächlich "frei nach". Allerdings - Heinz Erhardt war sogar noch in der Fussnote ein Spassvogel - nicht frei nach Uhland (obwohl sogar das hätte sein können), sondern frei nach Gustav Schwabs "Das Gewitter". Erhardts Gedicht ist nicht einmal die einzige Parodie darauf, aber er kann den manchmal gar offenbaren Kitsch der Schwäbischen Romantik wunderbar auf die Spitze treiben.
Wenn man Erhardt gelesen hat und danach Schwabs Original liest, wundert man sich, dass nicht die ganze Welt schon über den Romantiker gelacht hat.
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Heinz Erhardt: Das Unwetter*
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind
in dumpfer Stube versammelt sind. –
’s ist Mittwoch. Da hört man von ferne
ein leises Grollen. Mond und Sterne
verhüllen sich mit schwarzen, feuchten
Wolkenschleiern. Blitze leuchten.
Und es sind versammelt in dumpfer Stube
Urahne, Großmutter, Mutter und Bube. –
Das Gewitter kommt näher mit Donnerschlag –
und noch fünf Minuten bis Donnerstag!
Es heult der Sturm, es schwankt die Mauer,
der Regen prasselt, die Milch wird sauer – ,
und in dumpfer Stube – man weiß das schon –
sind Urahne, Großmutter, Mutter und Sohn.
Ein furchtbarer Krach! Ein Blitz schlägt ein!
Der Urahne hört was und sagt:“Herein!“ –
Die dumpfe Stube entflammt und verglimmt
mit Urhammel, Großbutter, Butter und Zimt …
* Frei nach Ludwig Uhland, dem Erfinder der gleichnamigen Straße.
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Ngũgĩ wa Thiong’o verstarb gestern, am 28. Mai 2025. Er wurde immer wieder für den Literaturnobelpreis gehandelt.
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Diese Sehnsucht nach dem Schönen und Guten (das wir aus so vielen künstlerischen Bewegungen kennen), aber dahinter (nicht ganz eingestandene) traurige Gewissheit, dass es dieses Schöne und Gute in der Realität nicht geben kann - selbst nicht auf dem Mars. Der Marz bzw. eventuell vorhandenes intelligentes Leben dort waren zu Lebzeiten von Alfonsia Storni zugleich ein Ort utopischer Hoffnung und dystopischer Angst. Das spiegelt sich auch im Gedicht.
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Eine Schweizerin!
Formal ein klassisches Sonett, inhaltlich eine traurige Geschichte der Gegenwart. Selbst die Utopien sind nicht besser als das irdische Leben.
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Jede Strophe fängt an wie eine US-amerikanische Standardszene. Und dann kippt sie sehr rasch ins Surreale. Und je länger das Gedicht wird, umso surrealer wird die erzählte Geschichte.
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Wenn der Alltag zum Alptraum wird ...
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Wenn ich Zeit habe, schaue ich gerne die Tage noch mal in die Admin-Oberfläche, ob ich da was finde, aber ich glaube fast, dass es die Funktion schlicht nicht gibt.
Da gibt es auch nichts ...
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Diese Vorstellung ist sehr beklemmend.
Oh ja. Dickinsons Vorstellung vom Sterben sind sehr speziell - und beklemmend.
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Es gibt bei Dickinson viele Gedichte, in denen sie - nicht den Tod! - sondern das Sterben schildert, mit seltener Eindringlichkeit.
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Manfred O. Tauchen ist im Alter von 77 Jahren verstorben. Vielleicht düst er nun selber im Sauseschritt durchs All ...
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Auf den ersten Blick scheint sie ihre eigene Beerdigung zu schildern
Das Sterben. Oder Wahnsinn.
(und das mit sehr eindrucksvollen, plastischen Beschreibungen)
Oh ja. Eine der ganz Grossen!
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Das wundert mich allerdings immer, warum Held = Kind ein Buch automatisch zu Kinderbuch macht.
Das ist - zumindest im deutschsprachigen Raum - irgendwie Standard. Siehe "Max und Moritz" von Wilhelm Busch, "Der goldene Kompass" von Philip Pullman ...