Eshkol Nevo – Vier Häuser und eine Sehnsucht
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OT: Arba'a batim wega'agua / ארבאה בתים וגעגוע
OA: 2004
436 Seiten
ISBN: 978-3423245647
Klappentext:
In der Wand zwischen den beiden Wohnungen ist ein Loch, damit man von beiden Seiten an den Schalter fürs warme Wasser kommt. Auf der einen Seite wohnen Noa, angehende Photographin, und Amir, Psychologiestudent, auf der anderen Seite ihre Vermieter, Moshe und Sima, er ist Busfahrer, sie hat Buchhaltung gelernt, bleibt aber jetzt zu Hause »wegen der Kinder«. Im Haus gegenüber eine Familie, deren Sohn Gidi gerade im Libanon gefallen ist.
Dessen kleinem Bruder Yotam gehört eine der Erzählstimmen, die Nevo seinen Protagonisten leiht: Unterschiedliche Perspektiven, Tonfälle, Seelenlagen. Noa, die die Welt durch eine Linse betrachtet, Amir, der sich besser mit Abschiednehmen als mit Bleiben auskennt, Moshe, der zum Missfallen von Sima immer religiöser wird, Sima, die sich ihrer Versäumnisse bewusst wird, wenn sie hört, wie Noa und Amir sich lieben. Schließlich Ssadeq, der arabische Bauarbeiter, dessen Mutter von Rückkehr träumt und noch immer den Schlüssel zu jenem Haus besitzt, aus dem sie 1948 vertrieben wurde und in dem jetzt Moshes Eltern wohnen.
Eigene Meinung:
Es ist das erste Buch, welches ich von Eshkol Nevo las und ich muss gestehen, dass ich zwei Anläufe brauchte um es zu lesen. Ich bin mir allerdings nicht so ganz im Klaren darüber, warum das so war. Vielleicht liegt es an dem, zu Beginn für den Leser anstrengenden, Stil dieses Romans.
Eskol Nevo lässt die Menschen, welche in diesem kleinen Ort eng zusammenleben, zu Wort kommen und zwar jeden Einzelnen. Egal ob jung, alt, verheiratet, Student, Mutter oder palästinensischer Arbeiter. Es ist eine wirklich intensive Begegnung mit den Protagonisten, aber es ist auch ein wenig anstrengend, da man zu Beginn ein wenig Zeit braucht um zu erkennen, wer da jetzt gerade spricht zumal der Wechsel sehr oft sehr abrupt kommt. Es ist fast ein wenig so, als hätte man es mit einer multiplen Persönlichkeit zu tun.
Die Menschen in diesem Ort leben in einer einzigartigen Symbiose miteinander, ohne dass ihnen das selbst so richtig bewusst wird, aber der aufmerksame Leser wird es erkennen.
In dieser Symbiose findet man wiederum kleinere Symbiosen und das sind die einzelnen Menschen, welche in Familien zusammenleben und beide Lebensräume brauchen einander. Sie sind voneinander abhängig und sie beeinflussen einander auf extreme Art und Weise. Die Dinge welche die Menschen dort beschäftigen sind Liebe, Tod, Familie, Freundschaft, berufliche Frustration, verlorener Lebenssinn, Heimweh und Mitmenschlichkeit.
Sie alle, die Protagonisten mit samt ihren Problemen haben aber eine Gemeinsamkeit und das ist eine quälende und zum Teil unstillbare Sehnsucht. Nach was? Nach allem, wonach ein Mensch sich sehen kann; von weltbewegenden Hoffnungen bis hin zu trivialsten Wünschen.
Auch wenn diese Themen Menschen auf der ganzen Welt beschäftigen, so hätte dieser Roman dennoch von keinem anderen Ort der Welt außer Israel handeln können. Nevo versteht es auf faszinierende Weise, in diese kleine Welt, ganz Israel zu packen mit all seinen Macken, Problemen, Krankheiten, dem Leid und seiner einzigartigen Schönheit.
Überallem schwebt immer wieder, wie in allen israelischen Romanen, HaMazav – Die Lage.
Man könnte Eshkol Nevo zum Vorwurf machen, sich keinem Thema intensiv gewidmet zu haben, aber ich denke, das war hier auch gar nicht Sinn der Sache. Dafür gibt es noch genügend andere Literatur, die diese Themen behandelt.
Ich denke eher, dass es dem Autor darum ging einen Querschnitt durch die Israelische Gesellschaft aufzuzeigen und zwar durch wirklich alle Bereiche, egal ob es das Liebesleben betrifft, den Tod, die Armee, die Politik, die Religion, der palästinensische Konflikt oder einfach nur die Liebe zu diesem unglaublich komplizierten und wundervollen Land.
Interessant ist, dass ausgerechnet die Person, welche am weitesten entfernt ist, die größte Sehnsucht, nach der Heimat Israel vermittelt.
Ich bin mir nicht sicher, wie der Roman auf Menschen wirken wird, die keine Beziehung zu Israel haben. Ich denke, es wird schwer sein, die feinen Anspielungen, Nuancen und die Liebe zu erkennen.
Meine Seele und meine Sehnsüchte hat Eshko Nevo mit diesem Buch jedoch erreicht.